Die Eiben im Fürstenwald sind zwischen 120 und 220 Jahre alt. Ihre Brusthöhendurchmesser sind unterschiedlich und schwanken zwischen rund 12 cm und 30 cm. Die Population umfasst etwa 250 Bäume, davon sind neun (4%) abgestorben. Es gibt genügend (59%) weibliche Bäume für die Samenproduktion und die Geschlechter sind gut untereinander gemischt, so dass die Befruchtung gewährleistet ist. Im Dunkeln des Bestandes können die Früchte jedoch oft nicht voll ausreifen.
Die Kronen der Eiben wachsen in der Mittel- und Unterschicht des Bestandes und stehen in Berührung mit den Kronen des Hauptbestandes. Sie sind unterschiedlich gut entwickelt. Teils sind die Kronen schlecht benadelt oder haben unterdurchschnittlich wenig Äste. Dies ist auf die starke Überschirmung der Kronen durch den Buchen-Hauptbestand zurückzuführen. Die grösste Gefährdung für die Erhaltung des Eibenbestandes ist das Wild. Der Wald wird nördlich und südlich von landwirtschaftlichen Flächen umgrenzt und bietet damit ideale Einstandsgebiete für das Reh- und Rotwild. Der Verbiss an der Eibenverjüngung ist dementsprechend hoch und beläuft sich auf nahezu 100%.
Ein zusätzliches Problem an den Eiben stellen die neu entdeckten und teilweise ausgedehnten Stammkrebse dar, die bei jeder vierten Eibe im Fürstenwald festgestellt worden sind.
Krankheitssymptome
Die Krebsbildung scheint in den meisten Fällen von abgestorbenen Ästen auszugehen und breitet sich von dort über die Rinde am Stamm aus. Meist bricht die Störung 1 m bis 1,5 m über dem Boden aus, wobei das Kambium und der Bast laufend zerstört werden. Der Stammkrebs breitet sich stärker vertikal als horizontal aus, was zu spitz elliptischen Krebsausprägungen führt (Abb. 1).
An den vom Krebs befallenen Stellen werden die Rinden- und Holzteile zerstört und sterben ab. Die abgestorbene Rinde bleibt noch lange am Stamm, wird aber spröde und bildet kleine Quadrate oder Schuppen von etwa 1–2 mal 2–3 cm grossen Teilen. Die Rindenschuppen lösen sich parallel zum Befallsrand in regelmässigen Abständen, was an Jahrringe erinnert.
Auch das Splintholz wird befallen und verfärbt sich grau. Gleichzeitig wird die Verkernung unterbrochen. Der lebende Teil des Kambiums wird immer weiter zurückgedrängt und ist nicht mehr in der Lage, den Krebs zu überwallen. Die Krankheit kann gelegentlich zum Absterben des Baumes führen. Es treten braune, bis 10 cm grosse, polsterförmige bis knollenartige Pilzfruchtkörper mit feinen Poren auf. Ein solcher Fruchtkörper wurde auch am Stamm einer stehend abgestorbenen Fichte mit 10 cm Brusthöhendurchmesser gefunden.
Ein Blick ins Innere eines Krebses
Von einer erkrankten Eibe wurde eine Stammscheibe entnommen. Durch die Krebsbildung wurde der Stammquerschnitt extrem verformt (Abb. 2). Die Jahrringanalyse ergab, dass die Eibe 1948 im Alter von etwa 80 Jahren die erste Schädigung des Kambiums aufweist. Es bildete sich ein offener Stammkrebs, welcher sich seither kontinuierlich ausgedehnt hat. Heute ist nur noch ein Stück von 15 cm des Kambiums gesund und wachstumsfähig. Trotzdem war die Krone auch dieser Eibe grün und machte einen gesunden Eindruck. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Krebse äusserst langsam wachsen und befallene Eiben erst nach einer Krankheitsdauer von mehreren Jahrzehnten vereinzelt absterben.
Mögliche Ursachen
Die Stammkrebse sind höchstwahrscheinlich die Folge einer Pilzinfektion. Anders als bei einer mechanischen Stammverletzung, welche mit der Zeit vom Baum überwallt wird, spricht die Bildung eines sich nicht mehr schliessenden Krebses für die Präsenz eines Krankheitserregers. Insbesondere im Holz lebende Pilze sind oft die Quelle einer andauernden Störung des Überwallungsprozesses. Ein typisches Beispiel dafür ist die Bildung von ausgedehnten Stammkrebsen bei der Esche durch den Pilz Nectria galligena oder die Krebsbildung bei der Lärche durch Lachnelulla willkommii.
Die auf den Stammkrebsen der Eiben im Fürstenwald gefundenen Fruchtkörper gehören in die Gruppe des Föhrenfeuerschwammes (Phellinus-pini-Komplex). Alle Arten dieser Gruppe von Baumpilzen gelten als Parasiten und befallen auch lebende Bäume. Die im vorliegenden Fall gefundenen Fruchtkörper konnten anhand dieser Kriterien als Phellinus chrysoloma (Fr.) Donk identifiziert werden. Dieser Pilz befällt Fichte, Weisstanne, Lärche und auch die Eibe, jedoch nie Föhren.
Phellinus chrysoloma infiziert das Kernholz via abgebrochene Äste oder tiefe Verletzungen im Stamm. Auch diese Aussage scheint im untersuchten Bestand zuzutreffen, da häufig im Zentrum der Krebse die Überreste eines abgestorbenen Aststummels zu sehen waren (Abb. 1). P. chrysoloma befällt mit der Zeit auch das Splintholz. Schreitet der Holzabbau schneller voran als der jährliche Zuwachs, dringt die Fäule mit der Zeit durch die Rinde nach aussen. An solchen Stellen bilden sich dann ein Krebs und mit der Zeit auch die Fruchtkörper von P. chrysoloma.
Obwohl einige der im Fürstenwald gemachten Beobachtungen sehr schön zu dem in der Literatur beschriebenen Infektionsvorgang durch Phellinus chrysoloma passen, sind weitere Untersuchungen notwendig, um diesen Feuerschwamm eindeutig als Verursacher der Stammkrebse an den Eiben zu bezeichnen. Insbesondere sollte es gelingen, die Koch’schen Postulate zu erfüllen, d.h. den Pilz aus Krebsen zu isolieren und in Infektionsversuchen mit diesem isolierten Pilz wiederum derartige Krebse an Eiben zu produzieren. Eine Beobachtung, dass vergleichbare Stammkrebse auch an Eiben auf dem Üetliberg bei Zürich gefunden wurden, unterstreicht diese Forderung.
(TR)