Durch die Klimaerwärmung bekommen die seltenen Baumarten eine immer größere Bedeutung beim Waldumbau. Viele haben eine positive Prognose und können zur Stabilisierung der Waldbestände als Mischbaumarten genutzt werden. Gleichzeitig kann ein wertvoller Beitrag zur Förderung der Biodiversität im Wald geleistet werden. In diesem Sinne galt es für die nach deutschem Naturschutzrecht besonders geschützte Eibe, die Hauptvorkommen in Bayern genetisch zu charakterisieren und Erhaltungsmöglichkeiten für diese ökologisch besonders wertvolle Baumart aufzuzeigen. In Deutschland und Bayern wird die Eibe in der Roten Liste geführt. Alle wild lebenden Eibenpopulationen sind besonders geschützt und eine wirtschaftliche Nutzung dieser Bestände ist ausgeschlossen. Für die Beerntung müssen Ausnahmegenehmigungen der oberen Naturschutzbehörden eingeholt werden. Die Bedeutung liegt hier in der ökologischen Anreicherung der Wälder und in der Sicherung und Förderung der genetischen Vielfalt.
Zur Verbreitung der Eibe
Die Eibe (Taxus baccata) kommt in Europa von Spanien im Westen bis in den Norden des Iran am Kaspischen Meer vor. Die nördliche Grenze ihrer Verbreitung liegt im südlichen Norwegen und Schweden. Im Süden kommt sie noch im Atlasgebirge und in Griechenland vor.
Weitere Vorkommen liegen auf den Britischen Inseln, Korsika, Sardinien, Sizilien und Gotland (Abb. 2). Die Eibe hat eine sehr breite ökologische Amplitude, bevorzugt ein ozeanisch geprägtes Klima und verträgt keine tiefen Wintertemperaturen (Januar–Isotherme -5 °C). Im Klimawandel wird die Eibe als gut geeignete Baumart für trockene bis sehr trockene Standorte eingestuft.
In Bayern gibt es drei natürliche Verbreitungsschwerpunkte: auf der Frankenalb und im Oberpfälzer Jura, im Bayerischen Wald, in den Alpen und im Alpenvorland (Abb. 3). Vorkommen außerhalb dieser Regionen sind meist Anpflanzungen oder verwilderte Gartenformen. Im Bayerischen Wald steigt die Eibe bis 1.100 m ü. NN, in den bayerischen Alpen bis 1.330 m ü. NN. Da sie langsam wächst, ein weitreichendes Wurzelwerk ausbildet, Baumhöhen bis knapp über 20 m sowie einen Brusthöhendurchmesser (BHD) bis zu 60 cm erreicht und eine sehr weite Standortamplitude besitzt, kann sie potenziell auf sehr vielen Standorten vorkommen. Aufgrund von mehreren Faktoren (z. B. Giftigkeit für Pferde, Material für Langbogenbau) wurde sie in den letzten 500 Jahren stark zurückgedrängt und zum Teil isoliert. Aktuell besiedelt sie bevorzugt kalkreiche Böden (v. a. auf Tuffgestein) mit guter Wasserversorgung (Alpen, Jura).
Durch ihr intensives Wurzelwerk und durch ihre geringeren Baumhöhen ist die Eibe weniger anfällig gegenüber Stürmen oder Trockenheit. Mit ihrer sehr hohen Schattentoleranz kann sie auch unter einem Buchenschirm gut überdauern. Die Verbreitung der Eibe ist v. a. durch schlagweise Wirtschaftsformen und den Wildverbiss gefährdet.
Untersuchung der bayerischen Eibenvorkommen
Für die Baumart Eibe sind in einem BLE-Projekt aus 2013 insgesamt 128 Vorkommen in Bayern kartiert worden. Zwischen September 2018 und Februar 2019 wurden von diesen Vorkommen 48 bereist, beschrieben und auf folgende Eigenschaften hin überprüft:
- die Population soll möglichst stammzahlreich sein
- die räumliche Verteilung der ausgesuchten Populationen soll die natürliche Verbreitung widerspiegeln
- die Eiben sollen vital und gut erreichbar für eine mögliche Beerntung sein
- die Eiben sollen autochthon sein; Pflanzungen und Gartenformen sind zu vermeiden
16 dieser Vorkommen wurden im Zeitraum Februar bis April 2019 durch die Gewinnung von Knospen in Winterruhe einer Beprobung unterzogen. Für die Beprobung wurden Ausnahmegenehmigungen der höheren Naturschutzbehörden des jeweiligen Regierungsbezirks eingeholt.
Die meisten Bestände, in denen die Eibe vorkommt, sind etwas abgelegen, schwer zugänglich und meist extensiv bewirtschaftet. Die Eibe steht immer im Unter- und Zwischenstand und bildet selten eine eigene Schicht.
Auch unter einem geschlossenen Buchenschirm wirkt sie ausreichend vital, fruktifiziert aber entsprechend schwächer als mit einer guten Belichtung. Zahlreiche Stammschäden aus Fällungen, Steinschlägen oder Schälschäden verheilen gut und scheinen ihre Vitalität und Widerstandskraft nicht zu beeinträchtigen. Das hohe Ausschlagsvermögen, der langsame Wuchs (enge Jahrringe, Holzhärte) und das hohe Alter lassen sie unverwüstlich erscheinen, was auch in der Mythologie ihren Niederschlag findet. Berichte aus Eiben-Reliktwäldern (Schweiz, Iran) deuten an, dass die Eibe sehr annehmbare Stammqualitäten ausbilden kann und sich durch Vollholzigkeit, Astreinheit und geraden Wuchs auszeichnet.
In einigen beprobten Beständen wird auf den Erhalt und die Pflege der Eibe Wert gelegt. Hier findet man dementsprechend gute und vor allem vitale Exemplare sowie eine ausreichende Verjüngung. Eine langfristige Gefährdung der Eibe in Bayern ergibt sich oft durch mangelnde Naturverjüngung, schwierige Nachzucht durch Keimhemmung und die späte Mannbarkeit im Alter von 70 bis 120 Jahren im Bestand. Die natürliche Verjüngung kann sich auf der Fläche nicht etablieren. Es gibt starke Hinweise, dass die Ursache des Verschwindens der Eibensämlinge im Verbiss durch das Schalenwild liegt. Die Präferenz für die seltenen und vermutlich medizinisch wirkenden Eibennadeln ist zu stark, sodass auch versteckte Eibensämlinge gefunden und abgeäst werden. Die medizinische Wirkung ergibt sich bei geringer Dosierung des Eibengiftes aus der Wirksamkeit der Eibennadeln gegen Magen- und Darmparasiten.
In Forstrevieren, in denen der Jagddruck bekanntermaßen hoch ist, findet man ausreichend Verjüngung der natürlich vorkommenden Baumarten und der Tanne. Die dunkleren Verjüngungszonen der Tanne sind mit zahlreichen Eiben durchsetzt, die im Höhenwuchs mit der Tanne noch mithalten können. Auf den meisten anderen Untersuchungsflächen können vorhandene Eibensämlinge nur groß werden, wenn sie auf Sonderstandorten wachsen, die vom Schalenwild nicht erreicht oder gemieden werden wie z. B. Felsen, Spalten, steile Bereiche, Wanderwege oder Quellaustritte (Tuffgestein, s. Abb. 4).
Genetische Variation der Eibenvorkommen
Im Rahmen des Projekts wurden 19 Eibenvorkommen für genetische Untersuchungen ausgewählt (Abb. 3). Die genetische Charakterisierung soll einen Überblick über die genetische Variabilität ermöglichen sowie räumlich-genetische Muster in Bayern aufzeigen. Daraus sollen Empfehlungen für Maßnahmen zur Erhaltung dieser bedrohten Baumart abgeleitet werden.
Insgesamt wurden an den untersuchten Genorten 41 Genvarianten (Allele) nachgewiesen. Zwei der 13 untersuchten Genorte (AAT-A und MDH-C) waren in allen Beständen monomorph. Die Unterschiede in den Allelhäufigkeiten zwischen den untersuchten Populationen sind als sehr hoch einzuschätzen. Dies ist ein wichtiger Hinweis auf die große genetische Verschiedenheit der Eibe in Bayern.
Die genetische Vielfalt, d. h. die mittlere Anzahl der Genvarianten je Genort, variiert in den Eibenvorkommen zwischen 2,15 (6 = Neutal; 14 = Au; 15 = Ruhpolding; 18 = Tegernsee; 19 = Sigmarszell) und 2,46 (1 = Schammendorf; 4 = Schloss Neidstein; 10 = Landshut; s. Abb. 5). Diese Unterschiede sind als nicht sehr hoch einzuschätzen. Auch die mittlere Anzahl von Allelen (Ne) ist zwischen 1,36 (8 = Zandt) und 1,79 (10 = Landshut) nur mäßig unterschiedlich. Demgegenüber ist die genetische Diversität mit einer Spreitung bei Vgam zwischen 33,01 (8 = Zandt) und 773,65 (10 = Landshut) stark unterschiedlich. Die F-Werte sind bis auf wenige Ausnahmen nahe Null, d. h., Inzuchteffekte können ausgeschlossen werden.
Die Verteilung der genetischen Variation ist aufgeteilt auf 9 % zwischen den Populationen und 91 % innerhalb der Populationen. Der Wert von 9 % ist relativ hoch für eine windbestäubte Baumart. Die großen genetischen Abstände zwischen den Beständen sind auch bei Untersuchungen zu sächsischen und thüringischen Eibenvorkommen herausgekommen.
Am wenigsten differenziert und damit am repräsentativsten für den Gesamtpool sind die Bestände 11 = Paterzell, 13 = Siegsdorf und 17 = Karlstein. In Verbindung mit der doch recht hohen Diversität in diesen Vorkommen erscheinen sie für die Erhaltung der Genressourcen dieser Baumart neben den Vorkommen aus 10 = Landshut und 16 = Bichl sehr gut geeignet.
Räumlich-genetische Struktur zur Herkunftsgebiets-Abgrenzung
Mit modellbasierten Clusterverfahren wurde ein maximaler deltaK-Wert von rund 5,39 bei einem Gruppierungswert von 3 erreicht. Demnach können die 19 Populationen höchstwahrscheinlich in drei Gruppen eingeteilt werden.
Die drei Farben in Abb. 6 geben die verschiedenen Cluster wieder. Eine eindeutige geografische Zugehörigkeit der einzelnen Populationen zu einer der drei ermittelten Gruppen kann nicht festgestellt werden. Es wird deshalb empfohlen, nur ein Herkunftsgebiet für Taxus baccata in Bayern auszuweisen.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Eibe gehört zu den seltenen und ökologisch wertvollen Baumarten in Bayern. Sie ist eine Rote-Liste Art, die als gefährdet gilt und nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) unter einem besonderen Schutz steht. In Bayern gibt es drei Hauptverbreitungsgebiete, die im Rahmen dieses Projekts untersucht wurden. Zahlreiche Einflussfaktoren wie Isolation, Keimhemmung, langsamer Wuchs und Verbiss stellen eine weitere Gefährdung der Eibenpopulationen dar. Zusätzlich ist eine Verfälschung des Genpools durch die vielerorts angebauten Gartenformen ein Faktor, der berücksichtigt werden sollte. Im Rahmen des bayerischen „Konzeptes zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung forstlicher Genressourcen in Bayern“ (2015) wird ein besonderes Augenmerk auf die Erhaltung und Nutzung seltener heimischer Baumarten wie der Eibe gerichtet:
- Bei der Anlage von Eibenpflanzungen sollten Gewinnung und Verwendung von geeignetem Vermehrungsgut eine zentrale Rolle spielen.
- Die Pflanzung von sogenannten Trittsteinpopulationen kann zum Genfluss und damit zu einer genetischen Aufwertung beitragen.
- Für die Beprobung und Beerntung müssen Ausnahmegenehmigungen der oberen Naturschutzbehörden eingeholt werden.
Das Vermehrungsgut aus den hier empfohlenen Erntebeständen kann neben der forstlichen Verwendung als gebietseigenes Pflanzmaterial Verwendung finden. Im Rahmen des Projekts werden 17 Populationen als Erntebestände vorgeschlagen. Daneben werden 11 besonders erhaltungswürdige Eibenpopulationen als Erhaltungsbestände vorgeschlagen. Neben der dynamischen In-situ-Erhaltung wird bei der Eibe eine Ex-situ-Erhaltung durch langfristige Saatguteinlagerung und die Anlage einer Samenplantage angestrebt. Die ersten 19 Plusbäume wurden bereits ausgewählt. Die Anzahl an Plusbäumen sollte durch eine weitere Auswahl auf mindestens 60 gesteigert werden. Bei der Anlage von Samenplantagen sollte auf das ausgewogene Verhältnis von weiblichen und männlichen Eiben geachtet werden.
Am Bayerischen Amt für Waldgenetik (AWG) in Teisendorf wurden im Rahmen des Projektes P34 bayerische Vorkommen der seltenen Baumarten Flatterulme, Feldahorn, Speierling und Eibe auf ihre genetischen Vielfältigkeitsparameter untersucht. Da diese Arten nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz unterliegen, war das Ziel, mögliche räumlich-genetische Strukturen zu identifizieren und auf dieser Grundlage potenzielle Herkunftsgebiete vorzuschlagen. Anschließend sollten geeignete Bestände zur Erhaltung und Nutzung ausgewählt werden, um so die Erntebasis zu erweitern.