Der Götterbaum ist in der Schweiz unterschiedlich verbreitet, von götterbaumfreien Gebieten bis zu Gebieten mit vielen etablierten Populationen. Der Götterbaum gilt in der Schweiz als invasive Baumart und befindet sich auf der Schwarzen Liste invasiver Neophyten der Info Flora. Der Umgang mit dem Götterbaum stellt Forstdienste, Grünflächen- und Naturschutzverantwortliche vor grosse Herausforderungen. Ein differenziertes Management hilft, negative Auswirkungen mit angemessenem Aufwand zu minimieren. In Gebieten, wo der Götterbaum bisher nicht vorkommt, ist eine vorsorgliche Entfernung neu auftretender Individuen angezeigt. In Gebieten hingegen, wo dies die vorhandenen Mittel oder Möglichkeiten übersteigt, sind differenzierte Massnahmen nötig. Getroffenen Managementmassnahmen sind regelmässig zu überprüfen und gegebenenfalls den veränderten Umständen anzupassen.
Steckbrief zur Ökologie des Götterbaums
- Herkunft: hauptsächlich aus dem Südosten Chinas
- Maximale Höhe: etwa 30 m
- Höchstalter: 100 bis maximal 170 Jahre
- Verwechslungsmöglichkeiten: Essigbaum, Esche, Manna-Esche und Schwarznuss (Abb. 2).
- Reproduktionsbiologie: Zweihäusiger Baum (Götterbaumindividuen sind entweder männlich oder weiblich). Üppige Samenproduktion im Freiland ab etwa 4 Jahren, im Bestand ab 10–20 Jahren. Grosses vegetatives Ausbreitungspotenzial via Stockausschläge und Wurzelbrut.
- Schattentoleranz: In der frühen Jugend eine Halblichtbaumart (vegetative Verjüngung halbschattentolerant), danach eine ausgeprägte Lichtbaumart.
- Boden: Anspruchslos bezüglich Substrat und Nährstoffen, bestes Wachstum auf nährstoffreichen, lehmigen Böden; meidet Dauernässe.
- Wärme: Wärmebedürftige Baumart; benötigt während der Vegetationsperiode ca. 20 Tage mit einer Temperatur über 15 °C.
- Niederschlag: Häufig ab ca. 500 mm Jahresniederschlag (minimal ca. 200 mm). Der Götterbaum besitzt eine hohe Trockenheitstoleranz.
- Frost: Mässig frosthart, junge Pflanzen spätfrostempfindlich. Adulte Bäume überleben Winterkälte von bis zu –30 °C.
- Wachstum: Höhenzuwachs bei Volllicht bis zu 2–3 m (Sämlinge) oder bis zu 4 m pro Jahr (Stockausschläge).
- Holzqualität: Aussehen, Verarbeitung und mechanische Eigenschaften ähnlich wie Esche (Fraxinus excelsior); Heizwert vergleichbar mit Fichte.
- Krankheitserreger:Verticillium-Welkepilze, verschiedene Fäuleerreger und Schwächeparasiten.
- Allergene: Pollen sowie Säfte des Götterbaums können allergische Reaktionen auslösen.
Weitere ökologische Eigenschaften des Götterbaums finden sich im Originalartikel (PDF).
Ökosystemleistungen und -beeinträchtigungen
Dieselben ökologischen Eigenschaften des Götterbaums können je nach Lebensraum, Bewirtschaftungszielen und gesellschaftlichen Ansprüchen unterschiedlich bewertet werden.
Biodiversität
Der Götterbaum hat häufig einen negativen Einfluss auf die Pflanzendiversität besiedelter Standorte und kann die Ökosystemleistung des Bodens reduzieren. Ausserhalb des Waldes ist die Artenvielfalt durch eine Besiedelung des Götterbaums insbesondere an offenen Standorten, wie artenreichen Ruderalgesellschaften und Trockenwiesen, gefährdet. Wegen seiner Inhaltsstoffe wird der Götterbaum von vielen einheimischen (v. a. herbivoren) Insekten gemieden.
Schutz vor Naturgefahren
Götterbäume reduzieren die Energie eines Steinschlags ähnlich stark wie Buchen (Abb. 3a-c). Der Steinschlagschutz in Waldbeständen mit Götterbäumen bleibt potenziell bestehen. Götterbaum-Reinbestände sind im Vergleich zu Edelkastanien- oder Buchenbeständen weniger stabil gegenüber Rutschungen. Einzelne, beigemischte ältere Götterbäume erhöhen hingegen die Wurzelverstärkung des Bodens, da sie zu einer Diversifizierung der Durchwurzelungstiefe auf Bestandesebene beitragen.
Holz- und Nichtholzprodukte
Aussehen, Verarbeitung sowie die mechanischen Eigenschaften des Holzes des Götterbaums sind sehr ähnlich zur Esche (Fraxinus excelsior). Wegen seiner üppigen Blüte ist der Götterbaum als Bienenweide für die Honigproduktion geeignet.
Einführungsgeschichte und aktuelles Vorkommen
Erste Samen des Götterbaums wurden bereits im 18. Jahrhundert nach Europa eingeführt. Dank seiner Toleranz gegenüber urbanen Bedingungen wurde er in vielen europäischen Städten als Strassenbaum gepflanzt. In Südeuropa wurde der Baum ausserdem für kurze Zeit als Futterpflanze für die Raupe des Götterbaumspinners (Samia cynthia) zur Seidenproduktion angebaut. So kam der Götterbaum im 19. Jahrhundert auch in die Südschweiz.
In Waldgebieten kommt der Götterbaum vorzugsweise in lichten Auenwäldern und entlang von Flussufern, Pionierwäldern, urbanen Wäldern oder in stark gestörten Wäldern vor. In vielen Waldbeständen kommt der Götterbaum gemischt mit anderen Baumarten vor. Reinbestände entstehen vor allem an Standorten, wo schattentolerante Konkurrenzarten fehlen. In geschlossenen Wäldern, die durch schattentolerante Baumarten dominiert werden, ist der Götterbaum ohne grossflächige Störungen nahezu abwesend.
In der Schweiz befindet sich das Hauptverbreitungsgebiet des Götterbaums aktuell im Tessin sowie in den milden Lagen von Mittelland, Wallis und Churer Rheintal. Nördlich der Alpen kommt er hauptsächlich in Städten (z. B. Basel, Zürich) und deren näheren Umgebung sowie entlang von Hauptverkehrsrouten vor (Abb. 4). Die wenigen adulten Götterbaumbestände in Schweizer Wäldern wachsen meist auf Blockschutt, wo die Art besonders konkurrenzstark ist (Abb. 5).
Der Götterbaum im Siedlungsgebiet
Wegen seiner hohen Toleranz gegenüber Luftschadstoffen, Salz sowie urbanen Böden wurde der Götterbaum seit Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Städten und Parks zur Verbesserung des Stadtklimas angepflanzt. Seine Eigenschaften ermöglichen es dem Baum, sich auch auf kargen, brachliegenden industriellen Flächen oder in Mauerritzen zu etablieren (Abb. 6), was häufig Pflege- bzw. Bekämpfungsmassnahmen erforderlich macht. Je nach Ort kann es zu Schäden an der Infrastruktur kommen (Strassenbelag, Mauern).
Aufgrund dieser Risiken ist es häufig sinnvoll, die weiblichen Götterbäume im Siedlungsgebiet zu entfernen, insbesondere wenn sie nahe an schützenswerten Habitaten vorkommen. Bei männlichen Bäumen sind die Risiken einer Ausbreitung kleiner und es ist abzuwägen zwischen ihrem Wert für das Stadtklima oder als prägendes Landschaftselement und der Gefährdung der Infrastruktur.
Abb. 6. Junge Götterbäume auf einer Bachverbauung im Siedlungsgebiet von Bellinzona (TI). Foto: Rita Conedera
Potenzielle zukünftige Ausbreitung
Mit dem prognostizierten Klimawandel (steigende Jahresmitteltemperaturen, ausgeprägte Trockenheit) wird sich das potenzielle Verbreitungsgebiet des wärmeliebenden Götterbaums in der Schweiz voraussichtlich stark vergrössern. Wie schnell sich der Götterbaum tatsächlich in neue Gebiete ausbreitet, ist insbesondere vom Vorkommen von Samenbäumen in der jeweiligen Region abhängig.
In ungestörten Waldbeständen wird die Ausbreitung des Götterbaums durch die Konkurrenz schattentoleranter Hauptbaumarten sowie durch seine relativ geringe Maximalhöhe von 30 m stark begrenzt. Deshalb scheint eine grossflächige Dominanz des Götterbaums über mehrere Baumgenerationen in Schweizer Waldbeständen unwahrscheinlich.
Managementoptionen
Für den waldbaulichen Umgang mit dem Götterbaum können im Wesentlichen drei Handlungsoptionen unterschieden werden:
Abb. 7. Entscheidungsdiagramm für ein differenziertes Management von Götterbaumpopulationen. Das Entscheidungsdiagramm zeigt Managementoptionen je nach Gebiet auf (A-D). Details zu den Managementmassnahmen finden sich im Originalartikel (PDF).
- Vorsorgliche Entfernung
- Eindämmung bzw. Verhinderung einer weiteren Ausbreitung
- Differenzierter Waldbau
Welche Handlungsoptionen für ein bestimmtes Gebiet am ehesten in Frage kommen, hängt vom aktuellen Götterbaumvorkommen ab. Dieses wird anhand einer Bestandesaufnahme oder eines regelmässigen Monitorings bestimmt (Abb. 7; siehe auch Modul 3 der Vollzugshilfe Waldschutz).
Bevor Massnahmen ergriffen werden, ist ein langfristiges und realistisches Ziel im vorhandenen finanziellen Rahmen zu definieren. Das Ziel orientiert sich an den prioritären Funktionen der betrachteten Bestände innerhalb oder ausserhalb des Waldes.
Bekämpfungsmethoden
Für die Bekämpfung des Götterbaums im Schweizer Wald stehen zurzeit nur mechanische Methoden zur Verfügung. Ausserhalb des Waldes und fern von Gewässern kann er auch chemisch bekämpft werden (Chemikalien-Risikoreduktions- Verordnung, ChemRRV, SR 814.81). Die jeweiligen Methoden sind mit unterschiedlichen zeitlichen Aufwänden verbunden (Tab. 1).
Methode | Zeitaufwand | Material |
Ausreissen | wenige Sekunden pro Individuum | Handschuhe |
Ringelung | etwa 5–10 Minuten pro Baum (ohne Weg zum Baum) | Motorsäge und Schutzausrüstung |
Chemische Bekämpfung1 | etwa 30 Minuten pro Baum (ohne Fällen des Baumes) | Herbizid, Pinsel, Motorsäge und Schutzausrüstung, Folie zum Abdecken des Stocks |
1 nur an erlaubten Standorten und entsprechend den Vorschriften und Einschränkungen (ChemRRV, SR 814.81) |
Mechanische Bekämpfung
Einjährige Götterbäume können von Hand ausgerissen werden. Mehrmaliges Zurückschneiden auf den Stock oder Mulchen sind mittelfristig nicht zielführend, wie Erfahrungen aus der Schweiz und dem Ausland zeigen (Abb. 8).
Abb. 8. Dichte Götterbaumvorkommen nach mechanischer Bekämpfung. a) Stockausschläge und Wurzelbrut nach der Fällung adulter Götterbäume. b) Stockausschläge nach mehrmaligem Zurückschneiden durch Strassenunterhaltsdienste. Fotos: Simon Knüsel
Für adulte Bäume empfehlen wir statt der Fällung die Ringelung, um die vegetative Ausbreitung via Stock- oder Wurzelausschläge einzuschränken. Für die Ringelung schlagen wir eine von Martin Ziegler (Amtsleiter Bereich Wald, Kanton Zug, 2020) entwickelte Methode vor (Abb. 9), die sich vor allem bei Götterbäumen im Wald als eine vielversprechende Bekämpfungsmethode erwiesen hat.
Abb. 9. Ringelungsmethode nach Ziegler. Bei dieser Methode werden die Borke und das Kambium um den gesamten Stamm in drei Ringen durchtrennt. Zeichnung: illustraziuns Silvana Wölfle. Foto: Simon Knüsel.
Bei der Ringelung werden die Borke und das Kambium am Stammfuss mit einer Motor- oder Ringelungssäge in drei Ringen durchtrennt. Dabei muss das Kambium um den ganzen Stamm vollständig durchtrennt werden, während das Splintholz so wenig wie möglich verletzt werden darf. Dadurch investieren geringelte Bäume nicht die gesamte Energie in Stock- und Wurzelausschläge wie nach einer Fällung. Zu tiefes Ringeln ist kontraproduktiv!
Die Ringelung ist allenfalls nicht nur mit Handschuhen, sondern auch mit bedeckten Armen auszuführen, da die Säfte des Götterbaums Hautreizungen verursachen können. Am besten sollte die Ringelung nach dem vollständigen Blattaustrieb erfolgen (Mai bis Juni). Wir empfehlen jeweils im Herbst nach der Ringelung eine Nachkontrolle, bei der die Stockausschläge abgetreten und vitale Wurzelbrut ausgerissen werden. Je nach Vitalität und Anzahl der Ausschläge sind Nachkontrollen über mehrere Jahre nötig. Falls Brückenbildungen zwischen den Ringen festgestellt werden (unvollständig durchtrenntes Kambium), müssen diese bei der Nachkontrolle ebenfalls durchtrennt werden.
Nach der Ringelung dauert es meist mehrere Jahre, bis die Bäume vollständig abgestorben sind. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass absterbende Bäume instabil werden, Starkäste verlieren oder umfallen können.
Chemische Bekämpfung
Herbizide dürfen in der Schweiz nur ausserhalb des Waldes und entsprechend den Vorschriften und Einschränkungen eingesetzt werden (ChemRRV, SR 814.81). Grundsätzlich erachten wir die Anwendung von Herbiziden nur als sinnvoll, wenn keine Alternative zur Verfügung steht.
Die Stockbehandlung hat sich am besten bewährt. Dabei wird das Herbizid mit einem Pinsel auf den Strunk aufgetragen. Nach der chemischen Bekämpfung empfehlen wir regelmässige Nachkontrollen, um allfällige Stockausschläge abzutreten und vitale Wurzelbrut auszureissen.
Biologische Bekämpfung
In Österreich wurde der Pilz Verticillium nonalfalfae in einem achtjährigen Forschungsprogramm zur biologischen Kontrolle des Götterbaums getestet. Bisherige Feldversuche und Versuche an Topfpflanzen verliefen vielversprechend und führten zum Absterben der Götterbäume. Aktuell ist die biologische Bekämpfung mittels V. nonalfalfae in der Schweiz nicht zugelassen.
Literatur
Verweise zu der im Text verwendeten Literatur befinden sich im Originalartikel (PDF).
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