Seit der Entstehung des modernen Menschen und seiner Ausbreitung über den gesamten Erdball hat der Mensch seine Umwelt genutzt und verändert. Steigende Bevölkerungszahlen haben über viele Jahrhunderte zu einer Intensivierung der Landnutzung geführt und unsere Wälder schrumpfen lassen.
In Europa hat sich dieser Trend gegen Mitte des 20. Jahrhunderts umgekehrt, denn mit einer intensiveren Landwirtschaft konnten auf kleinerer Fläche mehr Menschen ernährt werden. Seitdem nehmen die Waldfläche, die Holzvorräte und die Menge des gespeicherten Kohlenstoffs zu.
Gleichzeitig ist der Holzbedarf in Europa und auf globaler Ebene weiter gestiegen, z.B. zwischen 1965 und 2005 um fast 50 Prozent. Bei weiterhin steigender Weltbevölkerung - laut Prognosen der UNO auf 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 - wird sich dieser Trend auch in Zukunft fortsetzen.
Innovationen verändern die Rahmenbedingungen
Ob dabei in Zukunft dieselben Holzprodukte gefragt sein werden wie heute, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Technologische Veränderungen und neue Produkte haben schon immer die Forstwirtschaft und Holzverwendung beeinflusst. Zum Beispiel ermöglichte es erst die Gattersäge, dünne Bretter zu schneiden, und durch die industrielle Mechanisierung konnte Schnittholz kostengünstig produziert werden.
Der nachwachsende Rohstoff Holz ist ein gefragter Werkstoff (Bild: Pixabay)
Wurde zuvor der größere Teil des Holzes verbrannt und zu Holzkohle verarbeitet, werden Holzprodukte seitdem verstärkt in langlebigeren Erzeugnissen verwendet. Gleichzeitig stieg der Bedarf an Nadelholz.
Auch die heutige Holzwirtschaft erlebt derartige Veränderungen: Brettsperrholz (BSP oder CLT) wurde beispielsweise erst Mitte der 1990er Jahre in Graz entwickelt. Im letzten Jahrzehnt haben Bauunternehmer und Architekten weltweit die Vorteile dieses Werkstoffs entdeckt und einen weltweiten Holzbauboom ausgelöst.
Andere Technologien verlassen gerade erst die Kinderstube: zum Beispiel das auf Basis von Lignin hergestellte „flüssige Holz“, das in Zukunft bisherige Kunststoffe ersetzen könnte.
Trend Bioökonomie
Weltweit wird an derartigen Rohstoffen der "Bioökonomie" geforscht, die sich anschickt, bis zum Ende des Jahrhunderts die erdölbasierte Wirtschaft des 20. Jahrhunderts zu ersetzen. Dabei wird neben einer verstärkten Kreislaufwirtschaft vor allem auf biogene Materialien gesetzt. Für die Waldbesitzerin und den Waldbesitzer ist derzeit nicht abzusehen, ob für zukünftige Anwendungen andere Holzarten oder Qualitätsanforderungen benötigt werden, oder ob dazu vermehrt Abfälle der bisherigen Produktion (z.B. Lignin aus der Zellstoffproduktion) zum Einsatz kommen.
Zudem ist unsicher, wie stark die sich ändernden Klimabedingungen die zukünftige Holzproduktion beeinflussen werden. Neben den steigenden Temperaturen können vor allem eine veränderte jahreszeitliche Niederschlagsverteilung und das häufigere Auftreten von Extremereignissen, wie Trockenheiten, das Vorkommen von Baumarten, deren Schädlingen und das Baumwachstum stark verändern.
Flächenanteile von Baumarten ändern sich
In Österreich sieht es für das Waldwachstum differenziert aus: Bei steigenden Temperaturen und gleichbleibenden Niederschlägen kann vor allem in Gebirgswäldern mit einer höheren Wuchsleistung gerechnet werden. Hingegen ist in den Tieflagen und vor allem im Osten Österreichs mit geringeren Zuwächsen zu rechnen.
Langfristige Versuchsflächen zu Waldwachstum, Waldbau und Schutzwald sowie Naturwaldreservate sind die Basis zur Beantwortung alter und neuer Herausforderungen im Waldbau. (Bild: BFW)
Der Klimawandel beeinflusst vor allem die lokale Standortseignung, die aber nicht nur vom Zuwachs, sondern auch von Extremereignissen und Schadorganismen gesteuert wird. Für derzeit wichtige Baumarten wie Fichte und Lärche, aber auch Buche ist daher mit einem Rückgang der geeigneten Anbaufläche zu rechnen, während Eiche und Douglasie auf einer größeren Fläche genutzt werden könnten.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob der bessere Zuwachs in höheren Lagen den Rückgang der Anbaufläche von Fichte und Lärche ausgleichen kann, und ob die verstärkt angebauten Baumartenalternativen in Qualität und Quantität die Fichte ersetzen können.
Biologische Vielfalt erhalten
Langfristige Veränderungen unserer Wälder müssen nicht nur negativ gesehen werden; gerade der verstärkte Anbau heimischer Laubbaumarten kann zur Erhaltung der heimischen biologischen Vielfalt beitragen. Weltweit gilt die Erhaltung der Biodiversität als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit; zum Beispiel war die Aussterberate zahlreicher Organismengruppen wie Säugetiere und Pflanzen, im 20. Jahrhundert etwa 100mal höher als über weite Perioden der Erdgeschichte.
Geologen betrachten die letzten beiden Jahrhunderte bereits als Beginn eines neuen Erdzeitalters, des Anthropozäns, denn die Aktivitäten des Menschen hinterlassen bereits Spuren in geologischen Formationen. Auf globaler Ebene kann das Aussterben vieler Arten unter anderem auf die fortschreitende Entwaldung zurückgeführt werden.
In Europa und Österreich trägt die nachhaltige Waldbewirtschaftung dagegen seit Jahrhunderten dazu bei, Waldflächen und Lebensräume zu erhalten und zu vermehren.
Um nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Wälder zu fördern, wurden in den letzten Jahrzehnten verstärkt ökologische Kriterien in die Bewirtschaftung integriert, beispielsweise durch Zertifizierungssysteme.
Gleichzeitig besitzt die Gesellschaft heute ein stärkeres Interesse an der Natur und nutzt diese für Freizeit- und Erholungsaktivitäten. Damit geht teilweise auch das Verständnis für die Nutzfunktion und eine aktive Bewirtschaftung unserer Wälder verloren. Konflikte zwischen Waldbewirtschaftern und anderen Nutzergruppen sind die Folge.
Der Wald wird vermehrt zur Erholung und für sportliche Aktivitäten genutzt (Bild: Pixabay).
Der sich ändernde Rohstoffbedarf (unter anderem für die Bioökonomie), geänderte Standortsbedingungen im Klimawandel sowie die veränderten gesellschaftlichen Anforderungen bestimmen ganz wesentlich das Umfeld österreichischer Waldbewirtschafter und die Optionen für waldbauliches Handeln.
BFW-Empfehlung: Früh und kräftig durchforsten
Das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) liefert in zahlreichen Projekten und Daueraufgaben wesentliche Grundlagen zur Entwicklung geeigneter Waldbaukonzepte. So sind die langfristigen Untersuchungen in Stammzahlhaltungsversuchen die Grundlage für neue Empfehlungen zur Stabilisierung der Wälder im Klimawandel. Statt "früh, mäßig und oft" empfehlen wir heute "früh und kräftig" als optimales Durchforstungskonzept für klimafitte Wälder.
Dauerversuche mit gebietsfremden Baumarten zeigen dagegen, welche alternativen Baumarten auf welchen Standorten geeignet und dabei ökonomisch zielführend und ökologisch verträglich sind. Vor allem gilt es, diese Baumarten in bestehende Waldbaukonzepte für einheimische Arten zu integrieren.
Doch auch die Forcierung einheimischer Laubbäume wie der Eiche ist eine Herausforderung, denn eine Baumartenempfehlung wird nur dann von Waldbesitzern akzeptiert und umgesetzt werden, wenn sie auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Voraussetzung dafür sind geeignete Begründungsverfahren und Pflegekonzepte, die sich in der Praxis bewähren und auf Demonstrationsflächen für die waldbauliche Weiterbildung beitragen können.
Laubbaumarten wie die Eiche könnten das Waldbild in Zukunft stärker prägen (Bild: BFW).
Zuletzt gilt es vor allem die natürliche Waldentwicklung und die Möglichkeiten der natürlichen Anpassung an den Klimawandel besser zu verstehen. Die Naturwaldreservate, ein österreichweites Netzwerk von 195 außer Nutzung gestellten Waldflächen sind dazu ein einzigartiges "Labor". Gleichzeitig helfen sie auf mehr als 8.400 Hektar dabei, die natürliche Vielfalt österreichischer Waldgesellschaften zu erhalten.