Zur Umsetzung des Bodenschutzes fordern sowohl die Praxis als auch Behörden Richtwerte sowie praktikable Methoden, mit denen sich Beeinträchtigungen der Bodenqualität erkennen und vermeiden lassen. Bodenmikroorganismen können mechanische Belastungen des Bodens anzeigen, denn sie erfassen die tatsächlichen Wirkungen vor Ort. Aufgrund der funktionellen Beziehungen zwischen den physikalischen Bodeneigenschaften, den von ihnen beeinflussten Lebensbedingungen sowie der Zusammensetzung verschiedener Bakterienpopulationen in Fahrspuren eignen sich Mikroorganismen als Indikatoren für die Bodenqualität.

Unsere Böden sind im Verlauf von Jahrtausenden entstanden. Zerstört werden sie dagegen sehr viel rascher. Gefahren drohen den Böden heute von verschiedener Seite. Um einen fruchtbaren Boden zu stören, genügt bereits der Raddruck einer schweren Erntemaschine, wenn sie auf einem durchnässten Boden eingesetzt wird. Der Schutz unserer Waldböden ist daher wichtig, weil bereits entstandene Beeinträchtigungen nur mit großem Aufwand zu beheben sind.

Die natürliche Regeneration von Böden dauert lange, fruchtbare Böden lassen sich in menschlichen Zeiträumen kaum ersetzen. Ein fruchtbarer Waldboden ist nicht nur das Fundament für ein robustes Baumwachstum und die Produktion von Holz, sondern er übernimmt auch wichtige Funktionen im Naturhaushalt, zum Beispiel als unverzichtbarer Wasserspeicher oder Trinkwasserfilter.

Ein gesunder Waldboden bildet auch das größte Reservoir für die biologische Vielfalt im Wald. Ein Gramm Boden enthält bis zu 8.000 verschiedene Mikroorganismen, zwanzigmal so viele wie in einem Ackerboden. Eine aktive Bodenmikroflora beeinflusst ganz wesentlich die Stoffkreisläufe und trägt damit zur Vitalität von Waldbeständen bei.

Der Verlust dieser Vielfalt zieht folgenreiche Konsequenzen für die Bodenfruchtbarkeit wie den Streuabbau und die Humusbildung nach sich. Viele der äußert komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen in den Böden, die sich darüber hinaus von Bodentyp zu Bodentyp unterscheiden, werden noch nicht vollständig verstanden. Dies erschwert den Schutz dieser nicht erneuerbaren Ressource erheblich.

Bodenmikroorganismen als Indikatoren für die Bodenqualität

Seit der Sturmkatastrophe "Lothar" im Dezember 1999 wird auch dem physikalischen Bodenschutz im Wald stärkere Beachtung geschenkt. Die eilig ausgeführten Räumungsarbeiten hinterließen mancherorts beträchtliche Fahrspuren (Abb. 1), die tiefgreifende und lang anhaltende Veränderungen im Bodengefüge verursachten. Das Zusammenpressen der porenreichen Bodenkrümel genügt, um die ökologische Funktionalität des Bodens erheblich zu beeinflussen.

Zur Umsetzung des Bodenschutzes fordern sowohl die Praxis als auch Behörden Richtwerte sowie einfache praktikable Methoden, mit denen sich Beeinträchtigungen der Bodenqualität erkennen und vermeiden lassen. Zur Charakterisierung der Bodenstrukturstörungen genügen physikalische Parameter nicht. Kenngrössen des Bodenlufthaushaltes sowie biologische Parameter sind ebenso wichtig. Insbesondere gelten heute mikrobiologische Parameter als Indikatoren der Bodenqualität, die kurz-, mittel- und langfristige Veränderungen der Bodenqualität integrierend anzeigen können. Bodenmikrobiologische Parameter liefern vor allem Informationen über die Wirkungen der chemisch-physikalischen Bodenumwelt auf bodenbiologische Aktivitäten und Prozesse, die auf Grund rein chemisch-physikalischer Analysen des Bodenzustandes nicht zu erkennen sind.

Das Ziel unserer Studie ist es, die funktionellen Beziehungen zwischen den physikalischen Bodeneigenschaften, den von ihnen unmittelbar und mittelbar beeinflussten Lebensbedingungen sowie Menge, Aktivität und Zusammensetzung verschiedener Bodenmikroorganismen zu untersuchen. Intensive Wechselwirkungen zwischen biologischen, chemischen und physikalischen Prozessen finden im Boden unter anderem über den Gashaushalt statt.

Intakter Boden besteht je zur Hälfte aus fester Substanz und aus luft- oder wasserführenden Poren. Ein beschädigtes und eingeschränktes Porensystem verringert die Transportleistung für Wasser und Luft. Die Feinporen sind häufiger mit Wasser gefüllt. Weil Sauerstoff zehntausendmal langsamer in Wasser als in Luft diffundiert, wird Sauerstoff im Porenraum viel langsamer nachgeliefert, der Gasaustausch zwischen Boden und Atmosphäre ist in einem verdichteten Boden, beispielsweise in Fahrspuren, gestört.

Die Folge sind sauerstoffarme oder vollständig anaerobe Verhältnisse sowie eine Artenverschiebung unter den Mikroorganismen zugunsten solcher Arten, die unter sauerstoffarmen Verhältnissen überleben können. Dies spiegelt sich in der Zusammensetzung der vom Boden an die Atmosphäre abgegebenen Gase wider, denn bei Sauerstoffarmut decken die Mikroorganismen ihren Energiebedarf nicht über Verbrennungs-, sondern vor allem über Reduktionsprozesse. Dementsprechend wird der Anteil von Lachgas (N2O) und bei extrem reduzierenden Bedingungen jener von Methan (CH4) zunehmen.

Veränderungen von mikrobiellen Lebensgemeinschaften in verdichteten Fahrspuren

In einem gemeinsamen Projekt mit der Technischen Universität München wurde eine klare, einfache Typisierung vorhandener Fahrspuren anhand optisch gut zu erkennender morphologischer Merkmale erarbeitet. Diese unterscheidet drei bodenmechanisch bedingte Spurtypen.

Anhand dieser Typisierung wurden Testflächen kartiert, um die Verbreitung auf mehreren Standorten zu dokumentieren. Proben aus unterschiedlichen Fahrspurtypen in den kartierten Testflächen und solche aus Befahrungsversuchen, bei denen unter kontrollierten Bedingungen bestimmte Fahrspurtypen erzeugt wurden, bilden die Datengrundlage. An Probepunkten mit typischer Ausprägung wurden physikalische und mikrobiologische Parameter erhoben. Aus den Bodenstrukturveränderungen, die sich auf die ökologische Funktionalität auswirken, sowie aus der Zusammensetzung der unterschiedlichen mikrobiellen Populationen sollen Schwellenwerte abgeleitet werden, oberhalb derer sich ein Waldboden noch regenerieren kann.

Aus Bodenproben (Fahrspuren, Referenzproben) extrahieren wir DNS (Erbsubstanz von Lebewesen) und weisen mittels genetischer Analysen (T-RFLP, DGGE) unterschiedliche Strukturen der mikrobiellen Lebensgemeinschaften in den verschiedenen Spurtypen nach. Genetische Muster (Abb. 3 und 4) der verschiedenen Spurtypen wurden mittels multivariater Statistik (Hauptkomponentenanalyse) verglichen (Abb. 5).

Bakteriengruppen, die eine starke mechanische Belastung des Bodens anzeigen (Indikatoren), werden dann mittels Klonierung und Sequenzierung identifiziert. Dabei untersuchen wir Bakteriengruppen, die entweder vorwiegend unter anaeroben oder nur unter aeroben Bedingungen dominant vorkommen. Im Zentrum des Interesses stehen sowohl Bakterien, die Nitrat verwerten, als auch solche, die einen Boden mit Nitrat anreichern. Beide Gruppen hängen stark vom Gashaushalt des Bodens ab und üben wichtige Funktionen im Boden aus.

Bisherige Auswertungen auf den Pilotflächen Messen (Kanton Bern) und Ermatingen (Kanton Thurgau) zeigen, dass unter den Fahrspuren des Typs 1 und einem Teil der Spuren vom Typ 2 keine deutlichen Unterschiede zu den Referenzproben bestehen, während die Spuren des Typs 3 und ein Teil des Typs der Fahrspuren als auch die unterschiedlichen Cluster der mikrobiellen Lebensgemeinschaften nach.

Diese ersten Untersuchungen zeigen, dass eine mechanische Bodenbelastung mit schweren Erntemaschinen mikrobielle Lebensgemeinschaften beeinträchtigt. Anaerobe Verhältnisse in den verdichteten Fahrspuren fördern die an sauerstoffarme Verhältnisse angepassten Bakterienarten und verändern die mikrobiellen Gemeinschaftsstrukturen. Auf Grund der ersten Ergebnisse sind wir zuversichtlich, Schwellenwerte zu finden, oberhalb derer die Funktionsfähigkeit der Böden zumindest auf niedrigerem Niveau erhalten bleibt und damit Regenerationschancen bestehen.

(TR)