Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, das größte Naturschutz-Projekt der Welt, liefert für diesen Arten- und Lebensraumschutz einen zentralen Beitrag. In Bayern stehen die Natura 2000-Kartierarbeiten kurz vor dem Abschluss. Erkenntnisse aus diesen Schutzgebieten geben wertvolle Hilfestellung für die Bewirtschaftung und Pflege aller Wälder, nicht nur in Natura 2000-Gebieten.

Rechtliche Grundlage für das ökologische Netzwerk Natura 2000 der Europäischen Union sind die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) und die Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL). Natura 2000 besteht aus über 27.000 ausgewiesenen Schutzgebieten mit einer Gesamtfläche von mehr als 780.000 km² und deckt damit 18 % der Landfläche Europas ab. Damit stellt es weltweit das größte Schutzgebietssystem dar. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, diese Schutzgebiete auch rechtsverbindlich auszuweisen und unter Schutz zu stellen. Der bayerische Beitrag zu Natura 2000 besteht aus 674 FFH- und 84 Vogelschutzgebieten. Diese umfassen etwa 8.000 km²; das sind 11 % der Landesfläche Bayerns. In diesen Gebieten überwiegt mit 56 % der Waldanteil; Wälder spielen deshalb eine zentrale Rolle beim Erhalt der biologischen Vielfalt in Bayern.

Alles dreht sich um den "günstigen Erhaltungszustand"

Die beiden genannten EU-Richtlinien bestimmen maßgeblich Verfahrens- und Umsetzungsschritte zum Schutz von Arten und ihren Lebensräumen innerhalb der EU. Wesentliche Bestandteile sind dabei die Anhänge der Richtlinien, in denen die Natura 2000-Schutzgüter, also zu schützende Lebensraumtypen (Anhang I FFH-RL) und Arten (Anhänge II, IV, V der FFH-RL sowie Anhang I und Art. 4 (2) VS-RL) aufgeführt sind. Diese Lebensraumtypen und Arten sind in einem "günstigen Erhaltungszustand" zu bewahren, bzw. in einen solchen Zustand zu bringen. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, notwendige Erhaltungsmaßnahmen festzulegen, um den günstigen Erhaltungszustand für die genannten Schutzgüter sicherzustellen bzw. wiederherzustellen. Bei einzelnen Arten definiert sich ein günstiger Erhaltungszustand zum Beispiel dadurch, dass

  • ihr natürliches Verbreitungsgebiet nicht abnimmt,
  • sie ein lebensfähiges Element ihres natürlichen Habitates darstellen und
  • der Lebensraum groß genug ist, damit die Populationen auch langfristig überleben können.

Waldlebensraumtypen und Waldarten mit besonderer Verantwortung

In Bayern werden 16 Wald-Lebensraumtypen, 42 Waldvogelarten und über 50 waldrelevante FFH-Arten durch die Richtlinien geschützt. Sie stehen stellvertretend für die heimische Waldnatur. So decken die 16 Wald-Lebensraumtypen die meisten heimischen Waldgesellschaften und gesetzlich geschützten Waldbiotope ab; die ausgewählten Arten stehen stellvertretend für die zahlreichen Tier- und Pflanzenarten. Diese "Stellvertreter"-Funktion wird umso anschaulicher, wenn man bedenkt, dass in Deutschland 46.500 Tierarten heimisch sind und allein 4.200 bis 5.900 Tierarten in bewirtschafteten Buchenwäldern vorkommen können. Um effektiven Waldnaturschutz zu betreiben, ist es unumgänglich, ein "Set" aus ausgewählten Schirm-, Indikator- oder Schlüsselarten zu bestimmen. Mit ihrer Hilfe können auf verschiedenen Skalenebenen zentrale Habitat-Strukturen und Lebensräume identifiziert und geschützt werden.

Bericht zur Lage der Natur – Erhaltungszustand und Handlungsbedarf

Die Mitgliedsstaaten der EU sind verpflichtet, alle sechs Jahre über den Zustand der Lebensraumtypen und Arten von gemeinschaftlichem Interesse zu berichten. Zu diesem Zweck wird ein bundesweites Monitoring nach einheitlichen Standards durchgeführt. Bei den Lebensraumtypen werden die natürliche Verbreitung, die tatsächlich eingenommene Fläche, spezifische Strukturen und Funktionen (Artinventar, Habitat-Strukturen) und die Zukunftsaussichten bewertet. Bei den Arten sind neben Verbreitungsgebiet und Zukunftsaussichten auch die Populationsgröße und das Habitat relevant.

Erfreulicherweise sind gerade die großflächigen Buchen-Lebensraumtypen wie Waldmeister-, Hainsimsen- oder Orchideen-Kalk-Buchenwälder in einem günstigen Gesamt-Erhaltungszustand. Dies ist umso bedeutender, weil wir für sie auch als Weltnaturerbe eine besondere Verantwortung tragen. Diese Waldgesellschaften nehmen gut Dreiviertel der Wald-Lebensraumtypen-Fläche in Bayern ein.

Abb. 4 und 5: Buchenwälder aller Altersstadien dominieren natürlicherweise die Waldlandschaften Mitteleuropas; links: Hainsimsen-Buchenwald, rechts: Waldgersten-Buchenwald (Fotos: Boris Mittermeier).

Moor-, Aue- sowie Kiefern-Lebensraumtypen weisen hingegen einen ungünstigen Zustand auf. Sie sind dringend auf aktive Erhaltungsmaßnahmen angewiesen. Dabei kommt gerade den artenreichen Auenlebensräumen für den Verbund der Biotope in der Kulturlandschaft eine zentrale Rolle zu. Auch Eichenwälder sind aufgrund ihres Struktur- und Artenreichtums besondere Juwelen im Naturschutz. Ihr Erhaltungszustand in den Schutzgebieten ist derzeit oftmals noch mit "günstig" bewertet. Jedoch fehlt die Eiche häufig in der Verjüngung der Bestände, also in der nächsten Baumgeneration. Die Zukunftsaussichten dieser in Bayern vielerorts menschgemachten Lebensraumtypen sind deshalb ungewiss.

Bei den Arten mit enger Bindung an Wälder sind die Ergebnisse deutlich vielschichtiger als bei den Lebensraumtypen. Arten, die in halboffenen, lichten und eher mageren Lebensräumen, also in den Saumbiotopen zwischen Wald und Offenland leben, sind in unserer Kulturlandschaft vielfach in ihren Beständen bedroht. Im Gegenzug dazu zeigen die Kartierungen, dass gerade Arten alter, totholz- und biotopreicher Wälder in den letzten Jahrzehnten meist wieder stabile oder gar positive Bestandstrends aufweisen. Wenngleich die Populationen mitunter relativ klein sind, wurden ihre Bestände zuvor oftmals doch deutlich unterschätzt. Dies gilt auch für besonders wertgebende Vogelarten wie Mittelspecht, Dreizehenspecht oder Weißrückenspecht im Alpenraum oder die anspruchsvollen Halsband- und Zwergschnäpper. Trotz historisch bedingter Verinselung haben sich die Populationen dieser Höhlen- und Nischenbrüter in den letzten Jahrzehnten stabilisiert.

Abb. 6 und 7: Erfreulich sind die Bestandsentwicklungen von Dreizehen- und Weißrückenspechten (links bzw. rechts) in den bayerischen Alpen (Fotos: H.-J. Fünfstück/www.5erls-naturfotos.de).

Handlungsschwerpunkte im Waldnaturschutz

Die Zusammenschau der Ergebnisse des FFH- und Vogelberichts sowie die großflächig vorliegenden Daten aus den Natura 2000-Managementplänen machen die Handlungsschwerpunkte im Waldnaturschutz klar und deutlich aufscheinend. Sie finden sich in den Themen wieder:

  • Standortsheimische Baumartenvielfalt
  • Totholz, Biotopbäume, Waldentwicklungsphasen
  • Historische Waldnutzungsformen
  • Regionale Verantwortung
  • Klimawandel

Standortsheimische Baumartenvielfalt

An erster Stelle steht der Erhalt bzw. die Wiederherstellung standortsheimischer Waldgesellschaften mit ihrer charakteristischen Baumarten- und Strukturvielfalt. Die Waldumbaumaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte können als sehr großer Erfolg im Waldnaturschutz verzeichnet werden. So wurde allein der Anteil der Laubbäume zwischen 1971 und 2012 von ehemals 22 % auf 36 % der Waldfläche erhöht. Berücksichtigt man die langen Wuchs- und Produktionszeiträume im Wald, so ist diese Erhöhung der Laubanteile als enorme Leistung der Förster und Waldbesitzer zu werten. Dennoch wird aus den Zahlen auch ersichtlich, dass nach wie vor der größte Flächenanteil mit nicht standortsheimischen Nadelwäldern bestockt ist. Die Waldumbau-Bemühungen müssen also konsequent fortgeführt werden.

Die Natura 2000-Definitionen der Wald-Lebensraumtypen geben hierbei Orientierung, welche Baumarten gesellschaftstypisch sind und in welchem Maß sie an der Baumartenzusammensetzung in diesen Lebensraumtypen beteiligt sein sollten. Neben den Mindestanteilen der Hauptbaumarten sollten vor allem die Neben- und Pionierbaumarten besondere Berücksichtigung finden. Baumarten wie Eichen, Birken, Weiden oder Pappeln sind besonders wertvolle Wirtspflanzen für zahlreiche Tierarten und erhöhen somit die Diversität deutlich. Da diese Baumarten oft besonders verbissempfindlich sind, kommt beim Schutz der Lebensraumtypen einem angepassten Schalenwild-Management eine gewichtige Rolle zu.

Neben den großflächigen zonalen Waldgesellschaften stellen die azonalen Lebensräume besonders schützenswerte Biotope dar. Damit sind die Waldgesellschaften auf Sonderstandorten, zum Beispiel Moor-, Block-, Schlucht- und Auewälder gemeint. Aufgrund der extremen Standortbedingungen beherbergen sie ein spezifisches, an diese besonderen Strukturen angepasstes Artinventar. Da derartige Lebensräume auch natürlicherweise eher kleinflächig ausgeformt sind und oftmals isoliert in der Landschaft liegen, sind die Artengemeinschaften hier besonders verletzlich. Wenn solche Waldgesellschaften bewirtschaftet werden, müssen Pflegeeingriffe entsprechend sensibel erfolgen und erfordern einen besonderen naturschutzfachlichen wie forstlichen Sachverstand.

Abb. 9 und 10: links: Fichten-Moorwald (91D0) mit Bulten aus Torfmoos am Boden;  rechts: Weichholzaue (91E0)(Fotos: Boris Mittermeier).

Totholz, Biotopbäume und lichte Waldphasen

In den Wirtschaftswäldern nahmen in den vergangenen Jahrhunderten Alters- und Zerfallsphasen sowie Störflächen und frühe Sukzessionsphasen nur geringe Flächenanteile ein. An diese Phasen gebundene Arten sind in unseren Wäldern entsprechend selten geworden. Heute sind Totholz- und Biotopbaumkonzepte deshalb ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil eines jeden Waldnaturschutz-Konzeptes. Insbesondere stehendes Stark-Totholz und Biotopbäume mit möglichst zahlreichen Mikrohabitaten (Höhlen, Spaltenquartiere, Kronentotholz etc.) sollten, wo immer möglich, in der Fläche gefördert werden. Einige hochspezialisierte Arten mit extrem hohen Ansprüchen bezüglich Totholz und Biotopbäumen brauchen auch entsprechende Refugien.

Zentral für die meisten Arten ist jedoch eine flächige Integration von mehreren Biotopbäumen je Hektar im bewirtschafteten Wald. Sie imitieren den kleinteiligen Strukturreichtum mitteleuropäischer Laubmischwälder, in denen Alters- und Zerfallsphasen auf jedem Hektar anzutreffen wären. Somit wird auch für ausbreitungsschwache Arten, die an derartige Strukturen gebunden sind, ein Habitat-Verbund gewährleistet und die Isolierung von Populationen verhindert. Für den Mittelspecht, die Verantwortungsart Nummer 1 unter den einheimischen Vogelarten, wurden zum Beispiel mindestens sechs Biotopbäume je Hektar als notwendige Habitat-Ausstattung identifiziert.

Historische Nutzungsformen

Lichte Waldphasen – also ein Nebeneinander alter Bäume und durchsonnter, artenreicher Bodenvegetation – sind in der Kulturlandschaft selten geworden. Historische Nutzungsformen wie Mittelwälder oder Hutewälder sind deshalb wertvolle Ersatzlebensräume für Arten von Alters- und Zerfallsphasen und Saumbiotopen. Hinzu kommt, dass diese Nutzungen zum Teil die Jahrhunderte überdauert haben und so auch für ausbreitungsschwache Arten eine Habitat-Tradition bestand. Deshalb sind gerade diese sehr intensiv vom Menschen genutzten Wälder inzwischen Archen für seltene Waldarten, die es mit aktiven Bewirtschaftungsmaßnahmen zu erhalten gilt. Entscheidend ist hierbei jedoch, dass die Wälder nicht nur licht sind, sondern vor allem ein hoher Anteil alter Bäume und gegebenenfalls auch Totholz auf der Fläche verbleibt.

"Regional" Verantwortung übernehmen

Der jahrtausendelangen Nutzung der Wälder und der Vielzahl der Menschen, die diese bewirtschafteten, ist es geschuldet, dass die naturräumliche Ausstattung in Bayern heute sehr heterogen ist. Dies wird deutlich, wenn man die Verteilung der Lebensraumtypen und der Artvorkommen auf Ebene der Regierungsbezirke miteinander vergleicht (Abbildungen 14 und 15). Eigentlich würden auf über 80 % der Landesfläche Bayerns diverse Buchenwaldgesellschaften als potenziell natürliche Vegetation (pnV) dominieren. Buchenwälder finden sich aber heute überwiegend nur im Nordwesten und Süden Bayerns (Abbildung 14).

Am Beispiel der Oberpfalz wird der Wandel der Waldlandschaft besonders aufscheinend: Im "Ruhrgebiet des Mittelalters" wurden die dortigen Wälder besonders im Zuge der Eisenverhüttung intensiv genutzt. Die verhagerten Böden hatten eine großflächige Kiefernwirtschaft zur Folge. Die Fläche der besonderen Lebensraumtypen ist, historisch bedingt, in der Oberpfalz deshalb heute gering. Auf der anderen Seite konnten sich in den großflächigen, störungsarmen Waldlandschaften Ostbayerns in den letzten Jahrzehnten viele einst ausgestorbene Arten überhaupt erst wieder etablieren: so zum Beispiel Seeadler, Fischadler, Kranich oder Fischotter.

Zu bedenken ist aber auch, dass Lebensräume, die regional noch relativ großflächig vorkommen und deshalb den Besitzern vor Ort als "nichts Besonderes" erscheinen, im bayernweiten Vergleich selten sein können. Dazu zählen zum Beispiel die Grauerlen-Wälder am Inn, die Mittelwälder im südlichen Steigerwald, die Hochlagen-Fichtenwälder im Alpenraum oder die Hartholzaue-Wälder entlang der Donau. Der Blick auf die Besonderheiten der Region und die Einordnung dieser Wälder in den bayernweiten Kontext ist deshalb ein wichtiger Schritt für den Erhalt der biologischen Vielfalt.

Dieser regionale Aspekt wird aber nicht nur bei den Lebensräumen, sondern auch bei den Arten aufscheinend: Wenn man die Verbreitung von Waldarten in den einschlägigen Verbreitungs-Atlanten vergleicht, wird deutlich, dass die regionalen Verantwortlichkeiten sehr unterschiedlich sein können (Abbildung 15): So kommen in Unterfranken zum Beispiel 58 % aller Mittelspecht- und 49 % aller Halsbandschnäpper-Brutpaare Bayerns vor. Mittelfranken beherbergt hingegen 69 % der Ziegenmelker-Brutpaare. Pauschale bayern- oder gar bundesweite Waldbau-Konzepte werden deshalb den örtlichen Besonderheiten oftmals nicht gerecht.

Herausforderung Klimawandel

Die großflächigen Trockenschäden in den Wäldern der vergangenen Jahre machen deutlich, dass im Klimawandel mit zunehmenden Extremereignissen und damit "Störungen" wie Trockenschäden, Windwürfen und Insektenkalamitäten zu rechnen ist. Diese Veränderungen werden dementsprechend auch große Auswirkungen auf Lebensraumtypen und Artengemeinschaften haben. Es ist davon auszugehen, dass über die Hälfte der Lebensraumtypen in Deutschland negativ auf den Klimawandel reagieren wird und nur ein Drittel wenig anfällig ist.

Ebenso sind bei den Arten große Arealverlagerungen zu erwarten, sofern diese mobil genug sind, um mit den Veränderungen Schritt zu halten. So wird bei den Vogelarten bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine durchschnittliche Verschiebung sämtlicher Vogelareale um 550 km Richtung Nord/Nordost vermutet. Neben den klimatischen Verhältnissen setzt dies aber eine "vorhandene Lebensraumstruktur" am "Ankunftsort" voraus. Gerade bei Wäldern ist wegen der langsamen Ausbreitungsmechanismen vieler Baumarten jedoch der Ausgang des Wettlaufes gegen die Zeit ungewiss.

Dennoch gehen die Fachleute derzeit davon aus, dass Buchenwälder und künftig verstärkt auch Eichenwälder weiterhin das Landschaftsbild prägen werden und dass auf Dreiviertel der Waldfläche die derzeitige Baumartenvielfalt ein relativ geringes Bewirtschaftungsrisiko zur Folge hat. In der naturschutzfachlichen Praxis kann die Empfehlung deshalb nur lauten, die Vielfalt der lebensraumtypischen Baumarten voll auszuschöpfen – also auch in Buchenmischwäldern die wärmetoleranteren Nebenbaumarten aktiv zu fördern.

Der Erhalt der genetischen Vielfalt ist hierbei ein wichtiger Aspekt. Die natürliche Verjüngung genetisch vielfältiger und standortsangepasster Baumbestände mit entsprechender natürlicher Auslese ist der beste Garant für eine zukünftig besser angepasste Baumgeneration. Das Konzept der "assisted migration" , also der "unterstützten Wanderung", wonach ausbreitungsschwache Baumarten bereits heute in Gebiete eingebracht werden, die sie durch natürliche Zuwanderung nicht schnell genug erreichen könnten, scheint notwendig und erfolgsversprechend. Sehr gut ausgeprägte Lebensraumtypen mit einer zumindest mittelfristig guten Entwicklungsperspektive sollten jedoch von einer solchen "assisted migration" ausgenommen werden. Insbesondere in diesen Bereichen sollte auf eine Anreicherung mit alternativen nicht-heimischen Baumarten möglichst verzichtet werden.

Hinsichtlich der Strukturen in Wäldern kommt dem Erhalt von Totholz und Biotopbäumen eine Schlüsselrolle zu. Biotopbaummerkmale, vor allem auch an der Buche, bilden sich in der Regel jedoch erst in höheren Bestandsaltern aus. Andererseits ist eine Erhöhung der Erntealter der Bäume im Klimawandel mit sehr großem Betriebs-Risiko behaftet. Um daher eine hohe Strukturvielfalt im Wald zu erhalten, muss auch bei sinkenden Umtriebszeiten ein Netzwerk an Biotopbäumen in der Fläche bestehen bleiben. Der Verbund von Biotopen ist eine weitere bedeutsame Aufgabe, denn nur eine flächige Verteilung der Habitat-Strukturen kann den Arten ein "Wandern" in der Landschaft ermöglichen.

Da die Reaktionen der Ökosysteme auf Störereignisse nie eindeutig vorhersagbar sind, erscheint das Konzept eines adaptiven, anpassungsfähigen Managements am geeignetsten, der Unsicherheit im Klimawandel zu begegnen. Dies bedeutet, dass gesetzte Ziele, wie beispielsweise die Populationsgröße einer Art oder die angestrebte Baumartenzusammensetzung eines Lebensraumtyps, fortlaufend überprüft werden müssen. Hierzu bedarf es eines laufenden angepassten Monitorings, um auf Veränderungen zeitnah reagieren zu können.

Errungenschaften und Ausblick

Durch Kartierungen in- und außerhalb der Schutzgebiete stehen heute auf großer Fläche Informationen zu Lebensraumtypen und Artvorkommen zur Verfügung. Die Managementpläne für die Natura 2000-Gebiete beschreiben zudem konkrete Maßnahmen, um die Vielfalt in der Landschaft zu erhalten oder zu verbessern.

Die gemeinsam von Forstverwaltung und Umweltverwaltung erstellten und mit allen Beteiligten abgestimmten Natura 2000-Managementpläne sind im Internet veröffentlicht und auf der Homepage des Landesamts für Umwelt abrufbar. Viele Erkenntnisse aus dem Schutzgebietsmanagement sind dabei auch auf andere Waldflächen übertragbar. Dabei werden die bayerischen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer von den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) beraten und unterstützt. Auch die attraktiven Förderprogramme für den Privat- und Körperschaftswald werden über die ÄELF abgewickelt. Bei ihren Aufgaben werden die Försterinnen und Förster naturschutzfachlich von den Fachstellen Waldnaturschutz, die an einem Schwerpunkt-AELF in jedem Regierungsbezirk angesiedelt sind, und von den Spezialisten an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) unterstützt. Ergänzt werden diese Maßnahmen im Privat- und Körperschaftswald durch die Ausweisung von Naturwäldern auf 10 % der Staatswaldfläche, insbesondere aber durch weitreichende Naturschutzkonzepte im Staatswald.

Durch dieses Zusammenspiel vielfältiger Pläne, Maßnahmen und Förderungen in den verschiedenen Waldbesitzarten werden wichtige Beiträge für den Erhalt der Artenvielfalt in Bayerns Waldnatur erbracht. Diesen, seit Jahrzehnten eingeschlagenen Weg gilt es weiterhin konsequent zu verfolgen.

Zusammenfassung

Die großflächigen Kartierungen in den bayerischen Natura 2000-Schutzgebieten zeigen sowohl Handlungsbedarf als auch Erfolge im Waldnaturschutz auf. Der Erhalt standortsheimischer Waldgesellschaften mit ihrer charakteristischen Struktur- und Artenvielfalt steht dabei an erster Stelle. Während die großflächigen Buchenwaldgesellschaften einen günstigen Erhaltungszustand aufweisen, sind ehemals menschgemachte Lebensräume wie Flechten-Kiefernwälder auf aktive Unterstützungsmaßnahmen angewiesen. Der vielfältigen Nutzungshistorie geschuldet, ist auch die Waldlandschaft in Bayern vielfältig. Waldnaturschutz-Konzepte müssen diese regionalen Besonderheiten aufgreifen und in einen bayernweiten Kontext einbetten.