Um den Wald effizient bewirtschaften zu können, braucht es eine zeitgemässe Erschliessung mit Waldstrassen, insbesondere für die Holzernte und den Holzabtransport. Dies bedeutet, dass die Strassen idealerweise mit 5-Achs-Lastwagen (40-Tonnern) befahrbar sein sollten. Die Fahrbahn der Strassen sollte mindestens 3,5 m breit sein (2,55 m Lastwagenbreite plus Sicherheitsstreifen), und Kurven sollten bei einem minimalen Radius von 10 m eine Fahrbahnbreite von 5,5 m aufweisen.

Für die Beanspruchung des Oberbaus ist die Achslast massgebend. Deshalb muss der Oberbau bei Strassen für Lastwagen mit einem höheren Gesamtgewicht nicht stärker dimensioniert sein als für solche mit geringerem Gesamtgewicht. Der Oberbau ist darum meist auch nicht der limitierende Faktor. Oft sind es Kunstbauten wie Brücken, bei denen das Gesamtgewicht der Lastwagen massgebend ist, oder Aspekte der Strassengeometrie wie zu kleine Kurvenradien, zu schmale oder zu steile Strassen, die den Einsatz von grösseren Lastwagen beschränken. Kann eine Strasse nur mit kleinen und leichten Lastwagen befahren werden, verteuert dies den Holzabtransport erheblich.

Situation in der Schweiz

Die Erschliessung des Waldes entspricht in der Schweiz nicht überall den Anforderungen für eine effiziente und rationelle Holzernte. Mängel zeigen sich insbesondere in den Alpen und auf der Alpensüdseite. Neben Schwachstellen im Waldstrassennetz gibt es auch Begrenzungen bei den Kantonsstrassen, die den Holzabtransport einschränken.

Bisher gab es keine flächige Beurteilung der Walderschliessung nach einer einheitlichen, nachvollziehbaren Methodik für die ganze Schweiz. Wir stellen hier eine solche Methodik vor und präsentieren einen Überblick über den Zustand der Walderschliessung in der Schweiz. Basierend auf dieser Methodik kann man auch abschätzen, wie viel Holz wo und zu welchen Kosten verfügbar ist, und daraus einen Handlungsbedarf ableiten.

Methodik und Analysekonzept

Grundlage für die Beurteilung der Walderschliessung war das im Landesforstinventar (LFI) aufgenommene Waldstrassennetzwerk, das seit der vierten Inventur (2009–2017; LFI4) auch Informationen über die Tragfähigkeit und die Geometrie der Waldstrassen bis zu ihrem Anschlusspunkt an das übergeordnete Hauptstrassennetz, den sogenannten Sammelpunkt, enthält.

Die Strassen wurden anhand von Gewichtslimiten klassiert, aus denen der einsetzbare Lastwagentyp (Lastwagen, Anhängerzug oder Sattelzug) mit zwei bis fünf Achsen abgeleitet werden kann. Die Beurteilung selbst erfolgte nach einem konzeptionellen Modell, das sich aus drei Schritten zusammensetzt:

  1. der Analyse, welches Holzerntesystem auf jeder einzelnen Waldparzelle von 10 × 10 m Grösse eingesetzt werden kann («technische Machbarkeit der Erntesysteme»),
  2. der Suche nach der besten Abtransportroute für das auf der jeweiligen Parzelle geerntete Holz und
  3. der Zuweisung jeder Waldparzelle zu einer Erschliessungsgüteklasse aufgrund der Schritte 1 und 2.

1. Technische Machbarkeit der Erntesysteme

Ziel des Schrittes «Machbarkeit der Erntesysteme» war es, für jede Waldparzelle alle Umschlagpunkte vom Gelände- zum Strassentransport zu identifizieren, von denen aus die Parzelle erreichbar ist, und jedem dieser sog. Landings ein Erntesystem zuzuweisen.

Für den Geländetransport wurden boden- und seilgestützte Systeme berücksichtigt. Bei Letzteren wurde zwischen Mobilseilkran und konventionellem Seilkran unterschieden. Der Mobilseilkran kann in unserem Modell eine maximale Länge (Schrägdistanz) von 1000 m aufweisen, der konventionelle Seilkran eine solche von 1500 m. Für den Einsatz der Seilsysteme wird eine Basiserschliessung vorausgesetzt, die mit mindestens 18 t (2-Achs-Lkw) befahrbar ist.

Ein zentrales Element in diesem Schritt war die Modellierung der Erreichbarkeit der Waldparzellen mittels Seilkränen (Abb. 2). Dafür wurden auf jenen Strassenstücken, die für Landings infrage kommen, im Abstand von etwa 30 m einzelne Landings ausgeschieden (a). Von jedem Landing aus wurden kreisförmig potenzielle Seillinien angelegt (b), und für jede einzelne Seillinie wurden deren Machbarkeit und deren maximale Seillinienlänge evaluiert (c).

Die maximale Linienlänge wird durch die Länge des Tragseils, die Hindernisse im Längenprofil und die physikalische Machbarkeit (Topografie) limitiert. Als Hindernisse gelten Objekte, über die keine Seillinie gespannt werden kann, wie Siedlungen, Hochspannungsleitungen, Seilbahnen, Eisenbahnlinien und wichtige Strassen. Da die Topografie für jede einzelne Seillinie geprüft wurde, wurden auch Kreten erkannt (Abb. 2c).

Selbstverständlich wurde in diesem Schritt auch modelliert, ob auf einer Waldparzelle das Holz mit bodengestützten Systemen, zum Beispiel vollmechanisiert mit Vollernter und Forwarder oder teilmechanisiert mit Motorsäge und Schlepper, geerntet werden kann. Dazu wurde die Bodentragfähigkeit aus der Bodeneignungskarte der Schweiz herausgelesen und die maximale Steigfähigkeit der Fahrzeuge für die verschiedenen Böden gutachtlich hergeleitet.

Durch Vergleich der maximalen Steigfähigkeit mit der maximalen Hangneigung wurden die befahrbaren Parzellen ermittelt. Mangels Daten konnte die Oberflächenrauigkeit, die neben Hangneigung und Bodentragfähigkeit die Befahrbarkeit bestimmt, nicht einbezogen werden. Dies dürfte jedoch nur zu einer geringfügigen Überschätzung des Flächenanteils für bodengestützte Systeme führen. Zum Schluss wurde geprüft, ob die einzelnen befahrbaren Parzellen auch mit einer Strasse verbunden sind.

2. Bestimmung der besten Abtransportroute

Der zweite Schritt hatte zum Ziel, die beste Abtransportroute für das in einer Waldparzelle anfallende Holz von den ermittelten Landings zum Sammelpunkt beim Anschluss der Waldstrassen an das Hauptstrassennetz zu finden. Die Transportroute wurde jeweils so gewählt, dass in erster Priorität die Gewichtslimiten beim Abtransport möglichst hoch sind und in zweiter Priorität die Distanz zwischen Landing und Sammelpunkt möglichst kurz ist (Abb. 3). Weil eine Waldparzelle von mehreren Landings erreicht werden kann, die zudem auf unterschiedlichen Waldstrassen liegen können, ergeben sich je nach gewähltem Landing unterschiedliche Ernte- und Transportkosten.

3. Zuweisen der Güte der Erschliessung

Der dritte Schritt diente dazu, jede Waldparzelle hinsichtlich ihrer Erschliessungsgüte zu bewerten. Aufgrund der Erntesysteme und der Gewichtslimiten beim Abtransport wurden drei Güteklassen definiert:

  1. Die Erschliessung erlaubt eine effiziente Bewirtschaftung nach dem heutigen Stand der Technik,
  2. die Erschliessung ist bedingt tauglich für eine effiziente Bewirtschaftung,
  3. eine effiziente Bewirtschaftung ist nicht möglich.

In die Güteklasse 1 wurden alle Waldparzellen eingeteilt, die mit bodengestützten Systemen oder mit dem Mobilseilkran erreichbar sind und für die der Holzabtransport mit mindestens einem 28-Tonnen-Lkw möglich ist (Tab. 1). Der Güteklasse 3 dagegen wurden alle Waldparzellen zugewiesen, für die der Geländetransport nur per Helikopter oder der Abtransport nur mit Lkw unter 20 Tonnen Gesamtgewicht erfolgen kann. Die Bedingung bezüglich Erntesystem und Gewichtslimite beim Abtransport muss bezüglich des gleichen Landings erfüllt sein.

Tab. 1 - Schema für die Einteilung der Waldparzellen in Abhängigkeit vom Erntesystem und von der Gewichtslimite beim Abtransport in die drei Erschliessungsgüteklassen. 1 (grün): Eine effiziente Bewirtschaftung der Parzelle nach dem Stand der Technik ist möglich, 2 (gelb): eine solche ist bedingt möglich und 3 (orange) eine solche ist nicht möglich.

Resultate

52% der Schweizer Waldfläche sind so erschlossen, dass gemäss unseren Kriterien eine effiziente Bewirtschaftung gemäss heutigem Stand der Technik möglich ist (Güteklasse 1; Tab. 2). Dieser Wert schwankt beträchtlich zwischen den Produktionsregionen (Abb. 4).

So gehören im Mittelland und im Jura 81% bzw. 82% der Waldfläche der Güteklasse 1 an, in den Alpen dagegen nur 30% und auf der Alpensüdseite gar lediglich 16%. In den beiden letztgenannten Regionen ist eine effiziente Bewirtschaftung also nur auf einem sehr kleinen Teil der Waldfläche möglich. Die präsentierten Zahlen enthalten die Limitierungen sowohl der Waldstrassen als auch der übergeordneten Strassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Analyse die gesamte Waldfläche einschliesslich aller Schutzgebiete enthält und dass die Eingriffsstärke nicht berücksichtigt wurde.

Tab. 2 - Güte der Erschliessung für die Holzernte in den fünf Produktionsregionen und in der Schweiz. Angaben in Quadratkilometern Wald und Verteilung (%) je Produktionsregion. Inkonsistente Summen resultieren aus Rundungseffekten. Für die Definition der Güteklassen siehe Tab. 1.

Diskussion und Schlussfolgerungen

Die hier präsentierte Methodik eignet sich, um Gebiete mit ungenügender Erschliessung auf einheitliche Art und Weise zu identifizieren (Abb. 5), was für den effizienten Einsatz der Mittel im Waldstrassenbau und -unterhalt sehr hilfreich ist. Sie kann auch verwendet werden, um verschiedene Erschliessungsszenarien zu vergleichen (z. B. für ein Reengineering) oder um neben der Güte weitere für die Erschliessung relevante Grössen zu analysieren.

Zum Beispiel können Nadelöhre in der Holztransportkette identifiziert werden, also Strassenstücke, die eine kleinere Tragfähigkeit oder eine geringere Breite besitzen als die in Transportrichtung vorangehenden. Die Verknüpfung der Methodik mit zu den Holzernteverfahren passenden Produktivitätsmodellen (z. B. HeProMo) erlaubt es zudem abzuschätzen, wie viel Holz wo und zu welchen Kosten verfügbar ist, was zum Beispiel für die neu aufgelegte Ressourcenpolitik Holz von Bedeutung ist.

Zuletzt könnten mithilfe dieser Methodik auch die Massnahmen zur Anpassung oder Wiederinstandstellung von Erschliessungsanlagen im Sinne des im Waldgesetz formulierten Finanzhilfetatbestandes (Art. 38a Abs. 1 Bst. g) geplant werden. Unter «Anpassung und Wiederinstandstellung von Erschliessungsanlagen» versteht der Gesetzgeber nicht nur die Optimierung der bestehenden Erschliessung durch den Ausbau (Verstärkung, zeitgemässe Verbreiterung) und die kleinräumige Ergänzung bzw. das Reengineering von Waldstrassen, sondern auch deren Wiederinstandstellung (nach einem Ereignis), Ersatz (nach Ablauf der technischen Lebensdauer) und periodischen Unterhalt sowie die Erschliessung durch Seillinien.

Dieser Artikel ist der neunte und letzte Teil einer Serie zu den Ergebnissen des vierten Schweizerischen Landesforstinventars LFI4. Die weiteren Beiträge sind:

1) Die Holznutzung im Privatwald hat zugenommen
2) Deutlicher Rückgang der Fichte im Mittelland
3) Effizientere Forstbetriebe in der Schweiz
4) Momentan schützt der Schutzwald besser
5) Die Waldbiodiversität entwickelt sich weiterhin positiv
6) Die Erholungsnutzung im Schweizer Wald nimmt zu
7) Wildverbiss: wichtige Baumarten unter Druck
8) Pathogene, Schädlinge und Trockenheit setzen dem Wald zu

(TR)