Nach den bitteren Erfahrungen, die die Forstwirtschaft in den letzten Jahren aufgrund von Schadereignissen wie Stürme, Dürren oder Borkenkäferkalamitäten machen musste (Abb. 1), ist es inzwischen gängiger Konsens, dass eine Anpassung der Wälder an die klimatischen Veränderungen dringend notwendig ist.
Es besteht Handlungsbedarf
Der Wille zur Umsetzung von Maßnahmen und der Änderung von langjährig eingespielten Routinen und Verhaltensmustern wächst nur langsam. Ein Grund hierfür ist sicherlich die Unsicherheit angesichts eines so komplexen und dynamischen Problems wie das des Klimawandels, das mit wachsenden Risiken und neuen Herausforderung für das Forstmanagement verbunden ist. Um auch in so einer komplexen Situation zweckmäßige und nachhaltig sinnvolle Entscheidungen zu treffen, sind in den letzten Jahren verschiedene Methoden, die sich mit dem Problem der Entscheidungsfindung unter Unsicherheit befassen, entwickelt worden. Eine dieser Ansätze ist der der sogenannten "no- oder "low-regret Maßnahmen".
Abb. 1: Gesamteinschlag in Deutschland mit anteiligem Schadholzeinschlag für die Jahre 2014-2018. Angaben in 1000 m³. Die Daten stammen vom Statistischem Bundesamt – Fachserie 3 Reihe 3.3.1 – Land- und Forstwirtschaft, Fischerei.
Handlungsfelder identifizieren und Maßnahmen umsetzen
"No- oder "low-regret Maßnahmen" sind Handlungen, die unter heutigen Klimabedingungen einen ökologischen, ökonomischen oder gesellschaftlichen Vorteil besitzen, auch wenn der eigentliche Grund für die ergriffene Maßnahme nicht im erwarteten Ausmaß eintritt.
Somit stellen diese Maßnahmen einen geeigneten Ansatz dar, um Entscheidungen auch unter den gegebenen Unsicherheiten klimatischer Prognosen zu treffen. Der Ansatz bietet die Möglichkeit vorrangige Handlungsfelder zu identifizieren und damit wesentlich zur Anpassung an den Klimawandel beizutragen.
Aufgrund ihrer Eigenschaft, unabhängig vom Eintritt eines bestimmten zu erwartenden Ereignisses einen Mehrwert zu generieren (Abb. 2), sind "no-regret" Maßnahmen ein wichtiger erster Schritt, um Maßnahmen umzusetzen, Verhaltensmuster zu ändern, Vertrauen in Anpassungsmaßnahmen zu generieren und Ressentiments entgegenzuwirken.
Abb. 2: Schematische Darstellung der Wirkungsweise von "no-regret Maßnahmen".
Es geht darum handlungsfähig zu bleiben
Die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder sind schon heute deutlich spürbar. Um auch zukünftig die Multifunktionalität unserer Wälder zu sichern, müssen wir uns an die sich wandelnden Bedingungen anpassen. Wie stark und in welcher Art diese Veränderungen stattfinden werden, lässt sich jedoch nur schwer beurteilen. Dies macht die Ausweisung von statischen Zielzuständen und Empfehlungen unmöglich.
Mit Berechtigung wird zwar immer wieder darauf hingewiesen, dass bereits heute verschiedenste waldbauliche Aktivitäten wie eine standortsgerechte Baumartenwahl und angepasste Durchforstungsregime zur Anpassung an den Klimawandel in die täglichen Betriebsabläufe integriert sind, doch ist neben der Bestandesebene auch die Umsetzung von Maßnahmen auf Betriebsebene und darüber hinaus von entscheidender Wichtigkeit. Dort, wo Umsetzung von Maßnahmen auf allen Ebenen fehlen, gehen Potentiale zur Anpassung verloren. Um flexibel auf die klimatisch bedingten Veränderungen reagieren zu können, bedarf es daher der Umsetzung von Maßnahmen auf allen drei Ebenen (s. hierzu auch - „No-/low-regret Maßnahmen“ in der Forstwirtschaft).
Literatur
- Eichhorn, J.; Guericke, M.; Eisenhauser, D-R. (Hrsg.) (2016): Waldbauliche Klimaanpassung im regionalen Fokus – Sind unsere Wälder fit für den Klimawandel?. Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten, Bd. 10, oekem, München, 351 S.
- EIP-AGRI Focus Group (2019): Forest Practices & Climate Change - Final Report. Brüssel, 36 p. LINK
- Hallegatte, S. (2009): Strategies to adapt to an uncertain climate change. Global Environmental Change 19 (2), 240-247
- Lim, B.&Spanger-Siegried, E. (Hrsg.) (2004): Adaptation Policy Frameworks for Climate Change: Developing Strategies, Policies and Measures. CAMBRIDGE UNIVERSITY PRESS, Cambridge, vii, 258 S. LINK
- Milad, M.;Schaich, H.;Konold, W. (2013): How is adaptation to climate change reflected in current practice of forest management and conservation? A case study from Germany. Biodiversity and Conservation 22 (5), 1181-1202
- Siedenburg, J. (2012): 'No Regrets' Options. In: Philander, S.G. (Hrsg.): Encyclopedia of global warming and climate change. 2. Aufl., SAGE Publications, London, 1720
- Spittlehouse, D.L.&Stewart, R.B. (2003): Adaptation to climate change in forest management. BC JOURNAL OF ECOSYSTEMS AND MANAGEMENT 4 (1), 1-11 LINK
Ratgeber Forstliches Krisenmanagement
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