Stürme entstehen als Folge von grossen Luftdruckgradienten unter Beteiligung grosser Temperaturunterschiede zwischen Warm- und nachfolgender Kaltluft. Erreichen die Winde Geschwindigkeiten von mehr als 32.7 m/s (117.7 km/h; Stärke 12 auf der Beaufort-Skala), werden sie Orkane genannt. Seit 1954 werden Tief- und Hochdruckgebilde durch Namen bezeichnet, doch erst seit den Orkantiefs Vivian und Wiebke (1990) wurden die Medien auf die Namensgebung durch das Institut für Meteorologie der Fachuniversität Berlin aufmerksam.

In Europa treten Stürme in den Wintermonaten auf, weil dann die Temperaturunterschiede in der Stratosphäre zwischen der Polarzone und dem Süden besonders gross sind und damit mehr kinetische Energie vorhanden ist. Winterstürme in Europa sind von West nach Ost verlaufende Zyklonbewegungen. Sie sind die grösste Naturgefahr für den Schweizer Wald und können infolge ihrer grossen Ausdehnung in mehreren Regionen gleichzeitig Schaden anrichten. Solche Ereignisse ziehen oft auch Sekundärschäden mit grossen Mengen Käferholz nach sich.

Anzahl Winterstürme und Schadholzmengen

Von 1865 bis 2014 wurden in der Schweiz 26 schwere Winterstürme mit mindestens 70‘000 m3 Schadholz registriert (Abb. 2). Die Summe aller kantonalen Schadenereignisse aller Stürme beträgt 634. Für 84% dieser 634 Schadenereignisse liegen Daten auf kantonaler Ebene vor.

23 der 26 Winterstürme haben Schadholzmengen von weniger als 2 Mio. m3 verursacht, und nur drei liegen über dieser Zahl. Diese drei Stürme hinterliessen Schäden von circa 2.9 Mio. m3 (1967), 5.1 Mio. m3 (Vivian vom Februar 1990) und 14 Mio. m3 (Lothar vom Dezember 1999). Dabei ist der grösste beobachtete Schaden 20-mal so gross wie die untere Erfassungsgrenze für diese Studie.

Eine grosse Variabilität zeigt sich auch in Bezug auf die Schadanteile, die oft weniger als 0.1% des Vorrats betragen, aber auch einen Wert von 3.6% erreichen können. Treten über den Studienzeitraum ähnlich grosse Schadholzmengen auf, so werden mit fortschreitender Zeit die Schadanteile geringer, was hauptsächlich durch den zunehmenden stehenden Vorrat (Abb. 5) verursacht wird.

Die Winterstürme der Jahre 1967, 1990 und 1999 verursachten nicht nur extrem grosse Schadholzmengen, sondern auch die höchsten Schadanteile. Sie zerstörten 0.9% (1967), 1.3% (1990; Vivian) und 3.6% des Holzvorrates (1999; Lothar). Die Schäden im Zuge dieser drei Stürme können nicht allein mit der Zunahme des Vorrats im Untersuchungszeitraum (Abb. 5) erklärt werden.

Windstärke

Spitzenböen mit mehr als 30 m/s (108 km/h) wurden in Zürich am häufigsten zwischen 1980 und 2004 gemessen (Abb. 4). Kleinere Frequenzen betreffen die Jahre 1935 bis 1979 sowie die letzten zehn Jahre (2005–2014). Nur selten wurden Spitzenböen in den Jahren 1895 bis 1934 registriert. Der Zusammenhang zwischen Winddruck und Waldschaden im Kanton Zürich und in der gesamten Schweiz ist jeweils signifikant. Dabei sind die Schadenmengen von Zürich mit jenen für die ganze Schweiz erstaunlich gut korreliert.

Im 5-Winter-Intervall 2000 (Winter 1999/2000) bis 2004 (Winter 2003/2004) zogen gleich drei schwere Winterstürme über den Schweizer Wald, was die grösste zeitliche Dichte an schweren Stürmen in den vergangenen 150 Jahren darstellt. In den übrigen 29 Intervallen wurden höchstens zwei derartige Ereignisse gezählt (Abb. 4). Bezogen auf den Schadanteil am Vorrat (Abb. 2), ergeben sich damit vier grosse Schadenereignisse in den letzten 150 Jahren: Winter 1879, 1967, 1990 (Vivian) und 2000 (Lothar).

Datenqualität

Ein zentraler Punkt in der vorliegenden Untersuchung ist die Qualität der Quellen, was sowohl die Ziel- als auch die Bezugsgrössen betrifft. Mit der gewählten Schwelle von mindestens 70'000 m3 Schadholz pro Ereignis wurde ein Mass gewählt, welches über den ganzen Beobachtungszeitraum gesehen recht zuverlässige Angaben zum Schadholzvolumen geben dürfte. Insbesondere ist durch die Wahl einer hohen Untergrenze die Ungewissheit über die Dimension kleiner Schadenereignisse infolge fehlender Meldungen ausgeschaltet.

Dagegen sind die Angaben zu Schadanteilen und relativen Schäden mit grösseren Unsicherheiten behaftet, weil die Bezugsgrössen Vorrat und Waldfläche für die Zeit vor den Landesforstinventaren, d.h. von 1865 bis 1982, mit Metadaten modelliert (Vorrat, Abb. 5) respektive mit den Werten des LFI1 (Waldfläche) angenähert wurden.

Die Windmessreihe in Zürich kann als beste ihrer Art für die Schweiz betrachtet werden, und weltweit gibt es nur wenige ähnlich lange Reihen. Obwohl der Standort der Windmessanlage innerhalb von Zürich dreimal wechselte (vom ETH-Hauptgebäude zur MeteoSchweiz) und während der langen Zeitspanne vier verschiedene Messgeräte zum Einsatz kamen, konnte aufgrund des gleichbleibenden Messprinzips (Schalenanemometer) und vieler verfügbarer Metadaten eine Homogenisierung der Datenreihe vorgenommen werden. Die homogenisierten Daten gleichen für die Periode von 1969 bis 1999 auch den Messreihen von deutschen Städten. Die wenigen Spitzenböen ≥30 m/s in der ersten Hälfte der Untersuchungsperiode stehen auch im Einklang mit den festgestellten geringen Waldschäden durch Stürme.

Das Risiko von Wintersturmschäden

Winterstürme verursachten wiederholt Waldschäden, sowohl in der Schweiz als auch in Zentral- und Nordeuropa. Die vorliegende Untersuchung legt die Vermutung nahe, dass in den letzten Jahrzehnten die Waldschäden durch Winterstürme deutlich zugenommen haben. Die 150-jährige Aufzeichnung kann aber auch dahingehend interpretiert werden, dass zwischen 1880 und 1967 kaum grössere Schäden zu verzeichnen waren. Auf eine solche Katastrophenlücke, die im Übrigen auch für Überschwemmungen in der Schweiz zu beobachten ist, weist Pfister (1999, 2009) wiederholt hin. Bereits in früheren Zeiten gab es offensichtlich lange Perioden ohne Wintersturmschäden.

Die grossräumliche Verteilung des Schadenrisikos dürfte hingegen auch ausserhalb des Studienzeitraums Gültigkeit besitzen. Angesichts der Regelmässigkeit der Zyklonbewegungen, welche unsere Winterstürme letztlich produzieren, dürften auch in Zukunft vor allem das schweizerische Mittelland und die nördlichen Voralpen von grösseren Sturmschäden betroffen sein, mit abnehmender Schadintensität gegen Osten.

Durch die besondere Topografie der Schweiz werden die Inner- und Südalpen weniger von Winterstürmen heimgesucht (Abb. 6). Mit Ausnahme von Vivian sind alle schweren Winterstürme von West nach Ost gezogen und von den nördlichen Voralpen am Eindringen in die inneren und südlichen Alpenteile gehindert worden, wobei das untere Rhonetal weniger stark geschützt war als beispielsweise die Täler des Vorder- und Hinterrheins. Vorratsreiche Wälder entlang des Alpennordhangs, im Jura und besonders im Mittelland dürfen dementsprechend als am stärksten windwurfgefährdet betrachtet werden.

Schadholzmenge hängt vom Vorrat ab

Das Risiko für den Wald, von einem Wintersturm geschädigt zu werden, ist indes nicht nur vom Sturm, sondern auch von vielen anderen Faktoren abhängig, insbesondere von der Baumhöhe, mit der der stehende Vorrat stark korreliert ist. Am Anfang des Studienzeitraumes war dieses Risiko bei mittleren Vorräten von weniger als 150 m3/ha wesentlich geringer als heute, wo die Wälder im Durchschnitt einen Vorrat von 374 m3/ha erreichen. Sowohl die absoluten als auch die relativen Schadholzmengen haben in den vergangenen 150 Jahren stark zugenommen, ein Trend, der nicht nur in der Schweiz, sondern auch in ganz Europa feststellbar ist. Das Ausbleiben rekordhoher Sturmschäden in den vergangenen 15 Jahren hat demzufolge damit zu tun, dass die Schweiz nur marginal von weiteren grossen Winterstürmen getroffen wurde. Geringere Holzvorräte würden das Schadenpotenzial bei ähnlich hohen Windstärken wie während Lothar wohl deutlich reduzieren.

Unter Berücksichtigung extremer Windgeschwindigkeiten der vergangenen 150 Jahre und der Ergebnisse aktueller Modellrechnungen kann man davon ausgehen, dass Winterstürme im Schweizer Wald auch künftig schwere Schäden verursachen werden. Mechanische Belastungen, die aus Windgeschwindigkeiten von mehr als 40 m/s resultieren, liegen Beobachtungen zufolge allgemein jenseits der Wurf- beziehungsweise Bruchresistenz.
 

Schlussfolgerung

Winterstürme sind in Europa wiederkehrende Ereignisse, die vom meteorologischen Standpunkt her als nichts Aussergewöhnliches zu betrachten sind. Dass die Schweiz in den letzten Jahren von schweren Wintersturmschäden verschont blieb, bedeutet nicht, dass die Windstärke der Stürme abgenommen hat. Vielmehr zogen die Sturmzentren zum überwiegenden Teil nördlich der Schweiz vorbei.

Der Holzvorrat nimmt in vielen Regionen in der Schweiz weiterhin zu. Davon kann abgeleitet werden, dass das Schadholzvolumen durch Winterstürme, sofern sie diese Regionen treffen, nicht abnehmen, sondern zunehmen dürfte.

(TR)