Gefahren, Prognose und Empfehlungen

Der Erreger der Ahorn-Rußrindenkrankheit, Cryptostroma corticale (Ellis & Everh.) P.H. Greg. & S. Waller, wurde 2005 erstmals auch in den Wäldern Südwestdeutschlands nachgewiesen. Er stammt ursprünglich aus Nordamerika und stellt ein neues, eingeschlepptes Schadpathogen an Ahorn-Arten dar. Neben der Gefahr für Bäume besteht hier auch ein Potenzial für gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Menschen.

Der Pilz gilt als Pathogen an geschwächten Ahornen, vitale Ahorne sind von der Erkrankung bisher nicht betroffen. Lange, trockene Sommer in Verbindung mit großer Hitze begünstigen die Entwicklung der Krankheit. Dementsprechend häufen sich infolge der Trockenheit im Sommer 2015, im Frühjahr 2016 und in den Sommern 2018 und 2019 die Nachweise für den Pilz in Südwestdeutschland.

Der Schaderreger

Als einzige Art in der Formgattung Cryptostroma tritt der Pilz sporenbildend nur in seiner Nebenfruchtform in Erscheinung (Abb. 1-3). Eine Hauptfruchtform des Pilzes ist nicht bekannt. Eine Besiedlung der Wirtsbäume findet über Wunden, Verletzungen und absterbende Bereiche an der Rinde statt, von diesen Eintrittspforten aus kann C. corticale auch das Holzgewebe besiedeln.

Je nach Vitalität des Wirtes können zwischen Befall und Ausbildung von Sporenlagern unter der Rinde auch mehrere Jahre vergehen. Der Pilz kann in dieser Latenzphase endophytisch im Holz- und Rindengewebe überdauern, ohne sichtbare Schäden zu verursachen. Die besonderen Umstände bezüglich einer zu geringen Wasserversorgung in den letzten Jahren hat eine Ausbildung von Sporenlagern zusammen mit Absterbeerscheinungen von Bäumen und Beständen stark erhöht. In den unter der Rinde großflächig angelegten Schichten werden sehr große Sporenmengen gebildet (ca. 100 Mio. Sporen/cm2), die beim Einatmen bei Menschen krankheitsverursachende Wirkungen haben können.

Befallssymptome

Unmittelbar unter der äußeren Rindenoberfläche werden die flächigen sporenbildenden Schichten ausgebildet (Abb. 4). Daneben kommen je nach Infektionsverlauf verschiedene Symptome hinzu. Erfolgt eine Infektion zunächst an Ästen im Kronenbereich, streichen in Folge Stammnekrosen von oben am Stamm herab. Erfolgte durch andere Pathogene zuvor eine Infektion im Wurzelbereich z. B. durch Hallimasch, breiten sich zungenförmige Nekrosen verursacht durch C. corticale aufwärts am Stamm aus. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es durch die Beteiligung weiterer Pathogene zu einer weitreichenden, rascher voranschreitenden Holzentwertung (Abb. 5).

Schadensausmaß

Vornehmlich treten hier Schädigungen an Bergahorn auf. Als potentielle Wirte kommen aber neben weiteren Ahorn-Arten prinzipiell bei uns vor allem Spitz- und Feldahorn in Frage. Allerdings ist der Pilz hierzulande in Waldbeständen bisher kaum an Spitz- oder Feldahorn auffällig in Erscheinung getreten. Im Moment sind in Südwestdeutschland keine besonderen regionalen Schwerpunkte für die Krankheit auffällig (Abb. 6). Tendenziell finden sich aus allen Wuchsgebieten Nachweise für die Krankheit.

Mit dem Bergahorn ist eine wichtige Mischbaumart mit einer weiten Verbreitung betroffen. Besonders 2018 und 2019 sind in Südwestdeutschland vielerorts hohe Niederschlagsdefizite zusammen mit hohen Temperatursummen aufgetreten, die der Krankheit einen Vorschub geleistet haben (Abb. 7).

Die Erscheinungsformen der Krankheit können sich in betroffenen Beständen sehr unterschiedlich präsentieren. Zusammen mit Trockenheit und der Ahorn-Rußrindenkrankheit resultieren in Beständen dann u. a. Phänomene, die wie pilzlich gesteuerte „Durchforstungsmaßnahmen“ der schwächeren, unterständigen Individuen wirken. Sind Stammfußnekrosen vorhanden, wird ein sehr rasches Absterben mit weitreichender Holzzersetzung ermöglicht. Die am stärksten von Trockenstress betroffenen Individuen können auch nur vereinzelt im Bestand Krankheitssymptome aufweisen.

Prognose und Maßnahmen

Vitale Bestände auf für die jeweilige Art geeigneten Standorten sind durch den Pilz nicht gefährdet. Prinzipiell besitzt der Bergahorn, als bei uns durch diese Krankheit hauptsächlich betroffene Baumart, höhere Ansprüche an Wasserhaushalt und Nährstoffversorgung. Spitzahorn ist im Vergleich zum Bergahorn genügsamer bezügliche der Wasser- und Nährstoff-versorgung aber auch wärmebedürftiger und außerordentlich verbissgefährdet. Er reagiert nach bisherigen Beobachtungen auf der Fläche im Vergleich zum Bergahorn nachgelagert mit der Ausprägung von Krankheitssymptomen durch C. corticale.

Empfehlungen in Bezug auf die Waldgesundheit

Präventiv bieten sich waldbauliche Maßnahmen an, die zuerst in Abhängigkeit von Nährstoffversorgung und Wasserhaushalt bei künstlicher Begründung nur standörtlich passende Ahorn-Arten berücksichtigen. Bereits bei einer Z-Baum Auswahl sollte die Kronenentwicklung zur Förderung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Stresseinflüssen im Blick behalten werden. Letztendlich gilt es in gegebenen Zusammenhang mit der Krankheit vermeidbaren Stress in Abhängigkeit von Alter und Endhöhe bei Maßnahmen – z. B. bei reifen, gut bekronten Exemplaren maßvolle kronenerhaltende Eingriffe im Sinne der Unterstützung der Widerstandsfähigkeit – zu berücksichtigen. Da eine Besiedlung der Wirtsbäume über Wunden, Verletzungen und absterbende Bereiche an der Rinde stattfindet, sind forstliche Maßnahmen hier besonders pfleglich und mit Vorsicht durchzuführen.

Die Sporen sind schon seit langer Zeit fortwährend und umfänglich latent in unseren Wäldern vorhanden und erst die letzten Trockenjahre haben zum vermehrten Ausbruch der Krankheit geführt, weshalb die Entfernung des Holzes im Sinne einer Entseuchung weder notwendig noch wirksam ist. Die Entscheidung, ob befallenes Holz überhaupt gefällt und entfernt werden muss, leitet sich vorwiegend aus den Empfehlungen zur Verkehrssicherung und zum Arbeitsschutz aufgrund humanhygienischer Risiken ab.

Humanhygienische Gefährdungssituation

Das Einatmen der Sporen von C. corticale kann bei Menschen eine Entzündung der Lungenbläschen mit Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost und Reizhusten hervorrufen. Hierfür ist jedoch ein langanhaltender, intensiver Kontakt mit dem Pilz notwendig. Grundsätzlich wird das Risiko einer Erkrankung der Lunge durch C. corticale als nicht besonders hoch eingeschätzt. Bei allen hier genannten Patienten handelte es sich um Arbeiter, die über mehrere Jahre mit dem Häckseln, Entrinden oder Sägen von Ahornstämmen beschäftigt waren. Gefährdet, an einer Lungenkrankheit (Alveolitis) schwer zu erkranken, sind folglich nicht ansonsten gesunde Waldspaziergänger, sondern Menschen, die durch ihren Beruf diesen Sporen ständig intensiv ausgesetzt sein können, wie z. B. Forst- und Waldarbeiter. Für Südwestdeutschland liegen bisher auch auf Rückfragen bei betroffenen Forstämtern und Revierleitern keine medizinischen Hinweise für durch den Pilz verursachte Krankheitsfälle beim Forstpersonal vor. Von entrindeten Stammpartien geht keine Gesundheitsgefährdung aus und die Nutzung von befallenem Holz ohne Rinde gilt ebenfalls als unbedenklich.

Behandlung befallener Bestände in Bezug auf Verkehrssicherung und humanhygienische Risiken

Eine großflächige Sporenlagerausbildung mit massenhafter Sporenfreisetzung findet in der Natur grundsätzlich nur an Bäumen und geschlagenem Holz mit noch anhaftender Rinde statt. Bei nicht vorhandener Gefährdung für Waldbesucher und forstliches Personal können befallene Bäume prinzipiell stehen bleiben. Müssen sie jedoch aus Gründen der Verkehrssicherung und humanhygienischer Risiken entfernt werden, kommen folgende Möglichkeiten in Betracht, wobei beim Umgang mit befallenem Holz Vorgaben des Arbeitsschutzes zu beachten sind:

Bei geringen Holzmengen

  • Verziehen aus der Gefahrenzone tiefer in den Bestand; das Belassen von gefällten Bäumen im Wald ist möglich, vor allem für Bäume der Schadstufe 3 (Abb. 8), bei denen ein Großteil der äußeren Rinde oftmals schon fehlt, da der Pilz die Sukzession zur Zersetzung der Bäume schnell vorantreibt und Sporen nach bisherigem Kenntnisstand wahrscheinlich nach einem Jahr nicht mehr vorhanden sind; eine Übererdung befallenen Materials ist bei ausreichendem Abstand zur Gefahrenzone nicht nötig.

Bei größeren Holzmengen

  • Hoher Besucherverkehr
    • Abgedecktes Verbringen mit geeigneten Fahrzeugen in Waldgebiete oder auf Lagerplätze, wo kein Besucherverkehr zu erwarten ist; ggf. kann das dort gelagerte Holz mit Warnhinweisen versehen werden.
    • Alternativ hierzu kann das Holz nach dem abgedeckten Transport ggf. auch einer direkten thermischen Verwertung zugeführt werden.
  • Geringer Besucherverkehr
    • Auch bei flächigem Befall ist ein Belassen von gefällten Bäumen im Wald bei ausreichendem Abstand zur Gefahrenzone möglich.

Empfehlungen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung in befallenen Beständen

  • Das Verbrennen oder das Hacken befallenen Materials im Freien ist grundsätzlich ungeeignet, da so eine starke Sporenfreisetzung erfolgen kann.
  • Der Einsatz maschineller Verfahren und nach Möglichkeit feuchte Witterungsbedingungen sind zur Minimierung von Sporenmengen in der Luft bei Entsorgungsarbeiten zu bevorzugen.
  • Sollten Rodungen als extremer Eingriff mit der für das forstliche Personal potentiell höchsten und dauerhaftesten Sporenbelastungssituation in Betracht gezogen werden, sollte zur Sicherheit eine Partikelfilter-Atemmaske und geeignete Schutzkleidung (SVLFG 2018) getragen werden.
  •  Brennholzlagerung in betroffenen Waldgebieten ist aufgrund einer potentiell möglichen nachträglichen Sporenlagerbildung unter der Rinde problematisch.

Die grundsätzliche Entscheidungshilfe für den Handlungsbedarf im Umgang bei einer potenziellen Gefährdung durch die Ahorn-Rußrindenkrankheit richtet sich nach mehreren zu beachtenden Kriterien (Abb. 9).