Abb. 2. Eindrucksvolle Hängebirke aus dem Uferwald des Hüttwilersees mit einem BHD von 84 cm. Ihr geschätztes Holzvolumen beträgt rund 8 Tariffestmeter. Foto: Ulrich Ulmer
Das Wort Birke (von althochdeutsch bircha ) ist auf einen Begriff im Indogermanischen zurückzuführen und bedeutet in Anspielung auf die helle Rinde so viel wie glänzend, schimmernd, leuchtend. Die Birke gehört wie die nahe verwandte Erle zu den Birkengewächsen.
Auf der Nordhalbkugel kommen weltweit über 50 verschiedene Birkenarten und zahlreiche natürliche Kreuzungen (Hybride) vor, die oft nur schwer auseinanderzuhalten sind. Birken haben vor allem in Skandinavien, Polen, Russland und im Baltikum eine grosse wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung.
Bei den Birken in der Schweiz handelt es sich fast immer um die Hängebirke (Betula pendula), welche auch Sand- oder Weissbirke genannt wird. Sie ist praktisch in ganz Europa anzutreffen. Viel seltener ist hierzulande die Moorbirke (Betula pubescens) - auch Haar- oder Behaarte Birke genannt. Man findet sie nur auf Spezialstandorten wie z. B. im Randbereich von Hochmooren. Dort und in den Hochlagen des Juras und der Alpen kommt auch die Zwergbirke (Betula nana) vor - ein Zwergstrauch, der kaum einen Meter Höhe erreicht. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt im Norden (Polarbirke). Die strauchförmig wachsende Niedrige Birke (Betula humilis) kommt als nationale Besonderheit natürlicherweise nur noch in einem Wald in Abtwil im Kanton St. Gallen vor. Dort wächst als Überbleibsel aus der letzten Eiszeit noch ein einziges Exemplar, welches 2019 von Experten als "seltenste Baumart der Schweiz“ bezeichnet wurde.
Weisse Rinde, lichtbedürftig, hart im Nehmen
Abb. 3. Charakteristische weisse Rinde der Birke. Foto: Doris Hölling (WSL)
Charakteristisch für die Birke und unverwechselbar ist ihre weisse Rinde. Daran ist diese Baumart leicht zu erkennen und vermutlich auch die am besten bekannte Baumart. Die weisse Rindenfarbe entsteht durch die Einlagerung des Stoffes Betulin, der dafür sorgt, dass das Licht vollständig reflektiert wird. Damit schützt die Rinde die empfindlichen Gewebeteile der Birke vor Überhitzung und Sonnenbrand. Darüber hinaus ist dieser Farbstoff auch noch für den Schutz gegen Tierfrass verantwortlich.
Dies alles kommt der Birke zugute, denn sie ist eine sehr lichtbedürftige und ausgesprochene Pionierbaumart, die auch als junger Baum auf einer Freifläche Frost, Sonnenstrahlen, Hitze, Nässe und Trockenheit aushalten kann. Die Baumart gilt als anspruchslos, äusserst robust und gedeiht praktisch überall gut, auch auf jungen, nährstoffarmen Rohböden. Da diese Baumart windbestäubt ist, braucht sie bei der Blüte keine warmen Temperaturen für den Insektenflug wie andere Pflanzen. Und dass sie bereits mit fünf Jahren blüht und leichte Samen in grosser Zahl bildet, unterstützt die Pionierstrategie noch zusätzlich. Birken produzieren viele Pollen - ganz zum Leidwesen der Pollenallergiker.
Die Birke, eine konkurrenzschwache Allrounderin
Gemäss Schweizerischem Landesforstinventar (LFI) hat die Hängebirke schweizweit einen Vorratsanteil von 0,6% und einen Stammzahlanteil von 1,9%. Das bedeutet, dass Hängebirken im Durchschnitt nur einen BHD von ca. 25 cm aufweisen, weil die meisten relativ jung und alte, grosse Exemplare nicht sehr zahlreich sind.
Die Hauptverbreitung der Hängebirke liegt in der Schweiz auf der Alpensüdseite. 70% aller Hängebirken in der Schweiz wachsen hier. Sie erreicht dort einen erstaunlich hohen Anteil von 10%. Dies vor allem deshalb, weil Birken dort nach 1950 viele aufgegebene, früher landwirtschaftlich genutzt Flächen besiedeln konnten. Auch in den Alpen kommt die Hängebirke gebietsweise häufig vor (1,5%). Im Mittelland trifft man sie dagegen deutlich seltener an (0,3%).
Rund die Hälfte der Hängebirken in der Schweiz wachse oberhalb von 1000 m ü.M., die Obergrenze liegt bei rund 2000 m ü.M. Von den Laubbäumen ist nur die Vogelbeere noch höher anzutreffen.
In den Schweizer Kantonen wird die Erfassung der Birke ganz unterschiedlich gehandhabt. Hier einige Beispiele, die von den kantonalen Beauftragten zur Verfügung gestellt wurden: Bei den seit 1970 im Thurgauer Wald durchgeführten Stichprobeninventuren wird die Birke nicht separat erfasst, sondern mit anderen seltenen Laubbaumarten unter der Bezeichnung "übriges Laubholz“ zusammengefasst. Dementsprechend gibt es keine genauen Zahlen zur Birke. Ihr Anteil dürfte dort etwas unter 0,5% liegen. Im Tessin gibt es derzeit neben den LFI-Daten keine flächendeckende Inventur der Birken im Kanton. In Graubünden werden Birken sowohl in der Bestandesbeschreibung für die Betriebsplanung als auch in der Waldinventur separat als Birken erfasst. Einzig bei den Jungwald- / Wildschadenaufnahmen wird die Baumart unter übrigem Laubholz beschrieben. Im Kanton Zürich werden die Birken bei der Regionalen Waldinventur auf den Stichproben Probeflächen (3a Probekreis) ab einem BHD von 12 cm erhoben. Dies bezieht sich nur auf stehende Bäume (Einwuchs, lebend oder Totholz). Liegende Bäume werden nicht aufgenommen. Die Stichprobenpunkte befinden sich normalerweise auf einem Raster von 80 m x 300 m (Kantonsnetz). Die Stichproben Aufnahmen werden in einem kontinuierlichen Verfahren durchgeführt, d.h. jedes Jahr werden bei der Regionalen Waldinventur einzelne Regionen im Kanton Zürich aufgenommen. Innerhalb von 10 Jahren ist der ganze Kanton einmal abgedeckt.
Abb. 5. Im Thurgau gibt es nur wenige Waldstandorte, auf denen Birken natürlich dominieren können wie hier der Birkenwald am Nussbaumersee. Foto: Ulrich Ulmer
Robuste Baumart mit wenig natürlichen Gegenspielern
Da Birken sehr robust gegenüber extremen klimatischen Einflüssen sind, werden sie häufig ausserhalb des Waldes, z. B. in Städten, entlang von Strassen und Alleen gepflanzt. Aber auch entlang von Gewässern, in Feldgehölzen, Pärken und Gärten sind Birken häufig zu finden.
Diese Baumart bildet oft auffällige Hexenbesen und Krebse, die von einem Pilz verursacht werden. Stockausschläge an Birken gibt es dagegen nicht.
Birken bieten vielen Insekten- (200-570) und Vogelarten (32) Lebensraum und Nahrung (z. B. Birkhuhn, Birkenzeisig, Mäuse, Bienen). Die Baumart hat vergleichsweise wenig natürliche Gegenspieler. Zu den schädlichen Arten zählen Birkenspanner, Bronzefarbener Birkenprachtkäfer oder der Birkenporling. Junge Bäume werden gerne durch Wild verbissen. Die Birke lebt symbiontisch mit zahlreichen Pilzen wie dem Fliegenpilz, dem Birken-Röhrling oder Misteln.
Vielseitig verwendbar
Abb. 7. Feinmaseriges Birkenholz. Foto: Doris Hölling (WSL)
Das leichte, feinmaserige Holz der Birke ist hell, weisslich bis gelblich oder rötlich und schlicht. Es ist langfaserig, fest und gleichzeitig sehr biegsam und elastisch sowie widerstandsfähig. Aktuell wird es v.a. als Furnier- und Sperrholz für Möbel und im Innenausbau (u. a. Parkett) verwendet. Aufgrund seiner geringen Tragkraft und Beständigkeit ist es als Bauholz nicht geeignet. Als Brennholz wird es dagegen sehr geschätzt oder auch zur Herstellung von Holzschuhen und Wäscheklammern oder zum Drechseln und Schnitzen.
Birkenrinde wird u.a. zur Herstellung von hellen Spanschachteln verwendet. Früher diente sie dazu, Häuser zu decken und unter Grasdächern gegen eindringendes Wasser abzudichten. Aus ihr wurde durch Verschwelung und Trockendestillation Birkenpech hergestellt. Der äussere Rindenteil diente zur Gewinnung von Birkenöl (Lederkonservierung, Insektenschutzmittel) und -teer, der in Skandinavien noch heute zur Imprägnierung von Booten verwendet wird. Auch als Schreibmaterial - Vorläufer des heutigen Papiers - fand Rinde Verwendung: im 1. Weltkrieg beispielsweise wurden in Russland Postkarten aus Birkenrinde für Nachrichten von der Front verwendet und schon seit 700 v. Chr. sind Manuskripte auf Birkenrinde bekannt. Aus Birkenzweigen und -reisig werden Besen oder Badequasten für die finnische Sauna hergestellt. Birkensaft wird heute noch getrunken, als Haarwasser verwendet oder dient als Zuckeraustauschstoff. Tee aus Birkenblättern findet schon lange als Heilmittel Verwendung.
Beim Fund der Gletschermumie Ötzi entdeckte man auch zwei Behältnisse aus Birkenrinde. Möglicherweise wurden sie zur Aufbewahrung von Nahrungsmitteln benutzt, da Birkenholz geschmacksneutral ist. In einigen Ländern ist die Birke - als erster blühender Baum des Frühlings - als Maibaum sehr beliebt.
Abb. 8. Auch als Käserinde findet Birkenholz Verwendung. Foto: Doris Hölling