Die Pazifische Edeltanne ist eine leistungsfähige und waldbaulich interessante Baumart zur Begründung auf Freiflächen und unter lichtem Schirm. Auch ihre Nebennutzungserträge sehr hoch. Bislang gibt es keine Anzeichen einer invasiven Ausbreitung des Baumes.
1 Allgemeines
Abb. 2: Gruppe von Edeltannen im Arboretum Tervuren, Belgien. Foto: M. Jacobs
Abb. 3: Mischbestand von Edeltanne mit Riesenmammutbaum und Großer Küstentanne im Arboretum Burgholz bei Wuppertal. Foto: U. Nolden-Seemann
Name (wiss.): Abies procera Rehd., Syn. Abies nobilis (Dougl. ex D. Don) Lindl
(deutsch): Pazifische Edeltanne.
Familie: Kieferngewächse (Pinaceae).
Natürliches Verbreitungsgebiet: Entlang des Kaskadenkamms im westlichen Nordamerika in den US-Bundesstaaten Oregon und Washington (41. bis 48. Grad nördl. Breite) in Höhenlagen von 650 bis 1.680 m ü. NN mit ozeanischem (bis kontinentalem) Klima bei hoher Wasserversorgung (2.000 bis 2.500 mm Niederschlag/Jahr, häufig als Schnee).
Vorkommen und Anbaugebiete in Europa: In den meisten Ländern Nord- und Mitteleuropas (besonders in Skandinavien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) wurde A. procera überwiegend in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, vereinzelt aber auch schon 1850 als Ziergehölz und später auch als Weihnachtsbaum bzw. zur Schmuckreisiggewinnung eingeführt. Forstliche Anbauten gibt es in Deutschland nur wenige.
Praxisbeispiele:
Arboretum Tervuren, Belgien (ca. 114-j. Rein- und Mischbestandsteile);
Arboretum Burgholz (ca. 50-j. Rein- und Mischbestände);
Arboretum Bad Grund (bis ca. 40-j. Rein- und Mischbestände);
IUFRO-Versuchsflächen von 1978 in Deggendorf, Kaufungen, Reinhardshagen, Bramwald, Lautenthal und Syke) u.v.m.
2 Ökologie
Abb. 4: Die Zapfen der Edeltanne können bis zu 30 cm hoch werden. Foto: U. Nolden-Seemann
2.1 Standortsansprüche
- Nährstoff- und Wasserbedarf: Optimale Standorte sind eher sauer, tiefgründig und gut wasserversorgt (über 700 mm, besser 1.000 mm Niederschlag/Jahr). Kalkstandorte sowie zu trockene und (stau-)nasse Standorte werden gemieden.
- Wärmebedarf: Die Edeltanne ist eine Baumart der montanen Lagen und hat daher keinen hohen Wärmebedarf. Durch sehr spätes Austreiben ist sie nicht besonders spätfrostgefährdet. Junge Bäume können aber unter Frosttrocknis leiden.
- Ausschlussgründe: Staunasse Böden (Windwurfgefahr), Kalkstandorte (Chlorosen) und zu trockene Standorte.
2.2 Standortpfleglichkeit
Die Nadelstreu wird rasch abgebaut.
2.3 Wachstum
Die pazifische Edeltanne erreicht mit über 700 Jahren das höchste Alter unter den Tannenarten. Es können Höhen von 85 m und Brusthöhendurchmesser von fast 6 m erreicht werden. - Wuchsverhalten: A. procera ist bekannt für ein ausgesprochen langsames Wachstum in der frühen Jugend. Mindestens bis zum Alter von 30 Jahren steigt der Höhenzuwachs aber stetig an und kann dann, abhängig vom Standort, 40 bis 80 cm/Jahr betragen. Besonders in montanen Lagen kann die Gesamtwuchsleistung der Douglasie im Alter 100 um 50 bis 114 % übertroffen werden. Mit dafür verantwortlich sind die hohen Formzahlen (0,5 bis 0,6) der Edeltanne in höherem Alter.
- Schattentoleranz: Die Schattentoleranz ist im Vergleich zu anderen Tannenarten sehr niedrig. A. procera sollte auf Freiflächen oder unter leichtem Schirm gebracht und nachfolgend weitestgehend frei von Schirm- und Seitendruck gehalten werden. Bei geplanten Mischungen mit raschwüchsigen Baumarten sollte man der Edeltanne einen zeitlichen Vorsprung von mehreren Jahren geben.
- Konkurrenzverhalten: A. procera ist in der Jugend wenig konkurrenzstark und wird rasch von anderen Baumarten oder Begleitvegetation überwachsen. Regelmäßiges Freischneiden ist daher unbedingt erforderlich. Etablierte Edeltannen können aber besonders in montanen Lagen andere Baumarten (auch Douglasien und Küstentannen) später überwachsen und in höherem Alter (ab Alter 100) Bestände dominieren.
- Wurzelsystem: Überwiegend wird ein Herzwurzelsystem mit einzelnen tiefreichenden Senkern gebildet. Vereinzelt wurden jedoch auch Pfahlwurzeln festgestellt. Windwurf kommt zwar vor, ist jedoch kein charakteristisches Merkmal der Edeltanne. Staunasse und verdichtete Böden werden nicht gut durchwurzelt.
2.4 Verjüngung
- Ausbreitungsbiologie (generativ, vegetativ): Die Samen der sehr großen Zapfen sind schwer und fallen überwiegend in unmittelbarer Nähe zum Mutterbaum zur Erde. Gelegentlich auftretende Naturverjüngung zeigt keine Anzeichen von Invasivität. Die Edeltanne vermehrt sich nicht vegetativ.
- Fruktifikation: Die Zapfenbildung beginnt im Alter von 20 bis 30 Jahren, ist sehr unregelmäßig von Jahr zu Jahr und kulminiert ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren. Durch einen hohen Anteil an Selbstfertilität können auch einzelne Bäume gut fruktifizieren. Die Samen werden meist zwischen Ende August und Mitte September reif.
- Hybridisierung: Natürliche Hybridisierungen sind nur mit A. magnifica im Herkunftsgebiet bekannt.
- Invasivität: Bislang gibt es keine Anzeichen einer invasiven Ausbreitung von Edeltannen.
2.5 Waldschutz (Risiken)
- Abiotische Risiken: Durch das späte Austreiben ist die Edeltanne relativ resistent gegen Spätfröste, Frosttrocknis kann jedoch vorkommen. Schmale Kronen und zähes Holz (vor allem der Äste) verhindern Schäden durch Schnee- und Eisbruch. Die Windwurf- und Windbruchgefahr ist wie oben erwähnt auf lockeren und tiefgründigen Substraten relativ gering. Aufgrund geringer Trockenstresstoleranz ist die Baumart auf wechselfeuchten (-trockenen) Standorten nicht als Ersatz für die Fichte zu sehen. Nach längeren Trockenperioden werden Schwundrisse (Saugspannungsrisse, Trockenrisse) beschrieben, die auch mehrere Meter lang sein können.
- Biotische Risiken: Sämlinge werden z. T. von Grauschimmel (Botrytis cinerea), Jungwüchse von Großen Braunen Rüsselkäfern (Hylobius abietis) befallen. Außerdem können in allen Altersstadien der Edeltanne für Nadelholz typische Arthropoden auftreten. Große Schäden entstehen dadurch aber kaum. Auf wärmebegünstigten Standorten können allerdings nach Laubholzbestockung erhebliche Ausfälle durch Hallimasch (Armillaria mellea s.l.) hervorgerufen werden. Über die Anfälligkeit gegenüber Verbiss und Schäle durch Schalenwild gibt es unterschiedliche Aussagen. Im Vergleich zur Weißtanne sind die Schäden offenbar geringer, verschmäht wird die Edeltanne aber auch nicht.
3 Bedeutung für die Artenvielfalt / Biodiversität
- Auswirkungen auf Ökosysteme (Beispiele): Aufgrund des relativ geringen Vorkommens der Edeltanne außerhalb von Weihnachtsbaumkulturen sind bislang kaum Auswirkungen auf die Biodiversität oder invasive Tendenzen bekannt.
Praxisbeispiel:
In der Nähe von Sonthofen (Bayern) wurde auf 1.210 m Höhe Naturverjüngung von A. procera festgestellt, allerdings nur im Umkreis von 50 bis 100 m um die 90-jährigen Mutterbäume herum. Ein Einfluss auf die Biodiversität kann daraus nicht abgeleitet werden.
- Dauerhaftigkeit der Auswirkungen: Die ausschließlich generative Vermehrung der Art schränkt eine mögliche Persistenz nach Beseitigung der Mutterbäume stark ein.
- Ökologische Integration: Eine ökologische Integration in naturnahe Waldökosysteme ist in flächiger (gruppen- bis horstweiser) Mischung mit weiteren Baumarten gut möglich.
4 Wuchsleistung
4.1 Zuwachs
siehe auch 2.3 Wachstum!
Im Höhenzuwachs bleibt A. procera in der Regel hinter A. grandis, nach dem Jugendstadium und besonders auf höher gelegenen Standorten wird jedoch der Höhenzuwachs z. B. der Fichte übertroffen. Der Durchmesserzuwachs stagniert in der Jugend weniger als der Höhenzuwachs und reicht auf geeigneten Standorten schnell an das Niveau von Küstentanne oder Douglasie heran! Die in höheren Lagen Deutschlands wüchsigsten Herkünfte stammen aus der Region des Mt. Rainier (McKinley Lake, Washington) und aus Oregon (Küstengebirge: Laurel Mt.; Kaskaden: Molalla).
4.2 Gesamtwuchsleistung
Bis zum Alter 100 sind Gesamtwuchsleitungen von bis zu 1.400 Vorratsfestmeter/ha möglich. Blaunadelige Edeltannen, die vornehmlich für die Weihnachtsbaumproduktion und Schmuckreisiggewinnung selektiert wurden, haben i.d.R. geringere Gesamtwuchsleistungen als blaugrüne oder graugrüne Provenienzen.
Praxisbeispiele:
In einem direkten Vergleich verschiedener Tannenarten im Arboretum Burgholz/NRW (38-40-jährig) war der Durchmesserzuwachs von A. procera ähnlich dem von A. alba und lag damit im Mittelfeld aller untersuchten Tannenarten. Das Höhenwachstum von A. procera war deutlich langsamer als das von A. alba und A. grandis.
In älteren Beständen (75-91 Jahre) in Diez (Rheinland-Pfalz), Sonthofen (Bayern) und Todtnau (Baden-Württemberg) erreichte A. procera Höhen von 35 m und BHD-Werte von über 70 cm. Angaben zur Gesamtwuchsleistung fehlen.
Auf der Versuchsfläche Teisenberg bei Siegsdorf in Bayern (1.290 m ü. NN) übertraf A. procera alle vier untersuchten Douglasienherkünfte ab dem Alter von 16 Jahren sowohl im Höhen-, als auch im Durchmesserwachstum.
5 Qualität
5.1 Formigkeit
Die Edeltanne ist besonders in höheren Altersklassen vollholzig und erreicht Formzahlen von 0,6.
5.2 Astreinigung
A. procera zeigt eine sehr gute natürliche Astreinigung, Sekundärastbildung kommt nicht vor.
5.3 Sortimente
Das Holz der Edeltanne ist vergleichbar mit dem von Fichte und Weißtanne und wird entsprechend auch als Bau- und Konstruktionsholz ausgehalten. In den Festigkeitseigenschaften liegt es zwischen Weiß- und Küstentanne.
5.4 Herkunftsabhängigkeiten
Verschiedene Herkünfte unterscheiden sich sowohl in den Wuchsleistungen, als auch in Mortalitätsraten. Die Herkünfte mit den besten Zuwächsen wurden unter 4.1 bereits genannt. Ausfallraten in den ersten Jahren lagen bei Versuchsanbauten zwischen 2 und 49 % und waren tendenziell höher bei südlichen Herkünften aus den Küstenregionen Oregons.
5.5 Saat- und Pflanzgutversorgung
A. procera unterliegt nicht dem FoVG. Es bestehen daher keine rechtlichen Einfuhrbeschränkungen. Trotzdem sollte Saat- und Pflanzgut aus Nordamerika nur mit garantierten Nachweisen der empfohlenen Herkünfte von Forstbaumschulen bezogen werden. Nach den Ergebnissen von Herkunftsversuchen haben sich folgende Herkünfte bewährt (s.a. 4.1): Larch Mountain, 975 m, Mount Defiance, 1125 m (beide Samenzone 042), French Butte, 1300 m, Mc Kinley Lake, 900 m (beide Samenzone 430), Hungry Peak, 1280 m und Red Mountain, 1220 m (beide Samenzone 440). Für Norddeutschland werden auch die Sonderherkünfte Lensahn (Schleswig-Holstein) und Rothemühl (Mecklenburg-Vorpommern) empfohlen.
6 Waldbauliche Behandlung
Abb. 5: A. procera (auch unter dem Namen "Nobilis-Tanne" bekannt) hat als Weihnachtsbaum kaum noch Bedeutung, aber für die Schmuckreisiggewinnung wie hier im Raum Winterberg/NRW. Foto: T. Vor
6.1 Bestandesbegründung
Die Pazifische Edeltanne ist lichtbedürftig und wächst daher am besten auf Freiflächen oder unter lichtem Schirm. Aufgrund von relativ hohen Ausfallraten im Jungwuchsstadium sollte der Pflanzverband nicht zu weit sein, z. B. 2 x 1 m (5.000 Pfl./ha). Ballenpflanzen (2+2) oder ältere wurzelnackte Pflanzen (2+3 oder 2+4) sind aufgrund der Konkurrenzschwäche gegenüber üppiger Begleitvegetation zu bevorzugen.
6.2 Mischungsformen
Da der Anbau besonders für höhere Lagen empfohlen wird, sind Nadelholzmischbestände aus A. procera, A. alba und P. abies denkbar. Besonders Käferlöcher und Windwürfe in Fichtenbeständen können genutzt werden, um die Edeltanne gruppen‑ bis horstweise einzubringen.
6.3 Pflege- und Nutzungskonzepte
Besonders im Jungwuchsstadium ist eine Begleitwuchsregulierung unentbehrlich. Krummwüchsige Exemplare sind nach einer möglichen Schmuckreisiggewinnung zu entnehmen. Aufgrund des hohen Lichtbedarfs sind Z-Bäume früh und kräftig besonders gegen konkurrenzstärkere Mischbaumarten zu fördern. Ab einem Alter von 50 Jahren kann so Stammholz der Stärkeklasse 2b bis 3a anfallen, mit Starkholz ab 70 cm BHD kann nach ca. 75 Jahren gerechnet werden.
7 Holzverwendung
7.1 Holzeigenschaften
Die Holzeigenschaften von A. procera werden besonders in Nordamerika und Großbritannien geschätzt. Es ist leicht bearbeitbar und entspricht mit einer Rohdichte von ca. 0,44 g/cm³ etwa dem der Fichte und deren Verwendungsmöglichkeiten.
7.2 Wertholztauglichkeit
Nicht bekannt.
7.3 Verwendungsbereiche in der Holzindustrie
Wie Fichte und Weißtanne.
7.4 Vermarktung
Wie Fichte und Weißtanne.
8 Nebennutzungen
A. procera ist als Weihnachtsbaum bekannt und kann in den ersten 30 Jahren zur Schmuckreisiggewinnung verwendet werden.
9 Literatur
- Dippel, H. (2003): Die Pazifische Edeltanne – mehr als ein Schmuckgrünproduzent? Forst und Holz 58: 296-297.
- Hoffmann, D.; Oberbeck, E. (2001): Anbauerfahrungen mit der Pazifischen Edeltanne (Abies procera Rehd.). Forst und Holz 56: 197-200.
- Huber, G., Ruetz, W. (2010): Pazifische Edel-Tanne, lichtbedürftige Tanne für montane Lagen. AFZ/Der Wald 65: 13-17.
- Jacobs, M. (2014): Die Edeltanne (Abies procera) in Deutschland – eine waldbauliche Alternative in Zeiten des Klimawandels? Bachelorarbeit an der Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie.
- Niepagen, A.; Becker, G. (1997): Eignen sich Kanthölzer der pazifischen Edeltanne (Abies procera REHD.) für Bau- und Konstruktionszwecke? Forst und Holz 52: 3.
- Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (Hrsg., 2015): Empfohlene Herkünfte forstlichen Vermehrungsgutes für Niedersachsen. Stand 23.06.2014. https://www.nw-fva.de/HKE/src/pdf/hke_niedersachsen.pdf.
- Ruetz, W. F.; Svolba, J.; Rau, H. M. (1998): Der IUFRO Abies procera-Provenienzversuch in der Bundesrepublik Deutschland. Ergebnisse der Feldaufnahme im Alter von 15 und 16 Jahren. Forst und Holz 53: 672-675.
- Stiehl, M. (2013): Wachstumsvergleich verschiedener Tannenarten im Arboretum Burgholz, Nordrhein-Westfalen. Bachelorarbeit an der Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie.
- Stratmann, J. (1988): Ausländeranbau in Niedersachsen und den angrenzenden Gebieten (Schriftenreihe der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen, Band 91). Frankfurt a. M.
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