Umweltbedingungen ändern sich kontinuierlich

Das Forstliche Umweltmonitoring ist aus den Untersuchungen der Waldschäden zu Zeiten des sauren Regens entstanden und blickt mittlerweile auf eine 40-jährige Geschichte zurück. Die Aufnahmereihen spiegeln somit auch wider, wie sich die Waldökosysteme über die Zeit verändert haben.

Die damaligen massiven Waldschäden waren unübersehbar: In den 1980er-Jahren wurden daher politische Maßnahmen ergriffen, um die versauernden Einträge in die Wälder zu minimieren. Mit Erfolg, die Maßnahmen führten zu einer deutlichen Erholung der Wälder. In den vergangenen Dürrejahren (seit 2018) hat sich der Waldzustand aller vier Hauptbaumarten allerdings wieder rapide verschlechtert. Heute (Stand 2024) stellt sich die dringliche Frage, ob wir auch erfolgreich in der Eindämmung des Klimawandels sein werden. Die aktuellen Schäden übertreffen in bestimmten Regionen und für einige Baumarten das damalige Ausmaß des Waldsterbens. Auch das Ausmaß und die Geschwindigkeit der aktuellen Klimaveränderungen sind in der Geschichte des Forstlichen Umweltmonitorings einmalig. Fest steht, dass die Reduzierung der CO2-Emissionen notwendig ist, um den menschengemachten Klimawandel abzumildern und damit den Zustand des Waldes zu stabilisieren.

Vernetzung für komplexe Fragen

Grundsätzlich werden im Forstlichen Umweltmonitoring folgende Messnetze angewandt und unterschieden:

• Level I: Waldflächenrepräsentative Übersichtserhebungen auf einem systematischen Stichprobenraster (Waldzustands- und Bodenzustandserhebungen)

• Level II: Untersuchung von ausgewählten Waldökosystemen mit erhöhter Messintensität (Intensives Forstliches Umweltmonitoring)

• Level III: Erforschung der Auswirkungen von Waldbewirtschaftungsmaßnahmen auf den Nährstoff- und Wasserhaushalt von Wäldern (Experimentalflächen)

Die Verknüpfung und Kombination aller drei Messnetze (Level I, II und III) eröffnet die Möglichkeit, Ergebnisse aus dem Forstlichen Umweltmonitoring auf Waldflächen ohne direkte Beobachtungen zu übertragen (Regionalisierung). Dies ist besonders zweckmäßig, wenn es um die Beantwortung von komplexen forst- und umweltpolitischen Fragen geht. Die methodischen Instrumente des Intensiven Forstlichen Umweltmonitorings sind europaweit nach den Grundsätzen des ICP Forests (2016) harmonisiert.

Beispiel Waldzustandserhebung

Die Waldzustandserhebung (WZE) ist Teil des Forstlichen Umweltmonitorings. Sie liefert seit mittlerweile 40 Jahren als Übersichtserhebung umfassende Daten. In den jährlichen, für jedes einzelne Bundesland erscheinenden Waldzustandsberichten wird über die Vitalität der Waldbäume unter sich ändernden Umweltbedingungen sowie über die Belastungs­faktoren der Waldökosysteme informiert. Die NW-FVA erstellt diese Berichte im Auftrag der zuständigen Ministerien ihrer Trägerländer Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt.

Das Stichprobenraster der Waldzustandserhebung ist darauf ausgelegt, die gegenwärtige Situation des Waldes landesweit repräsentativ abzubilden. Im Ergebnis zeigt sich ein Gesamtbild des Waldzustandes für das jeweilige Bundesland. Die Stichprobe der Waldzustandserhebung vermittelt also ein zahlenmäßiges Bild, welchen Einfluss Stürme, Witterungsextreme oder Insekten- und Pilzbefall auf den Wald hatten. Lokale Befunde, wie sturmgefallene Bäume oder ein extremer Befall der Kiefer durch Pilze, können allerdings von dem landesweiten Ergebnis abweichen. Die Auswertungen des Rasternetzes sind dabei für verschiedene Fragestellungen repräsentativ.

Methodik und Durchführung

Die Erhebung des Waldzustands erfolgt in den Sommermonaten. Sie wird mit qualitäts­sichernden Maßnahmen sorgfältig überprüft.

Aufnahmeumfang: Die Waldzustandserhebung erfolgt auf mathematisch-statistischer Grundlage. Auf einem systematisch über der Landesfläche verteilten Rasternetz werden an jedem Erhebungspunkt Stichprobenbäume begutachtet. Die Rasterweite des landesweiten Stichprobennetzes beträgt 8 km x 8 km. In bestimmten Fällen wird das Raster auf 4 km x 4 km verkleinert.

Aufnahmeparameter: Bei der Waldzustandserhebung erfolgt eine visuelle Beurteilung des Kronenzustandes der Waldbäume, denn Bäume reagieren auf Umwelteinflüsse u. a. mit Änderungen in der Belaubungsdichte und der Verzweigungsstruktur. Wichtigstes Merkmal ist die Kronenverlichtung der Waldbäume, deren Grad für jeden Stichprobenbaum in 5 %-Stufen erfasst wird.

Kronenverlichtung – wichtig ist der Trend

Die Kronenverlichtung wird unabhängig von den Ursachen bewertet. Sie ist ein unspezifisches Merkmal, aus dem nicht unmittelbar auf die Wirkung von einzelnen Stressfaktoren geschlossen werden kann und daher geeignet, allgemeine Belastungsfaktoren der Wälder aufzuzeigen. Bei der Bewertung der Ergebnisse stehen nicht die absoluten Verlichtungswerte im Vordergrund, sondern die mittel- und langfristigen Trends der Kronenentwicklung. Zusätzlich zur Kronenverlichtung werden weitere sichtbare Merkmale an den Probebäumen wie der Vergilbungsgrad der Nadeln und Blätter, die aktuelle Fruchtbildung sowie Insekten- und Pilzbefall erfasst. Als stark geschädigt werden Bäume mit Kronenverlichtungen über 60 % (inkl. abgestorbener Bäume) sowie Bäume mittlerer Verlichtung (30 % bis 60 %), die zusätzlich Vergilbungen über 25 % aufweisen, bezeichnet. Das Auftreten dieser „starken Schäden“ ist deshalb bedeutsam, da bei derart geschwächten Kronen von einer eingeschränkten Wasser- und Energieversorgung des Baums ausgegangen werden kann. Das führt zu einer schlechteren Erholungsfähigkeit verglichen mit geringer geschädigten Bäumen.

Absterberate und Ausfallrate

Absterberate

Die Absterberate ergibt sich aus den Bäumen, die zwischen der letzten und der aktuellen Erhebung abgestorben sind und noch am Stichprobenpunkt stehen, bezogen auf die im Vorjahr noch lebenden Bäume. Durch Windwurf und Durchforstung ausgefallene Bäume gehen nicht in die Absterberate, sondern in die Ausfallrate ein.

Ausfallrate

Das Inventurverfahren der WZE ist darauf ausgelegt, die aktuelle Situation der Waldbestände unter realen (Bewirtschaftungs-)Bedingungen abzubilden. Daher scheidet in jedem Jahr ein Teil der Stichprobenbäume aus dem Aufnahmekollektiv aus. Der Ausfallgrund wird für jeden Stichprobenbaum dokumentiert. Gründe für den Ausfall sind u. a. Durchforstungs­maßnahmen, methodische Gründe (z. B. wenn der Stichprobenbaum nicht mehr zu den Baumklassen 1 bis 3 gehört), Sturmschäden oder außerplanmäßige Nutzung aufgrund von Insektenschäden. Dort, wo an den WZE-Punkten Stich­proben­bäume ausfallen, werden nach objektiven Vorgaben Ersatzbäume ausgewählt. Sind aufgrund großflächigen Ausfalls der Stichproben­bäume keine geeigneten Ersatzbäume vorhanden, ruht der WZE-Punkt, bis eine Wiederbewaldung vorhanden ist.

 

Aktuelle Ergebnisse

Der aktuelle Waldzustand (Stand 2023) lässt einen deutlichen Einfluss des Klimawandels erkennen. Die Fichte verschwindet zunehmend aus dem Waldbild, aber auch die anderen drei Hauptbaumarten Buche, Eiche und Kiefer haben mit einem schlechten Kronen­zustand auf die aufeinander­folgenden Dürrejahre reagiert und werden zunehmend von Schädlingen befallen. Am wenigsten betroffen ist die an trockene Bedingungen angepasste Kiefer. Auch für die Eiche gibt es Hoffnung, da sie eine wahre Anpassungs­künstlerin an die verschiedensten Umweltbedingungen ist.

 

Zusammenfassung und Ausblick

Durch die Waldzustandserhebung werden der aktuelle Waldzustand dokumentiert und mögliche Einflussfaktoren identifiziert. Mit Hilfe dieses Instruments können auf diese Weise rechtzeitig  Maßnahmen ergriffen werden, um die Waldfunktionen und die Ökosystem­leistungen für heutige und künftige Generationen zu sichern. Bisher standen die vier Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche im Fokus der Waldzustands­erhebung. Der voranschreitende Klimawandel beschleunigt den Waldumbau hin zu Mischwäldern mit einem hohen Laubholzanteil. Durch die veränderte Baumarten­zusammensetzung in unseren Wäldern verändern sich auch die jährlich aufgenommenen Baumarten. So kann die Waldzustandserhebung die Eignung weiterer Baumarten im Klimawandel „live“ mitverfolgen.