Der Fischotter kehrt wieder zurück. Vor allem im Bayerischen und Oberpfälzer Wald ist er immer häufiger zu beobachten. Seine Vorliebe für frischen Fisch macht ihn jedoch zu einem Konkurrenten für Teichbesitzer und Fischer. Mit Hilfe eines Projektes will die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) die bestehenden Konflikte lösen. Der umfassende und integrative Ansatz des Projekts soll wichtige Grundlagendaten zutage fördern. Basis ist ein umfassendes Fischotter-Monitoring, das u.a. auch auf DNA-Analysen zurückgreift.

Wer Nahrung nutzt, die auch dem Menschen schmeckt und in dessen intensiv genutzter Kulturlandschaft lebt, hat es nicht leicht. Dieser Konflikt um Lebensraum und Beutetiere gereichte dem Fischotter schon beinahe zum Aussterben. Im Bayerischen Wald entlang der Grenze zu Tschechien überlebte die Art. Seit einigen Jahren breitet sich der Fischotter erfreulicherweise wieder aus. Nun stellt aber seine Rückkehr vor allem Angler und Teichwirte vor die Herausforderung, mit ihm wieder leben zu lernen. Menschen und Fischotter müssen also wieder teilen, nicht nur die Beutetiere, auch den Lebensraum. Da Teilen bekanntlich immer schwer fällt, bleiben Konflikte nicht aus. Mit einem integrativen Ansatz wird die LWF Grundlagendaten erheben, um zur Lösung der bestehenden Konflikte beizutragen. Im Mittelpunkt stehen Fischotter und Mensch gleichermaßen.

Integration statt Konfrontation

In Bayern wurde der Erhalt des Fischotters mit Hilfe von Verbesserungen seines Lebensraumes aktiv unterstützt. Die Arbeitsgemeinschaft ARGE-Fischotter veranstaltete Workshops mit den Betroffenen und unterstützte die Teichbesitzer mit Informationen zum Schutz ihrer Teiche. Dennoch wuchs der politische Druck, endlich "etwas zu unternehmen", bis ins Jahr 2006 spürbar an. Dies war das Startsignal für das Projekt "Wildtier und Mensch im Dreiländereck Bayern – Tschechien – Österreich am Beispiel des Fischotters", das an der LWF bearbeitet wird.

Ein Workshop im Rahmen einer Unterrichtsveranstaltung der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf mit Fischotter-Betroffenen zeigte, dass alle der Anwesenden mit dem derzeitigen Ottermanagement unzufrieden sind. Vier große Konfliktbereiche wurden identifiziert: Fischotterschäden, Lebensraumsanierung, Politik (Präventionsmaßnahmen und Förderung) sowie das Ansehen des Fischotters (Bekämpfung oder Sympathieträger). Neben kurzfristig wirksamen Maßnahmen (z. B. Zaunbau zum Schutz von Teichanlagen) formulierten die Teilnehmer auch langfristig wirksame Lösungsansätze (u. a. Renaturierung von Gewässern, Waldumbau, Öffentlichkeitsarbeit). Das EU-finanzierte Interreg-IIIa-Projekt soll Vorschläge sowohl zum Fischotterschutz als auch zum Schadensmanagement erarbeiten. Ein nachhaltiges Management ist jedoch nur möglich, wenn neben dem Verbreitungsgebiet auch Informationen zur Fischotterdichte vorliegen. Deren Einschätzung ist auf Grund der vorwiegend nachtaktiven Lebensweise des Fischotters schwierig. Bestandsschätzungen bilden einerseits die Grundlage zur Beurteilung der Schutzbemühungen, können aber andererseits genutzt werden, um die teilweise sehr kontroversen Spekulationen über die Otterdichte auf eine gesicherte Basis zu stellen. Dies könnte ein entscheidender Baustein für die langfristige Akzeptanz des Fischotters bei vielen Anglern und Teichwirten sein.

Mit welchen Ottern haben wir es zu tun? DNA-Analysen helfen weiter

Diese Frage lässt sich beim Fischotter nicht ganz so leicht beantworten. Sichtbeobachtungen oder indirekte Nachweise (z. B. Kot, Trittsiegel, Scharrhaufen, Baue, Fraßreste) sind schwierig zu erfassen und lassen sich selten einzelnen Fischottern zuordnen. Die Markierung von Ottern ist kompliziert und birgt Risiken für das jeweilige Tier. Genanalysen aber ermöglichen, einzelne Fischotterindividuen zu identifizieren. Diese Methode erlaubt auch die Beantwortung ganz unterschiedlicher Fragen. So können einerseits die Mindestanzahl von Fischottern am beobachteten Gewässer sowie die Größe individueller Streifgebiete abgeschätzt werden. Andererseits erlauben genetische Daten Rückschlüsse auf Verwandtschaftsverhältnisse, Populationsstruktur und Geschlechterverhältnis. In unserem Fall nutzen wir den Kot der Fischotter. Da Kotproben auf Grund des geringen DNA-Gehalts (wenige körpereigene Darmepithelzellen werden mit ausgeschieden) schwierig auszuwerten sind, wurde die Methodik in einer Vorstudie optimiert. Hierbei wurden die Genotypen von Zootieren anhand von Haar- und Kotproben bestimmt und auf Abweichungen hin verglichen. Somit konnte eine Mindestmenge an DNA bestimmt werden, mit der auch bei Kotproben verlässliche Ergebnisse zu erzielen sind. Ab einer DNA-Konzentration von ca. 69 pg/µl werden 90 Prozent aller Allele korrekt bestimmt (Abb. 2).

Im Rahmen des Projektes wurde auch eine Methode entwickelt, mit der sich die Kotproben von Europäischen bzw. Kanadischen Fischottern und Amerikanischen Nerzen unterscheiden lassen. Als ein besonders großes Exemplar (Gesamtlänge 147 cm) eines Fischotters in der Nähe von Tittmoning tot aufgefunden wurde, kamen schnell Zweifel auf, ob es sich überhaupt um einen Europäischen oder nicht eher um einen (ausgesetzten?) Kanadischen Fischotter handelt. Auch hier half die Genetik weiter (Abb. 3). Der unzweifelhafte Befund: Der Fischotter aus Tittmoning war Europäer!

In den letzten Jahren wurden immer wieder auch tote Fischotter weiter westlich des ostbayerischen Verbreitungsgebietes gefunden. Ob diese Todfunde aus der ostbayerischen Otterpopulation stammen (abwandernde Tiere), lässt sich nicht mehr überprüfen. In Zukunft jedoch wird dies mit Hilfe der Genetik möglich sein.

Intensiv-Monitoring in Modellgebieten

Für genetische und nahrungsanalytische Untersuchungen wurden bisher ca. 200 Kotproben gewonnen. Da es aus Kostengründen nicht möglich ist, diese Untersuchungen auf das ganze derzeitige Verbreitungsgebiet des Fischotters im Bayerischen Wald auszudehnen, wurden zwei Modellgebiete im Einzugsgebiet des Michelbachs (Breitenberg / Neureichenau) und am Schwarzen Regen (Bayerisch Eisenstein-Zwiesel-Teisnach) ausgewählt. Sofern sich die DNA-Untersuchung aus Kotproben eignet, um Höhe, Vitalität, Zu- und Abwanderungsdynamik von Fischotterbeständen einzuschätzen, könnte sie in das bisherige Monitoring integriert werden. Damit ließen sich neue Fakten hinsichtlich Populationsdynamik, Reproduktionserfolg oder Lebensraumnutzung gewinnen. Für den Schutz des Fischotters und seines Lebensraumes, aber auch für die Evaluierung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen sind solche Informationen unbedingt erforderlich.

Zaunschutz für Teichanlagen

Um zukunftsfähige Managementstrategien erarbeiten zu können, wird auch geprüft, ob und wie Schutzmaßnahmen gegen den Fischotter wirken. Dazu zählt auch eine Einzäunung von Teichanlagen, um Fischverluste zu verhindern. Solche Zaunanlagen werden bereits finanziell unterstützt. Die Regierung von Niederbayern erstattet bis zu 70 Prozent der Kosten.

Geförderte Zäune müssen allerdings zehn Jahre stehen bleiben.


An Fließgewässern ist das "Eindringen" des Fischotters nicht zu verhindern. Der Einfluss des Fischotters auf die Fischfauna in Fließgewässern lässt sich schwieriger quantifizieren als bei Teichanlagen. Dennoch schenken wir auch diesem Aspekt Aufmerksamkeit, denn eventuell erhöht sich der Fraßdruck auf Fließgewässer, wenn Fischteiche als Jagdgebiete für den Otter nicht mehr zur Verfügung stehen.

Blick in die Zukunft

Derzeit werden regelmäßige Begehungen durchgeführt, Spuren erhoben und Kot gesammelt, betroffene Teichwirte und Angler befragt, Schäden erfasst sowie eingeleitete Abwehrmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Neben der anstehenden Einbindung der verschiedenen Akteure im Rahmen einer projektbegleitenden Gruppe (PBG) werden derzeit die bestehenden Kontakte zu den tschechischen Partnern weiter intensiviert.

Der Fischotter braucht die Akzeptanz der Menschen, vor allem der direkt betroffenen Fischer und Teichwirte. Der Mensch braucht den Fischotter als integrativen Bestandteil einer intakten Lebensgemeinschaft und muss verstehen (lernen), warum es sich lohnt, auch mit dem Fischotter zu leben.

Helmut Bayerl (TU München) führt die genetischen Untersuchungen durch.

Roland Beck (LWF) leitete das Sachgebiet Forstpolitik, Wildtiermanagement, Jagd und ist für das Projekt verantwortlich.

Michael Friedrich (LWF), Mitarbeiter im gleichen Sachgebiet, bearbeitet den Bereich Konflikt Fischotter-Mensch.

Niels Hahn (WILCON) widmet sich den weiteren wildbiologischen Fragestellungen und koordiniert das Projekt.

Dr. Ralph Kühn leitet die Arbeitsgruppe Molecular Ecology and Conservation Genetics und betreut den Genetik-Teil des Projektes.