Wälder sind ein äusserst wichtiges Element im integralen Schutz vor Naturgefahren. Viele Siedlungen im Kanton Bern sind nur dank den oberhalb liegenden Wäldern vor Naturgefahren geschützt und dadurch überhaupt ganzjährig bewohnbar. Auch Verkehrswege, die entlang von steilen Hängen verlaufen, sind dank des Schutzes durch den Wald vor Naturgefahren sicherer. Schutzwälder sind im Gegensatz zu technischen Verbauungen in der Lage, gleichzeitig vor mehreren Gefahrenprozessen zu schützen. Rund ein Viertel der Wälder im Kanton Bern schützt direkt Siedlungen und wichtige Verkehrswege vor Naturgefahren. Im Oberland ist der Anteil des Schutzwaldes doppelt so hoch; in einzelnen Gemeinden liegt er sogar bei über 90%.

Standortverhältnisse an der Waldgrenze

In hohen Lagen herrschen für die Bäume extreme Standortverhältnisse. Mit zunehmender Höhe über Meer wird das Klima rauer: es ist kälter, die Schneebedeckung dauert länger und die Winde sind stärker. Die Vegetationszeit ist an der Waldgrenze viel kürzer als unten im Tal. Die äusseren Bedingungen wirken sich stark auf die Entwicklung der Pflanzen aus; sie wachsen im Bereich der Waldgrenze deutlich langsamer als in den tiefen Lagen. Die neuen Triebe müssen sich während der kurzen Vegetationszeit vollständig entwickeln und vor den ersten Frühfrösten verholzen, damit sie nicht erfrieren.

Angepasste Lokalrassen

Während der letzten Eiszeit mussten sich die Baumarten in nicht vergletscherte Gebiete in Osteuropa zurückziehen. Die nacheiszeitliche Rückwanderung der Fichte in die Schweiz erfolgte in einer klimatisch günstigen Phase vor 7'500 - 4'800 auf verschiedenen Wegen von Osten und Süden her. Das Berner Oberland erreichte sie vermutlich vor etwa 5'000 Jahren. Die lokal vorherrschenden Wachstumsbedingungen führten vor allem in Extremlagen zu einem grossen Selektionsdruck; überlebt haben nur diejenigen Baumindividuen, die diesen Umweltbedingungen standhalten konnten. So bildeten sich im Verlaufe der Zeit Lokalrassen, die an die schwierigen Rahmenbedingungen am jeweiligen Standort optimal angepasst sind und ihre Eigenschaften an die Folgegenerationen vererben.

Kantonale Forstbaumschule Kleiner Rugen

Der weitaus grösste Teil der Schutzwälder verjüngt sich natürlich. Auf Standorten mit ungenügender Naturverjüngung hingegen und in Hochlagenaufforstungen müssen junge Bäumchen gepflanzt werden, wenn sich dort ein Waldbestand etablieren soll. Diese Bäumchen können aber nur dann überleben, wenn sie den extremen Standortverhältnissen angepasst sind. Aus diesem Grund betreibt der Kanton Bern seit den 1950er-Jahren eigene Pflanzgärten. Die Forstbaumschule am Kleinen Rugen in Matten bei Interlaken hat sich auf die Nachzucht von Forstpflanzen für hohe Lagen spezialisiert.

 
Ein weiterer Film zeigt auf, wie das Naturgefahren-Management im Kanton Bern aufgebaut ist.