Der Bamberger Hain ist ein letzter Rest der einst ausgedehnten Hartholzauenwälder im Einzugsbereich des Mains. Mit der Sicherung des Teilgebiets "Theresienhain" als Volkspark im Jahre 1804 gilt er als das älteste Naturschutzgebiet Deutschlands. Heute ist der Hain trotz 200-jähriger intensiver Nutzung als Erholungsstätte als FFH-Gebiet ein besonders wertvoller Baustein im europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000. Überlebt doch in seinen uralten Stieleichen neben den FFH-Arten Eremit und Hirschkäfer die letzte in Bayern noch vorkommende Population des Großen Eichenbocks.

Als 1803 mit der Säkularisation das Hochstift Bamberg an das Kurfürstentum Bayern überging, bestimmte ein Jahr darauf Kurfürst Max IV. den "Unteren Mühlwörth" zur Schaffung eines "Volksgartens". Dieser "Mühlwörth" war ein unmittelbar im Süden der Stadt zwischen zwei Armen des Flusses Regnitz gelegener alter Auenwald. Er befand sich zuvor als fürstbischöfliches Lehen im Besitz der ansässigen Müller, die das Holz der Eichen als Werk- und Baustoff für ihre Mühlen nutzten, Schweine zur Mast eintrieben und auf den Wiesenflächen ihr Vieh weideten. 1816 wurde er nach der Kronprinzessin Theresia in "Theresienhain" umbenannt.

Bereits 1804 ist der Auenwald des "Unteren Mühlwörth" als "Volksgarten" gesichert

Mit der kurfürstlichen Verfügung von 1804 ist der "Theresienhain" das älteste Naturschutzobjekt Deutschlands und zugleich ein erstes Waldschutzgebiet. Zweihundert Jahre später stellte Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf den Bamberger Hain als "europäisches Naturerbe von höchster Wertigkeit" vor, das als FFH-Gebiet einen wichtigen Baustein für das europaweite Schutzgebietssystem Natura 2000 beisteuert.

Im Hain, der gut die Hälfte des 81 Hektar großen FFH-Gebietes "Regnitzaue und Dünen bei Hirschaid bis Bamberg" einnimmt, kommen zwei FFH-Lebensraumtypen vor: Neben "extensiven Mähwiesen der planaren bis submontanen Stufe" sind es insbesondere "Hartholz-Auwälder an Fließgewässern".

Uralt-Eichen: Asylstätten von Urwaldreliktarten

Besonders auffällige Baumpersönlichkeiten der Hartholzaue und der aus ihr hervorgegangenen Parklandschaften sind ihre alten, mehrhundertjährigen Stieleichen. Meist sind sie Zeugen früher allgemein üblicher Wirtschaftsverfahren, der Mittelwald- und der Hutewaldwirtschaft. Dabei hat man alte Eichen mit großen Kronen vor allem wegen ihrer Bedeutung als Mastbäume sorgsam erhalten. Denn unsere Vorfahren hatten ihre Hausschweine als wichtigste Lieferanten tierischen Eiweißes im Herbst in den Wald eingetrieben, um sie vor allem mit Eicheln zu mästen.Starke Eichen, besonders solche mit Anzeichen der Altersschwäche und beginnenden Zerfalls, sind Lebensraum auffälliger Großinsekten wie Hirschkäfer (Lucanus cervus), Großer Eichenbock (Cerambyx cerdo), Nashornkäfer (Oryctes nasicornis), Eremit (Osmoderma eremita) und anderer großer und seltener Blatthornkäfer (Scarabaeidae). Besonders gefährdet sind Arten, die auf kränkelnde Altbäume und totes, vermoderndes Holz starker Dimensionen angewiesen sind.

Im Bamberger Hain überleben Bayerns letzte Große Heldböcke

Prominenteste Vorzeigeart des Bamberger Hains ist der Große Eichenbock oder Heldbock (Cerambyx cerdo). Diese größte heimische Bockkäferart kommt heute in Bayern nur noch hier in einigen uralten Stieleichen vor. Aus den großen Eichenarealen Mainfrankens und des Spessarts sind keine rezenten Nachweise bekannt. Der heutige Verbreitungsschwerpunkt der Art liegt im Biosphärenreservat Mittlere Elbe bei Dessau. Dort blieben die ansehnlichsten Hartholz-Auenwälder Mitteleuropas erhalten.

Der Große Eichenbock ist eine wärmeliebende Art. Er gilt als Urwald-Reliktart der späten natürlichen Zerfallsphase. Er meidet geschlossene Wälder und bevorzugt nach Süden exponierte, einzeln stehende Eichen in lichten Bestandsstellungen ohne beschattenden Unterwuchs. Nach dem neuen Parkpflegeplan für den Bamberger Hain begann man daher, alte Stieleichen freizustellen und den dichten Unterwuchs vor allem aus Spitzahorn stellenweise zu entfernen. Um die bedrohte Nachhaltigkeit dieses isolierten Restvorkommens zu sichern, sollen jüngere Eichen begünstigt sowie eine neue Generation junger Stieleichen nachgezogen werden.

Der Eremit als prioritäre FFH-Art

Der Eremit (Osmoderma eremita) ist neben dem stattlichen Alpenbock (Rosalia alpina) die einzige "prioritäre" Käferart der FFH-Richtlinie, also eine Art von "gemeinschaftlicher Bedeutung". Er ist ein Bewohner großer Mulmhöhlen, vor allem in Eichen, Linden oder Kopfweiden, aber auch in Buchen. So wurde im September 2006 erstmals in Süddeutschland der Eremit in einem geschlossenen Buchenbestand bei Ebrach in einer Altbuche nachgewiesen. Seine großen Larven leben je nach Volumen der verfügbaren Mulmhöhlen in Populationen bis zu mehreren Hundert in allen Entwicklungsstadien, oft mit anderen Blatthornkäferarten vergesellschaftet. Der Eremit ist, um dauerhaft überleben zu können, auf geeignete Brutbäume in ausreichender Zahl und in nächster Umgebung angewiesen.

Die meisten Eremiten-Funde in Bayern sind aus Parkanlagen wie dem Bamberger Hain bekannt. Die Maßnahmen zum Schutz des Eremiten decken sich dort weitgehend mit den Schutzzielen für den Heldbock. Zeitlich betrachtet bieten die vom Heldbock bewohnten Eichen noch Jahrzehnte länger dem Eremiten nutzbaren Lebensraum.

In vielbegangenen Parkanlagen stößt die Erhaltung altersschwacher und abgestorbener Bäume stets auf Probleme der Verkehrssicherung. Für den Bamberger Hain zieht man im Pflegeplan die bemerkenswerte Konsequenz, im Interesse des Artenschutzes sanitäre Maßnahmen der "Baumchirurgie" zu unterlassen und in wichtigen Lebensräumen künftig einige Wege für den Besucherverkehr zu sperren.

Aber auch andere Tierarten der Natura 2000-Gebiete wie die Bechstein-Fledermaus (Myotiis bechsteinii) oder der Mittelspecht (Dendrocopos medius) sind Nutznießer dieser Schutzstrategie.

Ausblick

Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 soll sicherstellen, dass künftig auch solche Arten überleben, die wie der Große Eichenbock bisher auf kleine geschützte Areale wie den Bamberger Hain als letzte Refugien angewiesen sind. Es ist eine besondere Herausforderung an den Waldnaturschutz, das Aussterben dieser Urwald-Reliktarten zu verhindern und ihnen eine Rückkehr in die heimischen Wälder zu ermöglichen.