Der Tulpenbaum zeichnet sich durch hohe Wuchsleistungen und eine außergewöhnliche Geradschäftigkeit aus. Die in Nordamerika wirtschaftlich sehr bedeutende Laubholzart lässt sich gut in die natürlichen heimischen Waldgesellschaften integrieren.

1 Allgemeines

Name (wiss.) : Liriodendron tulipifera LINNÉ

(deutsch): Tulpenbaum

(engl.): Yellow-poplar, Tuliptree, Whitewood

Familie: Magnoliengewächse ( Magnoliaceae )

Natürliches Verbreitungsgebiet: im gesamten Gebiet des östlichen Nordamerikas zwischen der kanadischen Provinz Ontario und Nordflorida. Verbreitungsschwerpunkt sind die Appalachen.

Im Tertiär und in der Kreidezeit war die Gattung Liriodendron auch in Europa weit verbreitet. Eine weitere Art existiert heute noch in Asien (L. chinense). In Europa wird die Art seit 1663 angebaut. In Deutschland wurden nachweislich seit 1787 Versuchsanbauten vorgenommen.

2 Ökologie

2.1 Standortsansprüche

- Nährstoff- und Wasserbedarf

L. tulipifera ist eine an den Standort sehr anspruchsvolle Baumart. Sie bevorzugt tiefgründige, gut wasserversorgte und gut durchlüftete Böden, wobei günstige bodenphysikalische Eigenschaften von größerem Einfluss sind als bodenchemische.

Nährstoffreiche, schwach saure Standorte sind ideal. In Tennessee und Kentucky sollen auch Kalkstandorte besiedelt werden.

- Wärmebedarf

Die Baumart ist bei uns absolut winterfrosthart. Wegen des mittelfrühen Austriebs können aber Spätfrostschäden auftreten.

- Ausschlussgründe

Der Tulpenbaum gedeiht nicht auf trockenen Böden und Böden mit Wasserüberschuss, d. h. in Überschwemmungsbereichen auf Moorböden und stark wechselfeuchten Einheiten. Nährstoffarme Böden werden ebenfalls gemieden.

2.2 Standortspfleglichkeit

Die Blattstreu ist gut zersetzbar und bildet günstige Humusformen im Oberboden.

2.3 Wachstum

L. tulipifera kann ein Alter bis zu 300 Jahren und einen Brusthöhendurchmesser bis 2 m erreichen. SCHENCK 1939 geht sogar von einem Maximalalter im Urwald von bis zu 700 Jahren aus und nennt ihn den wichtigsten Laubbaum und "Aristokraten" des amerikanischen Ostens.

Bestandeshöhen von über 40 m sind möglich, Einzelbäume können sogar Höhen von 60 m erreichen.

- Wuchs- und Konkurrenzverhalten

Die Baumart ist sehr schnellwüchsig und wird oft mit der Pappel verglichen (daher der englische Name Yellow-Poplar). In unteren Schwarzwaldlagen können naturverjüngte Pflanzen dem Bergahorn vorauswachsen.

Der Tulpenbaum ist eine Lichtbaumart und gut in Mischbestände integrierbar, er ist anderen Baumarten gegenüber tolerant im Wuchsverhalten.

- Wurzelsystem

Tulpenbäume entwickeln ein tiefreichendes und weitstreichendes Wurzelsystem. Sämlinge bilden früh eine Pfahlwurzel. Die fleischige Wurzel ist bereits im zeitigen Frühjahr sehr behandlungsempfindlich.

2.4 Verjüngung

- Fruktifikation und Ausbreitungsbiologie

L. tulipifera fruktifiziert ab einem Alter von 15-20 Jahren, später regelmäßig, oft jährlich. Die Ausbreitung des Samens erfolgt durch Wind in bis zu 60 m Entfernung. Die Keimkraft ist im Herkunftsland, wie auch bei uns, nominell mit 10-15 % (maximal 35 %) gering, was durch die üppige, feinsamige Produktion (11.000-40.000 Stck./kg) aber mehr als ausgeglichen wird. Die Samen bleiben in der Natur etwa 4-7 Jahre keimfähig, bei künstlicher trocken-kühler Lagerung 3-4 Jahre.

Die Art ist zur Bildung von Stockausschlägen befähigt. Bei der Fortpflanzung der Art im Wald scheint das aber keine große praktische Bedeutung zu besitzen.

Als Pionierbaumart werden Freiflächensituationen bevorzugt. So hat der Baum umfangreich Wüstungen des amerikanischen Bürgerkriegs und seit der Depression in den 1930er-Jahren aufgelassene landwirtschaftliche Flächen besiedelt. Seine Sämlinge zeichnet im Vergleich zu älteren Pflanzen eine deutlich erhöhte Schattentoleranz aus.

Auch in Deutschland tritt mit wechselnder Intensität Naturverjüngung auf. Diese entwickelt sich unter lichtem Schirm oft als Einzelmischung gut in standorttypischer Edellaubbaumverjüngung. In Bestandeslücken können sich femelartige tulpenbaumdominierte Verjüngungsgruppen bilden.

Mineralbodenanschluss und mäßig saure Oberbodenverhältnisse sind ideale Bedingungen für eine Keimung, die daher auch häufig nach Oberbodenverwundung durch Holzbringung usw. erfolgt.

- Hybridisierung

L. tulipifera hybridisiert mit der bei uns sehr seltenen und deutlich kleineren Art L. chinense. Die Hybriden sollen ein sehr starkes Wachstum (erheblicher Heterosiseffekt) besitzen.

- Invasivität

Bei insgesamt moderater Verjüngungsaktivität gibt es in Mitteleuropa bisher keine Hinweise auf invasives Verhalten.

2.5 Waldschutz (Risiken)

- Abiotische Risiken

Die relative Spätfrostgefährdung wurde bereits erwähnt. Gravierender sind aber Schneebruch, Schneedruck und Eisanhang zu bewerten, die in unteren Berglagen gelegentlich zu erheblichen Schäden führen können. Gleiches gilt für windexponierte Lagen. Bleibende Kronendeformationen können die Folgen sein.

Vor allem die sehr dünnborkigen Jungbestände sind schon früh in der Vegetationszeit extrem empfindlich gegen Rindenverletzungen (Fäll- und Rückeschäden).

Gegen Bodenverdichtung und Überflutung ist die Art empfindlich.

Die Kronen der Bäume gelten als brüchig bei Holzerntemaßnahmen.

-Biotische Risiken

Schädlinge treten bei uns bisher selten auf. Hallimasch kann als Kernfäuleerreger vorkommen.

Da es mit L. chinense nur eine wenig verbreitete weitere Art in der Gattung gibt, ist die Einschleppung gattungspezifischer aggressiver Schadorganismen (wie z. B. bei den Gattungen Esche, Ulme, Eiche und Edelkastanie) wenig wahrscheinlich.

3 Bedeutung für die Artenvielfalt/Biodiversität

- Auswirkung auf Ökosysteme

Liriodendron kann zweifellos über Samenflug in heimische Waldgesellschaften einwandern, zeigt sich in diesen aber bisher sehr mischungstolerant. Dies gilt auch für die sporadisch auftretenden Stockausschläge.

- Ökologische Integration

Die Fähigkeit zur Integration in natürliche heimische Waldgesellschaften dürfte nach bisherigem Kenntnisstand problemlos möglich sein.

4 Wuchsleistung

4.1 Zuwachs

Im Ursprungsgebiet wird über Zuwachsleistungen zwischen 5 und 12 m³ pro Jahr und Hektar berichtet. Angesichts der moderaten Zahlen dürften diese eher für die weniger wüchsigen Bergwaldstandorte gelten.

Im Oberrheintal werden auf geeigneten Standorten Zuwachsleistungen zwischen 8 und 15 Vfm erreicht.

5 Qualität

5.1 Formigkeit

Die Formigkeit von Tulpenbäumen ist legendär: "Selbst die Fichte kann den Tulpenbaum nicht an Geradschäftigkeit übertreffen" (SCHENCK 1939).

5.2 Astreinigung

Die natürliche Astreinigung des extremen Totastverlierers ist hervorragend. Astfreie Schaftlängen bis 20 m kamen im Urwald vor. Auch bei uns können lange astfreie Schäfte erzielt werden. Bei vorwüchsigen, stärker beasteten Bäumen sollte dennoch Wertastung in Erwägung gezogen werden.

5.3 Sortimente

Die gute Formigkeit und Astreinigung in Verbindung mit den erzielbaren hohen Durchmessern können zur Produktion sehr langer, hochwertiger Erdstämme genutzt werden (Furnier- und Schneideholz).

5.4 Herkunftsabhängigkeiten

Das große natürliche Verbreitungsgebiet hat zwingend die Ausbildung regional differenzierter Herkünfte zur Folge, die sich in Morphologie, Wachstum und Phänologie unterscheiden. Die besten Herkünfte für Mitteleuropa sollen aus den Höhenlagen der südlichen Appalachen zwischen 1.000 und 1.400 Meter stammen.

Praxisbeispiele:

Wüchsige Tulpenbaumbestände gibt es unter anderem in Nordbaden zwischen Karlsruhe und Baden-Baden, der wohl wüchsigste (potenzieller Saatguterntebestand von 2 Hektar) im Stadtwald Baden-Baden selbst. Ein sehr schöner Bestand stockt auch im Stadtwald Weinsberg. Wüchsige Exemplare befinden sich in einem Privatwaldbetrieb in der Nähe von Hückeswagen/NRW.

6 Waldbauliche Behandlung

6.1 Bestandesbegründung

Wie bei anderen Edellaubhölzern ist die Pflanzung 2-3-jähriger verschulter Ware am aussichtsreichsten. Gut geeignet sind auch die zwischenzeitlich vermehrt angebotenen Topfpflanzen.

6.2 Mischungsformen

Den Prinzipien des naturnahen Waldbaus folgend sollen Mischbestände mit anderen Edellaubbäumen, Buche oder Stieleiche begründet werden – bevorzugt als Ausbesserungen in Naturverjüngungen –, wo diese fehlen, auch in Pflanzungen. Dabei ist wegen des raschen Wachstums selbst eine Einzelmischung in stark von Bergahorn dominierten Naturverjüngungen aussichtsreich; eher als mit jeder anderen Edellaubbaumart. Sehr günstig ist in diesem Fall auch die praktisch vollständig fehlende Lichtwendigkeit zu beurteilen, gerade bei der Ausbesserung von Lücken.

6.3 Pflege- und Nutzungskonzepte

Erfahrungen in diesem Bereich sind in Deutschland gering. Bei der Bestandeserziehung sollte aber in jedem Fall der sehr dynamischen Zuwachsentwicklung in der Jugend Rechnung getragen werden. Andererseits kulminiert auf den badischen Versuchsflächen der periodische Zuwachs meist erst im Alter zwischen 60 und 70 Jahren.

Wegen der wahrscheinlich negativen Korrelation zwischen Jahrringbreite und Holzqualität sollten die Durchmesserzuwächse daher auf besten Standorten eher etwas begrenzt werden.

7 Holzverwendung

Im Hinblick auf die weit gespannte Verwendungspalette des Holzes ist die amerikanische Bezeichnung "Yellow Poplar" eher irreführend. Das zeigt sich auch daran, dass das Tulpenbaumholz inzwischen zur mengenmäßig zweitwichtigsten Laubschnittholzart im Export der USA avanciert ist.

7.1 Holzeigenschaften

Die Rohdichte trockenen Holzes liegt bei 0,43 g/cm. Das Holz ist zerstreutporig, feinfaserig und lässt sich sehr gut verarbeiten und polieren.

Kernholzbildung erfolgt erst in höherem Alter. Der Kern ist gelblichgrün bis braun (je nach Herkunfts- und Wuchsgebiet). Das Kernholz ist recht dauerhaft, das hellere Splintholz ist wenig beständig und bläueanfällig.

7.2 Wertholztauglichkeit

Verwendung als Furnier ist möglich, wertholzrelevant ist vor allem aber das erzielbare hochwertige Schnittholz. Hierbei werden vom Markt die langsamer gewachsenen, kernholzreichen Partien der Berglagen deutlich vorgezogen. Es scheint somit eine negative Korrelation zwischen großen Jahrringbreiten und der Holzqualität zu existieren (Forschungsbedarf in Deutschland als Grundlage für Wertholzerziehung!).

Gemasertes Holz ist als "Canary (white) wood" im Handel.

7.3 Verwendungsbereiche in der Holzindustrie

Die Verwendung von Tulpenbaumholz ist außerordentlich vielfältig: Schälholz, Modell- und Möbelholz, Särge, Musikinstrumentenbau, Drechslerholz, Fassdauben, Zündhölzer und Faserholz.

Beste Möbelholzeigenschaften sind vor allem die hohe Dimensionsstabilität und eine geringe Neigung zum Reißen. Tulpenbaumholz lässt sich wie kaum eine andere Baumart lasieren und polieren. Es wird auch als Ersatz für hochwertige Fichtenware verwendet (z. B. Treppenwangen). Im Musikinstrumentenbau wird Tulpenbaumholz ebenfalls gern verwendet (z. B. für Klaviertastaturen).

Mäßige Stammholzqualitäten werden ähnlich wie Pappelholz verarbeitet (Palettenware, Blindholz usw.).

Zellstoff aus Tulpenbaumholz ist fester als der aus Pappelholz.

7.4 Vermarktung

In Verbindung mit seinen hervorragenden Verarbeitungseigenschaften und seiner attraktiven Optik wird das Holz bei international hohem Bekanntheitsgrad auch für exklusive Verwendungen zunehmend nachgefragt (namentlich für Vertäfelungen z.B. in Yachten).

Die Vermarktung in Deutschland ist bisher eher aufwändig und unter Erlösgesichtspunkten stark wechselnd, da das geringe Holzaufkommen eine Spezialisierung von Verarbeitern nicht zulässt. Händler kaufen frei Waldstraße häufig zu "Schnäppchenpreisen". Gezahlt werden je Festmeter B-Ware frei Wald oft nicht einmal 100 Euro je Festmeter, auf Submissionen für gute Erdstämme bis um die 200 Euro. Ein vermehrtes Angebot sollte dies positiv verändern.

8 Nebennutzungen

Tulpenbäume spielen im Herkunftsland eine gewisse Rolle als Honiglieferanten.

Das spektakuläre Goldgelb des Tulpenbaumlaubs im Herbst wäre geeignet, ein sehr ästhetisches Element des "Indian Summer" in unsere Landschaft zu bringen.

Zusammenfassende Beurteilung der Anbauwürdigkeit

9 Literatur

  • Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg i.Br., Abteilung Waldwachstum: Akten über Versuchsflächen.
  • Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg (Hrsg., 1997): Versuchsanbauten mit nicht heimischen Baumarten. Historische Entwicklung in Baden-Württemberg. Stuttgart (Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg, 79).
  • Schenck, C. A. (1939): Fremdländische Wald- und Parkbäume. Bd. 3: Die Laubhölzer. Berlin.
  • Schütt, P. (Begr.); Roloff, A. et al. (Hrsg., 2006): Enzyklopädie der Laubbäume. Landsberg/Lech, München.
  • Stratmann, J. (1988): Ausländeranbau in Niedersachsen und den angrenzenden Gebieten. Göttingen (Schriften aus der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen, 91).