Die Zusammen­hänge zwischen Treibhausgasen und Klima sind mittlerweile gut bekannt. Die Frage ist nicht, ob der Klimawandel kommt, sondern in welchem Ausmass und wie rasch dieser erfolgt. Wegen der grossen Schwierigkeiten, den CO2-Aus­stoss wirksam zu reduzieren, scheinen momentan extreme Szenarien (mit einer Erwärmung von 3 bis 6 °C bis ins Jahr 2100) wahrscheinlicher als solche mit einer geringeren Erwärmung.

Schon die Erwärmung hat einschnei­dende Auswirkungen auf den Wald. Noch entscheidender dürften aber die Klimaextreme sein. Wir müssen mit häu­figeren Trockenperioden rechnen, ver­stärktem Auftreten von Schadinsekten wie dem Buchdrucker, dem häufigsten Borkenkäfer, und mit häufigeren Wald­bränden, auch auf der Alpennordseite. Bezüglich pathogenen Organismen wie Schadpilzen und Viren besteht grosse Unsicherheit. Auch Stürme nehmen zu, wie neue Analysen zeigen. Es ist durch­aus möglich, dass der Holzvorrat infolge Störungen erheblich abnimmt.

Es wäre naiv, den Klimawandel zu ignorieren

Das Klima ist also keine Konstante mehr. Das ist für den Waldbau eine grosse Herausforderung. Was tun? Es wäre naiv, den Klimawandel zu ignorieren. Es ist zwar nicht zu befürchten, dass wir den Wald verlieren – unsere Wälder vermö­gen sich auch nach massiven Störungen wie dem Orkan "Lothar" gut zu erholen, ja die Bäume spriessen oft sogar ausser­halb des Waldes an Orten, wo sie uner­wünscht sind.

Doch bei der Waldbewirt­schaftung geht es nicht um die Frage "Wald oder kein Wald", sondern sie muss bestrebt sein, das, was der Wald uns bietet, möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten: Erholung, Habitate, Holz, Natur, Trinkwasser usw. Wir wollen nicht einfach Wald, sondern Wälder, die ihre Funktionen erfüllen. Daher sollten sich die Wälder möglichst gut an den Klima­wandel anpassen können. Der Schlüssel dazu heisst primär Risikoverteilung, und zwar erstens durch Baumartenvielfalt und zweitens durch Strukturvielfalt.

Der Wald wird überfordert

Die Baumart ist im Waldbau ein sehr wirksamer Hebel. Einige Baumarten sind besonders sturmfest, andere können mit Trockenstress gut umgehen, wieder andere können auch auf nassen Böden tief wurzeln; einige können als Vorverjüngung lange im schattigen Bestandes­schirm ausharren, andere können sich auf Freiflächen rasch durchsetzen. Die Unterschiede zwischen den Baumarten sind sehr gross – und der gute Waldbauer wird sie sich zu Nutze machen.

Welche Baumarten kommen nun mit dem Klimawandel zurecht? Zunächst ist festzuhalten, dass es die heute in einem Bestand vorhandenen Baumarten in den meisten Fällen noch einige oder sogar viele Jahrzehnte aushalten dürften. Physiologisch ertragen die Bäume meist mehr, als ihnen bisher zugemutet wurde. Zudem sind sie in der Lage, sich durch natürliche Selektion langsamen Umwelt­veränderungen anzupassen.

Allerdings dürfte der Klimawandel so rasch ablau­fen, dass diese natürliche Anpassungsfähigkeit des Waldes stellenweise über­fordert ist (Abb. 2). Zudem sind die Wälder Extremereignissen wie Stürmen, Trockenperioden, Borkenkäferkalamitä­ten usw. weniger gut gewachsen. Diese Ereignisse dürften für den Waldbau daher (noch) wichtiger werden.

Die Baumartenvielfalt fördern

In vielen Kantonen existieren Empfeh­lungen zur Baumartenwahl für jeden Standort mit Angaben zur Eignung der Baumarten und zum zulässigen Nadel­holzanteil. Wenn sich das Klima als wich­tiger Standortfaktor ändert, müssen langfristig auch diese Empfehlungen überprüft und revidiert werden. Doch im Moment fehlen die nötigen soliden Kenntnisse, um diese Empfehlungen differenziert anzupassen. Man kann im­merhin davon ausgehen, welche Baumarten stärker als bisher zu fördern sind: auf Standorten mit schlechter bis mittle­rer Wasserversorgung sind das zum Beispiel Waldföhre, Douglasie, Trauben-, Stiel- und Flaumeiche, Spitzahorn und Feldahorn, Mehlbeere, Elsbeere, Feld­ulme, Kirschbaum, Birke, Esche, Winter­linde, Aspe, Edelkastanie und Nuss­baum (Abb. 3).

Angesichts der Unsicherheiten ist es un­klug, bereits heute auf bestimmte Baumarten zu setzen. Vorderhand sollten die Bewirtschafter hingegen die Baumarten­vielfalt generell fördern. Nicht entschei­dend ist dabei, ob eine Baumart standortheimisch oder einheimisch ist. Wenn sich ein Standort verändert, eignen sich auf ihm auch zunehmend andere Baumarten – egal ob sie vorher heimisch waren oder nicht. Die Baumarten müssen aber standortgerecht sein, das heisst sie müs­sen sich unter den heutigen und zukünf­tigen Standortbedingungen gut entwi­ckeln und natürlich verjüngen können und sie dürfen den Standort nicht schädi­gen.

Vorläufige Empfehlungen

Die folgenden Empfehlungen für einen klimaangepassten Waldbau sind vorläufig, denn vieles ist noch unsicher. Was kann man konkret tun?

  1. Verjüngung
    Bei Verjüngungshieben ist das Licht so zu steuern, dass keine Jungwüchse mit nur einer Baumart entstehen (Abb. 4), und dass die oben genannten Baumarten auch eine Chance bekommen. Anhalts­punkte dazu geben die Samenbäume im zu verjüngenden Bestand und in der Umgebung sowie nahe gelegene, bereits verjüngte Bestände auf dem gleichen Standort.
  2. Jungwaldpflege
    Bei der Jungwaldpflege sollten Baumarten gefördert werden, die nur in geringen Anteilen vorhanden sind, besonders wenn sie sich schwer natürlich verjüngen, Trockenheit ertragen und ohne Eingriff durch konkurrenzstarke Baumarten aus­geschaltet werden. Einzel- und trupp­weise Mischungen sollen stärker als bisher verwendet werden. Im Zweifelsfall ist die feinere Mischungsart zu wählen und eine (heute) konkurrenzschwache Baumart zu erhalten.
  3. Naturverjüngung und Pflanzung
    Naturverjüngung soll weiterhin die Regel sein, aber auch die Pflanzung hat ihren Platz, denn mit ihr kann man den Wald mit zukunftsfähigen Baumarten anreichern. Bei Provenienzen aus trocke­neren und wärmeren Regionen ist noch vieles unsicher, sie sollen daher nur ver­suchsweise verwendet werden.
  4. Wildmassnahmen
    Dem Wildeinfluss ist verstärkte Beach­tung zu schenken, denn das Schalenwild bevorzugt viele der zukunftsfähigen Baumarten.
  5. Endnutzung
    Vorzeitige Endnutzungen sind in stö­rungsanfälligen Beständen zu prüfen, zum Beispiel in aufgerissenen Fichtenbeständen.

Ein träger Ozeandampfer

Bei allen Massnahmen ist zu berück­sichtigen, dass sie im Wald nur langsam wirksam werden. Es dauert viele Jahr­zehnte, bis in einem Wald andere Baumarten wachsen. Der Wald ist wie ein trä­ger Ozeandampfer, der seinen Kurs erst lange nach der ersten Drehung am Steuerrad merklich ändert. Daher sind die meisten Massnahmen angesichts der grossen Unsicherheiten nicht dringlich, auf einige Jahre früher oder später kommt es nicht an. Von sofortigen grossen Änderungen der waldbaulichen Praxis ist daher abzuraten, wenn diese nur wegen des Klimas erfolgen sollten.

Femelschlag oder Dauerwald?

Sowohl Femelschlagwald als auch Dauer- und Plenterwald (Abb. 5) haben Vor- und Nachteile. Bezüglich Klimawan­del spricht die etwas höhere Störungsresistenz für ungleichförmige Wälder. Der Femelschlag bietet den Vorteil, dass sich die Baumartenvielfalt einfacher erhöhen lässt. Mit dem Klimawandel kann man eine Umstellung vom Femelschlag zum Dauerwald oder umgekehrt zurzeit nicht überzeugend begründen. In beiden Fäl­len gilt es, in den nächsten Jahrzehnten die Reaktion des Waldes auf Eingriffe sehr aufmerksam zu verfolgen.

Die Herausforderung annehmen

Angesichts der Unsicherheiten müssen die Bewirtschafter gut beobachten, wie ihr Wald auf eintretende Belastungen reagiert, zum Beispiel auf Trockenperio­den. Wichtig ist auch die Bereitschaft, die bisherige Praxis zu überdenken und zu revidieren, falls neues Wissen oder neue Erfahrungen dies nahelegen. Hilfreich ist dabei ein experimenteller Waldbau:

Die Bewirtschafter sollten Neues ausprobieren, also waldbaulich im kleinen Stil experimentieren. Wichtig dabei ist, dass man verschiedene Varianten auf dem gleichen Standort nebeneinander verglei­chen kann, zum Beispiel Jungwaldflä­chen, in denen nicht oder nur zurückhal­tend gepflegt wird und solche, in denen zukunftsfähige Baumarten gezielt her­ausgepflegt werden. Wichtig ist auch, dass man die Flächen und die Eingriffe gut dokumentiert. Wenn jeder Wald­bauer eine oder einige solche Flächen betreut, können er und seine Nachfolger aus den Resultaten lernen.

Dieser Beitrag ist eine Kurzfassung von Brang, P.; Bugmann, H.; Bürgi, A.; Mühlethaler, U.; Rigling, A. und Schwitter, R., 2008: Klimawandel als waldbauliche Herausforderung. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 159: 362-373.

(TR)