Im klassischen Waldbau nutze man den Vorwald, um die Hauptbaumarten zu etablieren. Im Zuge der Jungbestandspflege bei gesichertem Hauptbestand wurden die Vorwaldbaumart dann geringelt oder gefällt und im Bestand belassen. Das Holz entnahm man in der Regel aus Kosten- und Pfleglichkeitsgründen nicht.
Daraus ergeben sich folgende Anforderungen für die Ernte des Vorwaldschirmes:
- Die Ernte des Schirms muss ohne größere Schäden am unterständigen Hauptbestand und am Boden erfolgen.
- Für die Nutzung ist eine wirtschaftliche Bereitstellung des schwach dimensionierten Holzes erforderlich.
Weitere Artikel zum Projekt auf waldwissen.net:
- Vorwald – Biomasse für Energie und Industrie
- Wachstum von Pappeln im Vorwald
- Vorwälder fördern die Bodenfruchtbarkeit
- Energie-Vorwälder: Kooperative Geschäftsmodelle
Ernteverfahren im Energievorwald
Drei Grundtypen von Verfahrensvarianten zur Bereitstellung von Hackschnitzeln aus Vorwäldern sind denkbar (Abb. 1):
- Entkoppeltes Verfahren: Einschlag und Konzentration der geernteten Bäume an der Gasse übernimmt ein Vollernter, das Rücken erfolgt mittels Tragschlepper zur Forststrasse.
- Teilkombiniertes Verfahren: Einsatz einer Kombination aus Vollernter und Tragschlepper. Dieser Maschinentyp vereint die Arbeitsschritte Fällen, Ablegen im Rungenkorb und Rücken des Materials zur Forststrasse. Das Vorkonzentrieren an der Gasse entfällt.
- Kombiniertes Maschinensystemen mit integriertem Hacker. Die Arbeitsschritte vom Fällen bis zum Hacken erfolgen auf der Rückegasse. Dieses Verfahren ist wegen seines Kombinationsgrades weniger flexibel, nicht zuletzt durch das relativ höhere Eigengewicht der Maschine.
Bei Abständen der Rückegassen von mehr als 20 m ist in den Zwischenblöcken ein Vorliefern als weiterer Arbeitsschritt notwendig. Ein Zufällen der Laubhölzer würde hier zu großen Schäden führen, daher erscheint motormanuelles Fällen mit dickörtigem Vorliefern als Verfahren der Wahl.
Ernteversuche
Abb. 2: Tragschlepper mit Sammelaggregat bei der Versuchsbeerntung.
Abb. 3: Rückepferd beim Vorliefern der angelehnten Bäume.
Eine Versuchsbeerntung wurde im Forstamt Simmern, Rheinland-Pfalz, durchgeführt. Für die Versuchsbeerntung standen 19-jährige Vorwaldflächen mit Aspen und Birken zur Verfügung. Sie erreichten bis zum Erntezeitpunkt mittlere Durchmesser zwischen 14–21 cm und Mittelhöhen zwischen 13–19 m. Die Zielbaumart Eiche war zum Zeitpunkt der Beerntung 3–4 m hoch.
Das teilkombinierte Arbeitsverfahren wurde im Vorfeld der Untersuchung als besonders pfleglich eingestuft und wurde daher für folgende Untersuchung näher betrachtet.
Um auch Aussagen für Rückegassenabstände größer 20 m treffen zu können, wurde die Versuchsbeerntung in zwei Teilschritte aufgeteilt:
- Mechanisiert: Zur Anwendung kam eine kombinierte Maschine, bestehend aus einem Tragschlepper ausgestattet mit Fäller-Bündler-Aggregat. Der gesamte Versuchsbestand war im Kranbereich von 10 m mit einer Erschließung von 20 m beerntbar. Ein wichtiger Vorteil bestand darin, dass die Kombinationsmaschine die zu erntenden Vollbäume direkt nach dem Trennschnitt stehend zur Maschine führen und im Rungenkorb ablegen konnte (Abb. 2).
- Vorliefern: In diesem Teilschritt wurde ein besonders pflegliches Verfahren des Fällens und Vorrücken mittels Rückepferd getestet (Abb. 3).
Schäden am Folgebestand
In den Versuchen wurden die Schäden für die beiden Teilschritte des Arbeitsverfahrens getrennt quantifiziert. An der Zielbaumart Eiche wurden mit Rindenschäden, Astverluste, Schaftbrüche, Neigungen und Totalverluste verschiedene Schadensarten ausgewiesen und zudem die Schadintensität erhoben. Die häufigste Schadensart waren Astverluste, die im Teilschritt "Vorliefern" durch Fällvorgänge entstanden. Bei Vorliefern wurden ebenfalls Schäden wie Schaftbrüche und Rindenschäden häufiger gefunden. Bei der mechanisierten Beerntung dagegen traten verstärkt Astverluste und schief gestellte Bäume (Neigungen) auf, die aus den Kranbewegungen resultierten. Betrachtet man bei Mechanisierung nur die Bereiche außerhalb der Gassen, so wurden äußerst geringe Schäden an den Eichen verursacht.
Bei Betrachtung der Schadintensität (Abb. 4) zeigt sich, dass in beiden Teilschritten nur wenig stark geschädigte oder gänzlich ausgefallene Bäume zu finden waren. Betrachtet man diesbezüglich die räumliche Verteilung (Abb. 5) so wird deutlich, dass im Teilschritt Vorliefern starke Schädigungen und Totalausfälle bei den Eichen mehr über die Fläche verteilt waren als bei der mechanisierten Ernte. Diese verursachte dagegen vor allem Schäden auf bzw. im Nahbereich entlang der Rückegassen.
Insgesamt waren die Schäden so gering, dass der freigestellte Hauptbestand durch die Erntemaßnahmen nicht gefährdet wurde. Auch für dichtere Pflanzverbände ist davon auszugehen dass mit dem Ernteverfahren eine ausreichende Bestockung erhalten bleibt.
Abb. 4: Anteile der Schadintensität an unterständigen Eichen auf den Vorlieferflächen und auf den mechanisiert geernteten Flächen mit und ohne Berücksichtigung der Anlage von Rückegassen.
Abb. 5: Räumliche Verteilung der Schäden beim Vorliefern und im Kranbereich bei mechanisierter Beerntung.
Abschätzung der Wirtschaftlichkeit
Die Größe der beernteten Flächen ließ lediglich Aussagen zu den reinen Arbeitzeiten zu. Sie wurden der geernteten Biomasse gegenübergestellt und daraus die Systemkosten ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass im Teilschritt der mechanisierten Beerntung kostendeckend gearbeitet werden konnte. Kombiniert man die Teilschritte "Mechanisiert" und "Vorliefern" gedanklich und geht von einem Vorliefern auf 50 % der Fläche aus (z. B. bei 40 m Gassenabstand), so liegen die Gesamtkosten für die Produktion von Waldhackschnitzeln ebenfalls noch unter den nach c.a.r.m.e.n 2010 erzielbaren Preisen. Interessant kann je nach Dimension der geernteten Bäume die Aushaltung eines stofflich nutzbaren Sortiments sein. Da Sammelaggregate auch mit Entastungsfunktion angeboten werden, wäre dies beim getesteten Arbeitsverfahren ohne größeren Mehraufwand möglich. Entscheidend für die Nutzung als Industrieholz sind letztendlich die Durchmesserverteilung des Vorwaldbestandes und die regionalen Preisunterschiede zwischen Energie- und Industrieholz
Waldbauliche Konsequenzen für Energie-Vorwälder
- Eine Beerntung von Vorwäldern mit Schwachholzdimensionen kann trotz vorhandenem Unterstand gewinnbringend und bestandesschonend durchgeführt werden. Einer waldbaulichen Optimierung des Vorwaldsystems steht aus erntetechnischer Sicht nichts im Wege.
- Ein gleichmäßiger Anbau von Vorwaldbaumarten über die ganze Fläche stellt besonders hohe Anforderungen an die Pfleglichkeit des Ernteverfahrens. Andere Verteilungen mit einer Konzentration der Vorwaldbäume auf bestimmte Flächenteile sind vorteilhafter.
- Für andere Zielbaumarten können nur bedingt Schlüsse aus diesen ersten Ergebnissen gezogen werden. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig.
- Dicht gesäte Vorwaldbestände konnten im Versuch bei mechanisierter Ernte ähnlich effizient und pfleglich genutzt werden wie weit gepflanzte Bestände. Geringere Stück-Massen der Bäume erbrachten keine deutlich geringere Ernteleistung verbunden mit einem Kostenanstieg. Für die Produktion zusätzlicher Stammholz- und Industrieholzsortimente, die oft höhere Erlöse erzielen, ist eine Pflanzung allerdings vorteilhafter.