Wurzeln schützen – warum?

Unter sich verschlechternden Rahmenbedingungen für die Waldbewirtschaftung wird es zukünftig noch wichtiger, Forstpflanzen mit einer hohen Qualität und Vitalität fachgerecht in den Boden zu bringen. Ein Baustein, die Vitalität zu erhalten und somit den Kulturerfolg zu sichern, ist die Wurzelschutzbehandlungung mit Alginaten. Diese Maßnahme entfaltet trotz des relativ geringen Aufwandes, wenn sie fach- und sachgerecht durchgeführt wird, langfristig positive Wirkungen.

Der Wurzelschutz mit Alginaten wird schon seit Ende der 1960er Jahre empfohlen. Mit dem damaligen Produkt "Agricol" stand der Baumschulbranche und dem Forstbereich ein Mittel zur Verfügung, welches die empfindlichen Wurzeln vor Austrocknung schützte. Feinwurzeln sind besonders empfindlich und zeigen, wenn sie ungeschützt Sonne und Wind ausgesetzt sind, schon nach weniger als einer Minute erste Absterbeerscheinungen. Deshalb ist es wichtig, die Wurzeln stets abzudecken und vor Austrocknung zu schützen. Für die unvermeidbare Zeit offener Wurzeln beim Transport und Verladen bringt der zusätzliche Schutz durch einen Alginatfilm eine deutliche Hilfe zum Erhalt der Pflanzenfrische. Dieser Schutzfilm unterstützt die Pflanze auch noch nach der Pflanzung im Boden.

Der "Pflanzschock" …

Im Zuge der Kulturtätigkeit wird der Waldboden bei der Vorbereitung oder Anlage eines Pflanzlochs in seiner Struktur gestört. Ein kapillarer Aufstieg von Bodenwasser ist nicht möglich, die junge, frisch gepflanzte Wurzel hat noch keinen unmittelbaren Kontakt zum Boden. Somit kann die Pflanze nicht sofort Wasser aus dem Boden aufnehmen. Der interne Wasserhaushalt der wurzelnackten Pflanze wird gestört – sie trocknet langsam aus. Damit einher geht ein Leistungsabfall, im extremen Fall das Absterben.

… und das "Schutzgel"

Die Gehölzpflanzen haben einen Wassergehalt von 50 bis 85 %. Ziel muss es sein, das Wasserdefizit vom Ausheben bis zur Neupflanzung durch geeignete Maßnahmen und Verfahren zu reduzieren. Wichtig ist, dass beim Transport alle Maßnahmen getroffen werden, damit weder Sonne noch Wind die Pflanze stressen oder schädigen. Die empfindlichsten Teile der Pflanze stellen jedoch die Feinwurzeln dar. Hier gilt es, den Wasserverlust zu begrenzen bzw. den Transpirationsverlust auszugleichen – zum Beispiel in Form einer Art Schutzgel.

Was sind Alginate?

Die Grundidee der Schutztauchung ist, im und um das Wurzelsystem herum so viel Wasser wie möglich zu speichern und die Trockenbelastung für die Wurzel zu minimieren, um Dauerschäden an der Pflanze zu vermeiden. Dies können Alginate sehr gut erfüllen. Dabei hinterlassen sie keine Schäden an Pflanzen, verursachen keine Probleme bei Verarbeitung und Behandlung und hinterlassen keine Rückstände im Boden. Die produktspezifischen Anwendungshinweise auf dem Sicherheitsdatenblatt sind bei der Anwendung zu beachten. Alginate sind natürliche kolloide Substanzen, die aus braunen Meeresalgen gewonnen werden. Chemisch definiert sind Alginate als die Salze der Alginsäure, welche auch Grundbestandteil des Huminsäurekolloids im Boden ist. Sie sind wasserlöslich und können unter gewissen Bedingungen hohe Wassermengen binden.

Anwendung

Um die Wirkung des Wurzelschutzes von Beginn an zu garantieren, sollte die Behandlung in der Baumschule nach der Sortierung und Bündelung der Pflanzen und vor der Auslieferung erfolgen. Sie kann unter Umständen vor Ort nach der Anlieferung wiederholt werden. Aktuell sind zwei Präparate, die frei von Superabsorbern sind, auf dem Markt erhältlich. Bei der Anwendung gibt es im Wesentlichen zwei verschiedene Verfahren, die sich in der Wirkung nicht unterscheiden. Wichtig ist die richtige – nicht zu geringe – Dosierung des Mittels gemäß den Herstellerangaben auf der Verpackung. Für die Anwendung ist kein Pflanzenschutz-Sachkundenachweis erforderlich.

  • Tauchen: Hierbei werden die Wurzeln der Pflanzenbündel ausreichend lange in die vorbereitete Wurzelschutzbrühe getaucht, bis alle Wurzeln ausreichend umhüllt sind. Anschließend werden die Pflanzenbündel verladen oder zwischengelagert.
  • Übergießen: Beim Übergießen wird mit Hilfe einer Gießlanze mit geringem Druck die vorbereitete Wurzelschutzbrühe über die Pflanzenbündel gegossen. Der geringe Druck ist wichtig, damit die Wurzeln nicht von umgebenden Bodenbestandteilen freigewaschen werden.

Thematik Superabsorber und Umweltverträglichkeit

Aktuell zeichnen sich am Markt verstärkt Tendenzen ab, sogenannte Superabsorber – i.d.R. Kalium-Polyacrylate – als Hilfs- und Zusatzstoffe bei der Kulturbegründung auch im Wald zu verwenden. Die Polyacrylate sind Mikrokunststoffe, die den Wasserhaushalt des Bodens und damit die Wasserversorgung von Forstpflanzen verbessern sollen. Da momentan noch nicht abschließend geklärt ist, welche Wirkung sich für die Forstpflanzen ergeben und wie sich diese Stoffe im Waldboden verhalten bzw. welche Abbauprozesse mit welchen Wirkungen auf das Bodenleben ablaufen, wird eine Verwendung derzeit nicht empfohlen. Deshalb besteht bezüglich der Förderung ein Förderausschluss bei Verwendung dieser Produkte. Dasselbe gilt auch für Produktmischungen von Alginaten mit Polyacrylaten. Die von den Herstellern erwähnte "biologische Abbaubarkeit" kann für Verhältnisse und Rahmenbedingen, wie sie im Wald bestehen, bislang nicht garantiert werden.

Fördermöglichkeit

Der Aufbau standortsgerechter, leistungsfähiger und klimatoleranter Mischwälder ist eine wichtige Maßnahme der Zukunftsvorsorge. Daher unterstützt die Bayerische Forstverwaltung Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer bei der Waldbegründung. Im Rahmen des forstlichen Förderprogramms WALDFÖPR (Stand 2020) sind Maßnahmen zum Verdunstungsschutz förderfähig. Ausgenommen aus der Förderung sind jedoch Superabsorber.