Merkmale und Symptome
P. liobae ist ein Schlauchpilz, der auf den Blättern der Rotbuche (Fagus sylvatica) vorkommt. Die Infektion erzeugt eine auffällige Blattbräune in Form von unregelmässig geformten Flecken aus abgestorbenem Gewebe, sogenannte Nekrosen, mit dunkelbraunen Rändern (Abb. 1).
Auf diesen Flecken erscheinen von Sommer bis Herbst kleine weisse Diasporen, die der asexuellen Verbreitung dienen. Mit etwa 150 μm im Durchmesser sind sie schon von blossem Auge gut sichtbar. Betrachtet man sie unter einer Lupe (Abb. 2) oder einem Mikroskop, erscheinen sie als kurz gestielte Kugeln mit langen Haaren.
Während des Winters und im Frühling werden die sexuellen Fruchtkörper auf abgefallenen Blättern in der Blattstreu gebildet (Abb. 3). Diese linsenförmigen, dunkelbraun oder schwarz gefärbten Fruchtkörper betragen etwa 0,2 mm im Durchmesser und besitzen oft ein eingesenktes Zentrum. Häufig befinden sich die befallenen Blätter im unteren Teil des Baumes oder an jungen Bäumen im Unterwuchs.
Biologie, Vermehrung und Verbreitung
Im Frühjahr sind die schwarzbraunen sexuellen Fruchtkörper des Pilzes auf den abgestorbenen Blättern des Vorjahres reif (Abb. 3). Diese setzen die Sporen von April bis Mai frei – genau dann, wenn sich die neuen Blätter der Buche entfalten. Die Sporen werden über die Luft verbreitet, was zur Erstinfektion der jungen Blätter führt. Weil sich die Fruchtkörper in der Bodenstreu befinden, werden hauptsächlich die unteren Blätter und kleine Buchen besiedelt.
Auf den vom Pilz befallenen lebenden Blättern entwickeln sich braune Flecken, worauf schliesslich die kleinen, weissen Diasporen (Abb. 2) entstehen. Deren Entwicklung findet zwischen Juni und Oktober statt. Die auf asexuelle Weise entstanden Diasporen dienen – wie die sexuellen Sporen – der Vermehrung des Pilzes und führen zu Zweitinfektionen der Buchenblätter. Die Erstinfektion der Blätter wird durch feuchte Frühlingstage begünstigt; feuchte Sommer führen wiederum vermehrt zu Zweitinfektionen.
Der Pilz wurde inzwischen in der gesamten Schweiz, in Süd- und Mitteldeutschland, in Österreich, der Slowakei und Slowenien sowie in den französischen Pyrenäen nachgewiesen. Aus Nord- und Südeuropa gibt es bisher noch keine Nachweise.
Ökologie
Der Pilz bevorzugt die Rotbuche (Fagus sylvatica) als Wirt, aber im Botanischen Garten in München wurde er auch auf der Orientbuche (F. orientalis) gefunden, die von manchen Botanikern als Unterart der Rotbuche betrachtet wird. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Orientbuche liegt südöstlich von jenem der Rotbuche (Abb. 4). In Slowenien hatten zahlreiche Hagebuchen (Carpinus betulus), die neben infizierten Rotbuchen wuchsen, ihrerseits kranke Blätter. In Experimenten erkrankten auch Traubeneichen (Quercus petraea) und Edelkastanien (Castanea sativa).
Von einer Infektion betroffen sind hauptsächlich junge Buchen im Unterwuchs und tiefhängende Buchenäste an schattigen, luftfeuchten Standorten. Bäume an sonnigen und lichten Standorten scheinen seltener infiziert zu sein. Infektionsversuche haben gezeigt, dass die sonnenexponierten Blätter der Rotbuche durch ihre dickeren Zellwände resistenter gegen die Pilzinfektion sind als die weicheren Schattenblätter. Sonnenbeschienene Blätter, die auf mechanischem Weg oder durch Fressfeinde wie den Buchenspringrüssler geschädigt werden, büssen diese Schutzwirkung jedoch wieder ein.
Ausbreitungsgeschichte und Gefahren
Aufgrund fehlender Beobachtungen in vielen europäischen Ländern ist der Ursprung und die tatsächliche Verbreitung dieses Pilzes unbekannt. Nachdem er 2008 erstmals bei Zürich in der Schweiz entdeckt wurde, fand man ihn 2016 auch in Deutschland und Österreich, 2017 in der Slowakei und in den französischen Pyrenäen sowie 2018 in Slowenien. Feldbeobachtungen zeigen, dass Petrakia liobae in den jeweiligen Ländern weit verbreitet ist und oft lokal viele Bäume befällt.
Da die Rotbuche in Europa ein grosses Verbreitungsgebiet hat, ist davon auszugehen, dass dies auch für den Pilz gilt. Die innert kurzer Zeit erfolgten Nachweise deuten zumindest darauf hin, dass er weiter verbreitet ist, als bisher bekannt. Andererseits konnte er trotz gezielter Suche in manchen Ländern, beispielsweise in Polen oder Grossbritannien, nicht nachgewiesen werden. Somit könnte sich P. liobae noch in Ausbreitung befinden.
Unter normalen klimatischen Bedingungen scheinen Bäume durch den Befall mit P. liobae kaum negativ beeinflusst zu werden. Dennoch gab es die Beobachtung, dass die Besiedlungsrate des Pilzes von Buchen im Sommer 2016 deutlich höher war als im Folgejahr, was womöglich auf das nasse Frühjahr 2016 zurückzuführen ist. Die anschliessend beobachtete frühe Entlaubung dieser Buchen könnte daher durch den starken Befall mit dem Pilz verursacht worden sein. Da besonders Jungbäume im Unterwuchs betroffen sind, wäre auch eine Beeinträchtigung der Naturverjüngung der Buche durch P. liobae denkbar
Bekämpfung
In Anbetracht der begrenzten Kenntnisse über diese Art und ihre Verbreitung gestaltet sich die Bekämpfung recht schwierig. Eine chemische Bekämpfung ist im Wald ist in der Schweiz verboten! Eine Fällung befallener Bäume ist nicht sinnvoll, da immer noch infektiöse Blätter in der Streu sein können. Es empfiehlt sich jedoch, das Vorkommen dieses Parasiten zu überwachen und zu erfassen, um seine tatsächliche Verbreitung und Auswirkung auf die Buchenpopulationen zu ermitteln.
Wo melden, wo um Rat fragen?
Für ein besseres Verständnis der Verbreitung und Ausbreitungsdynamik dieser Art ist jede Fundmeldung sehr wertvoll. Melden Sie Ihre Funde an SwissFungi, das nationale Daten- und Informationszentrum der Schweizer Pilze. Bei stark befallenen Beständen ist der Waldschutz Schweiz zu kontaktieren.
(TR)