Abb. 2. Obwohl Marder schwierig zu beobachten sind, verraten sie ihre Anwesenheit durch verschiedenste Spuren wie Fussabdrücke, Frassspuren, Baue, Schlafplätze und Losung. Der Kot der Marder hat oft die Form einer gewundenen Wurst und läuft am Hinterende spitz zu. Fotos: Otto Holzgang
Durch das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel sind Jagdausübende nicht nur zur Jagd berechtigt, sondern auch zum Schutz bedrohter Tierarten verpflichtet. Um wild lebende Tiere nachhaltig zu nutzen und bedrohte Tierarten zu schützen, ist es unerlässlich, möglichst genaue Kenntnisse über die Häufigkeit und die Verbreitung dieser Tierarten zu haben.
Durch eine umfassende Befragung der Jäger wurde das grosse Wissen über das lokale Vorkommen aller Marder einheitlich erfasst und zu einer kantonalen Übersicht zusammengefasst. Nicht mehr die Jagdstatistik alleine liefert die Informationen, die als Grundlage für die Bestandsüberwachung Arten dienen.
Auch die Erfahrung und das Wissen der Jägerinnen, Jäger sowie weiterer Naturinteressierter tragen zum Gesamtbild der Häufigkeit und Verbreitung der Marder bei. Hierzu zählen auch Abschüsse, Fallwild, Fallenfänge, Hinweise aufgrund von Spuren und beim Dachs die von ihm bewohnten Baue.
Erfolgreiche Jäger und Jägerinnen müssen zugleich gute Naturbeobachter sein. Auch wenn Jagd auf Pelztiere im Kanton Luzern nicht mehr die gleiche Bedeutung wie vor 50 Jahren hat, blieb das Interesse für diese Wildarten und die Erfahrung über ihre Lebensweise über Jägergenerationen erhalten. Auf den Reviergängen nehmen Jäger Spuren wahr und machen Zufallsbeobachtungen, die aber nicht erfasst und dokumentiert werden müssen. Anders beim jagdbaren Dachs Baum- und Steinmarder: Abschüsse werden in der kantonalen Jagdstatistik erfasst, die so Hinweise auf die Populationsentwicklung einer Tierart erlaubt.
Verbreitung, Biologie und Besonderheiten
Abb. 3 - Bei tiefgründigem Boden kann es vorkommen, dass sich der Dachs mitten im Kulturland seinen Bau gräbt, in den der Bauer mit seinem Traktor einsinken kann. Im Sinne des ökologischen Ausgleichs ist es sinnvoll, hier eine Gebüschgruppe zu pflanzen oder einen künstlichen Dachsbau an einem anderen Ort anzubieten. Foto: G. Kopp/JUNIORS
Abb. 4 - Wiesen, Weiden und Getreidefelder gehören zu den wichtigen Streifgebieten des Dachses. Unter Obstbäumen sucht er genüsslich nach gefallenen Früchten. Foto: P. Hahn
Der Körper der Marder ist meist lang gestreckt und die Beine sind kurz. Drüsen beim After produzieren ein Sekret, das zur Abgrenzung des Reviers und zur gegenseitigen Markierung verwendet wird. Meistens beanspruchen die nachtaktiven Einzelgänger ein Revier, wobei ein Männchenrevier mehrere Weibchenreviere umfassen kann. Ausser bei Iltis und Mauswiesel kommt eine verlängerte Tragzeit vor. Dies bedeutet, dass sich das befruchtete Ei nur kurz weiterentwickelt und dann in diesem Stadium verharrt, bevor es sich in der Gebärmutter einnistet und weiterentwickelt. Zu den Mardern zählen weltweit 67 kleine bis mittelgrosse Arten, die eine Vielzahl von Lebensräumen besiedeln. In der Schweiz leben gegenwärtig sechs Arten, die alle auch im Kanton Luzern vorkommen.
Schutz
Der Kanton Luzern ist reich an verschiedenen Landschaftstypen, Höhenstufen und Geländestrukturen (landwirtschaftlich intensiv genutzte Tieflagen, voralpine Wald- und Moorgebiete, Fliessgewässer). Daher kommen die verschiedenen anpassungafähigen Marderarten mit ihren unterschiedlichen Lebensraumansprüchen alle im Kanton Luzern in gesicherten Populationen vor. Bevorzugt besiedeln sie jene Landschaftstypen, die die artspezifisch optimalen Lebensraumstrukturen aufweisen. Der Iltis bevorzugt für seine Wechsel das verzweigte Gewässernetz und meidet offenes Gelände, während der Baummarder mit Vorliebe zusammenhängende Waldkomplexe bewohnt.
Steinmarder im Siedlungsgebiet sind einfacher zu beobachten, schwieriger ist es bei Hermelin und Mauswiesel. Sprichwörtlich wieselflink sind sie in unterschiedlichsten Lebensräumen unterwegs – immer auf der Suche nach Mäusen.
Auch für die Marder gilt: Ohne Schutz ihrer Lebensräume ist der Schutz der einzelnen Arten nicht möglich. Damit die Marder auch langfristig überleben, ist die Vernetzung der Lebensräume verschiedener Teilpopulationen unerlässlich. Nur so ist der genetische Austausch gesichert. Hierauf muss bei technischen Eingriffen in Gewässern und beim Strassenbau Rücksicht genommen werden. Mit entsprechenden Massnahmen bei Bachdurchlässen oder mit Wildtierüber- oder -unterführungen ist zu verhindern, dass diese Wechsel unterbrochen werden.
Für Baummarder ist es wichtig, zusammenhängende Waldkomplexe nicht weiter durch Erschliessungen zu zerschneiden. Eine gute Waldstruktur wird beispielsweise mit Bäumen unterschiedlichsten Alters, einer hohen Baum- und Strauchartenvielfalt und wenig aufgeräumten Windwurfflächen erreicht. Mauswiesel und Hermelin sowie Iltis brauchen Jagdgebiete mit guter Deckung, um ihren Feinden entkommen zu können. Strauchartige Restflächen wie Brombeergestrüpp, Gebüschgruppen, Bachufervegetationen, Hecken mit Krautsäumen oder Waldränder mit gut ausgebildetem Saum etc. bieten Deckung und sind gleichzeitig auch "lebenswert" für Mäuse, die Beutetiere der Wiesel. Asthaufen mit Grobholz oder sind ebenfalls gute Verstecke und sollten in unmittelbarer Nähe zu Wühlmausbeständen platziert werden und ausreichend vernetzt sein. Für den Iltis sind ausserdem Feuchtgebiete mit gutem Amphibienvorkommen lebenswichtig.
Der Einsatz von Mäusegiften mit Antikoagulans sind unbedingt zu vermieden. Die Substanzen werden auch über Mäuse von Hermelin und Mauswiesel aufgenommen, sind hoch toxisch und führen sehr oft zum Tod oder beeinflussen die Fortpflanzung negativ.
Konflikte und Lösungen
Abb. 5 - Als "Automarder" tut sich der Steinmarder gerne im Motorraum an diversen Plastik- und Gummiteilen gütlich. Abhilfe schafft hier eine dicht abschliessbare Garage, mit Gittern geschützte Kühlerschläuche, mardersichere Kabelhülsen, ein Stück Maschendraht unter dem Auto, das mindestens die Grösse des Motorraums abdeckt oder Sicherungssysteme mit dem Weidezaun-Prinzip.
Foto: H. Schmidbauer/JUNIORS
Abb. 6 - Marder hatten und haben zum Teil auch jetzt noch eine grosse Bedeutung als Pelzlieferanten.
Foto: Otto Holzgang
Der Steinmarder hat mittlerweile Dörfer und Städte erfolgreich besiedelt – Konflikte mit dem Menschen sind daher unausweichlich, wie auch seine Bezeichnung als "Haus"- oder sogar als "Automarder" deutlich macht.
Als "Hausmarder" wird er bezeichnet, weil er gerne den Estrich als Tagesversteck oder auch zur Jungenaufzucht benützt, was oft zu nächtlichen Ruhestörungen führt.. Er kann aber auch beträchtlichen Schaden anrichten, wenn er Isoliermaterial austrägt oder Dampfsperren zerstört. Beim "Hausmarder" hilft nur, den Zugang zum Dach zu versperren: Jede Lücke, die grösser als 5 cm ist, muss verschlossen werden und der Weg über Bäume zum Dach muss unpassierbar sein: Zuvor muss aber der Marder aus dem Haus vertrieben werden – allerdings nicht während der Jungenaufzucht zwischen März und August.
Der Dachs kann Schäden in Maiskulturen verursachen. Das Schadenrisiko wird stark vermindert, indem Mais nicht in Waldrandnähe gepflanzt wird oder zwischen Wald und Acker einen 10 bis 20 m breiten Streifen unbeackert bleibt. So können Jäger, die ins Maisfeld einwechselnden Dachse erlegen, und den Bestand örtlich regulieren.
Jagd
Ob heute die Jagd auf Marder verantwortbar und notwendig ist, lässt sich nicht für alle Arten pauschal beantworten. Auch für die Jagd auf Kleinraubtiere gilt der Grundsatz, dass jede jagdliche Nutzung klar definierte Kriterien der Nachhaltigkeit zu erfüllen hat. Bevor eine Tierart bejagt wird, muss darüber Gewissheit bestehen, dass sie durch die Bejagung nicht gefährdet wird. Problem hierbei: Der Bestand von Kleinraubtieren lässt sich nicht zählen. Aber die Anzahl der Beobachtungen, die räumliche Verbreitung und bei den jagdbaren Arten auch die Jagdstatistik lassen Rückschlüsse auf die Häufigkeit einer Art zu. Allerdings sind die Daten der Jagdstatistik vorsichtig zu interpretieren: Nicht nur die Häufigkeit einer Tierart bestimmt die Zahl der erlegten Tiere, sondern auch die Jagdintensität.
Dachse als Schädlinge in Maiskulturen, Steinmarder machen sich an Gebäudeisolationen und Bremskabeln zu schaffen, daher ist der Jagddruck auf sie ziemlich hoch. Die Häufigkeit der Schäden dient hier als indirekter Nachweis für die Häufigkeit der Tierart. Die Jagdstatistik spiegelt bei diesen Arten also in etwa die Populationsentwicklung.
Anders beim vorzugsweise in Waldkomplexen lebenden Baummarder: Er wurde seines Pelzes wegen gejagt. Zum einen ist die sinkende Nachfrage für die rückläufige Jagdstrecke verantwortlich, zum anderen beeinflussen z.B. Lebensraumveränderungen die Populationsentwicklung. Daher ist es unklar, inwieweit die Jagdstatistik hier zuverlässige Interpretationen über die Bestandsentwicklung zulässt.
Unter dem Gesichtspunkt, dass häufige Arten weniger empfindliche auf jagdliche Eingriffe reagieren als seltene Arten, ist die Bejagung von Dachs und Steinmarder unbedenklich. Dabei kann es aber nie um eine jagdliche Regulation dieser Arten gehen. Wenn die Jagd auf Steinmarder und Dachs ohne grosse Auswirkungen auf deren Gesamtpopulation bleibt, so haben die geringen Abschusszahlen beim Baummarder sicherlich keinen Einfluss auf die Populationsentwicklung. Die Jagd auf diese Art im bisherigen Umfang ist somit verantwortbar.
Aufgrund der Lebensraumveränderungen (fortschreitende Zersiedlung, Flächenverlust, Lebensraumzerschneidung, Druck infolge Erholung usw.) ist aber die Entwicklung kritisch im Auge zu behalten. Wenn auch die Methode zur Erfassung der Marder in der vorliegenden Publikation keine zuverlässigen quantitativen Aussagen zum Bestand einer Art zulässt, so wird doch erkennbar, dass Iltis, Hermelin und Mauswiesel die lückenhafteste Verbreitung zeigen. Neben der Erhaltung und Verbesserung des Lebensraums ist der Verzicht auf die Jagd auf diese Arten ohne Zweifel gerechtfertigt.
Mit der vorliegenden Arbeit wurde die Grundlage geschaffen, um die Nachhaltigkeit der Nutzung auch in Zukunft zu gewährleisten sowie den Schutz der Arten sicherzustellen. Die Erhaltung der Biodiversität ist eine Verpflichtung, die weit über die Anliegen der Jagd, der Jägerinnen und Jäger hinausgeht. Sie ist eine zentrale Aufgabe des umfassenden Naturschutzes und eine Verbundaufgabe verschiedenster Partner.
Artenschutz ist langfristig nur durch Lebensraumschutz zu erreichen. Die Zusammenarbeit mit Land- und Waldwirtschaft, Planungsbehörden sowie allen an der Natur interessierten Kreisen ist entscheidend.