Im Bodenschutz gilt wie in fast allen Lebensbereichen grund­sätzlich das Motto: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Doch was geschieht, wenn unvorhersehbare Ereignisse wie Stürme Massnahmen erzwingen, die sich nicht mit dem Vorsorgeprinzip ver­einbaren lassen? Vor allem bei Räumun­gen von Sturmflächen unter widrigen Bedingungen mit hoher Bodenfeuch­tigkeit kommt es zu Fahrspuren und damit zu Bodenschäden. Wie und in welchem Umfang der empfindliche Waldboden nach solchen Schäden regeneriert werden kann, untersuchte die Forschungsanstalt WSL auf drei "Lothar"-Reservatsflächen.

Was ist ein Bodenschaden?

Nicht jede sichtbare Fahrspur ist gleich­bedeutend mit einem Bodenschaden. Ein schwerwiegender Schaden im ökologi­schen Sinn liegt erst vor, wenn der Unter­boden betroffen ist. Veränderungen im Unterboden sind jedoch nicht direkt sichtbar und können nur durch indirekte Merkmale bestimmt werden.

Bodenkundler der WSL haben Fahrspuren untersucht und typisiert, so dass Verdichtungsschäden schnell optisch beurteilt werden können (Abb. 2). Beim Fahrspurtyp 1 ist die orga­nische Auflage nur wenig tief eingewölbt. Dieser Spurtyp stellt eine leichte Beein­trächtigung und keinen Schaden dar. Der Fahrspurtyp 2 weist stärkere Vertiefun­gen im Oberboden auf, die bis zu 10 cm tief reichen können. Teilweise entstehen durch weggedrücktes organisches Mate­rial bereits seitliche Aufwölbungen an den Fahrspurrändern. Auch dieser Spur­typ ist nicht als schwerwiegender Scha­den einzustufen. Beim Fahrspurtyp 3 hin­gegen sind die Fahrspuren deutlich tiefer als 10 cm, die seitlichen Aufwölbungen sind stark ausgeprägt. Das entscheidende Merkmal dieses Fahrspurtyps ist, dass die Fahrspursohle bis in den Unterboden reicht und in den seitlichen Aufwölbun­gen Humusauflage, Ober-und Unterboden durchmischt werden (Abb. 2).

Im Oberboden ist die natürliche Rege­neration von Verdichtungen sehr effektiv. Dies geschieht einerseits durch Quel­lungs- und Schrumpfungsprozesse bei Austrocknung und Wiederbefeuchtung, sowie durch Frost und Bodenorganismen. Die organische Auflage und auch der Oberboden (Fahrspurtyp 1 und 2) werden so auf natürliche Weise in einem überschaubaren Zeitraum regeneriert. Reicht die Verdichtung wie beim Fahr­spurtyp 3 bis in den Unterboden, regene­riert sich der Boden von selber nicht mehr ausreichend und der Boden bleibt lang­fristig verdichtet. Daher wird der Fahr­spurtyp 3 als ökologischer Schaden ein­gestuft.

Uneinig sind sich Forscher und Praktiker über die Zeitspanne, die der Unter­boden braucht, um sich von selbst zu regenerieren. Schätzungen gehen je nach standörtlichen Voraussetzungen und Tiefe der Verdichtung von vielen Jahren bis zu mehreren Jahrzehnten aus. Dem­entsprechend ist das Porensystem auf Jahrzehnte hinaus gestört, was sich auf den Wasser- beziehungsweise Gashaus­halt des Bodens auswirkt. Dadurch kommt es häufig zu Vernässung, Sauer­stoffmangel und Erosion. Einhergehend damit ist die Naturverjüngung gehemmt, denn der Wurzelraum liegt für Nutzbaumarten brach und die Produktivität der Waldfläche und die Bodenfruchtbarkeit sind damit langfristig eingeschränkt.

Gemäss dem dritten Landesforstinven­tar LFI3 sind 13'500 ha (2%) der befahrbaren Waldfläche von Verdichtung be­troffen. Hinter diesem Wert steckt eine weitere Zahl: 12% aller Stichproben zeigten Anzeichen von Verdichtung. Um diesen Zustand langfristig zu regulieren und die Fruchtbarkeit des Waldbodens dauerhaft zu gewährleisten, ist neben Vorsorge auch Schadenbehebung not­wendig.

Schwarzerlensetzlinge mit und ohne Kompost

Doch wie soll die Schadenbehebung vonstatten gehen? Im Gegensatz zur Landwirtschaft ist im Wald ein maschineller Eingriff zur Lockerung des Bodens nicht möglich. Die WSL führt daher Versuche auf drei geräumten "Lothar"-Reservatsflächen in Brüttelen/BE, Habs­burg/AG und Messen/SO durch, um die mögliche Wirkung "pflanzlicher Helfer" zu untersuchen. Alle Untersuchungsflä­chen befinden sich im Schweizer Mittel­land und liegen in Waldmeister-Buchen­wald-Gesellschaften.

In der Annahme, dass eine Durchwur­zelung die verdichteten Bodenbereiche wieder auflockern könnte, wurden 2003 in Fahrspuren des Typs 3 zweijährige Schwarzerlensetzlinge gepflanzt (Abb. 3). Ein Teil der Fahrspuren wurde vor der Bepflan­zung zusätzlich mit Kompost aufgefüllt. Nach vielversprechenden Voruntersuchungen begannen 2009 umfassende Untersuchungen zur Wurzelentwicklung der Schwarzerlen und der Regeneration der Bodenstruktur.

Vorwaldbaumart Schwarzerle regeneriert Fahrspurverdichtung

Die bisher vorliegenden Ergebnisse zei­gen, dass sich Schwarzerlen in den Fahr­spuren gut etablieren konnten und in den Jahren nach der Anpflanzung gute Wachstumsraten zeigten (Abb. 4). Da die Schwarzerle eine Pionierbaumart ist, die auch bei Sauerstoffmangel und Ver­nässung gut wächst, entwickelten sich die Bäume auf den Fahrspuren sogar bedeutend besser als auf den benachbar­ten unbefahrenen Referenzflächen.

Für die genaue Analyse der Durchwurzelungsintensität und der Bodeneigenschaften wurden in verschiedenen Abständen zu den Bäumen quer zu den Fahrspuren verlaufende Profile gegraben (Abb. 5). Anhand von Wurzelzählungen an diesen Profilen liess sich die Durchwurzelungsleistung beurteilen.

Die Bäume auf den Fahrspuren waren in der Lage, die verdichteten Bodenbereiche bis in über 80 cm Tiefe zu durch­wurzeln. Die Hauptwurzelmasse wurde im Oberboden bis etwa 20 cm Tiefe gebildet (Abb. 6 und Abb. 7). In Tiefen zwischen 20 und 40 cm gab es weniger als ein Drittel der Wurzelmasse. Ein grosser Unterschied im Wurzel­wachstum wurde zwischen Erlen mit und ohne Kompost festgestellt; der Kompost steigerte die gebildete Wurzelmasse um fast 50%.

Mehr Wurzeln – mehr Sauerstoff

In der Tiefe von 20 bis 30 cm nahm das Porenvolumen des Bodens zu, so dass sich die Werte der Lagerungsdichte im Vergleich zu 2003 (1,72 g/cm3) deutlich verbesserten. Während in den Fahrspuren ohne Massnahmen die Dichte 1,63 g/cm3 betrug (Verbesserung 3,6%), konnte durch die Bepflanzung mit Erlen ohne Kompost eine Verbesserung um mindes­tens 5% (1,57 g/cm3) und mit Kompost von 15% (1,45 g/cm3) erreicht werden. Zwischen 30 und 40 cm Tiefe war eine ähnliche Tendenz festzustellen, jedoch waren hier die Unterschiede zwischen den Behandlungen weniger deutlich.

Die Durchwurzelung beeinflusste insbesondere das Grobporenvolumen (Abb. 8) in 20 bis 30 cm Tiefe. Zwar wurde in den Fahrspuren mit Massnah­men noch nicht das Niveau der unbefah­renen Referenzfläche erreicht, doch die ermittelten Werte unterschieden sich deutlich von denjenigen der Fahrspur ohne Massnahmen. Im Vergleich zu 2003 vervierfachte sich der Grobporenanteil in bepflanzten Fahrspuren ohne Kompost in der bepflanzten Fahrspur mit Kompost verfünffachte er sich sogar.

Mit der Regeneration des Porenraums erholte sich auch die Durchlüftung des Bodens (Abb. 9). In den untersuchten Tiefen wiesen die bepflanzten Fahrspuren höhere Luftleitfähigkeiten auf als die unbehandelten Fahrspuren. Vor allem in den Fahrspuren mit Kompost nahm die Luftleitfähigkeit stark zu. Hier erreichte sie sogar das Niveau des unbefahrenen Bodens. Beregnungsexperimente zeig­ten, dass sich durch die Bepflanzung auch die Wasserleitfähigkeit in den Fahrspuren normalisiert hat. Dies bedeutet für den Boden weniger Vernässung und eine bes­sere Sauerstoffversorgung und somit bessere Bedingungen für eine gesunde Bodenflora und -fauna.

Folgerungen und Ausblick

Die Untersuchungen zeigen deutlich, dass die Bepflanzung verdichteter Fahr­spuren mit Schwarzerlen die Regeneration der Bodenstruktur stark fördern kann. Nach sieben Jahren Baumwachs­tum waren die physikalischen Bodeneigenschaften bis in 30 cm Tiefe weitestgehend regeneriert. Im Boden darunter braucht die Regeneration mehr Zeit. Die Wirkung des Kompostes war standortabhängig. Auf dem Standort Messen, der relativ feucht ist und eine sehr aktive Humusform mit hohem Um­satz aufweist, hatte der Kompost eine fördernde Wirkung. Auf dem Standort Habsburg, der trockener ist und eine weniger aktive Humusform hat, förderte der Kompost die Regeneration kaum.

Weitere praktische Überlegungen

  • Auf offenen Flächen ist die Schwarzerle eine geeignete Baumart für Rege­nerationsmassnahmen. In geschlosse­nen Wäldern müssten aufgrund des hohen Lichtbedarfs der Erle andere Baumarten wie zum Beispiel der Faul­baum zum Einsatz kommen.
  • Wenn bei der systematischen Pla­nung der Feinerschliessung vorhan­dene Rückegassen mit Fahrspurtyp 3 nicht mehr benötigt werden, lässt sich durch gezielte Erlenbepflanzung die Bodenfruchtbarkeit wieder herstellen.
  • Die Bepflanzung mit Schwarzerlen könnte auch als eine «Armierung» des Bodens für eine erneute Befahrung dienen.
  • Zusätzlich könnte die Schwarzerle durch ihren Stockausschlag nach einer erneuten Befahrung auch zur Markie­rung von Rückegassen dienen.

Unsere Untersuchungen zeigen zwar, dass sich befahrene Böden gezielt rege­nerieren lassen, der Aufwand jedoch hoch ist. Mit geringerem Aufwand (Anpassen des Reifeninnendrucks) und einer Befahrung zum richtigen Zeitpunkt (geringe Bodenfeuchte) können Boden­schäden vermieden werden. Dies erspart Arbeitsaufwand und Kosten für spätere, teure Regenerationsmassnahmen.

(TR)