Verschiedene menschliche Aktivitäten bedrohen die Biodiversität unserer Erde. Dabei nehmen forstwirtschaftliche Maßnahmen einen der vorderen Plätze ein. Jedoch ist Forstwirtschaft global etwas völlig anderes als unser heimatliches Leitbild einer naturnahen Waldbewirtschaftung. Weltweit überwiegt die gedankliche Trennung von Holzproduktionsflächen und geschützten Wäldern. Vertreter der mitteleuropäisch geprägten ganzheitlichen Forstwirtschaft gelten da eher als Einzelkämpfer.

Biodiversität – weltweit bedroht

Forstleute und Waldbesitzer stoßen mit ihren Vorstellungen zur Waldbewirtschaftung nicht immer automatisch auf Zustimmung. Sie müssen erklären, warum sie es für sinnvoll halten, mit dem Wald anders umzugehen, als es weltweit gängige Praxis ist. Warum ist bei uns hinsichtlich der Biodiversität die pflegliche Nutzung des Waldes geboten und nicht die großflächige Stilllegung immer neuer Waldgebiete? Dies schränkt den Wert und die Aufgaben der zahlreichen schon vorhandenen Schutzgebiete keineswegs ein. Es rechtfertigt aber, über die ständigen Forderungen nach deren Ausweitung gut nachzudenken.

Wer bedroht denn nun die Biodiversität in den Wäldern der Erde? Nur vordergründig kann die Antwort lauten: Forst- und Holzwirtschaft. Tatsächlich ist es die globale Nachfrage nach Produkten aus dem Wald oder aus ehemaligen Waldflächen. Also die Nachfrage nach Holz und Holzprodukten, nach Lebensmitteln und erneuerbaren (Energie-) Rohstoffen zum niedrigsten Preis. Einer Lösung können wir nur in einem weltweiten Ansatz näher kommen.

Unterschiedliche Ausgangslagen

Die Epoche der ungeregelten Ausbeutung, der großflächigen Rodung, der Umwandlung in Weide- und Ackerland liegt in unserem Land viele Jahrhunderte zurück. Aus Sorge um die Unersetzlichkeit des Waldes als Lebens- und Wirtschaftsgrundlage wurden schon seit langem Regeln zur Erhaltung und zum Schutz der verbliebenen Wälder entworfen. Der Wiederaufbau unserer Wälder nach Übernutzung und Zerstörung war ein Jahrhundertprozess, der bis heute nicht abgeschlossen ist. In vielen Teilen der Welt ist das anders, weshalb es auch kein weltweites Einheitsrezept geben kann.

Im Gegensatz zu vielen Waldformationen in anderen Weltteilen sind unsere Naturwälder robust. Sie tolerieren die menschliche Nutzung und heilen sogar Überbeanspruchung wieder aus. Viele tropische Wälder werden dagegen aufgrund von Holzeinschlag leicht zerstört. Und mit den Baumbeständen gehen oft auch die Böden unwiederbringlich verloren. Wir haben nur ganz wenige derart empfindliche Standorte und Lagen. Daher wäre es global unsolidarisch, unsere gut nutzbaren Wälder stillzulegen und weiterhin die Erzeugnisse hochsensibler Ökosysteme zu verbrauchen.

Biodiversität braucht Fläche

Neue Totalschutzgebiete müssen zwangsläufig mit intensivierter Nutzung an anderer Stelle bezahlt werden. Viel besser ist eine flächendeckende naturnahe Forstwirtschaft. Dies ist allerdings ein anspruchsvolles Konzept. Der Weg von den Fichten- und Kiefernbeständen der Bodenreinertrags-Ära zu altersdifferenzierten Mischwäldern ist generationenlang. Auf jedem Stück dieses Weges werden unsere Wälder bunter und vielfältiger. Wer aber den Waldumbau voranbringen und die Biodiversität damit verbessern will, darf sich nicht gegen die Nutzung auch reifer Laubbäume aussprechen. Morsche Alt- und Horstbäume bleiben in naturnah bewirtschafteten Wäldern ohnehin stehen. Ein Nutzungsverhalten, wie es dem Konzept naturnaher Forstwirtschaft entspricht, gälte im Übrigen in vielen Ländern der Erde eher als Reservats- denn als Wirtschaftskonzept.

In der städtischen Öffentlichkeit wird allerdings der Waldzustand weit schlechter eingeschätzt als er ist. So mancher behauptet gar zukunftsfähige Forstwirtschaft sei industriell. So machen wir die heimische Forstwirtschaft bei unseren Mitbürgern nicht populär.

Leitbild "Wald" setzt auf naturnahe Forstwirtschaft

Auch wenn international die Trennung zwischen Nutz- und Schutzwald voranschreitet, sollten wir dem nicht folgen. Für uns ist der Schutz durch pflegliches Nutzen der bessere Weg. Die Forstwirtschaft dient damit Klimaschutz und Biodiversität, aber auch menschlichen Lebensgrundlagen und globaler Gerechtigkeit. Ausreichend Alt- und Totholz, Habitatbaumgruppen und seltene Altbestände bleiben auch im Wirtschaftswald dauerhaft erhalten. Mit dem Leitbild Wald statt Holzplantage überleben auch in den bewirtschafteten Wäldern die Arten und Lebensgemeinschaften der Alters- und Zerfallsphase des Waldes, die in Forstplantagen zwangsläufig fehlen.

Schalenwild und Artenvielfalt

Zu viel Schalenwild schadet einem artenreichen Wald. Nicht nur die Baumschicht, sondern auch die Strauch- und Krautschicht verarmen. Das hat für das gesamte Ökosystem schwerwiegende Folgen, auch für Pilze, Insekten, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere. Zu den Folgen aus das Gesamtsystem Wald, seine Gesundheit und Reaktionsfähigkeit bei Schadeinwirkungen, kommen noch gewaltige Kosten für Schutzmaßnahmen und Kunstverjüngungen hinzu. Es geht also um artenreiche Wildbestände und nicht um zahlreiches Schalenwild. Nicht das Rehwild, sondern die Tanne ist aus großen Teilen ihres ehemaligen Verbreitungsgebietes verschwunden.

Handlungsbedarf

Das integrative Konzept hat aber keine Chance, wenn die Meinungshoheit zu Wald und Forstwirtschaft in unserem Land weitern den Stilllegungsverfechtern überlassen wird. Waldbesitzer und Forstbetriebe müssen ordentlich arbeiten, aber unseren Mitbürgern auch laufend zeigen, wie es wirklich im Wald aussieht. Das heißt, auch zu Fehlern zu stehen und sie abzustellen, statt sie wegdiskutieren zu wollen. Öffentlichkeitsarbeit und Waldpädagogik müssen unseren Mitbürgern den Wald näher bringen. Kinder sollen den Wald selbst erleben. Wer unseren naturnahen Wirtschaftswald als reichen Lebens- und ästhetisch schönen Erholungsraum selbst erlebt, dem wird man keinen fundmentalen Gegensatz zwischen Schutz und Nutzung mehr weismachen können.