Die Waldschutzsituation 2019 in Baden-Württemberg
Abiotische und biotische Schadfaktoren üben alleine oder in Kombination miteinander einen erheblichen Einfluss auf die Vitalität und Mortalität in unseren Wäldern aus. Sie treten gewöhnlich in jährlich schwankendem Ausmaß auf. Zu den wichtigen abiotischen Schadfaktoren gehören Dürren, Stürme, Nassschnee und Hagel sowie Frostereignisse. Die biotischen Schadfaktoren sind vor allem den Insekten und Pilzen zuzuordnen. Im Folgenden werden die in der Vegetationszeit 2019 besonders auffälligen Begebenheiten angesprochen.
Abiotische Schadereignisse
Nachdem 2018 bereits ein markantes Dürrejahr zu verzeichnen war, sind auch 2019 während der Vegetationszeit überdurchschnittlich hohe Temperaturen und Niederschlagsdefizite aufgetreten. Damit stellte sich nach nur 15 Jahren schon zwei Jahre aufeinander eine – mit dem sogenannten Jahrhundertsommer 2003 vergleichbare – extreme Witterungssituation ein. Die Klimaprognosen gehen davon aus, dass sich dies in Zukunft häufiger wiederholen wird.
Nachdem im Januar und Mai noch ausgiebige Niederschläge gemessen wurden, sind vor allem mit dem beginnenden Frühjahr im April und während des Sommers im Juni und Juli sehr hohe Temperaturen und ausgeprägte Niederschlagsdefizite aufgetreten. So sind vor allem an Fichten, Tanne, Kiefern, Buchen aber auch anderen Baumarten sowie in Kulturen und Jungwüchsen teils gravierende Trockenschäden aufgetreten.
Im Januar 2019 gingen regional große Niederschlagsmengen in Form von Schnee nieder. Der Schnee war in Lagen von etwa 700 bis 1.000 m ü. NN sehr nass und ist bei wechselnden Temperaturen oft zu Eis gefroren. Besonders im Schwarzwald sind in der Folge vor allem an Nadel- aber auch an Laubbäumen mit rund 454.000 Festmeter (Fm) verbreitet Schnee- und Eisbruchschäden aufgetreten. Zum Jahresbeginn waren mit rund 370.000 Fm Schadholz aber auch wieder Sturmschäden beispielsweise aufgrund des Sturmtiefs "Eberhard" im März zu verzeichnen.
Schaderreger an Nadelbäumen
Die Nadelhölzer haben in Südwestdeutschland besonders stark unter Insektenbefall, überwiegend Borkenkäfer, gelitten. So ist landesweit bis Mitte November 2019 eine durch Insekten verursachte Schadholzmenge von rund 2,2 Mio. Fm angefallen (Abb. 1). Dies liegt deutlich über dem Niveau des Vorjahres (Abb. 2). Davon ist mit einem Anteil von 84% besonders die Fichte betroffen, gefolgt von der Tanne mit 14%.
Abb. 2: Die mit der Nutzungsursache "Insekten" bei Nadelhölzern in Baden-Württemberg angefallenen Schadhölzer über alle Waldbesitzarten im Vergleich der Jahresverläufe 2018 und 2019 (Stand: 18. 11.19).
Fichte
In Bezug auf die Borkenkäfer war die Ausgangssituation für 2019 im ganzen Land sehr bedrohlich. Dies stand in Zusammenhang mit den Sturm- und Schneebruchschäden in 2018 und 2019 sowie einer Reihe trocken-warmer Jahre und der extremen Dürre im Vorjahr 2018. Trotz durchgeführter Maßnahmen zur Reduzierung der Borkenkäfer-Ausgangsdichten musste nach den Erfahrungen der Kalamität des extremen Dürrejahres 2003 für die Vegetationsperiode 2019 weiter mit einer erheblichen Käfergefahr gerechnet werden. Aufgrund der 2018 landesweit nur mit Ausnahme der höchsten Schwarzwaldgipfel vollständig entwickelten drei Generationen und dem folgenden vergleichsweise milden Winter sind außerordentlich hohe Populationsdichten in das Frühjahr gekommen. Außerdem sind vielerorts großflächig Schneebruchschäden angefallen, insbesondere im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb, dort vor allem in der Region Großer Heuberg, und in Oberschwaben. Besonders in den nordöstlichen Landesteilen sowie im südlichen Schwarzwald kam es infolge des Sturmtiefs "Eberhard" im März 2019 erneut zu Windwürfen und größeren Mengen liegenden Schadholzes. Somit bestand die Gefahr, dass die außerordentlich hohe Anzahl von Käfern erneut auf ideales Brutmaterial stößt und damit eine wiederholte Massenvermehrung begünstigt wird.
In der Vegetationsperiode 2019 setzte der erste Schwärmflug in den tieferen Lagen im April ein. Die kühl-feuchte Witterung Anfang Mai verzögerte jedoch die Käferentwicklung, so dass in den höheren Lagen erst ab Mitte Mai die Entwicklung einsetzte. Doch sorgte die im Juni und Juli außerordentlich trockene und warme Witterung wieder für eine rasche Entwicklung der Käfer, infolgedessen im Verlauf des Sommers je nach Höhenlage und Exposition zwei bis drei Buchdrucker-Generationen angelegt und entwickelt wurden. Dies entspricht weitgehend der durchschnittlichen phänologischen Entwicklung der vergangenen Jahre, mit Ausnahme der Extremjahre 2003 und 2018.
Beim Kupferstecher wurden in diesem Jahr zwei Generationen entwickelt. Die insgesamt hohen Populationsdichten beider Arten haben in Verbindung mit der Schwächung der Fichten infolge der stark angespannten Wasserversorgung im Hochsommer vielerorts wieder zu erheblichem Stehendbefall lebender Fichten geführt.
Aktuell (Stand Mitte November 2019) liegt die insektenbedingte Schadholzmenge bei der Baumart Fichte bereits bei rund 1,8 Mio. Fm Schadholz (Abb. 3). Somit liegt die Jahressumme 2019 jetzt schon deutlich über dem letztjährigen Wert von etwa 1,6 Mio. Fm. Folglich ist auch für 2020 und womöglich auch für die Folgejahre weiter mit einer ausgesprochen kritischen Borkenkäferlage zu rechnen. Es ist deshalb unbedingt erforderlich, die Ausgangspopulation für das nächste Jahr möglichst weit zu reduzieren.
Abb. 3: Mit der Nutzungsursache "Insekten" bei der Baumart Fichte in Baden-Württemberg angefallenes Schadholz über alle Waldbesitzarten; 2003 bis 2018: Jahressummen; 2019: Stand bis zum 18. November.
Somit muss in den betroffenen Betrieben die Schwerpunktsetzung im Herbst und Winter weiter eindeutig auf der rechtzeitigen Entfernung der mit überlebensfähigen Jungkäfern besetzten Überwinterungsbäume mit anhaftender Rinde liegen. Dies erfolgt durch Kontrolle der Waldbestände, Markierung, Aufarbeitung und Abfuhr aller von Borkenkäfern befallenen Stämme aus dem Wald. Dabei sollten diese Bäume schnell, noch bevor sich die Rinde lockert, eingeschlagen und abgefahren werden (Abb. 4). Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Rinde abfällt oder beim Holzrücken abgestreift wird, sodass die Käferbrut im Wald verbleibt.
Abb. 4: Schnell handeln lohnt sich: von Buchdrucker befallene Fichten sollten noch bevor sich die Rinde lockert eingeschlagen und abgefahren werden; Sachverhalt im Herbst 2019: befallene Fichte mit grüner Krone (links oben), zahlreiche Brutbilder unter noch anhaftender Rinde (rechts oben), in den Brutbildern unter der Rinde (links unten) oder in der Rinde (rechts unten) überwinternde Buchdrucker. |
Allerdings ist die derzeitige Problemlage ausgedehnter Borkenkäfer-Kalamitäten infolge von Sturmschäden und Dürren in den Sommern 2018 und 2019 großräumig in ganz Europa gegeben. Dann können die Kontingente für mechanisch-technische Maßnahmen im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes wie Transportkapazitäten, Holzabsatz- oder Lagermöglichkeiten, Holzhacker oder Entrindungsmaschinen für das rechtzeitige Unschädlichmachen aller mit Käferbrut befallenen Stämme knapp werden. In dieser Zwangslage muss zum Schutz der Wälder auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln als letztes Mittel in Erwägung gezogen werden.
Tanne
Auch die Weißtanne zeigt erhebliche Schäden durch Borkenkäferbefall auf, vor allem im Schwäbisch-Fränkischen Wald, im mittleren und südlichen Schwarzwald sowie in der Bodenseeregion. Die Kronen verfärben sich rot und die Bäume sterben in der Regel ab (Abb. 5). Nachdem bereits zuvor schon trocken-warme Sommer regional zu einem höheren Schadholzanfall geführt hatten, sind ausgehend von den Sommerdürren in den Jahren 2018 und 2019 die Schäden noch einmal deutlich angestiegen (Abb. 6).
Abb. 5: Infolge von Käferbefall abgestorbene Weißtanne im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, Juni 2019.
Dies erfolgte insbesondere dort, wo die Tannen bereits chronisch vitalitätsmindernd intensiv von Misteln parasitiert sind. Die so geschwächten Bäume sind besonders oft von Borkenkäfern vor allem dem Kleinen und Krummzähnigen Tannenborkenkäfer befallen. Durch die Ausbildung von zwei Generationen und Geschwisterbruten befinden sich die Tannenborkenkäfer aktuell in Massenvermehrungen. Unter diesen Umständen geht jetzt auch von den befallenen Tannen ein hohes Infektionsrisiko für umliegende Bestände aus. Davon ausgehend können in der Nähe weitere Käfernester entstehen, wobei häufig auch der Tannenrüssler beteiligt ist.
Kiefer
Die Kiefernbestände in der Oberrheinebene leiden seit Jahren unter einem komplexen Schadgeschehen. Vor allem in Zusammenhang mit Trockenstress im Sommer und danach weiter bis in den Herbst anhaltend trocken-warmer Witterung führte dies bereits in der Vergangenheit zu vergleichsweise hohen Mortalitätsraten (Abb. 7). Aufgrund der Dürren in 2018 und 2019 ist dies jedoch noch einmal gravierend verstärkt worden. Im Wuchsgebiet Oberrheinisches Tiefland lag der Schadholzanfall bis Mitte November 2019 insgesamt bei rund 140.000 Fm. Das Diplodia-Triebsterben hat in Verbindung mit der extremen Trockenheit einen deutlichen Anteil an dem aktuellen Schadgeschehen. Der Trockenstress wird oft durch den chronischen Mistelbefall erheblich verstärkt. Es ist zu befürchten, dass in diesem Zusammenhang auch das Ausmaß von Borken-, Pracht- und Bockkäferbefall in den nächsten Jahren ansteigen wird. In Anbetracht der Massenvermehrung des Waldmaikäfers auf nahezu gleicher Fläche steht die Waldwirtschaft in der nördlichen Oberrheinebene auf den trockenen Sandstandorten in den Hardtwäldern vor einer großen Herausforderung. Aber auch andernorts wie zum Beispiel auf wenig wasserspeichernden Kiesstandorten bei Breisach stehen die Waldkieferbestände flächig vor dem Aus. Die Baumart Kiefer scheint in der gesamten Oberrheinebene dauerhaft gefährdet zu sein.
Abb. 7: Absterbende Waldkiefern im Rhein-Neckar-Kreis, Februar 2019.
Abb. 8: Afterraupen der Kiefernbuschhornblattwespe im Hardtwald, September 2019 (Foto: B. Schneble).
Im Spätsommer 2019 ist zudem in der nördlichen Oberrheinebene auf ausgedehnten Waldflächen die Kiefernbuschhornblattwespe (Abb. 8) in einem seit langer Zeit nicht mehr beobachteten Ausmaß und mit erheblichen Fraßschäden an den Kiefernnadeln aufgetreten. Inwiefern dies ein erstes Anzeichen ist, dass sich im Rahmen der sich auflichtenden Waldbestände wieder Massenvermehrungen der sogenannten Kieferngroßschädlinge wie Forleule, Kiefernspinner, Kiefernspanner, Kiefernbuschhornblattwespe oder Nonne einstellen könnten, bleibt abzuwarten. Aufgrund der starken Vorschädigung der Kiefern durch die letzten beiden Dürrejahre ist eine Regeneration der betroffenen Kiefern jedoch in Frage gestellt.
Douglasie und Lärche
Abb. 9: Abgestorbene Douglasie mit roter Krone im Stadtwald Freiburg, September 2019.
Vielerorts sind nach Befall durch die Rußige Douglasienschütte in den Vorjahren immer noch viele Bäume mit sehr schütteren Kronen vorzufinden. An solchermaßen geschwächten Douglasien wurden verstärkt auch weitere Schadorganismen diagnostiziert. Als pilzliches Schwächepathogen vor allem Diplodia pinea, das gemeinhin deutlich häufiger an Kiefer vorkommt und als weiterer Schaderreger die aus Nordamerika stammenden invasiven Douglasien-Gallmücken (Contarinia spp.). Infolge der Dürren aktuell mit roten Kronen zeichnende Douglasien weisen gegenwärtig auch Befall durch Borkenkäfer wie beispielsweise Kupferstecher oder Furchenflügliger Fichtenborkenkäfer auf (Abb. 9). In vielen Regionen hat auch der Lärchenborkenkäfer sehr von der trocken-warmen Witterung profitiert, so dass zum Teil erheblicher Stehendbefall an Lärchen festgestellt wurde.
Schaderreger an Laubbäumen
Buche
Nach dem Laubaustrieb im Frühjahr 2019 haben sich in vielen Buchenbeständen gravierende Schäden gezeigt (Abb. 10). Vielerorts sind in den Kronen einzelbaumweise bis flächige Vitalitätsverluste und absterbende Buchen zu beobachten. Doch ist das Ausmaß lokal sehr unterschiedlich. Betroffen sind vor allem Bäume, die auf schlecht wasserversorgten Standorten, an Bestandesrändern oder in aufgelichteten Buchenwäldern durch Niederschlagsdefizite, langanhaltende Hitze und hohe Sonneneinstrahlung in Verbindung mit einer starken Fruchtbildung 2018 stark in ihrer Vitalität beeinträchtigt waren.
Diese Bäume wiesen im letzten Jahr bereits im August verfärbtes Laub oder oft vollständig entlaubte Kronen auf. Während die Buchen einen hohen Anteil der verfügbaren Energie- und Nährstoffreserven für die Ausbildung einer starken Fruktifikation benötigten, erfolgte der frühe Verlust an grünen Blättern entgegen des üblichen Vorgangs beim Laubabwurf im Herbst weitgehend ohne Nährstoffrückführung. Aus diesem Grund fehlten den betroffenen Buchen im Sommer 2018 die Kraft zur Ausbildung ausreichend vitaler Knospen und im Frühjahr 2019 die benötigten Reservestoffe. Darüber hinaus deuten in den letzten fünf Jahren erheblich verkürzte Jahrestriebe darauf hin, dass die Vitalität dieser Buchen bereits schon in den Vorjahren aufgrund trockener Phasen sehr eingeschränkt war. Meist ältere Buchen weisen aktuell abgestorbene und absterbende Kronen mit nur noch wenig belaubten Ästen auf. Dort finden sich an exponierten Stammpartien auch Sonnenbrand, aufplatzende Rinde (Abb. 10), Rindennekrosen, Schleimflussflecken und Astabbrüche. Die Schwächung führt in den Kronen zur Aktivierung von Pilzen, die bis dato symptomlos im Gewebe vorhanden waren, auf jetzt schädigende Weise wachsen und Rindennekrosen bzw. Holzfäulen selbst verursachen oder andere Schadpathogene begünstigen. So werden häufiger Schlauchpilze (z. B. Neonectria, Biscogniauxia, Hypoxylon) im Rindengewebe und Ständerpilze (z.B. Stereum, Bjerkandera, Schizophyllum, Fomes, Pleurotus) im Holzgewebe diagnostiziert (Abb. 11). Das Holz befallener Bäume kann durch Fäulnis schnell an Stabilität verlieren und führt dann vor allem zu Problemen in der Arbeits- und Verkehrssicherheit. Auch die Holzqualität lässt infolge der Infektion häufig schnell nach.
Der gesamte Umfang der Schäden wird sich erst nach Beginn der Aufarbeitung im Herbst detailliert beziffern lassen. Das Gefährdungspotential des in manchen Buchenwäldern beobachteten Kleinen Buchenborkenkäfers und der Buchenprachtkäfer darf nach dieser gravierenden Schwächung nicht unterschätzt werden. Lange trocken-warme Perioden wie in 2018 und 2019 können die Entwicklungszeiten der Käfer beschleunigen und zu einem Anstieg der Populationsdichte führen. Gleichzeitig sind trockenheitsgestresste und wenig abwehrbereite Buchen der ideale Lebensraum für diese Rindenbrüter. Erfahrungsgemäß kann sich vor allem der Buchenprachtkäfer nach derartigen Ereignissen noch einige Jahre chronisch schädigend einstellen, wobei vor allem lockere Waldränder und aufgelichtete Bestände gefährdet sind.
Eiche
Der Eichenprozessionsspinner ist auf einer Fläche von rund 1.200 Hektar in ganz Baden-Württemberg, mit einem Schwerpunkt im Neckarland von anhaltend großer Bedeutung (Abb. 12, links). Von den Brennhaaren der Raupen gehen Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier aus. Die Fraßschäden an den Blättern können aber auch zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes des Waldes führen. In diesem Zusammenhang ist auch der Schwammspinner zu nennen, der in diesem Jahr mit rund 400 Hektar im Neckarland auf großer Fläche erhebliche Fraßschäden verursacht hat (Abb. 12, rechts). Auch die Eichen-Fraßgesellschaft mit Frostspanner und Eichenwickler ist auf einer Fläche von rund 400 Hektar durch auffällige Blattschäden in Erscheinung getreten.
Abb. 13: Schleimfluss an Eiche (links oben) hervorgerufen durch den Larvenfraß des Eichenprachtkäfers (Larve links unten, Fraßbild rechts), Oberrheinisches Tiefland, September 2019.
Mit dem Vorkommen blattfressender Insekten korrespondiert meist auch ein Befall durch den Eichenmehltau, denn der nach Fraß zur Regeneration auftretende junge Neuaustrieb wird je nach Witterung im Sommer sehr häufig von diesem Blattpilz befallen. Dadurch wird die Assimilationsleistung der Bäume über weite Phasen erheblich reduziert. So verstärkt sich die durch Raupenfraß und Dürren bedingte Schwächung der Eichen wesentlich. Um Fraßschäden zu verhindern und somit die Eichen zu schützen, wurden im Frühjahr 2019 rund 200 Hektar der betroffenen Waldfläche aus der Luft mit einem Bakterienpräparat behandelt. In der Oberrheinebene sind lokal wieder hohe Populationen des Eichenprachtkäfers vorhanden, der als Folgeschädling nach Dürre und Fraßschäden geschwächte Eichen befallen und durch den Larvenfraß unter der Rinde zum Absterben bringen kann (Abb. 13).
Esche
Das Eschentriebsterben ist nach wie vor eine sehr bedeutende Baumkrankheit, auch wenn in diesem Jahr die in der Krone erkennbaren Schadsymptome des Eschentriebsterbens etwas zurückgegangen sind. Erst in der zweiten Hälfte der Vegetationszeit wurden frische Blattinfektionen deutlich. Dies hängt mit den vergleichsweise schlechten Infektionsbedingungen durch langandauernde sommerliche Trockenperioden in den letzten Jahren zusammen und ist deshalb nur als eine Art Atempause zu werten. Bestehende Triebinfektionen aus vorangegangenen Jahren setzen den infizierten Eschenindividuen nach wie vor zu. Das Eschentriebsterben bedroht weiterhin alle Altersklassen in allen Regionen des Landes. Besondere Besorgnis erregt das zunehmende Vorkommen von Stammfußnekrosen insbesondere auf nassen Standorten. Hier kommt es oft zusätzlich zu Hallimasch-Infektionen, welche eine relativ rasche Stockfäule mit Bruchgefährdung nach sich ziehen. Damit verbunden sind große Herausforderungen bei der Arbeits- und Verkehrssicherung sowie eine rasche Holzentwertung. Untersuchungen verschiedener Forschungseinrichtungen zeigen jedoch, dass ein kleiner Teil der Eschen eine offenbar genetisch bedingte Resistenz gegen das Triebsterben zeigt. Deshalb müssen Bäume, die ohne Ersatztriebe eine ausreichend vitale Belaubung und keine Stammfußnekrosen aufweisen, für den Aufbau einer künftig gesünderen Generation erhalten bleiben. Bei anstehenden Eingriffen sind bevorzugt anfällige Eschen zu entnehmen, die sowohl anhand des typischen Triebsterbens als auch an Stammfußnekrosen zu erkennen sind.
Ahorn
Da die Krankheitssymptome des aus Nordamerika stammenden pilzlichen Erregers der Ahorn-Rußrindenkrankheit (Cryptostroma corticale) nach außergewöhnlich langen und trockenen Sommern verstärkt auftreten, wurden sie in letzter Zeit auffälliger. Die Krankheit ist nach dem Dürrejahr 2018 über 2019 hinweg häufiger auch flächig schadensverursachend in Erscheinung getreten. Vornehmlich treten hier Schädigungen an Bergahorn auf. Neben der namensgebenden Erkrankung der Rinde stellen vom Pilz verursachte Holzfäulen im Verlauf der Krankheitsentwicklung an betroffenen Bäumen einen entscheidenden Faktor für die Holzentwertung und das Absterben dar. Der Pilz ist ein ausgesprochenes Sekundärpathogen und benötigt vorgeschädigte oder geschwächte Individuen für eine schadensverursachende Besiedlung. In Baden-Württemberg tritt die Erkrankung bisher ausschließlich dort auf, wo die Baumart standortsbedingt einem erhöhten Trockenstress ausgesetzt ist oder bereits andere Schadpathogene wie z. B. Hallimasch für eine Prädisposition gesorgt haben. Im Verlauf der Krankheitsentwicklung werden unter der Rinde großflächige Sporenlager angelegt, in denen sehr große Sporenmengen gebildet werden (Abb. 14).
Abb. 14: Links: Bestätigte Nachweise für den Erreger Cryptostroma corticale aus Beratungsfällen und Untersuchungsbeständen in Baden-Württemberg. Rechts: Befall von Cryptostroma corticale an Bergahorn mit Anlage der sporenbildenen Schicht direkt unter der aufbrechenden äußeren Rinde. |
Im Zusammenhang mit der Ahorn-Rußrindenkrankheit können sich auch für Menschen gesundheitliche Probleme (Fieber, Reizhusten) v. a. durch Einatmen ergeben, allerdings nur bei langanhaltendem, intensivem Kontakt mit den Pilzsporen. Bei den wenigen bislang klinisch dokumentierten Patienten handelt es sich um Arbeiter, die über mehrere Jahre mit dem Häckseln, Entrinden oder Sägen von Ahornstämmen beschäftigt waren.
Esskastanie
Der Esskastanien-Rindenkrebs mit dem pilzlichen Schaderreger Cryphonectria parasitica stellt für die Esskastanie seit Jahren eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Im Zusammenhang mit Trockenstress mehren sich regional Meldungen zu dieser Erkrankung. Durch einen spezifischen Virusbefall können die krankheitsauslösenden Pilze ihre hohe Aggressivität einbüßen, so dass zukünftig eine Abschwächung des Krankheitsverlaufs möglich ist. Eine weitere Gefahr für die Esskastanie stellt die Japanische Esskastanien-Gallwespe dar, deren Ausbreitung nicht mehr aufzuhalten ist. Allerdings geht der Gallwespenbefall in den Esskastanienwäldern im südlichen Alpenraum aufgrund einer Parasitierung durch eine in Italien freigesetzte ebenfalls aus China stammende Schlupfwespe (Torymus sinensis) bereits wieder zurück. Aufgrund bereits bestätigter Nachweise dieses Gegenspielers im benachbarten Elsass ist eine Ausbreitung auch auf die östliche Seite des Oberrheingrabens denkbar.