Der Verbreitungsschwerpunkt des Krummzähnigen Tannenborkenkäfers - auch Krümmzähniger Weisstannenborkenkäfer  genannt - liegt in Mittel-, Süd- und Osteuropa.
Diese Käferart ist einer der gefährlichsten Schädlinge für Tannen. Normalerweise findet man die Käfer nur an geschwächten und kranken Bäumen, bei Massenvermehrungen hingegen auch an gesunden Bäumen. Zunächst löst sich bei den befallenen Bäumen die Rinde ab, anschliessend verfärbten sich die Kronen.

Biologie

Der Krummzähnigen Weisstannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens) ist ein 2,5 bis 3 mm langer Borkenkäfer. Als wichtigstes Erkennungsmerkmal gilt die charakteristische, hakenartige Ausbildung der zahnähnlichen Fortsätze am Flügeldeckenabsturz, die beim Männchen stärker ausgeprägt sind. Insbesondere der oberste, senkrecht nach oben gebogene Zahn sowie der zweitoberste, hakenförmig nach innen gebogene Zahn gelten als wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu anderen Tannenborkenkäferarten (s. Abb. 2). 

Das Wirtsbaumspektrum umfasst neben Weisstanne in seltenen Fällen auch Fichte, Föhre, Douglasie, Lärche und Zeder.

Entwicklung: Nachdem sich die Männchen erfolgreich mittels Einbohrloch durch die Rinde gebohrt haben, findet in der Rammelkammer die Begattung statt. Anschliessend legt das Weibchen von dort nach links und rechts je einen Muttergang an, in welchem die Eier abgelegt werden. Oft bohrt ein zweites Weibchen vom gleichen Einbohrloch aus einen zusätzlichen, zweiarmigen Muttergang. Dieser Vorgang führt dann zum arttypischen, doppelkammerförmigen ("liegendes H") Brutbild (s. Abb. 3). 
Nach dem Schlupf fressen die Larven geschlängelte und parallel zur Faserrichtung des Holzes verlaufende Larvengänge. Sie durchlaufen drei Larvenstadien. 
Nach der Verpuppung und dem Reifungsfrass schwärmen die Käfer aus. Als Frühschwärmer liegen die Hauptflugzeiten im März/April und im Juli. Im Tiefland werden jährlich zwei Generationen angelegt, aber bei günstigen Bedingungen kann es in seltenen Fällen sogar zu einer dritten Generation kommen. In den Hochlagen gibt es dagegen nur eine Generation pro Jahr. Die Altkäfer können zudem nach dem Reifungsfrass noch eine Geschwisterbrut anlegen. 
Die Überwinterung erfolgt im Brutbild oder in der Rinde.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet des einheimischen Krummzähnigen Weisstannenborkenkäfer überlagert sich in Europa weitgehend mit demjenigen der Weisstanne.

Schäden

Diese Borkenkäferart befällt hauptsächlich geschwächte oder absterbende Weisstannen höherer Altersklassen.

In trocken-heissen Jahren neigt diese Käferart zu Massenvermehrungen. Insbesondere betroffen sind dabei geschwächte Weisstannen an Standorten ausserhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes. Dabei kann es auch zu Primärbefall gesunder Bäume kommen. Es werden dann zuerst die Wipfelregionen besiedelt, danach breitet sich der Befall stammabwärts aus.

  • In der Schweiz ist dies beispielsweisein den beiden Folgejahren nach dem sehr heissen und trockenen Sommer 1947 beobachtet worden. Damals wurden durch die Käferart schweizweit 200'000 m3 Tannenholz befallen. Betroffen waren v. a. Standorte im Mittelland und Jura, als ausserhalb des optimalen Verbreitungsgebietes.
  • Infolge des Hitzesommers 2003 wurde eine weitere Massenvermehrung beobachtet, die schweizweit mehr als 100'000' m3 Käferholz verursachte. Dabei war neben Jura und Mittelland diesmal auch das Wallis sowie Föhrentäler der Voralpen betroffen.
  • Nach der Jahrhunderttrockenheit 2018 hat der Krummzähnigen Weisstannenborkenkäfer zusammen mit dem Buchdrucker circa 2 Millionen m3 Käfer holz (alle Nadelbaumarten) verursacht. Auch hier waren wieder Standorte im Mittelland und Jura betroffen.

Die typischen Befallsmerkmale sind Harzfluss, ausgeworfenes braunes Bohrmehl, Nadelverfärbungen (s. Abb. 5). Darüber hinaus geben auch Spechtabschläge von Rindenschuppen Befallshinweise.

Im Herbst, wenn sich die Käfer zur Überwinterung in die Rinde von vitalen Bäumen einbohren, sind diese durch farblosen, perlschnurförmigen Harzfluss deutlich erkennbar.

Bekämpfung

  • Als wichtigste Bekämpfungsmassnahme gilt die rechtzeitige Befallsherdsarnierung. Diese muss bis Mitte März, vor Beginn der Schwärmflüge, erfolgt sein.
  • Während der Flugsaison sowie nach Schneebruch, Sturm und Trockenheitsperioden sind intensive Kontrollen gefährdeter Bestände nötig, damit Frischbefall erkannt, und Weisstannen rechtzeitig entfernt oder entrindet werden können.
  • Räumung von Sturm- und Schneebruchschäden, vorsorgliche Entfernung von besonders geschwächten Bäumen, Bestandes schonende Ernte- und Pflegeverfahren sowie standortgerechte Verjüngung gelten zudem als präventive waldbauliche Massnahmen.

Auswirkungen des Klimawandels

Das Wetter, welches in der Schweiz seit über 150 Jahren systematisch beobachtet wird, unterliegt grossen natürlichen Schwankungen. Allerdings gibt es Veränderungen, welche sich nur durch die steigenden Treibhausgasemissionen seit Beginn der Industrialisierung erklären lassen.

Neben einer Temperaturerhöhung wird die Schweiz in Zukunft gemäss Klimaszenarien unter anderem vermehrt von trockenen Sommern, mehr Hitzetagen sowie heftigen Niederschlägen betroffen sein.

Aufgrund von Beobachtungen und Untersuchungen der vergangenen Jahre ist davon auszugehen, dass Massenvermehrungen des Krummzähnigen Weisstannenborkenkäfers vor allem durch Trockenperioden begünstigt werden. Die Entwicklung der Käferpopulation im Zusammenhang mit Trockenperioden spiegelt sich u.a. auch in der Statistik von Waldschutz Schweiz (Abb. 4) wider. Dort zeigt sich, dass die heiss-trockenen Sommer 2003 und 2018 einen deutlichen Anstieg der Meldungen mit starkem oder sehr starkem Befall verursacht haben.

Modellierungen der Waldhöhenstufen unter Berücksichtigung von Klimaszenarien zeigen, dass sich ein Grossteil der Schweizer Weisstannenbestände bereits in weniger als 50 Jahren unter suboptimalen klimatischen Standortbedingungen befinden könnten.

Es ist davon auszugehen, dass die Weisstanne zukünftig eine höhere Anfälligkeit gegenüber dem Krummzähnigen Weisstannenborkenkäfer aufweisen wird. An Standorten ausserhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes der Weisstanne ist die Ausbreitung des Käfers bereits heute stressbedingt begünstigt.

Neben einem grösseren Brutsubstratangebot aufgrund der vermehrt durch Trockenheit gestressten Weisstannen wird der erwartete Temperaturanstieg dazu führen, dass der Krummzähnigen Weisstannenborkenkäfer im Frühjahr vermutlich bereits früher ausschwärmen wird und seine Flugperiode auch im Herbst verlängern kann. Da sich der Temperaturanstieg ebenfalls positiv auf die Entwicklungsgeschwindigkeit auswirken wird, ist davon auszugehen, dass in Zukunft vermehrt eine zusätzliche Käfergeneration pro Jahr angelegt werden kann. Somit wird der Befallsdruck auf die Weisstannenbestände weiter zunehmen.

Resümee: Gemäss den Prognosen wird der Krummzähnigen Weisstannenborkenkäfer von den Folgen des Klimawandels profitieren: Einerseits könnte die erwartete Temperaturerhöhung in den nächsten Jahrzehnten vermehrt zur Anlage einer zusätzlichen Käfergeneration pro Jahr führen. Da zudem auch eine Zunahme von Trockenheitsereignissen erwartet wird, könnte sich andererseits langfristig auch das Brutraumangebot erhöhen, was das Auftreten von Massenvermehrungen zusätzlich begünstigen würde.

Literaturhinweise finden sich in der Originalpublikation.