Invasive und darunter v.a. die durch die EU geregelten Schadorganismen (Quarantäne-Schadorganismen) werden aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung in der Abteilung Waldschutz der FVA seit einigen Jahren in einem separaten Fachgebiet bearbeitet. Als invasiv gebietsfremd werden im Pflanzenschutz Schadorganismen bezeichnet, die in Lebensräume außerhalb ihrer natürlichen Verbreitung i.d.R. unbeabsichtigt eingebracht werden und das Potential für eine Etablierung und Ausbreitung besitzen. Sofern von ihnen darüber hinaus eine Schadwirkung auf die heimische Umwelt ausgeht, können sie einen Quarantäne-Status erhalten, woraus amtlich vorgeschriebene Überwachungs- und Eingrenzungsmaßnahmen resultieren.
Für alle auf der Grundlage europäischen und nationalen Rechts geregelten Schadorganismen besteht eine Verpflichtung zur Durchführung von geeigneten Überwachungsmaßnahmen. Die durch die FVA in den Wäldern Baden-Württembergs dazu aktuell durchgeführten Monitorings tragen zu einem Teil präventiven, zu einem anderen Teil aber auch operativen Charakter. Die Erhebungen zu einem Schadorganismus sind präventiv, soweit über dessen Vorkommen in einem Gebiet noch keine Hinweise existieren, aber ein erhöhtes Risiko dafür besteht. Möglichen Einschleppungen und daraus resultierenden Schäden kann somit vorgebeugt werden. Operativ ist ein Monitoring hingegen, wenn ein Schadorganismus bereits amtlich bestätigt ist. Die Überwachungsmaßnahmen dienen dann einerseits der Abschätzung des tatsächlichen Befalls- und des davon abzuleitenden Quarantänegebietes sowie andererseits der Erfolgskontrolle nach wiederhergestellter Befallsfreiheit. Die Erhebungen zu den geregelten Schadorganismen sind entweder in das allgemeine Waldschutz-Meldewesen integriert und werden dann im Rahmen der jährlichen Berichtspflicht bei den Landratsämtern abgefragt (Waldschutz-Meldungen) oder sie werden gesondert im Rahmen spezifischer Notfallpläne und vorgegebener Monitoring-Programme von der FVA durchgeführt.
Nachfolgend werden einige ausgewählte Monitorings zu invasiven Schadorganismen in Baden-Württemberg vorgestellt und erläutert.
Abb. 2: Stammsegment eines eingeschlagenen Probebaumes mit Befallsverdacht wegen Ein- und Ausbohrlöchern.
Operatives und präventives Monitoring zum Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALB)
In Weil am Rhein besteht seit dem Jahr 2012 eine Quarantänezone mit einem Radius von zwei Kilometern, nachdem im Hafengebiet zunächst Larvalstadien in befallenen Bäumen und später auch Vollkerfe festgestellt worden waren. Die FVA ist innerhalb der Quarantänezone für das forsthoheitliche Territorium zuständig. In Weil am Rhein sind sowohl Privat- als auch Kommunal- und Staatswälder in der Kontrollzone 500 bis 2.000 m betroffen. Entsprechend dem EU-Durchführungsbeschluss (2015/893/EG) über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung und Ausbreitung von A. glabripennis ist in dem Gebiet ein intensives Symptom-Monitoring an den Wirtsbäumen vom Boden aus durchzuführen (Abb. 3).
Abb. 3: Quarantänegebiet in Weil am Rhein mit den dargestellten Waldflächen unterschiedlicher Besitzform, die sukzessiv quartierweise kontrolliert werden. Zum Vergrößern bitte anklicken.
Abb. 4: Systematische Darstellung des modifizierten (erweiterbaren) Monitorings zum ALB in Waldgebieten.
Da erstmals in Deutschland größere Waldflächen von den Notmaßnahmen betroffen sind, deren Aufwand sich im Vergleich zum Offenland bzw. urbanen Bereichen unterscheidet, konnte in der aktuellen Fassung der deutschen ALB-Leitlinie eine Modifizierung für das Monitoring im Wald erzielt werden. Die Methodik sieht nunmehr eine Vollaufnahme der prädestinierten Wirtsbaumarten in numerisch dem Gebiet angepassten 6-Baum-Stichproben vor, die entlang von Transekten auf Hilfsradien in der Untersuchungszone einzurichten sind und dabei durch die Kreisform des Quarantänegebietes eine systematische Abnahme der flächenbezogenen Stichprobenanzahl mit zunehmender Entfernung vom Befallszentrum gewährleisten (Abb. 4).
Im Sommer 2015 wurde im nahegelegenen Grenzach an einer Weide im Uferbereich des Rheins ebenfalls ein bis dahin nicht bekannter Befall durch den ALB nachgewiesen. Da die festgestellten Stadien des Käfers sich jedoch nicht mehr in einem lebenden Zustand befanden, zieht der Fund nicht unmittelbar die Ausweisung einer Quarantänezone nach sich. Vielmehr findet zunächst ein intensives Monitoring zur Befallsfeststellung in einem 1 km-Radius um den Befallspunkt statt. Allerdings befinden sich in Grenzach bereits größere Waldflächenanteile (ca. 10 ha) auch in der dem Befallspunkt nahe gelegenen Zone 100 bis 500 m, in der nach den EU-Vorgaben ein intensives Monitoring in den Baumkronen vorgesehen ist (Einsatz von Baumkletterern). Wiederum konnte für den Spezialfall "Wald" eine risikoorientierte Methodenanpassung erwirkt werden. Anstelle der geschätzten 3.000 Bäume in der 500 m-Zone werden nunmehr 100 % des dem Bafallszentrum exponierten Waldrandes bis in eine Tiefe von 30 m (Abb. 5) dem intensiven Kronenmonitoring unterzogen (ca. 1.000 Bäume).
Sowohl die Baumkletterer als auch das Bodenpersonal dokumentieren die baumweise Symptomkontrolle sorgfältig. Sofern sich Verdachtsmomente ergeben, werden diese durch noch eingehendere Untersuchungen, einschließlich gezielter Beprobungen, überprüft. Die gewonnenen Proben werden im Waldschutz-Labor der FVA entomologisch und gegebenenfalls molekulargenetisch untersucht. Da sich insbesondere bei sehr jungen Larvalstadien eine exakte Detektion anhand morphologischer Merkmale als schwierig erweist bzw. sogar unmöglich ist, stellt die PCR-gestützte Identifizierung eine wichtige Ergänzung dar.
Die in Weil am Rhein und in Grenzach stattfindenden Monitorings sind operativer Qualität. Darüber hinaus beteiligt sich die FVA seit dem Jahr 2015 aber auch an einem präventiven ALB-Monitoring im Rahmen der kürzlich erweiterten EU-Monitoringprogramme. Hierfür werden in ausgewählten Risikogebieten des Landes stichprobenweise Kontrollgänge und Beprobungen vorgenommen, ohne dass konkrete Indizien für einen Befall vorliegen.
Abb. 5: Monitoring-Gebiet in Grenzach mit markiertem Kronenmonitoring-Bereich (Waldsaum) in der 500 m-Zone. Zum Vergrößern bitte anklicken.
Präventives Monitoring zum Kiefernholznematoden (Bursaphelenchus xylophilus)
In der Konsequenz des erstmaligen Befallsnachweises für Europa (Portugal, 1999) wurde im Jahr 2000 auch für Deutschland ein jährliches Monitoring zu Bursaphelenchus xylophilus verpflichtend. Der auf der Grundlage des Durchführungsbeschlusses 2012/535/EU phytosanitär geregelte Kiefernholznematode (KHN) zählt zu den weltweit gefährlichsten Schadorganismen an der Baumgattung Pinus. Über Vektorkäfer der Gattung Monochamus (in Europa M. galloprovincialis) gelangt der aggressive Fadenwurm in das Holz gesunder Bäume, die in der Folge physiologische Reaktionen zeigen und Welkesymptome ausbilden. In Kombination mit sommerlichem Hitzestress können befallene Bäume innerhalb weniger Monate absterben.
Das in Baden-Württemberg durch die Abteilung Waldschutz der FVA präventiv durchgeführte Monitoring ist risikoorientiert. Als Risikostandorte gelten neben dem grundsätzlichen Vorkommen anfälliger Wirtsbaumarten v.a. Lager- bzw. Umschlagplätze für Importwaren mit Verpackungsholz (Binnen- und Flugplätze) sowie die Hauptverkehrswege. Insbesondere Exporte aus Ländern mit nachgewiesenem KHN-Vorkommen wie China, Japan, Taiwan, Nordamerika oder Portugal stehen im Fokus der Überwachungsmaßnahmen.
Die insgesamt 37 alljährlich in den Sommermonaten beprobten Beobachtungspunkte sind über die gesamte Landesfläche mit Schwerpunkten in der Rheinebene, im Neckarland und am Bodensee verteilt (Abb. 6). Für die am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) molekulargenetisch durchgeführten Laboranalysen dienen repräsentativ aus dem Stammbereich eingeschlagener Kiefern gewonnene Sägespanproben (je 300 g). Die erforderlichen Probefällungen erfolgen dabei an symptomatischen Bäumen. Die Auswertung der Laborergebnisse erbrachte für Baden-Württemberg bislang ausschließlich negative Befunde.
Abb. 6: Probepunkte des Kiefernholznematoden-Monitorings in Baden-Württemberg. Zum Vergrößern bitte anklicken.
Operatives Monitoring zur Dothistroma-Nadelbräune an Kiefern
Der Erreger der Dothistroma-Nadelbräune an Kiefern (Synonym: Kiefernnadelbräune) ist durch die Pflanzenquarantäne-Richtlinie 2000/29/EG im Anhang II (Einfuhr- und Verbringungsverbot für Quarantäne-Schadorganismen an bestimmten Pflanzen) gesetzlich geregelt. Die Regelungen innerhalb der EU betreffen v.a. die Produktion und den Handel mit Pflanzware (Baumschulbetriebe). Der Pilz zählt zu den gefährlichsten Pathogenen an Kiefern in der Südlichen Hemisphäre und verursacht in Europa bedeutende Schäden v.a. an der Schwarz-Kiefer (Pinus nigra) und an der Berg-Kiefer (P. mugo); z.T. werden auch P. sylvestris und in seltenen Fällen Pseudotsuga menziesii, Larix decidua oder Picea abies befallen.
Nach dem Erstnachweis des Erregers für den Wald in Baden-Württemberg im Jahr 2014 wurden zunächst die befallenen Bestände mit Pinus nigra bzw. P. ponderosa eingeschlagen und deren infektiöses Material vollständig vernichtet sowie anschließend ein Monitoring installiert. Seit dem Jahr 2015 werden alle potentiellen Wirtsbäume in einem 150 m-Gürtel sowie alle Bestände mit Schwarz-Kiefer (Hauptwirt) in einem erweiterten 3 km-Radius um den Mittelpunkt der ehemaligen Befallsherde jährlich zweimal (Frühjahr und Herbst) kontrolliert und gegebenenfalls beprobt (Abb. 7).
Abb. 7: Methodik des Monitorings zur Dothistroma-Nadelbräune am Beispiel des Befallsgebietes Durmersheim. Zum Vergrößern bitte anklicken.