Seit dem Jahr 2017 sind die insektenbedingten zufälligen Nutzungen in der Weißtanne (Abiesalba) deutlich angestiegen. Nach Störungen aufgrund von abiotischen Schadereignissen wie Sturm, Schnee oder Dürre treten oft Gradationen von Borkenkäfern auf. Ist erst eine Massenvermehrung entstanden, werden durch die hohen Besatzdichten auch stehende vitale Bäume "primär" befallen.

Im Jahr 2018 ist im Gesamtwald in Baden-Württemberg eine Gesamtmenge von rund 83.600 Efm insektenbedingter zufälliger Nutzungen in der Tanne verbucht worden (s. Abb. 1). Die Schwerpunkte liegen in den tannenreichen Regionen des nördlichen- und südlichen Schwarzwaldes, dem Allgäu, des Virngrundes und des Schwäbisch-Fränkischen Waldes (s. Abb. 2) Gleichermaßen sind auch weitere Regionen mit nennenswerten Tannen-Anteilen betroffen.

Die Rindenbrüter an der Tanne

Die rindenbrütenden Borkenkäfer an der Tanne treten oftmals miteinander vergesellschaftet auf. Einzelne der Arten neigen zur Massenvermehrung und können dann als primäre Schadorganismen in Erscheinung treten, gesunde vitale Bäume befallen und diese dann zum Absterben bringen. Hierzu zählen insbesondere der Krummzähnige Tannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens) und der Kleine Tannenborkenkäfer (Cryphalus piceae).

Ergänzend kann bei günstigen Entwicklungsbedingungen auch der Tannenrüsssler (Pissodes piceae) starke Schäden an Tannen diverser Altersklassen verursachen.

Weiterführende Informationen: Borkenkäfer an der Weißtanne akut

Tab. 1: Rindenbrüter an der Weißtanne (zum Vergrößern anklicken).

Handlungsempfehlungen

Terrestrische Kontrolle
  • ŸVon April bis September (Flugzeit) grundsätzlich mindestens in einem 14-tägigen Intervall kontrollieren.
  • ŸFokus auf gefährdete Waldorte, Bereiche mit erhöhtem Brutraumangebot durch Schadereignisse und Bereiche mit Vorjahresbefall legen.
  • ŸAugenmerk auf südexponierte, untersonnte und aufgerissene Waldränder.
  • ŸDokumentation mittels Befallskarten für nachfolgende terrestrische Kontrolle und nachgelagerte Aufarbeitungsmaßnahmen.

Befalls-Kennzeichen

Die Detektion befallener Tannen im Zuge derterrestrischen Kontrolle anhand der klassischenBefallsmerkmale stellen eine Herausforderungdar, denn selbige zeichnen wenig:

  • ŸHarztröpfchen und z.T. starker Harzfluss entlang der Stammachse, speziell im Bereich des Kronenansatzes.
  • ŸSpechtabschläge und Ablösung größerer Rindenpartien.
  • ŸVerfärbung von zunächst einzelnen Ästen bis zur ganzen Krone und Nadelverlust.
  • ŸBohrmehl unter Rindenschuppen, am Stammfuß und der Bodenvegetation nur bei hohen Besatzdichten deutlich erkennbar.
  • ŸReifungsfraß der adulten Käfer verursachte krebsartige Wucherungen nebst Harzfluß.

Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutz

Prophylaktische Maßnahmen

Der Brutraumentzug im Rahmen der "sauberen Waldwirtschaft" ist eine bewährte und effektive Methode zur Vermeidung von Folgebefall im Zuge einer Massenvermehrung. Hierzu zählen:

  • Einschlag und Verkauf aller unbesiedelten Sortimente
  • Die maschinelle Entrindung von Stammholz und
  • Hackung des Kronenderbholzes und Astmaterials vor der Besiedlung durch Tannenborkenkäfer.
Kurative Maßnahmen

Die kurativen Maßnahmen besiedelten Holzes aus der Stehendbefallsanierung weichen im Detail von den einschlägigen Maßnahmen der Borkenkäferregulierung an der Fichte ab:

  • Aufarbeitung und Abfuhr der besiedelten Sortimente im Rahmen bestehender Verträge vor Ausflug der Käfer.
  • Zwischenlagerung bzw. Trockenlagerung in einem Abstand ≥ 500 m, besser ≥ 1.000 m zu befallstauglicher Tanne.
  • Die kurative Entrindung ist ausschließlich zum Zeitpunkt der weißen Larval-Stadien möglich, da die Verpuppung i.d.R. tieferliegend im Splint stattfindet.
  • Die kurative Hackung sämtlicher besiedelter Sortimente ist aufgrund der geringen Größe der Imagines der Tannenborkenkäfer mit geringen Wirkungsgraden verbunden und somit nur in Kombination mit einer gesicherten, nachfolgenden thermischen Verwertung empfohlen.
  • Die Vor-Ausflug-Spritzung besiedelten Stammholzes mittels gegen rindenbrütende Borkenkäfer zugelassener Pflanzenschutzmittel stellt im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzes die ultima ratio dar.

Erhöhtes Risiko für die Arbeits- und Verkehrssicherheit sowie schnelle qualitative Entwertung

Tannenholz wird rasch von pilzlichen Destruenten besiedelt. Durch die Zersetzung von Zellulose verursachte Weichfäulen stellen eine Entwertung der Holzqualität dar und mindern die Festigkeitseigenschaften, wodurch die Bruchgefahr bei stehenden Tannen deutlich erhöht ist.