Die klimatischen Änderungen, die weltweit und in Österreich in den letzten Jahren immer stärker zu spüren sind, lassen sich nicht länger wegleugnen. Extreme Wetterereignisse, Stürme und lange Trockenperioden, gefolgt von Starkregenereignissen sowie das Ausbleiben von Frost im Winter haben dauerhafte Spuren in den Wäldern Österreichs hinterlassen. Besonders die dadurch ausgelöste Borkenkäfer-Plage hat im Norden Österreichs das Waldbild dauerhaft verändert – die Fichte wird dort künftig nicht mehr die Rolle wie noch vor wenigen Jahren spielen können. Waldbewirtschafterinnen und Waldbewirtschafter sind großen Unsicherheiten ausgesetzt: Welche Baumarten können das ökologische Gleichgewicht im Wald aufrecht erhalten? Gleichzeitig muss der Wald  der Zukunft auch seine wirtschaftliche Funktion erfüllen.

Nicht heimische Baumarten verwenden?

Sehr intensiv wird derzeit die Einbringung von neuen Baumarten dis¬kutiert und auch propagiert. Viele dieser Baumarten müssen allerdings erst einmal in Anbauversuchen gründlich untersucht werden, um ihre Anbaueignung auch eindeutig nachweisen zu können. Dazu kommt noch, dass die Gewinnung und Inverkehrbringung von Vermehrungsgut dieser Baumarten in den meisten Fällen nicht im entsprechenden Gesetz geregelt sind. Oft gibt es keine Sicherheit in  Hinblick auf die genaue Herkunft  (Qualität des Mutterbestandes) und die genetische Vielfalt darin – beides Eigenschaften, die für die Leistung am jeweiligen Standort und die langfristige Einbringung dieser Baumarten von entscheidender Bedeutung sind. Davon  abgesehen sind die ökologischen  Auswirkungen auf die vorhandene Biozönose ebenso noch weitestgehend unbekannt, einige dieser Baumarten  können als invasive Neophyten angesehen werden, wie z.B. der Blauglockenbaum und der Götterbaum.

Viel aussichtsreicher und ökologisch verträglicher ist die Einbringung von Herkünften der heimischen Baumarten, die an die kommenden Klimabedingungen besser angepasst sind als die derzeit vorhandenen Bestände. Hier kann die Waldgenetik entscheidende Hilfestellung leisten. Im Folgenden werden einige neuere Forschungsergebnisse präsentiert, die eine wichtige Entscheidungshilfe im Klimawandel leisten können.

Heimische Eichen im Dauertest

Die Eichen als tiefwurzelnde, trockenverträgliche und ökologisch sehr wichtige Baumarten, die noch dazu Wertholz produzieren, sind Hoffnungsträger im Klimawandel. Die Vorzüge der deutschen Traubeneichen- und slawonischen Stieleichen-Herkünfte sind in der forstlichen Literatur ausführlich dargelegt. Die Wuchseigenschaften und Leistungsmerkmale der österreichischen Eichenherkünfte waren aber in der Vergangenheit kaum untersucht worden. Daher wurde am Institut für Waldgenetik des BFW ab dem Jahr 2006 mit der Anlage von Eichenherkunftsversuchen begonnen; das Hauptaugenmerk dabei lag auf der Baumart Stieleiche, einige Traubeneichen-Herkünfte wurden aber auch mit einbezogen (siehe auch BFW-Dokumentation 13/2010).

Insgesamt wurden dabei 22 Herkünfte (15x Stieleiche +1 lokale Herkunft am Versuchsstandort Weyerburg, sowie 6 x Traubeneiche) an fünf Versuchsstandorten in Österreich angepflanzt. Die Messungen nach zehnjährigem Wachstum auf den Flächen zeigten gravierende Unterschiede zwischen den untersuchten Herkünften. Insbesondere konnte aber gezeigt werden, dass das österreichische Material den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. Die Herkünfte Linz, Klagenfurt und Luising zeigten auf allen Versuchsstandorten überdurchschnittlich gute Wuchs- und Formeigenschaften (Abbildung 1). Die weiteren Details und Ergebnisse sollen an anderer Stelle ausführlich dargestellt werden. 

Wichtig ist es hier festzuhalten, dass es in Österreich qualitativ hochwertige Herkünfte gibt – ein Problem ist allerdings die Bereitstellung der entsprechenden Herkünfte als Vermehrungsgut für die forstliche Praxis. Aufgrund von ausbleibenden Vollmasten, aber auch wegen logistischer Probleme bei der Beerntung ist von den betreffenden Herkünften leider zu wenig Material am Markt verfügbar. Generell wird von den Eichen viel Vermehrungsgut importiert. Wie auch bei anderen Baumarten soll dieses Problem über die Anlage von nationalen Samenplantagen gelöst werden. Hier kann durch optimale Pflege und einfachere Beerntung eine große Menge Saatgut produziert werden; bei der Anlage werden auch die neuesten Züchtungsergebnisse berücksichtigt, das heißt, in den Nachkommen ist mit noch besserer Wuchsleistung und besseren Formeigenschaften zu rechnen.
 

Eine importierte Baumart mit Anbautradition in Europa – die Douglasie

Die Douglasie ist eine aus dem Pazifischen Westen Nordamerikas eingeführte Baumart, die sich in den gemäßigten Breiten Europas bestens bewährt hat. Auf geeigneten Standorten und bei  der richtigen Herkunft übertrifft die Douglasie im Zuwachs die Fichte bei weitem und gilt als deutlich resistenter gegen Trockenheit. Der Douglasienanbau in Österreich geht bis in das ausgehende 19. Jahrhundert zurück. Schon fast seit 50 Jahren beschäftigt sich das Institut für Waldgenetik des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) damit, Herkünfte aus dem riesigen Verbreitungsareal der Douglasie auf ihre forstliche Verwendung in Österreich zu prüfen (Abbildung 2).

Dazu wurden über 60 Versuchsflächen mit fast 200 Herkünften aus Nordamerika, vorwiegend aus den US-Bundesstaaten Washington und Oregon, sowie aus der kanadischen Provinz British Columbia und Vancouver Island, und mit 14 Herkünften aus Europa (davon fünf Einzelbaumbeerntungen) angelegt und auf die Anbaueignung geprüft. Generell haben sich dabei die Herkünfte der "grünen Douglasie" aus den Westkaskaden Washingtons und Oregons sowie Herkünfte aus dem klimatischen Einflussbereich des Columbia Rivers östlich des Kaskadenkammes als für Österreich sehr gut geeignet erwiesen. 

Durch den Klimawandel ist es allerdings in Österreich zu regional deutlich geringeren Winterniederschlägen gekommen, was der Douglasie nicht sehr zuträglich ist. Je nach Standort kann es dadurch zu Frosttrocknis und Absterben ganzer Bestände kommen. Daher sollen  in Zukunft auch die südlicheren Herkünfte aus Kalifornien intensiver untersucht werden – sie könnten an das künftig stärker kontinental geprägte Klima im Norden und Osten Österreichs besser angepasst sein.

Zu bemerken ist auch hier, dass es Engpässe in der Versorgung mit dem geeigneten Vermehrungsgut gibt: Noch immer wird ein Großteil des Saatgutes aus Amerika eingeführt. Eigene Ernten in Österreich zeigen in der Regel deutlich niedrigere Keimprozente als im Ursprungsgebiet; neue Erkenntnisse zeigen, dass dies nicht nur mit klimatischen  Faktoren zusammenhängt, sondern dass auch die Größe der Erntebestände einen deutlichen Einfluss auf die Qualität des Saatgutes hat. Als bestandesbildende Baumart reagiert die Douglasie sehr empfindlich auf Inzuchteffekte, deshalb ist bereits eine hohe genetische Vielfalt im Ausgangsbestand wichtig. Es wird  daher empfohlen, keine Bestände zu be¬ernten, die weniger als 100 Individuen aufweisen. 
 

Umso wichtiger ist es auch bei der Douglasie, die Herkunftssicherheit für den Endabnehmer sicherstellen zu können. Mit den neuen genetischen Verfahren wie z.B. SNPs-Analysen wird die Herkunftsidentifikation eindeutig verbessert (Abbildung 3). 

Der Brotbaum in Nöten – die Fichte

Die Fichte ist nach wie vor die häufigste, ökologisch und ökonomisch wichtigste Baumart in Österreich und wird dies auch bleiben. Aufgrund der guten Massenleistung und stabilen Form ist sie der Brotbaum der heimischen Forst- und Holzwirtschaft. In den besonders von Trockenheit betroffenen Regionen Österreich (Norden und Nordosten) kommt sie allerdings an ihre physiologische Grenze und wird dort in Zukunft nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Genetische Untersuchungen zeigen, dass die Fichte über eine ausgesprochen große genetische Vielfalt verfügt, die es ihr ermöglicht, eine sehr große Amplitude von Standorten zu besiedeln. Die derzeit laufende Borkenkäfer-Gradation zeigt aber auch die Grenzen der Anpassung dieser wüchsigen Baumart auf. 

Im Projekt Fichte Plus (mit finanzieller Unterstützung von Bund, Ländern und Europäischer Union) wurden in den besonders borkenkäfergeschädigten Gebieten gezielt Fichten gesucht, die vom Käfer nicht befallen und vital waren. Bisher konnten so 240 ausgewählte Bäume identifiziert werden (Abbildung 4a). 

Von allen Bäumen wurden Reiser für die Veredlung und wo möglich auch Saatgut gewonnen, um diese Individuen langfristig zu sichern und ihre Resistenz gegen abiotische und biotische Schadfaktoren in weiteren Untersuchungen austesten zu können (Abbildung 4b). Ziel dabei ist es, besonders trockenresistente Individuen auszulesen und so die Basis für weitere Züchtungsbemühungen zu schaffen, um die Fichte an die künftigen Klimabedingungen bestmöglich anzupassen.

Der digitalisierte Wald – Herkunftssicherheit und optimierte Herkunftswahl

Das Wissen um den Wald, dass sich in den letzten Jahrzehnten durch die umfangreiche Forschungstätigkeit in vielen Bereichen (Waldbau, Bodenkunde, Forstschutz, Fernerkundung, Genetik,…) angesammelt hat, wird künftig dazu  beitragen, die Waldbewirtschaftung möglichst optimal zu gestalten. Dies ist auch eine Notwendigkeit in Zeiten des rasch fortschreitenden Klimawandels, um die vielfältigen Waldfunktionen auch in Zukunft erhalten zu können. Die bereits für einige Bundesländer durchgeführte Typisierung der Waldstandorte hinsichtlich Bodeneigenschaften wird  in Zukunft die Grundlage für die Auswahl der richtigen Herkunft liefern.

In Kombination dieser Standortsdaten mit den Wuchsdaten der verwendeten Herkünfte, welche wiederum durch moderne Verfahren der Fernerkundung erhoben werden können, könnte für jeden Standort die optimale Herkunft bzw. die optimalen Herkünfte bestimmt werden. Das bedeutet, es könnten sehr genaue, konkret auf den Bestand bezogene Herkunftsempfehlungen abgeleitet werden. Die Waldbewirtschaftung würde davon sehr profitieren. Grundlage dafür ist allerdings einerseits die präzise Erhebung der Forstbetriebe, welche Herkunft wo gepflanzt wurde, andererseits aber auch die Herkunftssicherheit des verwendeten Vermehrungsgutes. Letztere könnte über einen dem Pflanzgut beigefügten genetischen Identitätsnachweis (von unabhängiger Stelle geprüft) sichergestellt werden. 

Gemeinsam können also Forschung und Praxis in Zukunft viel dazu beitragen, den Wald klimafit und vital zu erhalten. Von beiden Seiten braucht es aber die Bereitschaft, an den  Lösungen gemeinsam zu arbeiten – Forscher müssen mit praxistauglichen Konzepten überzeugen, aktive und innovative Waldbewirtschafterinnen und Waldbewirtschafter müssen wiederum ausgetretene Pfade verlassen, damit sie in Zukunft einen deutlichen Mehrwert erwirtschaften können.