Die Klimawandeldiskussion wird begleitet von der Problemstellung, dass kein ausreichendes Bewusstsein für die Thematik existiert. An Wissen um den Klimawandel fehlt es in Deutschland nicht, nur sieben Prozent der Deutschen sind Klimaskeptiker und nur zwei Prozent leugnen den Klimawandel völlig. Was fehlt ist jedoch die Handlungsbereitschaft und als Bedingung hierfür, das Gefühl der Betroffenheit.

Bewusstsein – was ist das und wie wird es gebildet?

Das Wissen um einen Zusammenhang allein hat nur geringen Einfluss auf das tatsächliche Handeln. Kontrolle durch andere, Gewohnheiten und auch Zielkonflikte prägen das Verhalten ebenso und können in einem kleinen Beispiel verdeutlicht werden:

Das Ziel "klimaneutral den Arbeitsplatz mit dem Fahrrad zu erreichen" kann schnell mit dem Ziel "pünktlich bei der Arbeit sein" im Konflikt stehen und so wird wie gewohnt das Auto benutzt.

Bewusstsein für ein Thema zu entwickeln bedeutet also mehr als nur Wissensvermittlung. Geht es um die Bildung von Bewusstsein müssen unbewusste Denkprozesse und die daraus resultierenden Handlungen bewusst gemacht werden:

Bewusstseinsbildung ist dann die Ursache für ein verändertes Handeln. Letztendlich geht es vor allem auch darum, nicht nur "den Kopf anzusprechen", sprich Faktenwissen zu vermitteln, sondern auch über das Gefühl der Betroffenheit das emotionale Erleben des Themas mit einzubeziehen, damit die Verhaltensorientierung abweichend von der üblichen Routine neu überdacht werden kann.

Entwicklung von Bewusstsein – Von Wissen zum Wollen zum Handeln

Sprache

Wie kann nun Bewusstsein geschaffen werden? Zunächst bringt jedes Individuum und jede Gruppe bestimmte Vorstellungen und Ansichten mit, welche die Wahrnehmung der Klimawandelproblematik beeinflussen. Beispielsweise werden Menschen, die sehr wirtschaftlich denken sich eher mit der Frage von Chancen und Risiken des Klimawandels befassen, während andere die Themen Gerechtigkeit, Naturnähe oder die Erhaltung von Traditionen bedeutsamer finden.

Wie wichtig die Art der Darstellung von Risiken sein kann zeigt sich anhand der Ergebnisse von Studien zur Beurteilung von Risiken. Psychologen konnten nachweisen, dass schon die Aussage "4 von 10 Menschen gerettet" versus der Aussage "6 von 10 Menschen konnten nicht gerettet werden" erhebliche Unterschiede in der Beurteilung dieses Falles bei den meisten Menschen auslöst. Die Benennung positiver Aspekte allein kann demnach bereits aktivierend wirken.

Einfacher Einstieg

Ein einfacher Einstieg in ein neues Verhalten können daher sogenannte "Low-Regret-Maßnahmen" sein. Das sind Maßnahmen, die keine oder geringe Ressourcen zur Umsetzung benötigen, jedoch bereits einen Nutzen haben. Dies kann eine waldbauliche Diversifizierung nach einer Erntemaßnahme sein, oder zumindest ein Beratungsgespräch. "Low-Regret-Maßnahmen" können aber auch Aktivitäten sein, die einen sofortigen Nutzen haben und die Grundlage für spätere, intensiviere Aktivitäten legen. Eine vorzeitige (Teil-)Ernte von Hochrisikobeständen ist ein Beispiel hierfür.

Betroffenheit steigern

Werden regionale Akteure gefragt, warum sie Klimaanpassungsmaßnahmen unternehmen, werden diese meist mit Akteuren im Wesentlichen mit der eigenen Betroffenheit durch den Klimawandel begründet. Fehlt das Gefühl der persönlichen Betroffenheit, fehlt auch die Grundmotivation zum Handeln. Daher findet sich in Regionen ohne bisherige Betroffenheit von Extremwetterereignissen und deren Folgeschäden deutlich weniger Bewusstsein für die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen.

Hier kann anhand von Darstellungen der regionalen Auswirkungen wie im Beispiel hier und mithilfe von anschaulichen Gedankenmodellen des Klimawandels gearbeitet werden.

Überschaubarkeit des Problems

Will man Bewusstseinsbildung unterstützen ist wichtig, dass Risiken nicht überfordernd wirken. Je unüberschaubarer und bedrohlicher eine Risikokulisse ist, desto eher neigen Personen dazu, diese zu ignorieren. Besser ist es, sich auf wenige entscheidende Risiken zuerst zu konzentrieren. Zudem hat jede Medaille zwei Seiten, fehlt das Risikobewusstsein, fehlt auch häufig das Chancenbewusstsein. Dies liegt oft daran, dass nur die negativen Seiten und nicht auch die damit verbundenen Chancen diskutiert werden.

Gemeinsam lernen

Gemeinsam lernt es sich besser. Als soziale Wesen lernen wir mit und von anderen besser als alleine, dieser Vorgang wird als "soziales Lernen" bezeichnet. Neues Wissen erfährt erst durch die Verbreitung in und Annahme von der Gesellschaft eine allgemeine Gültigkeit, das zeigen viele bedeutsame Beispiele wissenschaftlicher Erkenntnisse vergangener Zeiten, die erst spät allgemein anerkannt wurden. Mit sozialem Lernen ist daher nicht allein der Wissenserwerb gemeint, es geht auch um die Entwicklung und Kommunikation von gemeinsamen Deutungsmustern, Werten und Verhaltensmustern, also Aspekte, die beim Umgang mit dem Klimawandel eine große Rolle spielen, vor allem, wenn sie beinhalten, gemeinsame Lösungsoptionen als Kompromisse zwischen den unterschiedlichen Interessen gemeinsam zu entwickeln. Je stärker der Klimawandel im sozialen Umfeld als Problem thematisiert wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Problembewusstsein und Handlungen folgen.

Ein Konzept zur Förderung dieser Prozesse sind Communities of Practice (CoP). Lernen wird dabei immer im sozialen Kontext gesehen und beschreibt, wie Gruppen ideale Orte für das Lernen werden können. Sie müssen für ihre Mitglieder die individuelle Möglichkeit bieten, sich mit für sie interessanten Dingen oder Fragestellungen auseinanderzusetzen und ihre Erkenntnisse in die fachliche oder alltägliche Praxis umzusetzen.

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