Die Folgen des Klimawandels für die österreichische Forstwirtschaft sind spürbarer denn je. Mit 3.5 Millionen Festmeter Schadholz, verursacht vor allem durch Borkenkäfer, war 2017 das bisher stärkste Käferjahr seit Beginn der Aufzeichnung. Vor allem Fichte und Kiefer leiden derzeit am stärksten unter den Folgen des Temperaturanstiegs.

Bisherige Untersuchungen in Österreich und Deutschland haben gezeigt, dass die Weißtanne mit den Folgen von Trockenheit deutlich besser umgehen kann als die Fichte (Rothe, Dittmar & Zang, 2011). Daher ist die Nachfrage nach Tannensaatgut in den letzten Jahren rasant gestiegen.

Kaum Probleme mit mehr Hitze

Eine aktuelle Studie in der Schweiz konnte zudem zeigen, dass ein Großteil der Fichtenbestände unter zukünftigen Klimaszenarien nur mehr sehr bedingt an ihren Standort angepasst sein wird, wohingegen die Weißtanne auf ihren jetzigen Standorten kaum Probleme mit der zunehmenden Temperatur und Trockenheit bekommen wird (Frank et al., 2017). Ein weiterer Grund dafür, sich in Zukunft verstärkt mit der Baumart Tanne auseinanderzusetzen.

Wissenschaftliche Untersuchungen zur innerartlichen Variation der Weißtanne begannen in Österreich bereits in den 1960er Jahren, als der damalige Waldbau-Professor der Universität für Bodenkultur, Prof. Hannes Mayer, im Rahmen der Arbeitsgruppe Gebirgswaldbau einen IUFRO-Versuch im Versuchsgarten Knödelhütte anlegte. Dieser Versuch verfolgte bereits das Ziel, verschiedene Weißtannen-Herkünfte auf ihre Trocken- und Schattentoleranz zu testen, um dem damals gravierenden Tannensterben in Europa begegnen zu können.

Die zwölfjährigen Ergebnisse aus diesem Versuch bestätigten ein überdurchschnittliches Höhenwachstum der süditalienischen Herkünfte (Kalabrien) sowie solcher vom nördlichen Alpenrand (z.B. Schneegattern und Hohe Wand). Tannenherkünfte, welche ihren Ursprung südlich der Alpen hatten (z.B. Brixen und Cuneo), blieben jedoch im Höhenwachstum deutlich zurück. Diese Ergebnisse geben Anlass, auf das Potenzial der österreichischen Tannenherkünfte weiter aufmerksam zu machen, um den Wald für die Folgen des Klimawandels fit zu machen.

Tannen-Gene geprägt von Genese?

Die Weißtanne hat die letzte Eiszeit in mindestens vier verschiedenen Refugien überdauert. Eines dieser Refugien befand sich in den Pyrenäen, ein weiteres im südlichen Apennin, ein drittes im nördlichen Apennin sowie ein viertes auf der südlichen Balkanhalbinsel (Abb. 1a). Die Rückwanderung der Tanne nach dem Abschmelzen des Eisschildes in ihr heutiges Verbreitungsgebiet erfolgte jedoch vorwiegend aus dem nördlichen Apennin und dem südlichen Balkan, während die Vorkommen in den Pyrenäen und im südlichen Apennin lange Zeit isoliert blieben.

Insbesondere Herkünfte aus der Region Kalabrien, welche sich im südlichen Apennin befindet, zeigten bereits in früheren genetischen Studien große molekulare, anatomische und physiologische Unterschiede, verglichen mit Tannenpopulationen aus dem zentralen Verbreitungsgebiet. Auch das oftmals überlegene Höhenwachstum der kalabrischen Herkünfte wurde immer wieder im Zusammenhang mit der Langzeitisolation eines südlichen Refugiums diskutiert, jedoch sind die Daten aus Herkunftsversuchen in Zentral- und Nordeuropa (z.B. Dänemark, Deutschland, Österreich) teilweise widersprüchlich.

Wie bereits oben erwähnt, wurde das heutige und zentrale Verbreitungsgebiet der Weißtanne aus dem nördlichen Apennin sowie der südlichen Balkanhalbinsel wiederbesiedelt. Somit können wir heute grob zwei genetische Cluster der Weißtanne unterscheiden: ein westliches Cluster (Norditalien, Frankreich, Schweiz, Deutschland, Österreich, Polen, Slowakei) und ein östliches Cluster (gesamter Balkan, Rumänien). An mindestens zwei Stellen trafen diese beiden Linien aufeinander (südöstliches Polen-nördliches Rumänien sowie Slowenien-nördliche Balkanhalbinsel), wodurch es höchstwahrscheinlich zu intensivem genetischem Austausch zwischen den Linien kam.

Klima-Alternative Tanne - Ein Mythos?

In den letzten Jahren wurde die Weißtanne immer wieder als besonders resilient gegen Erwärmung und Trockenheit beschrieben und somit als mögliche Alternative insbesondere auf sekundären Fichtenstandorten ins Spiel gebracht. Jüngste Analysen des Instituts für Waldgenetik des BFW als auch anderer Forschungsinstitutionen im deutschsprachigen Raum konnten bestätigen, dass die Weißtanne weniger Verluste im Radialzuwachs während Trockenheit hat als beispielsweise Fichte und Lärche (Abb. 2).

Eine andere und mindestens genau so wichtige Frage ist aber, wie groß die Unterschiede innerhalb der Art Abies alba sind, um eine konkrete Herkunftsempfehlung für die verschiedenen Wuchsgebiete in Österreich abgeben zu können. Diese Frage soll im Rahmen eines neuen Herkunftsversuches (Abb. 1b) auf zwei Standorten in Österreich geklärt werden.

Für diesen Zweck wurde bereits vor einigen Jahren damit begonnen, Tannensaatgut aus fünf Ländern im Versuchsgarten Tulln anzuziehen und für die Auspflanzung vorzubereiten. Insgesamt stehen somit mehr als 12.000 Jungtannen von 25 verschiedenen Herkünften zur Verfügung. Um auch Aussagen über die genetischen Kenngrößen machen zu können, welche das Wachstum der Weißtanne beeinflussen, werden Halbgeschwisterfamilien im Versuch getestet.

Welche Herkunft passt?

Auf zwei Versuchsflächen mit deutlichen Unterschieden betreffend Jahresmitteltemperatur und Niederschlag während der Vegetationsperiode soll der Frage nachgegangen werden, welche Herkunft unter welchem Klima an welchem Ort in Österreich angebaut werden sollte.

Eine erste Versuchsfläche konnte bereits im Winter 2017/18 gefunden werden. Die Forstbetriebe Fronsburg (Bezirke Horn und Hollabrunn) befinden sich in der Übergangszone vom trockenen Weinviertel zum Waldviertel und bieten optimale Voraussetzungen, um die Weißtanne am warmen und trockenen klimatischen Limit zu testen. In den vergangenen Jahren hat der Niederschlag während der Vegetationsperiode hier immer weiter abgenommen und betrug in einzelnen Jahren nur mehr knapp 400 mm.

Revierleiter Michael Hofmann und auch bereits seine Vorgänger experimentierten daher bereits seit Jahren intensiv, zielgerichtet und erfolgreich mit Alternativen zur Fichte. Dies konnte er im Jahr 2017 eindrucksvoll auf dem Praxistag der Arbeitsgemeinschaft Waldveredelung demonstrieren.

Die zweite Versuchsfläche soll möglichst das frische und ausreichend wasserversorgte Tannenoptimum in Österreich repräsentieren, um gegebenenfalls Abhängigkeiten zwischen Trockentoleranz, Frostempfindlichkeit sowie Volumenzuwachs bei der Herkunftsempfehlung berücksichtigen zu können. Hier wird derzeit intensiv in Kooperation mit dem Landesforstdienst Vorarlberg nach einer Versuchsfläche gesucht.

Zusammenfassung

Bisherige Forschungsergebnisse als auch die eiszeitliche Geschichte dieser Baumart lassen den Schluss zu, dass die Weißtanne als Baumart im Klimawandel geeignet ist. Jedoch bedarf es in naher Zukunft weiterer genetischer Forschung, um konkrete Tannen-Herkunftsempfehlungen für den klimafitten Wald abgeben zu können. Dies soll in dem vorgestellten und neuen Versuch am Institut für Waldgenetik rasch umgesetzt werden.