Als Ökosystemleistungen werden Leistungen bezeichnet, die essenziell für das menschliche Leben sind und von intakten Ökosystemen "frei Haus" zur Verfügung gestellt werden. Wälder, mit ihrem komplexen Zusammenspiel zwischen Organismen untereinander und mit ihrer Umwelt, stellen eine Vielzahl solcher Güter und Leistungen zur Verfügung. Eine spannende und für die Praxis auch wichtige Frage ist, welche Rolle die Vielfalt an Arten und Strukturen hierbei spielt.

Global gesehen nimmt die Biodiversität gerade in Waldökosystemen dramatisch ab. Immer deutlicher zeichnen sich die negativen ökologischen, ökonomischen und sozialen Konsequenzen ab – nicht nur für die im und vom Wald lebenden Menschen, sondern auch für ganze Regionen und Volkswirtschaften [1, 2]. Gleichzeitig nimmt die Fläche von Plantagen für die Holz- oder Energieproduktion stark zu, zumeist großflächige Monokulturen ausgewählter Herkünfte oder auch Klone. Neben Fragen zur Produktivität und Stabilität solcher Anbauten sind aber auch Fragen zu den vollen ökologischen und ökonomischen Chancen und Risiken von Rein- im Vergleich zu Mischbeständen zu stellen:

  • Schneiden bei einer Vollkostenrechnung, die ökologische Auswirkungen mit einbezieht, reich strukturierte Mischbestände besser ab?
  • Sind die Wälder der Zukunft weiterhin in der Lage, unsere "multifunktionalen" Anforderungen zu erfüllen?
  • Oder müssen wir mit reduzierten ökologischen Funktionen, Gütern und Leistungen in einer Welt mit weniger Baumarten rechnen?
  • Spielt Biodiversität eine Rolle für das "Funktionieren" von Ökosystemen?

Diese Fragen stehen im Zentrum der "funktionalen Biodiversitätsforschung", welche sich seit Beginn der 1990er-Jahre rasant entwickelt hat. Die "klassische" Biodiversitätsforschung untersucht, wie Vielfalt entsteht und durch welche Umweltfaktoren sie beeinflusst wird (mathematisch gesprochen wird Biodiversität als die abhängige Variable betrachtet). Die "funktionale" Biodiversitätsforschung fragt: Welchen Effekt hat eine Veränderung der Vielfalt (Biodiversität ist also die unabhängige Variable) für die Eigenschaften von Ökosystemen und damit für die Umwelt? Diese Forschungsrichtung verknüpft damit biologisch-ökologische Grundlagenforschung mit Aspekten des Ressourcenmanagements, mit den sozial-ökonomischen Steuerungsgrößen und letztlich der Rückkopplungen zwischen Gesellschaft und natürlichen oder bewirtschafteten Ökosystemen (Abb. 1). Viele Studien haben in der Zwischenzeit gezeigt, dass Biodiversität sich positiv auf eine Vielzahl von Ökosystemfunktionen und -leistungen auswirkt, wobei die meisten Arbeiten sich mit Wiesenökosystemen und anderen schnellwachsenden Arten befassen [3, 4].

Baumarten-Mischung als ein Aspekt der biologischen Vielfalt

Für die Waldbewirtschaftung ist es interessant zu erfahren, ob die Vielfalt an Baumarten (um sich der Einfachheit halber hier auf diesen Aspekt der Biodiversität im Wald zu konzentrieren) sich auf die Waldfunktionen "Nutzen", "Schutz" und "soziale Funktionen" sowie auf die Stabilität auswirkt. Diese grundsätzliche Frage wurde in der Geschichte der Waldwirtschaft immer wieder unterschiedlich beantwortet [5]. In jüngster Zeit erhält diese Diskussion im Zeichen des Klimawandels verstärkte Aufmerksamkeit: Ob reich strukturierte Mischbestände zur Risikostreuung, zur Anpassung an den Klimawandel oder sogar zur Minderung des Klimawandels beitragen können, ist völlig offen. Pretzsch [13] schreibt dazu: "Die Forstwissenschaft ist weit davon entfernt, Mischung, Ursache und Ausmaß von Mischungseffekten oder gar die Ursachen von Mischungseffekten unter stabilen Standortsbedingungen verstanden zu haben. In dem Übergang zu Mischbeständen, die bisher selbst unter Normalbedingungen kaum verstanden sind, wird nun aber angesichts des Klimawandels eine wirksame Anpassungsmaßnahme vermutet."

Auch wenn offensichtlich noch großer Forschungsbedarf besteht, fließen sowohl in nationale (z.B. Deutsche Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt) als auch internationale politische Prozesse (z.B. UN-Konvention über die biologische Vielfalt) die Forderung nach Erhalt oder Erhöhung der Biodiversität in Wäldern ein. Als Hauptargument dient dabei die so genannte "Versicherungshypothese". Diese besagt, dass natürliche oder arten- und strukturreiche Ökosysteme Stör­ereignisse besser abpuffern bzw. sich nach Störung schneller erholen können als Systeme, in denen biologische Vielfalt reduziert wurde [14].

Forschungsansätze und -ergebnisse

Man kann nun einerseits an verschiedenen Standorten vorkommende Bestände unterschiedlicher Baumarten-Zusammenset­zung miteinander vergleichen. Solche Daten können z.B. aus den nationalen Wald­inventuren oder von langfristigen Beobachtungsflächen abgeleitet werden.

  • Studien aus Nordamerika und Spanien konnten eine Erhöhung des Wachstums bzw. der Holzproduktion mit zunehmender Baumartenzahl dokumentieren [15, 16].
  • Im Rahmen des Forschungsprojekts "Hainich Tree Diversity Matrix" werden Buchenwälder mit unterschiedlicher Beimischung weiterer Baumarten verglichen. Hier zeigen sich dagegen mit zunehmender Diversität geringere oberirdische Biomassevorräte [17].
  • Die Streu wird dort in artenreichen Beständen zwar schneller zersetzt, allerdings kommt es dabei zu keinen "echten" Mischungseffekten im Sinne einer schnelleren Zersetzung von schlecht abbaubarer Streu unter Beimischung von schnell abbaubarer Streu [18]. Solche Effekte sind interessanterweise allerdings in anderen Studien schon oft beschrieben worden [19].
  • V.a. das Vorkommen anderer Tier- und Pflanzengruppen reagiert oft positiv auf eine Erhöhung der Baumartenzahl [20]. In allen Fällen erklärt allerdings die Häufigkeit der Buche innerhalb der Mischbestände einen großen Teil der Ergebnisse.

Ein ähnlicher vergleichender Ansatz wird auch in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekt "Biodiversitäts-Exploratorien" verfolgt, indem Wald- (und Grünland-) Bestände unterschiedlicher Landnutzungsintensität (und damit auch unterschiedlicher Biodiversität) sehr eingehend untersucht werden [21]. Ein häufiges Ergebnis solcher vergleichenden Studien ist aus forstwirtschaftlicher Sicht günstig: Der Befall durch Schadinsekten geht in Mischungen im Vergleich zu Reinbeständen deutlich zurück [22].

Das Problem solcher vergleichender Studien ist allerdings, dass Diversität und Ökosystemfunktionen von den gleichen Umweltbedingungen beeinflusst werden. Das bedeutet, dass Diversität eben nicht mehr eine unabhängige Variable im strengen Sinne ist. Im genannten Beispiel aus den Waldinventurdaten könnte es sein, dass produktive Standorte sowohl mehr Wachstum ermöglichen als auch einer höheren Anzahl von Arten das Überleben gewährleistet (und nicht das erhöhte Wachstum eine Folge der erhöhten Artenzahl ist). Um dies zu umgehen, bieten sich Experimente an, in denen die Umweltbedingungen (möglichst) konstant gehalten werden und in denen nur die Baumartenzahl oder -zusammensetzung variiert wird [24]. Die vielen waldbaulichen Mischungsversuche gehören in diese Kategorie, allerdings weisen diese nur kurze Diversitätsgradienten auf. Meist werden nur Reinbestände und 2-Arten Mischungen verglichen, und dann vor allem ökonomisch wichtige Baumarten wie z.B. in den Fichte/Buche-Versuchen [25]. In den letzten 10 Jahren sind auf der ganzen Welt Versuchsflächen angelegt worden, die deutlich mehr Baumarten einbeziehen (z.B. mit 4, 8 oder 16 Arten und Vergleichsflächen aller beteiligten Monokulturen) mit unterschiedlichen Mischungen auf jeder Diversitätsstufe. Der Vorteil dieser Versuche ist also die Möglichkeit, ursächliche Zusammenhänge zwischen Diversität und Funktion erarbeiten zu können. Als Nachteile müssen allerdings die (noch) sehr jungen Stadien und die einförmige Altersstruktur in Kauf genommen werden. Doch für die Plantagenwirtschaft mit kurzen Umtriebszeiten können aber auch jetzt schon interessante Vergleiche gezogen werden.

  • Bald nach der Begründung der Versuchsflächen ergaben sich beispielsweise im BIOTREE-Experiment [26] deutlich geringere Schäden durch Schermäuse in den Flächen mit höherer Baumartenzahl [27] (Abb. 4).
  • Nach einer anfänglichen Phase ohne Mischungseffekte kann Baumwachstum und Kohlenstoffspeicherung mit zunehmender Baumartenzahl schon recht früh erhöht sein [28]. Dies deckt sich auch mit der Feststellung aus den Fichte/Buche-Versuchen, dass mit dem Alter die Mischungseffekte zunehmen [13].
  • Beim Vergleich unterschiedlich diverser Plantagen war der relative Gesamtertrag von Mischungen in vielen Fällen höher als derjenige der entsprechenden Monokulturen [29] – jedoch nicht in jedem Fall. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Mischungen, an denen stickstoffbindende Arten (Leguminosen) beteiligt sind. Dies bedeutet im Umkehrschluss: für den gleichen Ertrag braucht es beim Monokultur-Anbau mehr Fläche als beim Mischanbau.

Diese Versuche machen aber auch deutlich, wie unterschiedlich die einzelnen Baumarten je nach Standort auf Beimischungen reagieren. In der Regel führen nur Kombinationen von Arten mit sich ergänzenden Eigenschaften zu besseren Ergebnissen. Zudem zeigt sich, dass die Vorteile für eine Funktion auch mit Nachteilen für andere Funktionen verbunden sein können. Es bleibt also schwierig, Mischungseffekte standorts- und funktionenbezogen vorherzusagen (Abb. 5).

Mechanismen von Mischungseffekten

Dennoch lassen sich schon jetzt Mechanismen ausmachen, die den immer wieder zu beobachteten Mischungseffekten zugrunde liegen. Eine direkte Messung dieser Effekte bleibt aber oft noch schwierig. Verschiedene Arten können aufgrund ihrer unterschiedlichen Ansprüche und Wuchsformen Licht, Wasser und Nährstoffe oftmals besser ausnutzen als eine Art alleine, wodurch die Wuchsleistung des Gesamtsystems sich erhöhen kann. Dies hatte schon von Cotta beschrieben. Prinzipiell können Ressourcen räumlich (Tief- und Flachwurzler) oder zeitlich (jahreszeitlicher Wuchsverlauf) getrennt genutzt werden. Aber auch eine bodenchemische Einnischung ist vorstellbar, wenn z.B. die beteiligten Baumarten (bzw. ihre Mykorrhiza-Partner) jeweils Ammonium-, Nitrat- oder organische Stickstoff-Ernährung bevorzugen. Klassische Beispiele sind Mischungen aus Licht- und Schattbaumarten, aus tief- und flachwurzelnden Arten oder aus Arten früher und später Sukzessionsstadien bzw. sich schnell und langsam entwickelnder Arten [10, 11, 29]. In Agroforst-Systemen werden solche sich ergänzende Arten ebenfalls kombiniert.

Wichtige Nährstoffe können in Mischun­gen aber auch in größerer Menge bzw. in kürzerer Zeit verfügbar sein [30]: So können Streufall und -zersetzung sowie die nachfolgende Mineralisierung durch unterschiedliche Streuquantität und -qualität in Mischungen erhöht sein. Gleichzeitig können sich durch die stärker verflochtenen Nährstoffkreisläufe auch Auswaschungs- oder Erosionsverluste reduzieren. Schließlich können Nährstoffe dem Boden durch erhöhte Gesteinsverwitterung, atmosphärische Einträge oder Stickstoff-Fixierung zugeführt werden. Positive Mischungseffekte hierzu sind bislang nur durch beigemischte Leguminosen gut dokumentiert. Doch insgesamt lässt die aktuelle Datenlage kein einheitliches Bild zu.

Ausblick

Obwohl wir also ein beinahe enzyklopädisches Wissen über unsere Wälder und die sie aufbauenden Organismen angesammelt haben, sind wir von einer allgemeinen und gut fundierten Theorie zu den Wirkungen und Ursachen von Baumarten-Mischungen noch weit entfernt: die Frage nach der funktionalen Bedeutung der Bio­diversität ist also noch erstaunlich offen [32]. Für die Forschung stellt sich daher die aktuelle Herausforderung, die Rolle der biologischen Vielfalt im Wald für das "Funktionieren" von Ökosystemen und ihrer Güter und Leistungen zu quantifizieren. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Entschlüsselung der Ursachen und Mechanismen von Mischungs- oder Diversitätseffekten und auf die gleichzeitige Betrachtung verschiedener Wald- bzw. Ökosystemfunktionen gelegt werden.

Literatur

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