Die Traubeneiche (Quercus petraea (Matt.) Liebl.)) ist eine der vier heimischen Eichenarten (Stieleiche, Traubeneiche, Zerreiche und Flaumeiche). Eichen haben generell eine hohe Toleranz gegenüber Trockenheit und sind daher wichtige Baumarten für den Waldumbau hin zu klimafitten Waldökosystemen. Eine Studie speziell zur Traubeneiche hat kürzlich festgestellt, dass diese Art eine schnelle Evolution und Anpassung an klimatische Veränderung vollziehen kann. Ein schneller Generationswechsel durch Naturverjüngung wäre daher für die lokale Anpassung der Art wichtig.

Für den großflächigen Waldumbau und die damit nötigen künstlichen Bestandesbegründungen steht jedoch derzeit zu wenig klimaangepasstes lokales forstliches Vermehrungsgut zur Verfügung. Dies gilt insbesondere für die Eichen, wo die Saatgutgewinnung durch die ausgeprägten Mastjahre und schlechte Lagerfähigkeit eine besondere Herausforderung darstellt. Als Konsequenz daraus wird auch Saatgut importiert, bei der Traubeneiche in den vergangenen Jahren sogar 60 %. Um die Versorgung mit qualitativ hochwertigem, regionalem Traubeneichensaatgut zu verbessern, wurde deshalb das Projekt TERZ (Thayataler Eichen – waldgenetische Ressourcen für die Zukunft) initiiert.

Suche nach Elitebäumen im Nationalpark Thayatal

Der Nationalpark Thayatal im Nordosten Österreichs, der am Übergang zwischen pannonischer und kontinentaler Klimazone liegt, zeichnet sich durch trockene Standorte und häufige Dürreereignissen aus und ist ein wichtiges naturnahes Refugium der Traubeneiche. Ziel des Projektes war die Identifizierung von Phänotypen der Traubeneiche mit hoher Trockentoleranz und von Genotypen, die die genetische Vielfalt der Art im Nationalpark, widerspiegeln.

Dazu sollte untersucht werden, ob die Traubeneichen autochthonen Ursprungs sind, welche genetische Vielfalt und Strukturvariationen unter den Traubeneichen zu finden sind und schließlich, ob die Traubeneichen hier spezielle Anpassungen zur Trockentoleranz aufweisen. Für die Suche wurden acht relevante Eichenpopulationen vorselektiert. Standorte, die Anzeichen von Bewirtschaftung zeigten (z.B. Durchforstung), oder von anderen Eichenarten dominiert wurden, wurden von der Studie ausgeschlossen. Im Frühjahr 2020 wurden dann insgesamt 404 vitale Traubeneichen auf mittleren bis trockenen Standorten identifiziert.

Genetische Bewertung und Charakterisierung

Von allen 404 phänotypisch ausgewählten Traubeneichen wurden Kambiumproben genommen und die DNA mittels genetischer Marker (Chloroplasten- und nukleäre Mikrosatelliten) ausgewertet, um Autochthonie, genetische Struktur und genetische Diversitätsindizes zu bestimmen. Alle acht untersuchten Traubeneichenpopulationen lassen sich zu einer lokalen autochthonen Gruppe zuordnen (Plastiden-Haplotyp 17a). Der Typ ist eine Variante innerhalb der Gruppe 17, die sich postglazial aus dem nördlichem Adriagebiet in Richtung Kroatien, Ungarn und Österreich ausgebreitet hat. Die genetische Diversität wurde generell als hoch bewertet.

Bei Analyse der genetischen Struktur zeigte sich, dass eine Population (Kirchenwald 1) im Osten des Nationalparks von den übrigen Populationen systematisch abweicht und auch geringere genetische Diversitätswerte aufweise (geringere Alleldiversität und erhöhte Homozygotie). Diese Population, die mit etwa 60 Jahren auch systematisch jünger war als die übrigen untersuchten Bäume, wurde daher nicht für die weitere Selektion für die Trockentoleranz verwendet.

Bewertung der Trockentoleranz durch Jahrringanalysen

Die regionalen Klimatrends für den NP Thayatal (Wetterstation Retz) zeigen einen ausgeprägten Temperaturanstieg nach 1960 (Jahresmitteltemperatur von 8.3 auf 10.3°C (Perioden 1900-1960 und 1960-2020) bei gleichzeitiger Abnahme des jährlichen Niederschlags um 9% (von 538mm auf 490mm). Dabei wurden drei relevante Dürreereignisse in den Jahren 1992-1994, 1947 und 1917 gefunden. Die Wuchsleistung der Bäume vor, während und nach diesen Trockenperioden wurde mithilfe von Jahrringanalysen gemessen und mit verschiedenen Trockenheitsindikatoren (siehe Tabelle) bewertet. Die besten Individuen je Indikator wurden kombiniert, so dass eine Gruppe von 85 ausgewählten Bäumen entstand, die potenziell trockentolerante Phänotypen repräsentieren.

Tabelle: Indikatoren zur Bewertung der Trockenheitstoleranz wurden mithilfe der Zuwachswerte aus den Bohrkernen berechnet. 

INDIKATOREN ZUR REAKTION AUF TROCKENHEIT
Definition nach Lloret et al. (2011)
ResistenzDas Verhältnis zwischen dem Zuwachs während der Trockenheit und dem mittleren Zuwachs in den beiden Jahren vor dem Trockenheitsereignis.
Recovery (=Erholungsfähigkeit)Das Verhältnis zwischen dem Zuwachs in den zwei Jahren nach einem Dürrejahr und dem Zuwachs während der Dürre.
Resilienz (=Widerstandsfähigkeit)Das Verhältnis zwischen dem Zuwachs in den beiden Jahren nach der Dürre und dem Zuwachs vor der Dürre.
Relative ResilienzDie Wachstumsverringerung während der Dürre im Verhältnis zum Zuwachs vor der Dürre.

Anlage der Eichenaufforstungen

Aus forstwirtschaftlicher Sicht ist die Gewinnung von Saat- und Pflanzgut geeigneter trockentoleranter Traubeneichenpopulationen von entscheidender Bedeutung, da das Angebot an solchem Pflanzenmaterial in Österreich nicht vorhanden ist. Aus Sicht des Naturschutzes ist es ebenso wichtig, die forstlichen Genressourcen zu erhalten. Im Jahr 2020 wurden daher von allen fruktifizierenden Eichen (306 der 404 getesteten Individuen) Eicheln gesammelt.

In Zusammenarbeit mit den Projektpartnern Stift Geras und dem Gut Ottenstein – Windhag Stipendiumstiftung für NÖ, wurden mit dem Pflanzmaterial im Frühjahr 2023 zwei Aufforstungen mit einer Größe von jeweils 0,8 Hektar eingerichtet. Auf einer Fläche wurden die Nachkommen der ausgewählten trockentoleranten Bäume, auf der anderen Flächen wurden Nachkommen ausgewählter Mutterbäume gepflanzt, die das gesamte Spektrum der erfassten neutralen genetischen Vielfalt abdecken. Beide Parzellen bilden die Grundlage für nachfolgende Züchtungs- und Erhaltungsbemühungen, die sowohl dem Naturschutz als auch der Forstwirtschaft zugutekommen sollen.

Traubeneichen gesichert

Durch diese Studie konnte aufgezeigt werden, welche genetischen Schätze in Österreichs Nationalparks zu finden sind und wie wichtig deren Erhalt ist. Im Klimawandel gelangen viele Baumarten und ihre Herkünfte neu in den Fokus. Die hier untersuchten Traubeneichen wurden auf zwei Flächen langfristig gesichert. Um die Trockenheitstoleranz weiter zu erforschen, werden die Eichenpflanzen derzeit in einer Hoch-Durchsatz Phänotypisierungsanlage unter kontrollierten Klimabedingungen getestet.

Das Projekt TERZ (8.5.2-III4-06/19, LE 14-20, Thayataler Eichen – waldgenetische Ressourcen für die Zukunft) wurde unter der Leitung des BFW, in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur Wien, dem Nationalpark Thayatal und regionalen Forstbetrieben zur Erhaltung wertvoller Traubeneichen umgesetzt. Es wurde von der Bundesregierung, den Bundesländern und der EU finanziell unterstützt.