Der Begriff "Wildschaden" hat sich dahingehend etabliert, dass er den durch Wild verursachten Schaden in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft bezeichnet. Dieses Verständnis leitet sich aus gesetzlichen Normierungen ab, die festgelegt haben, welche Wildtiere zum "Wild" gehören und damit jagdbar sind. In Deutschland sind diese Tierarten in §2 BJagdG aufgelistet, wobei diese Liste von den Bundesländern erweitert werden kann, wie dies in den letzten Jahren mit dem Waschbär oder dem Marderhund erfolgte.

Wildschäden

Doch der Gesetzgeber hat den Begriff Wildschaden noch weiter eingeengt, indem er für den Wildschadenausgleich vorsieht, dass die Jagdgenossenschaft den durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen verursachten Schaden an einem Grundstück, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört oder einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk angegliedert ist, zu ersetzen hat.

Im juristischen Sinne ist auch der bei der Kollision eines Fahrzeugs mit einem Wildtier entstehende Schaden kein Wildschaden, sondern wird als "Wildunfall" bezeichnet. Wird der Begriff "Wildschaden" aber nicht rein juristisch, sondern allgemeiner definiert, könnte man darunter auch den durch Wild, oder noch weiter gefasst, den durch Wildtiere verursachten Schaden verstehen.

Dabei dient der Begriff "Wildtier" zur Charakterisierung von Tieren, die nicht "Haustier" bzw. nicht zahm sind. Da hierunter auch Borkenkäfer, Ratten und andere Wildtiere verstanden werden können, scheint es sinnvoll, Wildschaden als einen durch Wild verursachten Schaden zu definieren. Diese Definition erfasst damit alle Tierarten des Jagdrechts und beschränkt sich nicht auf Wildarten, für die auch der Wildschadensausgleich geregelt ist. Gleichzeitig umfasst diese Definition auch alle Schäden.

Als Schaden wird die unfreiwillige Einbuße an Rechtsgütern verstanden, die eine Person infolge eines Ereignisses erleidet. Damit ist Schaden ein Nachteil durch Minderung oder Verlust an Gütern und damit das Gegenteil von Nutzen. Schaden kann materiell oder immateriell sowie tatsächlich oder erwartet sein.

Wird ein Schaden durch Wild verursacht, leitet sich aus dem BJagdG ab, für welche Wildarten und für welche Schäden die Jagdgenossenschaft zum Wildschadenausgleich herangezogen werden kann. Diese Einschränkungen und Konkretisierungen sind notwendig, weil Wild sich in natürlicher Freiheit befindet und herrenlos ist, also niemandem gehört. Gleichzeitig ist die Aneignung des Wildes ausschließlich dem Jagdausübungsberechtigten durch Erlegung erlaubt. Der Jäger hat aber nicht nur ein Erlegungsrecht, sondern auch eine Fürsorgepflicht bzw. eine Pflicht zur Hege. Letztere gilt auch dann, wenn eine Wildart ganzjährig geschützt ist. Die als Wild bezeichneten Tierarten haben damit nach dem Jagdgesetz einen Schutzstatus, für den eine Person, der Jagdausübungsberechtigte, persönlich verantwortlich ist. Somit unterscheidet sich der Schutzstatus nach dem Jagdrecht grundsätzlich beispielsweise von dem Schutzstatus nach dem Naturschutzgesetz, da das Naturschutzrecht keine Personen bezeichnet, die persönlich verantwortlich sind.

Die Ansätze für ein neues Verständnis von Wildschäden leiten sich aus den gemachten Ausführungen ab. Beim Verständnis und der Bewertung von Wildschäden und auch der Lösung von Konflikten ist es entscheidend, welches Verständnis die Meinungen und Diskussionen prägt. Bezieht man alle Wildarten und alle Schäden in die Definition des Begriffes "Wildschaden" mit ein, wird deutlicher, wodurch die Diskussionen häufig festgefahren sind und seit Jahrzehnten mit den gleichen Argumenten geführt werden. Betrachtet man Wildschäden übergreifend, wird klarer, dass es immer um Konflikte in der Nutzung der Landschaft geht: Einerseits zwischen den Nutzungsansprüchen unterschiedlicher menschlicher Interessengruppen und andererseits zwischen menschlichen Nutzungsansprüchen und den Bedürfnissen von Wildtieren. Dabei ist auch wichtig, dass in der Begriffswahl eindeutiger auf diesen Zusammenhang Rücksicht genommen wird. So gibt es keinen Konflikt zwischen Wald und Wild, sondern zwischen dem Waldbesitzer und dem Jäger.

Aus diesem Verständnis im Umgang mit Wildschäden ergibt sich, dass die erste Grundlage für Konfliktlösungen die Kenntnis unterschiedlicher Sichtweisen und daraus abgeleiteter Bewertungen ist.

Sichtweisen und Bewertungen

Zur Vermeidung von Wildschäden im Wald ist für den Waldbesitzer der wichtigste Lösungsweg die Reduzierung der Wildbestände. Für den Jäger liegt die Verantwortung für Wildschäden nicht allein bei ihm, obwohl dies der Gesetzgeber eindeutig geregelt hat und allein die Jagdgenossenschaft zum Ausgleich eines Wildschadens heranzieht. Für die Sichtweise des Jägers ist nicht allein die gesetzliche Regelung entscheidend, sondern er argumentiert mit der Komplexität des Wirkungsgefüges, wie es in Abb. 1 dargestellt ist, obwohl im Einzelfall nicht alle Einflussgrößen eine Rolle spielen und in vielen Fällen der Abschuss die wichtigste Steuerungsgröße ist. Wenngleich sich der Waldbesitzer dieses Wirkungsgefüges ebenso bewusst ist, sieht er in erster Linie den Jäger zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich des Wildschadens in Verantwortung, da die Rechtslage den Jäger bzw. die Jagdgenossenschaft eindeutig als verantwortlich erklärt.

Noch komplizierter und festgefahrener wird dieser Konflikt dadurch, dass er nicht differenziert am Einzelfall beurteilt und diskutiert wird, sondern dass man ihn zum Gegenstand von grundsätzlichen Meinungspositionen unterschiedlicher Interessenvertretungen macht. Diese Interessenvertretungen müssen in diesem Konflikt über Wildschäden ihre Position jeweils möglichst extrem und auch einfach darstellen, um in politischen Entscheidungen, in der öffentlichen Wahrnehmung und bei der Weiterentwicklung von gesetzlichen Regelungen Erfolge zu erzielen. Eine Differenzierung lokal extrem unterschiedlicher Situationen findet nicht mehr statt, sondern Wildverbiss wird von der Jägerseite auf Landes- oder Bundesebene so dargestellt, als ob nicht allein der Abschuss zur Problemlösung dienen kann, sondern beispielsweise auch der Einfluss von Tourismus einbezogen werden muss. Auch die Waldbesitzerseite stellt Wildverbiss als landesweites oder gar bundesweites Problem dar, das die Jäger durch erhöhten Abschuss lösen müssen. Gerade das Beispiel Tourismus macht deutlich, dass man ein nur lokal wirksamen Einfluss in die Schadensanalyse einbeziehen muss, aber in der landesweiten Argumentation keine vorrangige Rolle spielen darf, da die durch Tourismus stark beeinflussten Gebiete in ihrem Flächenanteil sehr gering sind.

Offensichtlich führt diese Art der Auseinandersetzung seit Jahrzehnten immer wieder zu den gleichen konträren Positionen, Jäger und Waldbesitzer werden jeweils von der anderen Seite schubladisiert. Auffallend ist auch, dass die in diesen Jahrzehnten erarbeiteten wissenschaftlichen Erkenntnisse bei diesen Konflikten nur wenig als Grundlage oder zur Problemlösung beitragend herangezogen werden – seien es Erkenntnisse zu den Tierarten, zum Lebensraum, zum Einfluss der Fütterung oder zu Methoden der Beurteilung von Wildverbiss (Kontrollzaunverfahren, monetäre Bewertung, forstliche Gutachten, Inventuren). Dies könnte daran liegen, dass sich die jeweiligen Positionen im Lauf dieser langen Zeit des immer gleichen Konflikts so etabliert und verhärtet haben, dass von ihnen nicht mehr abgewichen wird.

Ein Ansatz für ein neues Verständnis könnte daraus abgeleitet werden, dass man die Sichtweisen und Bewertungen von Wildschäden mal von einer ganz anderen Seite beleuchtet. Und zwar indem der Begriff Wildschaden auf alle Wildarten und alle durch Wild verursachten Schäden bezogen wird. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen. Die Beispiele basieren auf der Betrachtung von Räuber-Beute-Beziehungen und werfen auch jeweils die Frage auf: wer beeinflusst oder reguliert wen?

Luchs tötet und frisst Reh

Nach dem bisherigen Verständnis ist das Erbeuten eines Rehs durch den Luchs ein natürlicher Prozess und wird nicht mit dem Begriff "Wildschaden" in Verbindung gebracht. Emotional fühlt sich aber der Jäger, in dessen Revier ein Reh vom Luchs gerissen wird, geschädigt – er bewertet diesen Vorgang als einen Schaden, da die Möglichkeit, Rehe zu erlegen, gemindert ist. Obwohl Rehe als herrenlos anzusehen sind und auch dem Jäger nicht gehören, erleidet er einen Nachteil an seinem Jagdrecht. Demnach würde nach obiger Definition ein "Wildschaden" vorliegen – ein durch Wild verursachter Schaden. Einen Ausgleich eines solchen vom Jäger empfundenen Schadens gibt es nicht. Wirksame Maßnahmen zur Verhinderung oder Reduzierung solcher Schäden sind kaum möglich; allenfalls eine Reduktion von Wild-(=Beute)-Konzentrationen im Bereich von Fütterungen. Eine Reduktion der Luchsdichte ist in der aktuellen Situation eine rein theoretische Möglichkeit, die man aber zum Verständnis der Lösung von Wildschadensproblemen auch in die Überlegungen mit einbeziehen müsste.

Wolf tötet und frisst Schafe

Das Reißen von Schafen durch Wölfe ist für den Landwirt eindeutig ein Schaden. Würde ein Schaf durch den Luchs gerissen, könnte ebenfalls von einem durch Wild verursachten Schaden (=Wildschaden) gesprochen werden. Beim Wolf kann der Begriff Wildschaden dagegen nicht verwendet werden, da er nicht zu den juristisch als „Wild“ definierten Tierarten gehört. In der öffentlichen Wahrnehmung wird dies sicher anders gefühlt und die juristische Differenzierung als nicht nachvollziehbar angesehen. Für die Verhinderung oder Reduzierung solcher Schäden stehen Instrumente zu Verfügung (Zäune, Hütehunde). Darüber hinaus gibt es einen gesellschaftlichen Konsens, dass der Ausgleich dieser Schäden von der Allgemeinheit getragen werden müsste.

Autofahrer tötet Reh

Obwohl der Autofahrer der "Räuber" und das Reh die "Beute" ist, sieht die Allgemeinheit in einem Wildunfall ein durch Wild verursachter Schaden – wäre das Reh nicht in das Auto gelaufen, hätte es keinen Schaden gegeben. So könnte man auch diesen Schaden als Wildschaden bezeichnen. Zur Reduzierung von Wildunfällen gibt es ein umfangreiches Instrumentarium, das jedoch nicht zu einer spürbaren Reduktion der Wildunfallzahlen geführt hat. Dass es bisher nur wenig effektive Präventionsmaßnahmen gibt, liegt u. a. auch an der Tatsache, dass der Ausgleich von Schäden über Versicherungen geregelt wird und damit „sozialisiert“ ist. Damit fehlen die Motivation und auch ausreichend betroffene Interessengruppen, die beide zur Problemlösung notwendig wären.

Autofahrer wird bei Wildunfall getötet

Eine durch ein Wildtier verursachte Tötung eines Menschen wird in Mitteleuropa als praktisch nicht vorhanden angesehen, obwohl jährlich bei Wildunfällen deutlich mehr Menschen sterben, als je bei Vorhandensein der Großkarnivoren zu erwarten wäre. Autofahren hat sich in der Gesellschaft als so essentiell entwickelt, dass man die damit verbundenen Gefahren und Risiken in Kauf nimmt bzw. als kaum veränderbar betrachtet. Zudem haben sich die autofahrenden Menschen an dieses Risiko gewöhnt und nehmen es als solches gar nicht mehr wahr. Dies wird auch dadurch offensichtlich, dass dieser durch Wild verursachte Schaden zwar als emotional extrem groß angesehen werden müsste, aber in gesellschaftliche Diskussionen viel weniger Eingang gefunden hat, als die Diskussionen über Wildschäden im Wald.

Reh frisst Tanne

Wird das Reh in dem beschriebenen Kontext als "Räuber" betrachtet und die Tanne als "Beute", stellt sich auch hier die Frage, wer wen beeinflusst oder vielleicht sogar reguliert? Für die Beantwortung dieser Frage muss man beachten, dass es bei Räuber-Beute-Beziehungen entscheidend ist, welche Dichte an Räubern bzw. Beute vorhanden ist. In den Konflikten zwischen Waldbesitzern und Jägern geht es aber in erster Linie um die "Räuberdichte", also die Rehwilddichte. Es wird in erster Linie darüber diskutiert, inwiefern allein die Rehwilddichte bzw. die Höhe des Abschusses dafür entscheidend ist, ob ein Wildschaden entsteht oder nicht. Verglichen mit der Beziehung "Luchs-Reh" würde dies bedeuten, dass allein die Anzahl an Luchsen dafür entscheidend ist, wie viele Rehe gerissen werden. In der Diskussion über die aktive Wiederansiedlung von Luchsen wird dies aber häufig ganz anders gesehen: wie viele Rehe vom Luchs wo gerissen werden, wird als von der Rehdichte = Beutedichte abhängig angesehen. Mit dem gleichen Gedankengang müsste die Anzahl an Tannen entscheidend für die Verbissintensität sein. Dadurch wird deutlich, dass je nach Sichtweise ein ähnlicher Zusammenhang jeweils nach dem bewertet wird, was der eigenen Meinung am besten entspricht. Darüber hinaus ist die Frage zu beantworten, ob zwischen gepflanzten und natürlich verjüngten Tannen unterschieden werden muss. In beiden Fällen kann Verbiss zu einem Wildschaden führen. Bei gepflanzten Tannen entspricht jedes Bäumchen dem erklärten Ziel des Waldbesitzers, für das er Zeit und Geld aufgewendet hat. Folgerichtig ist die Beschädigung jedes Bäumchens als Wildschaden anzusehen – ähnlich jedem vom Luchs gerissenen Schaf, für das der Landwirt Zeit und Kosten aufgewendet hat. Sind die Tännchen natürlich verjüngt, muss nicht jedes verbissene Bäumchen einen Wildschaden bedeuten, da zur Erreichung des waldbaulichen Ziels auch nicht jedes Bäumchen erforderlich ist. Wildverbiss kann in diesem Fall auch als kompensatorisch für den Ausfall einer großen Zahl an verjüngten Bäumchen angesehen werden.

An diesen Beispielen wird deutlich, dass sich in den jeweiligen Themenfeldern Bewertungsnormen etabliert haben, die den Umgang mit entstehenden Konflikten prägen. Vergleicht man diese Beispiele miteinander, werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich. Die wichtigste Gemeinsamkeit ist, dass die Bewertung eines Konfliktes von unterschiedlichen Sichtweisen geprägt ist und es Unterschiede zwischen juristischen, "gefühlten" und "etablierten" Sichtweisen gibt. Gemeinsam ist diesen Beispielen auch, dass sie zwar im Sinne einer "Räuber-Beute-Beziehung" einfache Tatsachen beschreiben, in der Erklärung dessen aber so komplex sind, dass nicht direkt oder einfach erklärt werden kann, wer wen wie beeinflusst oder reguliert. Für ein neues Verständnis von Wildschäden ist es daher wichtig, die Unterschiede in den Sichtweisen auch nach ihren Entstehungszusammenhängen zu differenzieren.

Umgang mit Wildschäden

In den letzten Jahrzehnten wurden sehr viele wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse und neue Methoden im Themenbereich Wildschäden erarbeitet. Tab. 1 zeigt beispielhaft und schlagwortartig Erkenntnisse und ihre Anwendung in der Praxis.

Tab. 1: Erkenntnisse bzw. Methoden und ihre Anwendung in der Praxis.
Erkenntnisse bzw. MethodenAnwendung in der Praxis
Kein direkter Zusammenhang zwischen der Rotwilddichte und dem Ausmaß an Schälschäden feststellbar.Steigen Schälschäden, diskutiert man fast ausschließlich über die Höhe der Wilddichte bzw. des Abschusses.
Das Äsungs- /Deckungsangebot (inkl. Fütterung und Kirrung) und der Jagddruck steuern das Raum-Zeit-Verhalten von Pflanzenfressern.In Diskussionen geht es nach wie vor fast ausschließlich um die Höhe der Wilddichte bzw. des Abschusses.
Der "verborgene Winterschlaf" des Rotwildes erfordert zur Vermeidung von Schälschäden in erster Linie Ruhe für das Wild.Die Erfüllung einer bestimmten Abschusshöhe wird als vorrangig angesehen, Jagdaktivitäten dauern bis Ende Januar an, die Praxis schlägt sogar eine Verlängerung bis Februar vor.
Das Geschlechterverhältnis des Wildbestandes und des Abschusses ist für die Populationsentwicklung entscheidend.Es geht vorrangig um die Höhe der Wilddichte bzw. des Abschusses – das Geschlechterverhältnis (GV) des Abschusses wird wenig, das GV des Wildbestandes fast gar nicht beachtet.
Das Verbissprozent (Vpr) ist ohne Informationen über die Verjüngung oder die Bezugsebene wenig aussagekräftig. Dagegen können Vpr über 60 % keinen Schaden verursachen und Vpr deutlich unter 20 % die waldbaulichen Ziele gefährden.Das Vpr wird nach wie vor als Indikator für einen entstandenen Wildschaden herangezogen. Dabei werden Erhebungen aus Großrauminventuren (z. B. BWI) genauso interpretiert wie Forstliche Gutachten oder die auf einen Forstbetrieb bezogenen Inventuren.
KontrollzaunverfahrenDas Kontrollzaunverfahren wird nur in wenigen strittigen Fällen angewandt.
FVA-Verfahren zur monetären Bewertung von Wildverbiss in NaturverjüngungenDas Verfahren wird trotz umfangreicher Schulungen und Veröffentlichungen kaum angewandt. Ein Wildschadenausgleich im Wald wird nur selten vorgenommen.

Diese Reihe an Erkenntnissen und an mangelnder Anwendung in der Praxis könnte man fortführen. Die mittlerweile entwickelten Methoden und Erkenntnisse werden in der Praxis nicht oder nur vereinzelt angewandt, weil sie teilweise völlig neue Schritte verlangen und gegebenenfalls ein Abrücken von gewohnten Positionen bedeuten würden.

Welcher Weg kann aus dieser vermeintlichen Sackgasse führen? Der erste Schritt auf diesem Weg ist, zumindest ein Stück wegzugehen von den bisher festgefahrenen Positionen. Dazu gehört die Berücksichtigung des dargestellten Wirkungsgefüges, die je nach lokaler Situation differenziert und unter gleichberechtigter Beteiligung betroffener Interessengruppen erfolgen muss. Dies ist nur möglich, wenn das grundsätzliche Verständnis in der Bewertung dessen, was als Wildschaden angesehen wird, sich weiterentwickelt. Wird das Augenmerk auf verschiedene Themenfelder gerichtet, die im Kontext Wildschäden betrachtet werden können, könnten neue Sichtweisen entstehen, die in der Bewertung von Wildschäden besser zu einer gemeinsamen Basis führen. Gleichzeitig sind Konfliktlösungen nur auf der Basis einer genaueren und auch richtigen Begriffswahl möglich. Beispiele hierfür sind:

  • Der Begriff "Wildschaden" müsste neu definiert werden.
  • Statt vom "Wald-Wild-Konflikt" wird vom "Konflikt zwischen Waldbesitzer und Jäger" gesprochen.
  • Die starken Verkürzungen des Wildschadenproblems im Sinne "Wald vor Wild" bzw. "Wald und Wild" werden ersetzt durch Kurzformen wie "Waldbesitzerinteressen vor Jägerinteressen" bzw. "Waldbesitzerinteressen und Jägerinteressen".
  • Unter "Wald" wird das gesamte Ökosystem mit allen Pflanzen- und Tierarten verstanden. Daraus ergibt sich, dass ein Teil dieses Systems nicht in Form von "vor" oder "und" mit dem Gesamtsystem sprachlich verbunden werden darf. Um dies deutlich zu machen werden einige "unsinnige" Beispiele genannt: "Wald vor Heidelbeere", "Wald und Tanne", "Wald und Borkenkäfer", "Wald vor Auerhuhn".

Besonders wichtig erscheint für Konfliktlösungen aber auch die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in der Praxis. Diese werden aber erst dann häufiger angewandt, wenn sich auch das Grundverständnis ändert. Beispielsweise würden dann auch entstandene Verbissschäden in Naturverjüngungen nach dem partizipativ erarbeiteten FVA-Verfahren zur monetären Bewertung festgestellt und ausgeglichen werden können. Ein tatsächlicher Ausgleich von Schäden ist nicht zuletzt eine conditio sine qua non, um Wildschadenskonflikte dauerhaft zu lösen.