Dieser Beitrag ist Teil des umfassenden Beitrags Marder im Kanton Luzern.
Der Fischotter (Lutra lutra), auch Wassermarder genannt, war bis im 19. Jahrhundert an allen Gewässern der Schweiz vorhanden. Um die Fischereierträge zu verbessern, wurden um 1900 Ausrottungsaktionen durch den Staat unterstützt. In einer Publikation des schweizerischen Handels- und Landwirtschaftsdepartements "zur Frage der Verfolgung der den schweiz. Fischereien schädlichen Thiere" aus dem Jahre 1885 war der Fischotter als Fischfeind prominent vertreten.
Empfehlungen zur Jagd mit speziellen Otterhunden fehlten in dieser Anleitung ebenso wenig wie die exakte Beschreibung von Schwanenhals und Tellereisen. Um die Fangeffizienz dieser Totschlag-Fallen zu steigern, mussten sie verwittert, also geruchlich getarnt, werden. Die Rezeptur für diese Verwitterung liest sich wie ein Speisezettel aus einer Hexenküche: "Man lasse 125 Gramm reines Schweinefett in einem neuen, ganz reinen Tiegel zergehen, thue dann eine Hand voll Baldrianwurz, 1/4 g Bibergeil und 1/5 g Kampher, alles gröblich gestossen, hinzu, lasse es unter beständigem Rühren mit einem reinen, schalenlosen Hölzchen so lange über Kohlen, oder besser noch in einem Bratofen kochen, bis es gelblich wird ...".
Damit nicht genug! Die behördlichen "Anstrengungen" zur Bekämpfung der Fischotter wurden mit der Bezahlung von Abschussgeldern zusätzlich unterstützt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde im Kanton Luzern für jeden erlegten Fischotter eine Prämie von Fr. 30.– bezahlt. Zu dieser Zeit muss der Fischotter aber bereits sehr selten gewesen sein. So wurde z.B. im Amt Willisau trotz seiner fischreichen Fliessgewässer über viele Jahre nie eine Abschussprämie ausbezahlt.
Das endgültige Verschwinden des Fischotters aus den Gewässersystemen des Kantons Luzern lässt sich nur in Fragmenten dokumentieren. Eine amüsante Wilderergeschichte über einen gefangenen Fischotter im Wauwilermoos ist aus dem Jahre 1927 bekannt. Der letzte mit Sicherheit im Kanton Luzern bestätigte Fischotter ertrank um 1936 in einer tiefen Hechtreuse am Sempachersee. Dieses Tier wurde präpariert und befindet sich heute in der Ornithologischen Sammlung Sursee (siehe Foto links). Im Einzugsgebiet der Kl. Emme wurde um 1950 im Winter ein Einzeltier beobachtet und man versuchte erfolglos, diesen Otter zu erlegen.
Im Rahmen einer gesamtschweizerischen Umfrage im Auftrag der Eidg. Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei aus dem Jahre 1952 sind vertrauenswürdige Beobachtungen aus dem Raum Perlen und Root an der Reuss aktenkundig. Diese Nachweise eines Ottervorkommens decken sich geografisch mit Beobachtungen durch Inwiler Jäger im Winter 1945/46 im Raum der Mündung des Rotbachs in die Reuss. Mit diesen Beobachtungen verliert sich die Spur des Fischotters im Kanton Luzern . Die Unterschutzstellung 1952 kam zu spät, um diese faszinierende Tierart zu retten.
Auch schweizweit verschwunden
Mitte des 20. Jahrhunderts schätzte man den Bestand des Fischotters in der Schweiz noch auf etwa 100 Tiere. Die zunehmende Belastung mit ungereinigtem Siedlungsabwasser, bei damals noch fehlenden Kläranlagen, sowie technische Eingriffe in die Gewässerlebensräume führten zum endgültigen Niedergang der Otterbestände. 1975 ging man noch von 15 Tieren aus, und seit 1990 gibt es keine Hinweise mehr auf das Vorkommen des Fischotters in der Schweiz. Beobachtungen am naturnahen Südufer des Neuenburgersees von 2004 müssen noch bestätigt werden, sind aber ein kleiner Lichtblick dafür, dass der Fischotter dereinst wieder zu unserer Fauna gehören könnte. Bleibt zu hoffen, dass dann der Fischotter mehr Toleranz findet als in der Vergangenheit.
Dieser Beitrag ist Teil des umfassenden Beitrags Marder im Kanton Luzern (2005), die folgenden Inhalte ergänzt und aktualisiert von der Redaktion waldwissen.net der WSL.
Der Fischotter - Verbreitung, Aussehen und Lebensweise
Fischotter sind die Otterart, die am weitesten verbreitet ist. Sie sind in Europa, Asien und Afrika perfekt an das Wasser- und Landleben angepasst.
Dabei sind die Männchen deutlich grösser als die Weibchen und leben als Einzelgänger, während die Weibchen auch in Gruppen mit ihren Jungtieren oder weiteren Weibchen und deren Jungen zusammenleben können. Die Paarungszeit der Tiere erstreckt sich vom Spätwinter bis ins frühe Frühjahr. Normalerweise wachsen 2 bis 3 Jungtiere heran, die nach einem Jahr abwandern und eigene Reviere suchen. Die dämmerungs- und nachtaktiven Fischotter können bis zu 13 Jahre alt werden.
Abb. 2 Fischotter beim Verzehren seiner Beute. Foto: Robin Kling/Pixelio
Ihre Nahrung besteht hierzulande hauptsächlich aus Fisch. Ohne ein ausreichendes Fischangebot kann der Fischotter nicht überleben. Daneben kann man aber auch saisonal oder je nach Lebensraum Amphibien, Reptilien, Vögel, Kleinsäuger, Wirbellose oder Krebstiere auf ihrem Speiseplan finden.
Der typische Lebensraum sind grossräumige, vernetzte Gewässersysteme wie Flüsse, Seen, Teiche, Bächen jeglicher Grösse oder Moore oder Meer. Hier leben die Tiere jeweils territorial, d.h. Männchen und Weibchen verteidigen jeweils ihr Territorium gegen gleichgeschlechtliche Eindringlinge. Je nach Nahrungsangebot haben die Territorien eine Mindestgrösse von 5 bis 20 km Uferlinie, wobei diejenigen der weiblichen Tiere kleiner sind als diejenigen der Männchen. Wenn die Gewässer nicht zufrieren, bestehen diese Territorien über Jahre. Der ausgewachsene Fischotter hat hierzulande kaum natürliche Feinde, da Luchs, Wolf oder Seeadler nur einen geringen Einfluss auf die Populationsdichte haben.
Eurasische Fischotter sind mit ihrem langgezogen Körper (50 bis 82 cm), dem stromlinienförmigen Schädel, ihrem Schwanz (30-50 cm) und den Schwimmhäuten an den Pfoten sehr wendige Schwimmer. Eine weitere Anpassung an das Leben im Wasser sind ihre Nasenlöcher und Ohren. Die Tiere können sie unter Wasser verschliessen. Zudem besitzen Fischotter ein sehr dichtes braunes Fell (bis zu 80.000 Haare/cm2; dichteste Fell der heimischen Wildtiere), welches im Wasser ein ausgezeichneter Schutz gegen Feuchtigkeit und Kälte ist, da sie im Gegensatz zu Meeressäugern keine isolierende Fettschicht besitzen (Links zu weiteren, vertiefenden Informationen zum Eurasischen Fischotter finden Sie am Ende des Beitrages.).
Wegen dieses Fells und als Konkurrent der Fischereiwirtschaft wurden sie früher stark bejagt. Aber aufgrund zahlreicher Naturschutzmassnahmen und dem Verbot schädlicher Pestizide hat sich ihr Bestand mittlerweile erholt und sie erobern sich ihren Lebensraum Stück für Stück zurück.
Ausgestorben und zurückgekehrt
Abb. 3. Auch auf die Wanderwege oder Strassenüberquerungen von Ottern wird inzwischen aufmerksam gemacht, damit sie nicht zu Verkehrsopfern werden. Foto: Jerzy/Pixelio
Seit 1989 galt der Fischotter in der Schweiz als ausgestorben.
Seit 2009 wurden in der Schweiz wieder Sichtungen an den Schweizer Fliessgewässern Inn, Ticino, Hinterrhein, Rhone und Aare gemeldet. Die meisten dieser Einzeltiere sind wohl selbständig aus den Nachbarländern, insbesondere Frankreich und Österreich, eingewandert. In Frankreich ziehen Fischotter an der Rhone flussaufwärts und von Haute-Savoie näherten sich Einzeltiere der Schweizer Grenze. In in Österreich breiten sich Fischotter rasch gen Westen aus und sind 2017 von dort in die Schweiz eingewandert. Als Vernetzungsachse ist der Inn dabei ganz wichtig (prolutra). Leider zerschneiden Verkehrswege die Wanderkorridore der Otter entlang der Gewässern, sodass die Tiere nicht selten als Verkehrsopfer enden. Auch Reusen ohne Ottergitter werden für die Tiere zur Todesfalle.
Zu Problemen mit dem Menschen kommt es gelegentlich bei Fischteichen. Insbesondere in den Wintermonaten, wo Nahrung schwerer zu erbeuten ist, kann es vorkommen, dass sich die Tiere in Fischteichen bedienen und es so zu wirtschaftlichen Schäden kommt. Aus der Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung kann eine Kombination aus technischen Schutzmassnahmen (Zäune) und einer finanziellen Honorierung der Bewirtschaftung von Naturteichen mit Fischotter-Vorkommen hier sinvoll sein.
Der Fischotter ist in der Schweiz eine nicht jagdbare Art und durch das Jagd- und Schutzgesetzes geschützt. Sollte es zu Schäden kommen, leistet der Bund an die Kantone 50 Prozent der Kosten, die Kantone kommen für den Rest auf (Jagdverordnung, Art.10).
Bei Sichtungen oder Fragen kontaktieren Sie die Fischotterfachstelle, eine Beratungs- und Koordinationsstelle des Bundesamtes für Umwelt BAFU.
Für allgemeine oder die Schweiz betreffende Fragen kontaktieren sie bitte die Leitung der Fischotterfachstelle
Für spezifische Fragen oder Beratung in Ihrer Region (Gemeinde, Kanton) kontaktieren Sie bitte die Kantonalen Wildhüter und kantonalen Jagdverwalter
Abb. 4. Hoffentlich gelingt es dem Fischotter, in Mitteleuropa, wieder überlebensfähige Populationen zu bilden Foto: Rudolpho Duba/Pixelio