Immer wieder hört man den Einwand, eine pflegliche Nutzung unter Schonung der Zukunftsbäume sei im Steilhang nicht möglich. Im Oktober 2004 reiste die Arbeitsgemeinschaft Naturgemässe Waldwirtschaft Schweiz (ANW) nach Grenchen, um die Anwendung des Plenterprinzips im Steilhang zu diskutieren. Patrik Mosimann, Leiter des knapp 1000 ha grossen Forstbetriebes der Bürgergemeinde Grenchen, praktiziert wie sein Vorgänger Peter Schär die einzelstammweise Nutzung am Steilhang im Jura. Er hat beeindruckende Resultate vorzuweisen.

Nach einer Vorstellung des Betriebes und einer Einführung ins Thema konnten sich die Gäste anhand von bereits länger zurückliegenden Pflegeeingriffen und aktuellen Eingriffen ein Bild machen, mit welchen organisatorischen und technischen Hilfsmitteln es möglich ist, schonend in Richtung Plenterung in Bestände in steilen Lagen einzugreifen. Patrik Mosimanns Plentergrundsätze am Steilhang:

  1. Starker Ersteingriff bei Beständen mit Pflegerückstand oder geschlossenem Kronendach. Stabilitätsträger und qualitativ gute Bäume fördern. Baumartenvielfalt erhalten und fördern.
  2. Danach 15–20 Jahre kein Eingriff mehr in der Oberschicht. Evtl. geringe Pflegeeingriffe.
  3. Zweiter Eingriff deutlich schwächer, nur punktuell zur Förderung von Kandidaten und der Baumartenmischung, im Zahnwurz-Buchenwald vor allem zugunsten der BAh und Fi.
  4. Effizienter Einsatz von Raupenvollernter und Forwarder, in sehr steilen Lagen Handholzerei mit Seilkran.

Am "Bürenkopf", einem Südhang mit typischem Zahnwurz-Buchenwald (EK 12a) auf 1100 m ü. M. oberhalb Grenchen,stocken zwei unterschiedlich gepflegte, ca. 120-jährige Bestände. Aus der Sortimentszusammenstellung des Jahres 1999 wird ersichtlich, dass eine periodische Pflege durch Nutzung zu besseren Sortimenten führt und mittelfristig rentieren kann.

Gepflegter Bestand (Abb. 1)Ungepflegter Bestand (Abb. 2)
Eingriffe 1973, 1980, 1987, 1999
Nutzung rund 70 m3/ha
Vorrat vor Nutzung 350 m3/ha
Zuwachs 5 m3/ha u. J.
Eingriff 1999
seit 50 Jahren keine Nutzung,
1999 1500m3
Zuwachs 5 m3/ha u. J.
Sortiment 1999:
- Stammholz 76%
- Industrieholz 24%
- Laubstammholz Submission 7,3%
Sortiment 1999:
- Stammholz 30%
- Industrieholz 70%
- nur schlechte Qualität
Reinertrag (ohne Beiträge) CHF 12.–/m3Reinertrag ca. CHF –13.–/m3
Bestockung 50% Bu, 30% Fi, 15% Ta, BAh, Es, BUl, Struktur zweischichtig bis plenterartigGeringere Dimensionen und Qualität, fast keine Verjüngung, teilweise labiler Bestand, Struktur einschichtig

Dauerwald auf Topstandorten

Ein Bijou für Dauerwaldfreunde ist der 45 ha grosse, gut erschlossene Bestand "Fallern" auf 1030 m ü. M. (Nordhang, Zufuhrlagen. Waldgesellschaft: Typischer Tannen-Buchenwald (EK 18aE)). Hier stocken Buchen, Bergahorne und Fichten in Top-Qualität mit zum Teil starken Dimensionen in strukturiertem Bestand, in dem auch qualitativ gute Bäume nachfolgen. Genutzt wurde motorenmanuell.

Bestand Fallern: Eingriff Herbst 2000 nach Lothar

  • Vorrat: 306 m3/ha
  • Nutzung: 27 m3/ha (9% des Vorrats)
  • Zuwachs: ca. 5 m3/ha
  • Nutzungsturnus: alle 10 Jahre
  • Anteil Wertholz: 17%
  • Gesamtaufwand: CHF 61.50/m3
  • Gesamterlös: CHF 133.10/m3
  • Anteil Wertholz am Gesamterlös: 42%

Diese Zahlen belegen eindrücklich, dass sich die Konzentration auf die Wertholzproduktion lohnt. Folgende waldbaulichen Grundsätze und Erntetechniken haben zu einem solchen Bestand geführt:

  • Dauerwald als Familie, die Grossen erziehen die Kleinen
  • Regelmässige Nutzung ca. alle 10 Jahre
  • Mit wenigen Bäumen arbeiten, diesen überdurchschnittlich helfen
  • Schöne Bäume können zusammen aufwachsen und eine gemeinsame Krone bilden, keine Fixierung auf Endabstand
  • Ringeln und Asten als wichtige Pflegemassnahmen
  • Grosse Kronen der Bäume fördern mit Astansatz auf 8–10 m Höhe. Dies bringt durch rasches Wachstum eine bessere Qualität (z. B. Vermindern von Rotkern bei Buche oder Braunkern bei Esche)

Was versteht man unter einem Dauerwald?

Der Dauerwald ist das Resultat aus der Anwendung des Plenterprinzips. Im Dauerwald bleibt der Waldboden dauernd bestockt (Namengebung!). Es werden keine flächigen Hiebe durchgeführt, sondern die Nutzung der hiebsreifen Bäume erfolgt einzelstammweise. Dies führt zu einer ungleichförmigen Struktur. Im Zentrum steht die Nutzung von hiebsreifem Holz, also von Holz mit dem maximalen durchschnittlichen Wertzuwachs und nicht die Verjüngung. Sie ist ein Nebenprodukt der Nutzung und nicht Selbstzweck.

Der Plenterwald ist ein Sonderfall des Dauerwaldes. Er wird mit den Schatten- und Halbschattenbaumarten Fichte, Tanne und Buche betrieben. Der Plenterwald war ursprünglich ein zufälliges Produkt aus der einzelstammweisen Nutzung im bäuerlichen Privatwald.

Nutzung mit Raupenvollernter

Die Nutzung in einem typischen Tannen-Buchen-Wald an einem Nordhang mit Neigung von ca. 70% mit Raupenvollernter gab zu Diskussionen Anlass. Die Eignung des Vollernters für den Schlag steht ausser Frage. Die kalk- und skelettreichen Juraböden sind nicht empfindlich gegen Verdichtung. Der Abstand der Rückegassen von ca. 40 m könnte deshalb auch geringer sein um Schäden am verbleibenden Bestand noch zu verringern und um effizienter arbeiten zu können. Vorgeschlagen wird ein Abstand von 20–25 m. Es stellt sich auch die Frage, bis zu welchem Zopfdurchmesser aufgerüstet werden soll oder ob nicht vermehrt ganze Kronenteile im Wald belassen werden sollten.

Sehr günstig wirkt sich die konsequente Anzeichnung der Auslesebäume mit farbigen Bändern aus, die es unbedingt zu schonen gilt. Ebenso positiv ist eine vertrauensbildende langjährige Zusammenarbeit zwischen dem Forstdienst und Unternehmern. Die Holzrückung aus dem Bestand erfolgt mit einem Forwarder, der durch einen speziellen Rückeschlepper bis zur Böschungsoberkante talwärts geseilt (gesichert) wird. Das Holz wird hangabwärts zu einem Maschinenweg transportiert und dort zwischengelagert. Ein zweiter Forwarder sortiert das Holz auf dem flachen Maschinenweg und führt es an die lastwagenbefahrbare Waldstrasse.

Kombinierte Eingriffe mit Seilkraneinsatz

In einem typischen Zahnwurz Buchenwald (EK 12a) auf einer Fläche von rund 7 ha, bestockt mit dicht stehendem schwachem bis starkem Baumholz, kamen in bester Zusammenarbeit drei Unternehmer und das betriebseigene Personal zum Einsatz. Der Bestand mit Schutzwaldfunktion wurde seit 40 Jahren nicht mehr genutzt, was mittelfristig zum Unterbruch der Schutzwirkung führen könnte. Im gedrängten Bestand hat es qualitativ gute Stämme. Beim Anzeichnen achtete der Förster darauf, die ausgewählten Bäume hangoberseits sehr stark freizustellen. Es wurde im Sortimentsverfahren gearbeitet. Der Unternehmer konnte anschaulich vermitteln, wie gut sich ein moderner Mobilseilkran mit Kippmast, Zugseilklemme und Funkfernbedienung für die bestandesschonende Holzbringung eignet.

Fazit

Förster Patrik Mosimann hat durch Beobachtung und mutige Eingriffe ein Mass an Eingriffstärke gefunden, das zu schönen Waldbildern und guter Holzqualität bei vertretbarem Aufwand führt. Seine Tipps:

  • Im Jura setzen die Jungbäume auf den sehr verjüngungsfreundlichen Böden oft flächig ein. Dies darf uns jedoch nicht drängen, mehr Licht zu geben. Es ist darauf zu achten, dass bei der Holzerei Verjüngungszentren geschont werden, während andere in Mitleidenschaft gezogen werden. Dadurch entstehen strukturierte Bestände.
  • Die Überführung braucht Zeit und Geld, da am Anfang "entrümpelt" werden muss.
  • Es braucht Kontinuität in der waldbaulichen Philosophie. Der Förster schätzt die Rückendeckung von der Forstkommission. Die Nachfolger sind frühzeitig einzuarbeiten.
  • Eine langjährige Zusammenarbeit mit gleichen Unternehmern, die speziell auf Qualität achten und die entsprechende Erfahrung und Fähigkeit mitbringen, zahlt sich aus.
  • Feiner, qualitativ hochstehender Waldbau spricht nicht gegen den Einsatz von modernen Technologien – im Gegenteil!
  • Mit zunehmender Spreizung der BHDs kann mit regelmässiger Ernte von Wertholz gerechnet werden.