Bereits im 19. Jahrhundert wurden in Österreich die ersten Versuchsanbauten von Professor Adolf Cieslar angelegt, um die Wüchsigkeit, Holzqualität, Ansprüche an den Standort und das Klima zu untersuchen. Wer hätte gedacht, dass die Motive dieser Pionierarbeit mit nichtheimischen Baumarten, über 130 Jahre später, aktueller denn je sind?
Aktuelle Ergebnisse vieler wissenschaftlicher Arbeiten zeigen, dass es im Wald zu massiven Veränderungen durch den Klimawandel kommen wird. Man geht davon aus, dass der erwartete Wert europäischer Waldflächen aufgrund des Rückgangs wirtschaftlich wertvoller Arten, wie der Fichte, ohne wirksame Gegenmaßnahmen sinken wird. Nicht-heimische Baumarten werden, besonders im Hinblick auf die Klimaerwärmung, immer stärker auf geeigneten Standorten als mögliche Alternativen diskutiert.
Wenn man heute in Europa von nicht-heimischen Baumarten spricht, sind damit Baumarten gemeint, deren natürliches Vorkommen nicht in Europa liegt. Derzeit werden über 150 nichtheimische Baumarten in der Forstpraxis verwendet.
Schätzungen zur Folge sind zirka vier Prozent der europäischen Waldfläche mit nichtheimischen Baumarten bestockt: allen voran Baumarten der Gattungen Eucalyptus, Pinus, Acacia und Abies. In Österreich werden aktuell über 30 nichtheimische Baumarten verwendet. Auf den Forstinventur-flächen kommen am häufigsten Hybrid-Pappel, Douglasie und Robinie vor.
Sieben Baumarten auf 19 Flächen
Das Institut für Waldwachstum und Waldbau des BFW in Wien widmet sich in vielen Forschungsprojekten den waldbaulichen Herausforderungen, aber auch den Risiken, die der Anbau von nicht-heimischen Baumarten mit sich bringt. Derzeit werden Anbauversuche auf 19 ertragskundlichen Dauerversuchsflächen mit folgenden nichtheimischen Baumarten geführt: Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Gelbkiefer (Pinus ponderosa), Küstentanne (Abies grandis), Mammutbaum (Sequoiadendron giganteum), Roteiche (Quercus rubra), Scheinzypresse (Chamaecyparis sp.) und Riesen-Thuja (Thuja plicata).
Seit 1900 betreibt das BFW im Wienerwald und Burgenland Anbauversuche mit der Roteiche (Quercus rubra). Sie gilt als raschwüchsig, sturmsicher und wird außerdem als Alternative zur Fichte auf trockenen und nicht kalkhaltigen Böden, im Hügelland sowie in den unteren Berglagen auf mäßig wechselfeuchten Standorten diskutiert. Im Vergleich zu heimischen Eichen erzielen Roteichen eine höhere Masseleistung allerdings zu geringeren Werterwartungen. (Bild: Ruhm/BFW)
Die Ergebnisse der Anbauversuche werden laufend in einer Datenbank aktualisiert und sind für alle öffentlich zugänglich.
Die Anbauversuche liefern wertvolle Erkenntnisse für die waldbauliche Verwendung, während durch Modellierungen die potentielle Verbreitung von nichtheimischen Arten prognostiziert werden kann.
Aus unseren Erfahrungen mit waldbaulichen Modellen und Forschungsarbeiten am Institut für Waldwachstum und Waldbau können wir folgendes schlussfolgern: Um die Anpassungsfähigkeit von nichtheimischen Baumarten zu testen, müssen wir zuerst wissen, welche Herkünfte der Samenquellen für die Zukunft optimal sind. Am Beispiel der Douglasie wurde erarbeitet, welche Saatgutherkünfte für einen bestimmten Pflanzstandort in Österreich am besten geeignet sind.
Die Wahl der Herkunft spielt eine wichtige Rolle bei der Anpassung der Wälder an den Klimawandel. Die nicht-heimische Douglasie, zum Beispiel, zeigt je nach Herkunft große Unterschiede im Wachstumspotential. Die Abbildung verdeutlicht das Wachstumspotential (bezogen auf die Oberhöhe im Alter von 24 Jahren) von Douglasien zweier unterschiedlicher nordamerikanischer Herkünfte aus der Adams Lake (eine kalte und trockene Region im Bundestaat British Colombia) und Darrington (eine feuchte und warme Küstenregion im Bundestaat Washington). Sowohl unter dem derzeitigen Klima als auch mit zunehmender Klimaerwärmung ist das prognostizierte Wachstum der Douglasienherkünfte aus Darrington, der warmen Küstenregionen, besser als jene aus dem Inland.
Des Weiteren wurde in Kooperation mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus ganz Europa die potentielle Verbreitung von 19 nicht-heimischen Baumarten berechnet. Mit Hilfe der Berechnung, die auf den Daten zur natürlichen Verbreitung, zum Vorkommen in Europa und auf Klimaparametern basiert, können ökologische und praktische Fragen beantwortet werden.
Wie hoch ist das Risiko?
Zu den wichtigsten Forschungsfragen zählt die Einschätzung der ökologischen Risiken, welche die Verwendung von nichtheimischen Baumarten mit sich bringen kann. Denn die Einbringung einer neuen Art in ein neues Gebiet birgt ein unbekanntes Risiko. Wird die Art in Zukunft invasiv werden und sich unkontrolliert in heimische Lebensräumen verbreiten?
Viele Bespiele, nicht nur aus der Forstwirtschaft, auch etwa aus der Landwirtschaft oder aus dem Gartenbau, haben gezeigt, dass sich Arten verselbstständigen und zu einem großen ökologischen Problem im neuen Gebiet werden können. Zu den negativen Auswirkungen von invasiven Baumarten gehören zum Beispiel die Veränderungen der Ökosystemleistungen, die Konkurrenz für heimische Arten oder Einschleppung von Pathogenen.
In Österreich zählen Götterbaum, Eschenahorn und Robinie zu invasiven nicht-heimischen Baumarten. Viele ökologische Bewertungsmethoden werden zurzeit entwickelt, um das Ausmaß der Risiken von nichtheimischen Arten zu erfassen.
Auch mit der Küstentanne (Abies Grandis) werden am BFW Anbauversuche gemacht, wie hier am Stausee Ottenstein. (Bild: Walli/BFW)
Darüber hinaus gewinnt das Thema zunehmend an politischer Relevanz. Mit dem Inkrafttreten der EU-Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten wurde in der EU ein rechtliches Instrument etabliert, um invasive Arten aus dem Handel zu verbannen und EU weit zu bekämpfen. Zurzeit betrifft diese EU-Verordnung noch keine Baumarten, allerdings haben viele europäische Länder in unterschiedlichen Gesetzesformen auf nationaler und regionaler Ebene die Verwendung von nicht-heimischen Baumarten geregelt.
In Österreich ist die rechtliche Situation im Forstgesetz klar definiert. Die "forstliche Nutzung geeigneter, fremdländischer, bestandesbildender Arten und Hybriden der Gattungen" ist auf die im Anhang des Forstgesetz 1975/ 2016 angeführten Baumarten limitiert.
Die Vielseitigkeit der Forschungsarbeiten zu nichtheimischen Baumarten zeigt, dass die Frage, ob nichtheimische Bauarten als Ersatz für die Fichte dienen können, keineswegs einfach zu beantworten ist. Die Antwort auf die Frage wird von den Veränderungen lokaler Standortseigenschaften und den zunehmenden, wissenschaftlichen Erkenntnissen über einzelne heimische und nichtheimische Baumarten abhängen.