Das Eschentriebsterben ist eine Baumkrankheit, welche durch den aus Asien eingeschleppten Pilz Hymenoscyphus fraxineus (ein kleiner weisser Becherling, 5-10 mm) verursacht wird. Der erste Nachweis dieses Pilzes in der Schweiz erfolgte 2008 an Eschen im Kanton Basel. In den Folgejahren breitete er sich rasant aus und ist seit 2015 in der ganzen Schweiz zu finden. Der Pilz infiziert im Sommer die Blätter der Eschen und wächst von diesen bis in die Triebe hinein. Diese sterben dann ab und verursachen das charakteristische Bild des Eschentriebsterbens (Abb. 1).
Jährlich wiederkehrende Infektionen mit H. fraxineus führen zu einem progressiven Kronensterben und im schlimmsten Fall zum Absterben der Eschen. Zudem kann der Erreger des Eschentriebsterbens Stammfussnekrosen (Abb. 3) verursachen. Ausgedehnte Nekrosen, die fast den ganzen Umfang des Stammfusses umspannen, können Eschen ebenfalls zum Absterben bringen. Die Zersetzung des Stammfusses wird massiv beschleunigt, wenn die Nekrosen von Hallimasch (Armillaria spp., ein Pilz mit Hut und Fuss, 15-25 cm) oder anderen sekundären Schadorganismen besiedelt werden.
Über Wurzelkontakte und Rhizomorphen in den Baum
In der Schweiz gibt es fünf verschiedene Hallimascharten, die im Wald vorkommen. Sie sind alle weit verbreitet. Aus ökologischer Sicht hat der Hallimasch eine wichtige Funktion im Wald. Als Weissfäule-Erreger kann er Zellulose wie auch Lignin abbauen und trägt somit erfolgreich zur Zersetzung von Totholz bei. Aus forstlicher Perspektive hingegen gilt der Hallimasch als Schadorganismus der lebende oder geschwächte Bäume befällt und zum Absterben bringen kann. Die Hallimascharten unterscheiden sich in ihrer Pathogenität und ihrem Wirtsspektrum (Abb. 2).
Abb. 2: Eigenschaften der im Wald vorkommenden Hallimasch-Arten der Schweiz bezüglich Pathogenität und Wirtsspektrum.
Hallimaschindividuen können riesig werden (bis 965 ha in den USA) und in einem Waldbestand über mehrere Baumgenerationen bestehen. Sie breiten sich über Wurzelkontakte von bereits infizierten zu gesunden Holzpflanzen aus, wie auch über Rhizomorphen, welche durch den Boden wachsen. Letzteres sind Myzelstränge mit einer dunkel gefärbten Rinde, welche ein wurzelähnliches Aussehen haben.
Ist der Hallimasch einmal in das Wurzelsystem eines Baumes eingedrungen, kolonisiert er das Kambium und bildet weisse, fächerartige Myzelmatten aus (Abb. 3). Gleichzeitig beginnt der Hallimasch mit der Zersetzung des Holzes. Solange die Hallimaschinfektion nur auf einen Teil des Wurzelsystems oder Stammfusses beschränkt ist, sind die Bäume meist noch lebensfähig. Ihre Stabilität kann jedoch beeinträchtigt sein.
In den Schweizer Wäldern dominieren die Schwächeparasiten A. cepistipes und A. gallica. Beide Arten bilden dichte Rhizomorphen-Netzwerke im Boden. Von den primärparasitischen Arten, A. ostoyae and A. mellea, ist nur die erste häufig im Wald zu finden. Beide Arten produzieren selten oder fast keine Rhizomorphen.
Umstürzende Eschen sind eine grosse Gefahr
Seit einiger Zeit schreitet das Eschentriebsterben in den betroffenen Eschenbeständen schnell voran. Daher ist der Fortbestand der Esche im Schweizer Wald gefährdet. Es scheint aber, dass ein kleiner Teil der Eschen gegenüber der Krankheit resistent ist, und es besteht Hoffnung, dass über die Zeit eine neue, resistentere Generation von Eschen aufkommt oder gezüchtet werden kann. Bis dahin bleibt nur die Option bestmöglich mit der Situation umzugehen.
Die derzeitig grösste Herausforderung ist, das Risiko für Mensch und Infrastruktur durch umstürzende Eschen möglichst gering zu halten. Wie die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, sind nicht nur tote Eschen problematisch, sondern auch belaubte Eschen kippen oftmals während eines Sturmes um. Bedrohlich ist, dass vereinzelt auch das Kippen von Eschen bei guter Witterung und Windstille beobachtet wurde. Eine Gemeinsamkeit der gekippten Eschen ist, dass ihr Wurzelsystem oder ein Teil davon oftmals stark zersetzt ist und typische Merkmale einer Hallimaschinfektion, wie Myzelmatten, Weissfäule oder Rhizomorphen, sichtbar sind.
Äusserst bedauerlicherweise kam es nebst Infrastrukturschäden auch schon zu Todesfällen in der Schweiz wegen umstürzenden Eschen.
Massive Verschlechterung in kurzer Zeit
Um das Zusammenspiel zwischen dem Eschentriebsterben und einem Hallimaschbefall am Stammfuss und im Wurzelsystem besser zu verstehen hat, die Eidg. Forschungsanstalt WSL Untersuchungen auf 10 Flächen im östlichen Mitteland durchgeführt. Auf jeder Fläche wurden 21 Eschen ausgewählt und markiert (BHD: 20 bis 96 cm, Ø: 32.7 cm). Zwischen 2018 und 2022 wurde bei insgesamt 147 dieser Eschen (inklusive abgestorbene Eschen) die Kronenverlichtung sowie das Vorhandensein von Stammfussnekrosen dreimal erhoben.
Über den 4-jährigen Beobachtungzeitraum stellten wir eine massive Zunahme der Kronenverlichtung wie auch der Stammfussnekrosen fest. So sank der Anteil der Eschen mit einer geringen Kronenverlichtung (weniger als 25%) von 41.5% im Jahr 2018 auf 4.1% im Jahr 2022. Gleichzeitig nahm der Anteil der Eschen mit Stammfussnekrosen von 11.7% im Jahr 2018 auf 75.2% im Jahr 2022 zu.
Im Sommer 2022 wiesen 71.9% von 128 lebenden Eschen Nekrosen am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen auf. Hallimasch wurde in fast allen Nekrosen (92.4%) gefunden. Ob die Nekrosen sekundär vom Hallimasch kolonisiert wurden oder direkt von Hallimasch verursacht wurden, konnte in den meisten Fällen nicht rekonstruiert werden, da die Zersetzung zu weit fortgeschritten war. Zwischen den Flächen variierte der Anteil der Eschen mit Stammfussnekrosen zwischen 50% und 100%. Mit zunehmender Kronenverlichtung nahm der Anteil der Eschen mit Nekrosen zu.
Bei 73 Eschen konnte die in den Nekrosen vorhandene Hallimaschart erfolgreich bestimmt werden. Die gefundene Arten waren:
- A. gallica (71.2%)
- A. cepistipes (23.3%)
- A. mellea (3 Eschen)
- A. borealis (1 Esche)
Damit dominieren klar Hallimascharten, welche als Schwächeparasiten gelten. Dies weist darauf hin, dass der Hallimasch die Eschen vermutlich erst besiedelt, wenn sie durch das Eschentriebsterben genügend geschwächt sind oder vom Eschentriebsterben verursachte Stammfussnekrosen als Eintrittspforte vorhanden sind.
Stabilitätsschätzung mit Zugversuchen
Um herauszufinden, ob sich die Stabilität der Eschen basierend auf dem Schädigungsgrad des Stammfusses und der Krone voraussagen lässt, haben die Forscher für 30 Eschen (BHD: 30 bis 70 cm, Ø: 41.0 cm) die Stand- und Bruchsicherheit mittels Zugversuche ermittelt (Abb. 6). Bei diesem für den Baum zerstörungsfreien Verfahren wird ein Zugseil in der Baumkrone befestigt. Mit Hilfe eines Greifzuges werden verschiedene Kräfte auf den Baum übertragen. Gleichzeitig erfassen hochsensible Neigungssensoren (Inclinometer) an den Wurzelanläufen und Dehnungssensoren (Elastometer) im Stammbereich die Reaktion des Baumes auf die Belastung.
Um eine Schädigung des Wurzelsystems zu verhindern, wird der Baum höchstens bis zu einer Neigung von 0.25° gezogen. In diesem Messbereich verformt sich der Baum elastisch reversibel und bewegt sich anschliessend vollständig in seinen ursprünglichen Zustand zurück. Aus den erhobenen Neigungs- und Dehnungswerten, der Elastizitätsgrenze von grünem Eschenholz und einer Windlastanalyse lässt sich schliesslich die Stand- und Bruchsicherheit bei Sturmbedingungen (durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 90 km/h, Orkanböen von bis zu 131 km/h) schätzen.
Die Zugversuche ergaben, dass 6 der 30 gezogenen Eschen eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, bei Sturmbedingungen zu kippen oder zu brechen. Fünf dieser Eschen zeigten Nekrosen oder Fäulnis am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen. Die sechste gefährdete Esche wies starke Rückeschäden durch Forstmaschinen auf. Jedoch hatten auch 71.4% der windsicheren Eschen kleiner oder grössere Nekrosen am Stammfuss oder den Wurzelanläufen. Hingegen waren Eschen ohne Nekrosen/Fäulnis oder Verletzungen am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen nie kipp- oder bruchgefährdet. Ebenso waren Eschen mit geringer Nekrosenintensität oder einer Kronenverlichtung von weniger als 50% sicher. Sobald der Schadensgrad höher war, stieg das Risiko eines Stabilitätsverlustes moderat an. Bei einer Kronenverlichtung von 75% und mehr, war das Risiko eines Stabilitätsverlustes deutlich erhöht.
Empfehlungen für die Praxis
Wie man mit erkrankten Eschen umgehen soll, hängt sehr vom Standort ab (Abb. 7). Grundsätzlich sind Massnahmen nur an Standorten nötig, wo eine erhebliche Gefahr für Mensch oder Infrastruktur besteht und erkrankte oder verletzte Eschen vorhanden sind. Wichtig ist, nicht nur die Kronenverlichtung zu berücksichtigen, sondern auch den Stammfuss genau nach Nekrosen und Verletzungen abzusuchen.
Um Nekrosen, sowie einen allfälligen Hallimaschbefall feststellen zu können, ist es oftmals nötig, den Stammfuss von Vegetation oder Moss freizulegen und ausgiebig auf verdächtige Stellen (eingesunkene Rinde, Harzfluss, nachgiebige Rinde, …) abzusuchen und evtl. auch mit einem Messer oder Stechbeitel die Rindengesundheit kleinflächig zu untersuchen.
An Risikostandorten für Mensch oder Infrastruktur ist es wohl am sichersten, Eschen schon ab einer mässigen Kronenverlichtung zu entfernen, besonders wenn Nekrosen (mit oder ohne Hallimasch) an der Stammbasis vorliegen (Abb. 7). Sobald Nekrosen vorhanden sind, ist davon auszugehen, dass die Zersetzung der Wurzeln und des Stammfusses fortschreiten wird. Wie schnell dieser Prozess abläuft, ist aktuell nicht klar, aber eine Hallimaschinfektion kann sich oft innerhalb kurzer Zeit stark ausbreiten.
(TR)