Aufgrund ihrer Eigenschaft unabhängig vom Eintritt eines bestimmten zu erwartenden Ereignisses einen Mehrwert zu generieren, sind "no-regret Maßnahmen" ein wichtiger Schritt, um auch unter der gegebenen Komplexität des Klimawandels Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel auf den drei forstrelevanten Ebene (Bestand, Betrieb und Umfeld) umzusetzen.
Ein dynamisches Zielsystem
Die Häufigkeit und die Intensität der klimatisch bedingten Veränderungen kann selbst für größere Naturräume nur eingeschränkt vorhergesagt werden. Umso mehr gilt dies für lokale, kleinräumige Veränderungen und deren Einfluss auf unsere Wälder. Hinzu kommt noch das regional unterschiedliche Anpassungspotential vieler Wälder.
All diese Aspekte machen eine Ausweisung von statischen Zielzuständen und Empfehlungen unmöglich. Daher sind aktuelle Empfehlungen und Praxishilfen nicht als unverrückbare Dogmen zu verstehen, sondern viel mehr als eine Abbildung des aktuellen Wissensstandes in Bezug auf ein dynamisches, sich im Wandel befindliches Zielsystem zu begreifen. Dabei gilt, dass sich grundsätzlich alle Maßnahmen an der lokalen Dynamik der unterschiedlichen Waldökosysteme sowie den forstbetrieblichen und gesellschaftlichen Ansprüchen an den Wald ausrichten müssen. Im forstlichen Kontext geht es daher auf Bestandesebene vor allem um die Frage, wie die entsprechenden Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden. Denn unter sorgfältiger Betrachtung beinhalten eine Vielzahl unterschiedlicher forstlicher Anpassungsmaßnahmen den Charakter einer "no-regret Maßnahme", da sie von Natur aus darauf ausgelegt sind die Multifunktionalität von Waldökosystemen nachhaltig zu sichern.
Es zählt die Struktur und die Baumartenwahl
Aufgrund der durch den Klimawandel bedingten Veränderungen ist die Annahme stabiler Umwelt- und Standortbedingungen nicht mehr zutreffend. Vor diesem Hintergrund wird zur Stabilisierung der Waldökosysteme übereinstimmend empfohlen, die Entwicklung und Pflege arten- und strukturreicher Wälder als Schlüssel zur langfristigen Sicherung einer nachhaltigen, multifunktionalen Waldbewirtschaftung voranzutreiben. Insbesondere ein langfristig konzipierter, standortgemäßer Waldumbau kann dabei zu einer erfolgreichen Anpassung an die Risiken künftiger Umweltveränderungen beitragen. Zentrales Element ist dabei die Frage der Baumartenwahl.
Anfällige Baumarten, die aufgrund der standörtlichen Veränderungen (Trockenheit, Starkregen, Sturm) nicht mehr im gleichen Maße für forstwirtschaftliche Zwecke geeignet sind, sollten sukzessive durch weniger anfällige Baumarten ersetzt werden. Grundsätzlich sollten auch bei einer prognostizierter Klimaveränderung die Entscheidungen zum Anbau bestimmter Baumarten anhand ihrer standörtlichen Amplituden getroffen werden. Da forstwirtschaftliche Entscheidungen oftmals eine Tragweite über mehrere Generationen haben, sollten Baumarten zumindest für die nächsten dreißig bis vierzig Jahre an die standörtlichen Bedingungen im vollen Umfang angepasst sein. Gerade bei der Wahl der Baumart gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Praxishilfen und Empfehlungen, die unbedingt im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden sollten (siehe hierzu auch – Hilfe bei der Baumartenwahl).
Die Etablierung von struktur- und artenreichen Beständen erfüllt somit gleich mehrere Aspekte einer „no-regret Maßnahme“. Grundlegend ist die Etablierung eines Mischwaldes mit Vorteilen verbunden, die unabhängig vom Eintritt der prognostizierten Veränderungen bestehen. Mischbestände mit verschiedenen Baumarten unterschiedlicher Provenienzen und Strukturen führen zu einer Reduktion von Risiken und erhöhen die Flexibilität und Funktionalität von Waldökosystemen. Dadurch entsteht neben dem wirtschaftlichen Vorteil durch eine Minderung des Produktionsrisikos auch die dringend benötigte Flexibilität von Beständen sich an ändernde Klimabedingungen anzupassen.
Der Umgang mit Risiken
Eine Eigenschaft, die Störungen wie Stürme oder extreme Trockenheit teilen ist, dass ihr Eintritt nicht verhindert werden kann. Doch heißt dies nicht, dass man deshalb den Kopf in den Sand zu stecken muss. Vielmehr bedeutet dies, dass der Umgang mit solchen Störungen präventives Handeln und strategische Überlegungen bereits vor dem Eintritt einer Störung notwendig macht, um Handlungsspielräume zu nutzen und Vorbereitungen für den Schadensfall zu treffen. Betrachtet man den Umgang mit Krisen der letzten Jahre, wird deutlich, dass diese Handlungsspielräume nur unzureichend genutzt wurden.
Durch Methoden des Risikomanagements kann die tatsächliche Gefährdung durch ein Ereignis wie eine Dürre, verbunden mit einer Käferkalamität, analysiert und bewertet werden. Zudem ermöglicht es die Entscheidung darüber, welche Maßnahmen zu ergreifen sind um mit der Gefährdung umzugehen. Ein strukturierter Umgang mit potentiellen Krisen kann dann im Rahmen eines Krisenmanagements erfolgen. Dabei bietet ein Risiko- und Krisenmanagement eine Reihe von Vorteilen, wie die Möglichkeit zur Planung der benötigten Schritte und Vorgehensweisen zur Bewältigung eines Schadereignisses oder der Umsetzung präventiver Maßnahmen. Darüber hinaus stellt die wiederkehrende Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Szenarien einer Krise ein wichtiges Hilfsmittel dar, um die Angst vor Fehlentscheidungen zu verringern und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken. Die Zeit, die für die Erstellung einiger Risiko- und Krisenmanagementpläne benötigt wird, steht dabei in keinerlei Vergleich zu den Vorteilen, die damit einhergehen. Die Auseinandersetzung mit Risiken auf Ebene des Bestandes, des Betriebs und des Umfelds im Rahmen eines betriebsinternen Risiko- und Krisenmanagements stellt somit einen essentiellen Bestandteil zur Anpassung an den Klimawandel dar.
Bewusstsein macht ah!
Zwar ist inzwischen ein umfangreiches Wissen über die Folgen und Auswirkungen des Klimawandels vorhanden, dennoch ist dieses Wissen nicht mit einem Bewusstsein darüber, was dies im Einzelnen bedeutet, gleichzusetzen. Denn ein Bewusstsein für ein Thema zu entwickeln bedeutet mehr als die Anhäufung von reinem Faktenwissen. Bei der Bewusstseinsbildung geht es darum, Handlungs- und Denkprozesse aufzuzeigen und damit eine Verhaltensänderung in Bezug zum jeweiligen Thema zu bewirken (Abb. 1).
Abbildung 1: Schulungen zum Thema Klimawandel schaffen Bewusstsein. (Foto: FVA/Chtioui)
Gerade in einer Zeit, in der lang gewachsene Strukturen, Routinen und Annahmen nicht mehr die gleiche Gültigkeit besitzen wie zuvor, ist die Bewusstseinsbildung über die Auswirkungen des Klimawandels im Besonderen für die Forstwirtschaft von großer Bedeutung. Eine häufig praktizierte Möglichkeit der Bewusstseinsbildung ist die Fortbildung im Rahmen von Schulungen zu Auswirkungen des Klimawandels. Schulungen bieten die Möglichkeit die unterschiedlichen Akteure für die Folgen des Klimawandels zu sensibilisieren, Kompetenzen für den Umgang mit ihnen zu entwickeln und ein Bewusstsein für die Handlungsdringlichkeit zu bilden. Neben Schulungen gibt es auch die Möglichkeit sich z. B. im Rahmen eines Beratungsgesprächs über mögliche Handlungsoptionen zu informieren.
Die Zeit zu Handeln ist jetzt
Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist deutlich geworden, dass eine Anpassung der Wälder dringend notwendig ist. Ein erster und einfacher Schritt, um dies zu erreichen sind dabei "no-regret Maßnahmen". Aufgrund ihrer Eigenschaft unabhängig vom Eintritt eines bestimmten zu erwartenden Ereignisses einen Mehrwert zu generieren, stellen diese Maßnahmen einen geeigneten Ansatz dar, um neue Handlungsweisen zu etablieren, Handlungsspielräume aufzuzeigen und betriebsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern.
Verwendete Literatur und Links
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