Ohne die Annahme der so genannten Rothenthurm-Initiative wären heute viele Schweizer Moore unwiederbringlich verloren. Dank des Moorschutzes ist in einer Beobachtungsperiode von 5 Jahren die Fläche der Moore von nationaler Bedeutung um lediglich 1 Prozent zurückgegangen. Stärker abgenommen hat hingegen die Qualität der Moore. Regeneration und weniger Nährstoffeintrag soll die Situation wieder verbessern.
Die Moore machen bloss 0,5 Prozent der Landesfläche aus, beherbergen aber rund einen Viertel der bedrohten Pflanzenarten der Schweiz. Die Annahme der Rothenthurm-Initiative am 6. Dezember 1987 löste eine markante Verstärkung im schweizerischen Moor- und Biotopschutz aus. Heute sind Moore (Hoch- sowie Flachmoore) und Moorlandschaften von nationaler Bedeutung in entsprechenden Bundesinventaren festgehalten.
Zum 20. Jahrestag der Volksabstimmung über die Rothenthurm-Initiative publizierte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) die Ergebnisse der seit 1997 durchgeführten Erfolgskontrolle Moorschutz. Die Erfolgskontrolle liefert erstmals wissenschaftlich fundierte Aussagen zum Zustand und zur Entwicklung der Moore und Moorlandschaften von nationaler Bedeutung. Die Beobachtung erstreckte sich über 10 Jahre. Jedes Objekt wurde in dieser Zeit zweimal untersucht und zwar im Abstand von fünf Jahren.
Was ist ein Moor?
Überall dort, wo Böden wassergesättigt sind, können Moore entstehen: entlang von Gewässern, die verlanden, an Standorten mit hohem Grundwasserspiegel, in Gebieten mit feuchtkühlem Klima, über Ton- oder Lehmschichten und in der Umgebung von Quellen. Nur spezialisierte Pflanzenarten wie der Sonnentau können die luft- und meist sauerstoffarmen Böden besiedeln. Die extremen Umweltbedingungen im Boden führen dazu, dass die abgestorbenen Pflanzenreste oft nur unvollständig zersetzt werden und sich als Torf im Boden anhäufen. Je nach Entstehungsgeschichte, Beziehung zum Grundwasser, Oberflächenform, Nährstoffgehalt des Wassers und Vegetationstyp wird zwischen Hoch- und Flachmoor unterschieden.
Hochmoor
An nassen Standorten mit genügend Niederschlägen und gemässigten Temperaturen entwickelt sich ein Hochmoor. Der jährliche Torfzuwachs der mitteleuropäischen Moore beträgt 0,5 bis 1,5 Millimeter. Die lebende Vegetationsschicht wird immer weiter in die Höhe geschoben, bis die Pflanzen den Kontakt mit dem Grundwasser verlieren. Das aufgewölbte Hochmoor gleicht einem riesigen Schwamm. In der Urlandschaft Mitteleuropas gehörten Hochmoore zu den wenigen waldfreien Standorten unterhalb der Waldgrenze (Abb. 1).Flachmoor
Im Gegensatz zu den Hochmooren werden Flachmoore nicht nur durch das Regenwasser nass gehalten, sondern auch durch Grundwasser, Hangwasser oder temporäre Überflutungen. Dadurch sind Flachmoore etwas nährstoffreicher als die Hochmoore. In der Urlandschaft entwickelten sich Flachmoore an den Ufern von Flüssen und verlandenden Seen. Über der Waldgrenze bedeckten sie alle vernässten Standorte. Den grössten Teil der heutigen Flachmoore machen allerdings Kulturbiotope aus, die sich auf gerodeten und nicht vollständig entwässerten Flächen entwickelt haben (Abb. 2).
Quantitativer Schutz erfolgreich, aber qualitativer Rückgang
Heute sind bereits 91 Prozent der Hochmoore und 87 Prozent der Flachmoore kantonalrechtlich geschützt, und der Schutz von Moorlandschaften ist inzwischen bei 85 Prozent der Objekte umgesetzt oder weit vorangeschritten. Damit ist ein wesentlicher erster Schritt zum Schutz getan. Dank dieses Schutzes hat die Fläche der Hoch- und Flachmoore von nationaler Bedeutung in der Beobachtungsperiode lediglich um 1 Prozent abgenommen.
Die Qualität der geschützten Moore hat sich jedoch im untersuchten Zeitraum wesentlich verschlechtert. Konkret heisst das: Über ein Viertel der Moore ist trockener geworden, in einem Viertel der Moore hat die Nährstoffversorgung zugenommen und fast ein Drittel der Objekte ist von der Verbuschung und Einwaldung betroffen, weil die Biotope nicht mehr genutzt werden oder austrocknen.
Schutz von wertvollen Lebensräumen
Mit der Annahme der Rothenthurm-Initiative hat sich die Schweizer Stimmbevölkerung dafür ausgesprochen, die verbliebenen Moore und Moorlandschaften der Schweiz zu erhalten. Vor 200 Jahren bedeckten Moore noch 6% der Schweizer Landesfläche. Zum Zeitpunkt der Annahme der Rothenthurm-Initiative am 6. Dezember 1987 waren es nur noch rund 0,5% (Abb. 3). Die Hauptursachen für den flächenmässigen Rückgang der Moore waren Abtorfung und Trockenlegung. Erst die Unterschutzstellung der Moore beendete deren direkte Zerstörung (Abb. 4).
Moore sind wertvolle Lebensräume. Hochmoore gehören zu den letzten Resten der Schweizer Urlandschaft; Flachmoore sind lebendige Zeugen der traditionellen Kulturlandschaft. Moore tragen damit entscheidend zur Landschaftsqualität bei. Sie sind von zentraler Bedeutung für die Erhaltung der Artenvielfalt: Auf nur 0,5% der Landesfläche beherbergen sie einen Viertel aller bedrohten Pflanzenarten der Schweiz. Intakte Moore sind zudem wichtige Kohlenstoffsenken.
Abb. 3 - Entwicklung der Moorflächen in der Schweiz von 1800 bis 2000.
Datengrundlage: In allen drei Karten sind jeweils nur die über 30 Hektaren grossen Moorkomplexe flächengetreu dargestellt; Moorflächen mit weniger als 30 Hektaren sind aus Gründen der Lesbarkeit auf Punkte reduziert. Nicht erfasst und abgebildet sind die zahlreichen, zum Teil nur einige Aren grossen Kleinstmoore im Alpgebiet. Für die Darstellung der Moorausdehnung in den drei Karten wurden die Daten der Hoch- und Flachmoorinventare des Bundes mit der einschlägigen Information der «Moorkarte der Schweiz 1903» überlagert, welche von Früh und Schröter (1904) mit über 5400 Einträgen ehemaliger und bestehender Moore publiziert und von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL 1997 digitalisiert worden ist. Datenquelle für Landesgrenze und Seen: ©swisstopo/GEOSTAT. Quelle: Grünig 2007
Moore regenerieren und Zusammenarbeit fördern
Um der Austrocknung und der Verbuschung zu begegnen, will das BAFU einen Schwerpunkt auf die Regeneration der Moore legen. Regenerationsmassnahmen vermögen die Entwässerung der Moore zu stoppen. Indem alte Drainagegräben und -röhren dicht gemacht werden, lässt der ursprüngliche Wasserhaushalt wieder herstellen (Abb. 5). Der Regenerationsprozess kann zwar mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen, aber die Erfolgskontrolle konnte nachweisen, dass Hochmoore nach einer Regeneration wieder wachsen können.
Um das Problem des Nährstoffeintrags in Moore - besonders in Flachmoore - zu lösen, ist die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft zentral. Der Nährstoffeintrag in Moore kann nämlich durch ausreichend breite Pufferzonen wirksam verhindert werden.
Die wichtigsten Partner des BAFU sind die Kantone, die für Umsetzung und Vollzug des Moorschutzes verantwortlich sind.
Abb. 4 - Noch bis in die 1980er-Jahre wurden in Schweizer Mooren Torfziegel gestochen. Foto: Hintermann & Weber
Abb. 5 - Das Einrammen von Holzbrettern ist eine effiziente Methode zur Verschliessung von Drainagegräben. Foto: Philippe Grosvernier
(TR)