2016 wurde die aus Nordamerika stammenden Douglasien-Gallmücke in Deutschland zum ersten Mal in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nachgewiesen. 2020 führte die Waldschutz-Abteilung der LWF eine Erhebung durch, um sich einen Überblick über die bislang in Bayern noch nicht nachgewiesene Douglasien-Gallmücke zu verschaffen. Das Ergebnis: Auch in Bayern ist diese Art bereits weit verbreitet.
Seit die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in größerem Umfang in Deutschland angebaut wird, steigt auch die Zahl der Tiere und Pilze, welche die Douglasie als Wirtsbaum nutzen. In der Anfangsphase handelte es sich vorrangig um Arten, die als "Trittbrettfahrer" aus ihrer nordamerikanischen Heimat mitgekommen waren: beispielsweise die Douglasien-Wolllaus (Gilletteella cooleyi), die Douglasien-Samenwespe (Megastigmus spermotrophus), die Rußige Douglasienschütte (Phaeocryptopus gaeumannii) und die Rostige Douglasienschütte (Rhabdocline pseudotsugae). Daneben entdecken aber auch heimische Insekten in zunehmendem Maße die Douglasie, darunter hauptsächlich rindenbrütende Borkenkäfer von Fichte, Kiefer und Lärche.
Douglasien-Gallmücke in Deutschland
Im Jahr 2016 kam in Deutschland ein weiterer Schaderreger, die Douglasien-Gallmücke (Contarinia pseudotsugae) dazu. Diese Gallmücke stammt aus dem Ursprungsgebiet der Douglasie und wurde noch im selben Jahr als Quarantäneschaderreger eingestuft. Seither hat sie sich jedoch in Deutschland ausgebreitet. 2019 wurde sie von der Liste der Quarantäneschädlinge gestrichen, da man feststellen musste, dass sie sich in Deutschland nicht mehr ausrotten lässt.
Die Douglasien-Gallmücke(n)
Die Douglasie ist der einzig bekannte Wirt der Douglasien-Gallmücke Contarinia pseudotsugae. Im Ursprungsgebiet der Douglasie kommen drei verschiedene Douglasiengallmücken (C. pseudotsugae, C. constricta, C. cuniculator) vor. Nach dem Nachweis von C. pseudotsugae in Belgien, Deutschland, Frankreich und Holland ist ein Vorkommen auch in anderen europäischen Ländern zu erwarten. Über das Auftreten der jeweiligen Arten in Deutschland ist wenig bekannt, da sich die Arten bisher nicht durch Sequenzierung (PCR) unterscheiden lassen und eine okulare Bestimmung aufwendig ist. Die Verbreitung erfolgt durch Pflanzen bzw. Schmuckreisig und Erde befallener Bäume.
Die Larven der Gallmücken bohren sich in die frisch ausgetriebenen Nadeln und verursachen dadurch eine Gallenbildung. Befallene Nadeln sind verdickt und häufig gebogen. Anfangs haben die Nadeln eine blasse Farbe, werden aber im Laufe des Sommers dunkler und nehmen bis zum Herbst eine rötlich-braune Farbe an. Befallene Nadeln fallen frühzeitig ab. Die Larven überwintern im Boden unter befallenen Bäumen. Im Frühjahr legen die Weibchen ihre Eier in die sich öffnenden Knospen. Innerhalb weniger Tage schlüpfen die Eilarven und bohren sich in die Nadeln, wo sie den ganzen Sommer über fressen. Im Herbst verlassen sie die Nadeln und verpuppen sich im Boden. Adulte Gallmücken haben einen orange-farbenen Hinterleib und werden etwa 3 mm groß. Nach dem Schlüpfen kann man sie auf den Nadelspitzen beobachten. Mit ihrer langen Legeröhre legen die Weibchen die Eier zwischen die Schuppen der sich öffnenden Knospe. Auch die Eier sind orange-farben.
Über das Flugvermögen gibt es keine gesicherten Daten. Die hauptsächliche Verbreitung erfolgt über Pflanzen, Schmuckreisig, Weihnachtsbäume und Erde von befallenen Pflanzen. Der zukünftige Einfluss der Douglasien-Gallmücken auf die Douglasie ist schwer vorherzusagen, aber es ist nicht auszuschließen, dass sie- insbesondere bei gleichzeitigem Auftreten der Rußigen Douglasienschütte, die ältere Nadeljahrgänge befällt – ein Problem für die Douglasie werden könnte.
Die Untersuchung
Bis 2020 gab es keinen offiziellen Nachweis von Contarinia pseudotsugae in Bayern. Im September 2020 veranlasste die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft daher eine Erhebung zum Nachweis der Douglasien-Gallmücke (Contarinia ssp.). An der Kontrollerhebung haben sich 32 Bayerische Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beteiligt. Dabei wurden zufällig gesammelte Douglasienzweige an die LWF geschickt und dort auf Befall durch die Gallmücke untersucht. Die Probennahme erfolgte im September, da zu diesem Zeitpunkt die einschlägigen Befallssymptome an der Douglasie am deutlichsten sichtbar sind. Zusätzlich wurden Daten zur Herkunft der Proben wie Alter, Beschirmung etc. abgefragt. Je Standort wurden ein bis sechs Proben gesammelt. Insgesamt schickten die Ämter 237 Zweigproben von 71 Probeorten ein.
Die Ergebnisse
In 135 Proben (57 % aller Einsendungen) konnten Douglasien-Gallmücken festgestellt werden. Contarinia-Gallmücken wurden auf 82 % der Probeorte gefunden. Dabei war an 24 von 58 Probeorten sogar ein starker Befall zu verzeichnen. Die räumliche Verteilung der Probeorte zeigt die Karte unten. Keine Korrelation gab es zwischen dem Alter der Douglasien und dem Gallmücken-Befall, vielmehr kam Contarinia ssp. in allen Altersklassen vor. Die Ergebnisse zeigen, dass die Douglasien-Gallmücke in Bayern angekommen ist und dass davon auszugehen ist, dass sie sich flächendeckend etabliert hat.
Da es sich a) um kein standardisiertes Probeverfahren handelt, b) möglicherweise vor allem geschädigte Zweige gesammelt wurden und c) nicht flächendeckend Proben genommen wurden, müssen die Ergebnisse zurückhaltend interpretiert werden.
Die Folgerungen
Die Douglasien-Gallmücken (Contarinia ssp.) sind in Bayern angekommen und es ist davon auszugehen, dass sie sich flächendeckend etabliert haben. Bisher wurden in Europa durch die Douglasien-Gallmücken noch keine schweren Schäden verursacht. Es ist aber absehbar, dass es zunehmend Befall in Baumschulen, Wäldern, Parks und Gärten geben wird. Im Wald in Bayern werden sich diese Schäden in Grenzen halten, da die Douglasie nur mit 0,6 % an der Baumartenzusammensetzung beteiligt ist.
Es ist damit zu rechnen, dass auch in Zukunft weitere Anpassungsprozesse einheimischer Insekten an die Douglasie ablaufen werden. Bei einer Erhöhung des Douglasien-Anteils im Zusammenhang mit der Klimadebatte sind daher auch bei dieser Baumart neue Herausforderungen für den Waldschutz zu erwarten.