Der Name

In vielen Sprachen verdankt die Birke (Betula pendula) ihren Namen der leuchtend weissen Rinde. Sei dies im Mittelhochdeutschen "birche", oberdeutsch "Bir(i)hha", indogermanisch "bherg" oder "bherk", altnordisch "biork" oder "birki", norwegisch "bjerk", serbokroatisch "breza" sowie in russisch "bereza". So sind einige Tausend Orts- und Flurnamen und sogar ein Flussname (Beresina = Birkenfluss) von der Birke abgeleitet. Dazu einige Beispiele aus der Schweiz: Birch, Birchegg, Birchwil, Birkenfeld, Bürchen. Auch Familiennamen wie Bircher, Birchler, Birchmeier, Pirkmeier errinnern an diese Baumart.

Den heutigen Gattungsnamen Betula gaben ursprünglich die Römer der Birke. Das gallische Wort "betu" (= Harz ableiten) errinnert an die früher aus dem klebrigen Birkensaft hergestellte Art Bitumen. Eine weitere Herleitung des botanischen Namens Betula soll von "batuare" (lat. schlagen) herrühren, weil den mit der Lebensrute aus Birkenreisig "geschlagenen" (berührten) Menschen ein langes, fruchtbares Leben beschieden war. Noch heute gehören in Skandinavien die im Frühjahr geschnittenen zarten Birkenzweige zum Sauna-Ritual.

Der Baum

Die bis gegen 30 m hohe Birke hat in der Jugend eine schmale, spitzkegelige Krone, die sich mit zunehmendem Alter unregelmässig entwickelt. Die dreieckig bis rhombisch mit doppelt gesägten, frischgrünen Blättern versehenen Äste sind lang und hängen im Alter herab (Hängebirke). Die bis 4 mm langen Knospen sind bräunlich bis glänzend grün und leicht zugespitzt. Die gelborangen männlichen Kätzchen blühen vom März bis anfangs Mai. Die kurzgestielten weiblichen Kätzchen erreichen bis zum Frühherbst eine kräftige, bräunliche Färbung. Die einzelnen Kätzchen entwickeln einige hundert flugfähige Samen, welche vom Herbstwind über grosse Strecken verfrachtet werden können.

Verbreitung und Standort

Die Hängebirke wird auch Sandbirke, Weissbirke oder Warzenbirke genannt. Sie hat sich nach der letzten Eiszeit vor gut 12'000 Jahren vielerorts in den gemässigten und kühlen Zonen der Nordhalbkugel verbreitet. Die Gattung Betula ist weltweit mit rund 40 Arten vertreten. Gemäss Landesforstinventar kommt sie in der Schweiz mit einem Stammzahlanteil von 1,3% am häufigsten auf der Alpensüdseite sowie im Wallis vor. Unsere "Rekordbirke" weist immerhin einen BHD von 79 cm und die stattliche Höhe von 29 m auf. Die lichtbedürftige Birke gedeiht bevorzugt auf feuchten bis trockenen, nährstoffarmen und eher sauren Böden.

Waldbauliche und ökologische Bedeutung

Die oft zu Unrecht verschmähte Birke übernimmt bei der schnellen Wiederbewaldung sowie zur Waldrandschliessung eine wichtige Rolle. Als robuste Vorwaldbaumart bereitet sie weniger robusten Baumarten das Gelände vor. Wegen ihrer Kälterestistenz leidet sie wenig unter Spätfrost. Sie fördert die Hummusanreicherung und ermöglicht, dank ihrer lichten Krone, das Heranwachsen anderer Bäume. Zudem schützt sie auf Halden und baumlosen Hängen den Boden vor Erosion.

Als idealer Lebensraum vieler Tiere, Pilzen und Flechten hat die Birke eine wichtige ökologische Bedeutung. So wurden beispielsweise auf einer Birkenart in Grossbritannien rund 200 und in Russland gar 570 Insektenarten gezählt. Zudem haben mehr als 30 Vogelarten die Samen dieser Baumart genutzt. Das häufig anfallende Birken-Totholz dient vielen Tier- und Pflanzenarten als Substrat und Lebensraum.

Holz und Verwendung

Das gelblichweisse, lang- und feinfaserige, nicht sehr harte, jedoch zähe und biegsame Birkenholz ist leicht bearbeitbar und deshalb bei Wagnern, Drechslern, Musikinstrumentenbauern und vor allem bei Möbelherstellern geschätzt. Als sogenanntes "Edelbrennholz" ist die Birke bei Chemineéliebhabern beliebt. Früher fand der Russ dieses Holzes als Druckerschwärze Verwendung. Auch wurde die wasserundurchlässige und gegen Pilzbefall äusserst resistente Rinde früher zur Herstellung von Dachbedeckungen, Körben und zur Verkleidung von Kanus genutzt. Ebenfalls bekannt sind Rindenstücke als Papierersatz. Aus Knospen und Blättern wurde Birkenöl zubereitet, das zum Geschmeidigmachen von dünnem Leder diente. Aus Birkensaft und Zucker wurde Wein hergestellt, der auch zu Birkenchampagner weiterverarbeitet wurde.

Brauchtum und Heilkunde

Die zart anmutende Birke, auch liebevoll "Braut des Waldes" genannt, wurde bei den Kelten, Slawen und Germanen kultisch verehrt. So sollen beispielsweise in der Walpurgisnacht Hexen auf Besen aus Birkenholz reiten und ihre Zweige Zauberei abwehren. Als Symbol der Jugend, der Fruchtbarkeit und des Wachstums erlebt diese Baumart in Form von Maibäumen bei Frühjahresfesten vielerorts ein Wiederaufleben. Ein an das Haus der Verehrten gestellter Baum dient als Zeichen der Liebe und als symbolischer Heiratsantrag. Wenn dazu dann noch das Lied "Drei weisse Birken..." ertönt, sollte dem Glück nichts mehr im Wege stehen! Noch heute werden bei kirchlichen Festen frischbelaubte Birken als Schmuck aufgestellt.

Die Bedeutung der Birke als Heilpflanze ist gross und umfangreich. Dies hatte sich auch der bekannte Kräuterpfarrer Johann Künzle zu Nutzen gemacht. So beschreibt er den Gebrauch und die Wirkung von Blättern, Knospen und Saft der Birke vor allem als Blutreinigungsmittel bei Rheuma und Gicht sowie als Wundheilmittel. In Deutschland werden für die Kosmetikindustrie jährlich etwa 85'000 Liter Birkensaft vorwiegend zu Haarwasser, Badezusätzen und Shampoos verarbeitet. Ein Baum liefert im Frühjahr (März) insgesamt 40 bis 50 (pro Tag 5 bis 8) Liter Birkensaft.

Bauernregeln

  • Am Allerheiligen geh' in den Wald, nimm von der Birke einen Span, und da siehst du es ihm an, ob der Winter warm ist oder kalt.
  • Ist der Span trucken, wird ein warmer Winter anrucken; aber ist er nass genommen, wird ein kalter Winter kommen.
  • Halten Birk' und Weid' ihr Wipfellaub lange, ist zeitiger Winter und gut Frühjahr im Gange.
  • Fliesst im Dezember noch der Birkensaft, dann kriegt der Winter keine Kraft.

Wichtigste Quellenangaben

  • Rudolf Beyse: Pionier mit grosser Familie (Forstzeitung 2/00)
  • Walter Kienli: Die Gehölze der schweizerischen Flora
  • U.B. Brändli: Die häufigsten Waldbäume der Schweiz
  • Deutsches Forstlexikon

(TR)