Bei der Sicherung und Nutzung forstlicher Genressourcen in Bayern wird ein besonderer Fokus auf seltene autochthone Baumarten gelegt. Gerade bei diesen Baumarten sollte das Augenmerk auf die Verwendung von geeignetem Vermehrungsgut aus Beständen mit einer hohen Anpassungsfähigkeit gerichtet werden.
Das Projekt P34 – "Erarbeitung von Herkunftsempfehlungen und Verbesserung der Erntebasis für Feldahorn, Flatterulme, Speierling und Eibe in Bayern auf genetischer Grundlage" hat das Ziel, die Versorgung mit geeignetem forstlichem Vermehrungsgut bei den vier Projekt-Baumarten sicherzustellen und die Erhaltung der forstlichen Genressourcen zu fördern. Die heimischen Ulmenarten unterliegen nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG). Deswegen sind die Erzeugung und das Inverkehrbringen von Pflanzen und Saatgut nicht abschließend geregelt. Das angebotene Pflanzenmaterial kann aus unbekannten Quellen stammen mit der Gefahr, dass bei der Beerntung nicht auf die üblichen Qualitäts- und Vitalitätsmerkmale sowie auf eine ausreichende Anzahl der beernteten Bäume geachtet wurde.
Durch die Festlegung von Saatgutbeständen analog zu den Baumarten, die dem FoVG unterliegen, wird die Erntebasis für die vier in diesem Projekt bearbeiteten Baumarten verbessert. Die Versorgung der Waldbesitzer mit geeignetem forstlichen Vermehrungsgut seltener heimischer Baumarten für künstliche Verjüngungsmaßnahmen ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einbringung dieser Baumarten. Die Erfassung und Neubewertung von Vorkommen in den natürlichen Hauptverbreitungsgebieten und der Vergleich der verschiedenen Populationen untereinander ermöglichen die Erstellung von sogenannten genetischen Landkarten. Dafür erfolgten eine phänotypische Auswahl von potenziellen Erntebeständen, die Beprobung und genetische Charakterisierung dieser Vorkommen und die Ausweisung von möglichen Herkunftsgebieten anhand von räumlich-genetischen Strukturen.
Wichtige Kriterien für diese Auswahl waren die Qualität und Vitalität sowie eine ausreichende Anzahl an beerntbaren Bäumen. In einem weiteren Schritt wird die Auswahl von Generhaltungsbeständen und die Anlage von Samenplantagen ausgearbeitet, um einerseits wertvolle Genressourcen zu sichern und andererseits hochwertiges Saatgut bereitzustellen.
Die Ulmenarten
Alle drei Ulmenarten (Berg-, Feld- und Flatterulme) weisen in Mitteleuropa ein großes natürliches Verbreitungsgebiet auf und decken unterschiedliche Standorts- und Umweltbedingungen ab.
Die Flatterulme (Ulmus laevis) hat ein großes natürliches Verbreitungsgebiet in Europa, von den Pyrenäen im Westen bis zu ihrer östlichen Verbreitungsgrenze, dem Ural. In Nord-Süd-Richtung erstreckt sie sich vom südlichen Ende Finnlands bis in den Norden von Griechenland (Abb. 3). Das Hauptverbreitungsgebiet befindet sich in den gemäßigt-kontinentalen eichenreichen Laubwäldern der Tieflagen Osteuropas, wo sie sehr häufig und auch in größeren Gruppen zu finden ist.
In Bayern ist die Flatterulme relativ selten. Sie kommt von den nördlichen Bereichen Unterfrankens bis zum Voralpenland vor. Dort und in den Mittelgebirgen steigt sie aber nicht höher als 600 m ü. NN. Sie ist eine typische Mischbaumart sommerwarmer Lagen entlang größerer Flüsse wie Main, Rhein oder Donau. Dort kommt sie in Au- und Bruchwäldern einzeln und in kleinen Gruppen vor. Wegen ihrer vergleichsweise geringeren Nährstoffansprüche kann sie auch leichte Sandböden oder Niedermoore besiedeln. Dazu kann sie auf Gleyböden mit ihrem ausgeprägtem Senker-/Herzwurzelsystem als Halbschattbaumart eine hohe Konkurrenzkraft entwickeln und bis zu 40 Meter hoch werden. Der Flatterulmensamen benötigt viel Feuchtigkeit und Rohbodenverhältnisse zum Keimen.
Mögliche Gefährdung
Eine potenzielle Gefahr für die heimischen Ulmenarten stellt das Ulmensterben dar, verursacht durch den Pilz Ophiostoma novo-ulmi, der in den 1930er- und 1970er-Jahren in zwei Wellen vor allem Berg- und Feldulmen stark dezimiert hat. Die Flatterulme ist nach zahlreichen Feldbeobachtungen aus ganz Europa weniger anfällig für diesen Pilz. Das liegt zum einen an der Präferenz der Vektoren, namentlich einiger Ulmensplintkäferarten. Diese fliegen bevorzugt die beiden anderen Ulmenarten an, da die Flatterulme aufgrund ihrer Rindenstruktur und ihrer Rindeninhaltsstoffe zunächst gemieden wird. Zum anderen besitzt sie eine gewisse Resistenz gegenüber dem Pilz, die variieren kann und mit dem Alter zunimmt.
Trotzdem wäre es waldbaulich riskant, alle drei Ulmenarten in einem Bestand zu führen. Die Gefahr, dass bei starken Ausbrüchen die Krankheit von benachbarten Feld- und Bergulmen auch auf die Flatterulme übergreift, ist nicht ausgeschlossen.
Artunterscheidung
Morphologische Differenzierung: Bei der Berg- und Feldulme kommt es zur Überschneidung von Merkmalen und der Ausprägung von natürlichen Hybriden, wodurch eine klare Differenzierung schwierig ist. Bei der Flatterulme sind ein klares Unterscheidungsmerkmal die Knospen. Diese zeigen sich bei der Flatterulme spitzkegelig und "geringelt", hervorgerufen durch eine hellbraune Einfärbung an den Schuppenrändern. Die graue Borke ist relativ dünn und glatt mit einer leichten Längsrissigkeit, wobei sich die Rindenschuppen konkav nach außen aufwölben können. Die äußeren Blattnerven verzweigen sich zum Blattrand hin nur selten, und dann nur im unteren Drittel des Blattes. So gut man die Flatterulme phänotypisch von den anderen beiden Ulmen unterscheiden kann, so gut kann man sie auch genotypisch voneinander trennen. Ulmus laevis steht der Amerikanischen Ulme (Ulmus americana) genetisch näher und bildet mit ihr eine eigene Verwandtschaftsgruppe (Sektion Blepharocarpus).
Genetische Differenzierung: Für die Auswahl geeigneter Vorkommen ist eine eindeutige Artbestimmung notwendig. Die Extraktion der DNA erfolgte aus Blättern nach der CTAB-Methode. Die genetischen Marker zur Artidentifizierung der Flatterulme wurden im Labor des Bayerischen Amts für Waldgenetik (AWG) etabliert. In einem ersten Schritt wurden 178 Proben (130 Flatterulmen aus drei Beständen, 24 Bergulmen einer Samenplantage, 24 Feldulmen aus einem Bestand) mittels 17 Kernmikrosatellitenmarker aus bereits existierenden Datenbanken getestet. Elf davon können für die Charakterisierung der Flatterulmenbestände und neun für die Artbestimmung verwendet werden. Mithilfe der Software STRUCTURE 2.3.4 wurde eine Bayes’sche Clusteranalyse der fünf Ulmenvorkommen durchgeführt und mittels der Software CLUMPAK dargestellt. Die Ergebnisse zeigten eindeutig zwei Cluster. Ein Cluster wird von den Berg- und Feldulmen (orange Felder, Abb. 5) und ein zweites Cluster von den Flatterulmen (blaue Felder) gebildet. Somit kann die Flatterulme genetisch eindeutig bestimmt werden. Die Berg- und Feldulme sind näher miteinander verwandt und werden bei der Annahme von zwei Genpools einem gemeinsamen Genpool zugeordnet. Für die Unterscheidung dieser beiden Arten sind zusätzliche Genmarker notwendig. Die phänotypisch und genetisch als Flatterulmen eingestuften Proben werden in weiterer Folge für die Charakterisierung der ausgewählten Vorkommen verwendet. Zusätzlich können die Marker im Rahmen der Herkunftskontrolle zur Artbestimmung verwendet werden.
Kartierung der Vorkommen und phänotypische Bewertung in Bayern
Die Hauptverbreitungsgebiete der Flatterulme in Bayern befinden sich entlang des Mains zwischen Nürnberg und Schweinfurt, entlang der Donau und der Isar. Es finden sich auch einzelne bis truppweise Vorkommen an den Voralpenflüssen und den weiteren Zuflüssen zur Donau, Regnitz, Pegnitz und Main. Die bevorzugten Standorte der Flatterulme sind grundwasserbeeinflusste Böden, Auenböden und anmoorige Böden. Die Flatterulme kann auf sehr vielen Standorten in Bayern angebaut werden, besonders auch auf schwierigen Böden wie Gleye oder Pseudogleye.
In den Hauptvorkommensgebieten der Flatterulme fanden auch die meisten Beprobungen statt. Zudem konnten in einigen Randgebieten (Voralpenland, Fränkischer Keuper/Ries, Bayerischer Wald) ebenfalls größere Populationen ausfindig gemacht werden. Es waren meist mehr Individuen zu finden, als zuvor erwartet wurden oder dokumentiert waren. Eine Ursache dafür könnte sein, dass die Flatterulme, vor allem in der Jugend und wegen ihrer Seltenheit leicht übersehen oder verwechselt wird.
Als typische Baumart der Alno-Ulmion-Gesellschaft kommt Ulmus laevis auf den grundwasserbeeinflussten Böden mit periodischen Überschwemmungen vor. Hier hat sie eine starke Konkurrenzkraft, auch wegen ihrer Fähigkeit, lange Phasen von Überflutungen über 100 Tage zu ertragen. Sie bildet dann auch häufiger Brettwurzeln aus, die ihr und dem Bestandesgefüge zusätzliche Stabilität verleihen.
Nach Hochwasserereignissen herrschen diese speziellen Rohbodensituationen, die die Flatterulmensamen zum Keimen benötigen ("Katastrophenkeimer"). Durch Verbauungen, Begradigungen oder weitere Störungen gehen diese wichtigen Standortbedingungen verloren und somit auch die Möglichkeiten für die Flatterulme, sich zu verjüngen und zu verbreiten. Im Rahmen des Projekts P34 wurden 18 größere Flatterulmenvorkommen in Bayern ausgewählt und genetisch analysiert. Um eine sogenannte genetische Landkarte zu erstellen und für nachfolgende Bewertungen eine gute Grundlage zu schaffen, wurden im Hauptverbreitungsgebiet in Abhängigkeit von der Flächengröße rasterförmig und repräsentativ Beprobungen durchgeführt (Abb. 6). Die genetische Analyse kann Aussagen darüber treffen, ob sich bestimmte Vorkommen als Erntebestände oder auch als Generhaltungsbestände eignen. Deshalb kamen bei der Vorauswahl der Bestände folgende Auswahlkriterien zum Einsatz:
- Die Ulmen sollten eine gute bis sehr gute Vitalität und Qualität aufweisen.
- Es sollten wenigstens 20 Individuen vorhanden sein; je mehr reproduzierende Bäume vorhanden sind, desto mehr genetische Kombinationsmöglichkeiten ergeben sich.
- Eine ausreichende Fruktifikation ist bereits erreicht (Alter, Dimension, Kronengröße).
- Eine gute Erschließung und Beerntbarkeit des Bestandes ist gegeben.
- Der Abstand zu schlecht veranlagten Individuen sollte mehr als 400 m betragen.
- Die Vorkommen sollten autochthon oder bekannten Ursprungs sein.
Es sollten nach Möglichkeit 50 Bäume ausgewählt werden, wodurch sich eine gute Absicherung der Aussagen ergibt.
Genetische Ausstattung
Studien zur genetischen Variation der Flatterulme über ganz Europa zeigen eine verhältnismäßig geringe genetische Variation auf. Die durchgeführten Laboranalysen in Bayern zeigen bei den untersuchten Populationen ebenfalls eine geringe genetische Vielfalt. Die Anzahl der Allele (Na) schwankte zwischen 2 (Population "2-Eitting") und 3,83 (Population "1- Ernsgaden"). Die Anzahl der effektiven Allele (Ne) schwankte zwischen 1,60 (Population "2-Eitting") und 2,11 (Population "17-Frankenwinheim") mit einem Gesamtmittelwert von Ne = 1,77. Die Heterozygotie (He) war in allen untersuchten Populationen ebenfalls nicht sehr hoch (Mittelwert = 0,34). Die allelische Vielfalt (Ar) schwankte zwischen 1,94 (Population "2-Eitting") und 3,54 (Population "1-Ernsgaden"). Insgesamt waren 15 Privatallele vorhanden, die sich über die Populationen verteilten. Die höchste Anzahl an privaten Allelen wurde in den Populationen "17-Frankenwinheim" (Npriv = 4) und "1-Ernsgaden" (Npriv = 3) identifiziert (Tab. 2). Der Inzuchtkoeffizient (FIS) variierte von -0,246 (Population "5-Grafrath") bis 0,113 (Population "3-Surheim") (Tab. 2).
Räumlich-genetische Strukturen und die Ausweisung möglicher Erntebestände
Die Analyse der molekularen Varianz (AMOVA) zeigte, dass 89 % der gesamten genetischen Variation innerhalb der Populationen und 11 % zwischen den Populationen zu finden waren. Vergleicht man diesen Wert mit Werten von untersuchten Populationen der Hauptbaumarten, ist der Wert fast doppelt so hoch und kann als erster Hinweis für eine Isolierung der einzelnen Populationen gewertet werden. Die Bayes’sche Clusteranalyse mit der Software STRUCTURE ergab eine mögliche Struktur von vier genetischen Clustern (höchstes Delta K von 6,5 lag bei K = 4, was auf vier genetische Gruppen hinweist) innerhalb der untersuchten Flatterulmenpopulationen in Bayern (Abb. 7). Dabei sind zwei größere Cluster (Main und Donau) mit mehreren Populationen vertreten und zwei kleinere, die an Nebenflüssen der Donau vorkommen, identifiziert worden. Nach dieser Einteilung wird das erste Cluster K1 (höchster Anteil an grün) hauptsächlich im Norden Bayerns identifiziert (fünf Populationen). Die meisten Populationen, die diesen Cluster bilden, können dem Flusssystem des Mains zugeordnet werden. Das zweite große Cluster K4 (höchster Anteil an blau) wurde in zentralen Teilen von Bayern entlang der Donau gefunden (sechs Populationen). Die zwei Sub-Cluster (K2 und K3) waren unausgewogen verteilt (höchster Anteil von orangem K2 und größter Anteil von violettem K3) und wurden in der Nähe der Donau oder im Süden Bayerns identifiziert. In allen untersuchten Populationen wurde jedoch eine Beimischung von anderen genetischen Clustern gefunden (Abb. 8).
Für die Ausweisung von Saatguterntebeständen wird die mittlere Anzahl an effektiven Allelen Ne herangezogen. Dieser Wert steht für die genetische Diversität innerhalb einer Population und bezieht die Häufigkeitsverteilung der Allele mit ein. Die untersuchten Populationen wurden in drei Kategorien eingeteilt. Populationen der Flatterulme, die einen Wert von über 1,8 aufweisen, werden als besonders geeignet für eine Beerntung eingestuft (acht Populationen). Populationen mit einem Wert von 1,65 bis 1,8 werden als geeignet bewertet und können als Erntebestände genutzt werden (sechs Populationen). Populationen mit einem Wert unter 1,65 werden als ungeeignet eingestuft und sollten nur in Ausnahmenfällen beerntet werden. Bei einer günstigen Kombination der genetischen Diversität Ne und der allelischen Vielfalt Ar kann bei einer Auswahl von mindestens 30 Bäumen, die über das ganze Vorkommen verteilt sind, eine Saatguternte durchgeführt werden. Bei den untersuchten Populationen trifft das nur bei dem Vorkommen "3-Surheim" zu. Die drei Populationen, die im Rahmen dieser Erhebung von den zuständigen Revierleitern als Pflanzungen angegeben wurden, weisen alle bei den genetischen Parametern (Ne und Ar) geringe Werte auf. Für die Beerntung von seltenen Baumarten wird daher folgende Priorisierung vorgenommen:
- Beerntung einer hohen Anzahl von Bäumen einer Waldpopulation (mind. 30),
- große räumliche Verteilung der zu beerntenden Bäume innerhalb der Waldpopulation,
- hohe genetische Diversität der beernteten Population (Erntebestand),
- hohe allelische Vielfalt der beernteten Population (Erntebestand).
Bei jeder neuen Pflanzung sollte dieses Vorgehen berücksichtigt werden, da diese neu begründeten Kulturen in der Zukunft als mögliche Erntebestände genutzt werden können. Eine besondere Bedeutung hat die Dokumentation des verwendeten Materials, damit auch in 50 Jahren nachvollzogen werden kann, wie diese Bestände entstanden sind. Die Beerntung und Verwendung des Pflanzmaterials, das in den jeweiligen Erntebeständen gewonnen wird, sollte aus genetischer Sicht innerhalb der jeweiligen Hauptcluster (K1 und K4) erfolgen.
Erhaltungsbestandsausweisung und Anlage von Erhaltungssamenplantagen
Die Verwendung von geeignetem Vermehrungsgut ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung von erhaltungswürdigen Genressourcen. Im Rahmen des bayerischen Generhaltungskonzepts werden zwei Generhaltungsmaßnahmen angewendet. Als eine dynamische Maßnahme wird die Sicherung der forstlichen Genressourcen an dem Standort des Vorkommens (in situ) gefördert. Als statische Maßnahme wird die Sicherung der forstlichen Genressourcen in Genbanken oder die Anlage von Erhaltungssamenplantagen bzw. Erhaltungsbeständen (ex situ) vorgenommen, wenn die Genressource nicht vor Ort gesichert werden kann.
Bei der Flatterulme ist die In-situ-Sicherung das favorisierte Verfahren. Durch den Rückgang von geeigneten Lebensräumen wurde das natürliche Verbreitungsgebiet stark fragmentiert. Für die zukünftige Verwendung sollten die zwei ausgewiesenen Hauptcluster berücksichtigt werden, damit der vorhandene Genpool nicht verfälscht wird. Die allelische Vielfalt wird als wichtigster Maßstab für die Erhaltung forstlicher Maßnahmen herangezogen und wird hier in drei Kategorien eingeteilt. Populationsgenetiker empfehlen den Wert "allelic richness" (allelische Vielfalt Ar) als besten Weiser für die Auswahl von Generhaltungsbeständen. Dabei werden Flatterulmen-Populationen mit einem Wert über 3 als besonders geeignet bewertet. Um diese wertvollen Populationen zu sichern, sollte die Verjüngung nur mit dem bestandeseigenen Vermehrungsgut vorgenommen werden (fünf Populationen). Bei der zweiten Kategorie, die in forstgenetischer Hinsicht erhaltungswürdig ist, sollte das gleiche Vorgehen angewandt werden. Bei Populationen, die an der unteren Grenze dieses Wertes liegen, kann über eine Anreicherung aus diesen in Bezug auf die genetische Vielfalt höherwertigen Beständen nachgedacht werden. Populationen, die unter dem Grenzwert liegen, werden für die Erhaltung forstlicher Genressourcen nicht berücksichtigt. Neben den genetischen Vielfaltsparametern ist der Genfluss zwischen den Populationen besonders wichtig. Aus diesem Grund sollte langfristig über die Etablierung von Trittsteinpopulationen nachgedacht werden.
Bei den Ex-situ-Maßnahmen sollten Erhaltungssamenplantagen aufgebaut werden. Diese können gleichzeitig zur Produktion von qualitativ hochwertigem Vermehrungsgut genutzt werden.
Ausblick
Insgesamt wurden 18 Flatterulmen-Populationen in Bayern genotypisiert. Die beobachtete genetische Differenzierung zwischen diesen Populationen war stark und signifikant. Die geografische Gliederung war jedoch nicht so eindeutig. Sie lässt sich durch die ausgeprägte Ökologie der europäischen Flatterulme erklären, da sie in direktem Zusammenhang mit Flusssystemen, Auwäldern, unterschiedlichen Besiedlungsereignissen und menschlicher Einwirkung von Pflanzungen an neuen Standorten steht. Dennoch zeigte die Bayes’sche Clustering-Methode einige unterscheidbare geografische Muster von Flatterulmen-Populationen in Bayern. Auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse lassen sich daher zwei Haupt-Cluster differenzieren, die die Herkunftsgebiete der Flatterulme bilden:
Das erste Cluster ist mit dem Main und dessen Einzugsgebiet verbunden, das zweite Cluster direkt mit der Donau, ihren Auwäldern und ihrem Einzugsgebiet. Andere genetische Gruppen/Populationen können als Untergruppen südlich der Donau eingestuft werden. Bei einer späteren Berücksichtigung der Flatterulme bei Waldumbaumaßnahmen sollten die Gewinnung und Verwendung von geeignetem Vermehrungsgut eine zentrale Rolle spielen. Eine Verfälschung der ausgewiesenen genetischen Strukturen sollte vermieden werden. Für die Flatterulme werden mögliche Ernte- und Erhaltungsbestände vorgeschlagen. Die vorgeschlagenen Erntebestände werden in Anlehnung an die FoVG-Baumarten in das bayerische Erntezulassungsregister (EZR) aufgenommen. Zu den bereits vorhandenen Populationen wird der Aufbau einer Samenplantage in die Wege geleitet. Dafür wurden bereits mögliche Plusbäume ausgewählt und dokumentiert. Das produzierte Pflanzmaterial aus den Erntebeständen kann neben der forstlichen Verwendung als gebietseigenes Pflanzmaterial Verwendung finden. Bei Pflanzungen in der freien Landschaft – außerhalb des Waldes – darf nach § 40 BNatSchG ausschließlich gebietseigenes Pflanzmaterial ausgebracht werden.
Die Förderung des Projektes erfolgt durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.