Symptome konnten in vielen untersuchten Beständen bestätigt werden

Bei einer bayernweiten Untersuchung von Buchenbeständen auf Phytophthora-Befall konnten die typischen Symptome wie Stammnekrosen, Schleimfluss und Wurzelfäule in 54 von 57 untersuchten Beständen nachgewiesen werden. Der Pilz hat dabei von der Witterung der beiden Jahre 2002 und 2003 profitiert. Die aufgefundenen Schädigungen sind zum Teil immens, allerdings besteht noch erheblicher Forschungsbedarf.

Die Anfälligkeit der Rotbuche gegenüber wurzelschädigenden Phytophthora-Arten ist insbesondere auf wechselfeuchten Standorten bereits seit langem bekannt (Day 1938). In Bayern wurde erstmals 1996 über das Vorkommen von Phytophthora cambivora, P. citricola und anderer Phytophthora-Arten in erkrankten Buchenbeständen berichtet (Jung und Blaschke 1996).

In verschiedenen Versuchsreihen erwiesen sich sowohl das Wurzelsystem (Jung et al. 2003) als auch die Stammrinde der Rotbuche (Jung und Blaschke 1996; Braiser und Jung 2003) im Vergleich mit Stiel- und Traubeneiche als deutlich anfälliger gegenüber P. cambivora und P. citricola.

Rindennekrosen, Wurzelfäulen und Schleimfluss als Zeichen des Befalls

Zwischen Juni 2003 und Februar 2004 wurden bayernweit insgesamt 57 Buchenbestände, darunter zahlreiche Bergmischwaldbestände im Alpenraum, auf typische Schadsymptome untersucht. Dabei wurden in 54 Beständen bei Einzelbäumen oder Baumgruppen Rindennekrosen festgestellt, welche äußerlich durch orangebraune bis schwärzliche Schleimflussflecken und eingesunkene Rindenpartien im älteren unteren Bereich der Nekrose erkennbar waren. Bei den meisten Buchen gingen die Schäden zungenförmig von den Hauptwurzeln oder dem Wurzelhals aus (Abb. 1 und 2). Diese Wurzelhalsfäulen erstreckten sich in der Regel bis 2 m, in Einzelfällen jedoch bis 7 m Stammhöhe.

In 17 Beständen traten zusätzlich isolierte Rindennekrosen bis in Stammhöhen von 16 m auf (Abb. 3 und 4). Die durch Phytophthora geschädigten Rindenpartien wurden meist bereits im Jahr der Erstinfektion von parasitischen und saprophytischen Pilzen sowie rindenbrütenden Borkenkäfern (v.a. Taphrorychus bicolor) besiedelt.

Am stehenden Baum ergibt sich bei mehrjähriger Erkrankung oftmals folgendes Erscheinungsbild: Die zwei Jahre alten und älteren Bereiche der Rindennekrose sind von Pilzfruchtkörpern bedeckt (v.a. Buchenschleimrübling, Zunderschwamm, Rotrandiger Baumschwamm...), die Rinde blättert großflächig ab (Abb. 4). Die letztjährigen Bereiche der Nekrose sind eingesunken und beginnen aufzureißen. Ausgehend von letztjährigen Rindennekrosen treten neue Nekrosen mit frischen Schleimflussflecken auf (Abb. 3).

Symptome ähneln der Buchenschleimflusskrankheit

In mehreren Beständen ähnelte das Schadbild der sogenannten Buchen-Schleimflusskrankheit. In den von uns untersuchten Beständen konnte jedoch in mehreren Fällen Phytophthora citricola als primärer Verursacher der Krankheit festgestellt werden, dem Nectria coccinea in z.T. wenigen Zentimetern Entfernung nachfolgt.

Bei Buchen mit Phytophthora-Wurzelhalsfäule traten häufig der Brandkrusten-Pilz (Ustulina deusta) bzw. der Hallimasch (Armillaria sp.) als Besiedler der Phytophthora-Nekrosen auf. Beide verursachen eine intensive Holzzersetzung (Weißfäuleerreger) im Stock- und unteren Stammbereich.

An 110 Buchen in 48 Beständen wurden insgesamt sechs Phytophthora-Arten isoliert. Die drei häufigsten Arten (P. citricola, P. cambivora, P. cactorum) wurden sowohl in Rindennekrosen am Stammfuß als auch in Bodenproben nachgewiesen. Die isolierten Rindennekrosen an Buchenstämmen gingen jedoch fast ausschließlich auf Befall durch Phytophthora citricola zurück.

Phytophthora ist nicht wählerisch...

In 10 Phytophthora-geschädigten Beständen war es schon vor dieser Untersuchung zu gruppenweisen bis flächigen Sturmwürfen gekommen. Dies könnte auf eine höhere Sturmwurfgefährdung von Buchenbeständen mit Wurzelschäden hinweisen.

Die bisher erfolgten stichprobenartigen Untersuchungen zeigen, dass Phytophthora-bedingte Wurzel- und Stammschäden auf einem weiten Spektrum an geologischen Substraten und Böden in ganz Bayern auftreten können. Die Krankheit wurde bisher bis in 870 m Meereshöhe festgestellt und trat in Bergmischwäldern auch auf Steilhängen mit skelettreichen Rendzinen auf.

Günstige Witterung beschleunigt Ausbreitung und Befall

Bei der Erklärung der Schadensursache gehen wir von folgender Arbeitshypothese aus: Normalerweise besteht bei Bäumen vor der Kulmination ihres Zuwachses auf gut dränierten Standorten ein natürliches Gleichgewicht zwischen der Feinwurzelneubildung und der Zerstörung von Feinwurzeln durch Phytophthora-Infektionen. Mit zunehmendem Alter nimmt jedoch die Reaktionsfähigkeit ab und das Gleichgewicht wird zugunsten der Krankheitserreger verschoben. Dadurch kommt es durch Feinwurzelverluste zu chronischen Kronenschädigungen. Ist zusätzlich der Witterungsverlauf besonders günstig für das Überleben der Dauersporen (milde, feuchte Winter) und die Verbreitung der Zoosporen von Phytophthora (hohe Bodenfeuchte, Häufung von Starkregen-Ereignissen, Wechsel zwischen ausgeprägter Trockenheit und Starkregen bzw. langdauernden Regenperioden), so kann sich dieser chronische Prozess dramatisch beschleunigen.

2002 und 2003 waren "Phytophthorajahre"

Die lange anhaltenden hohen Niederschläge des Sommers 2002 führten bayernweit zu hoher Bodennässe, welche Phytophthora-Arten ideale Bedingungen für die Verbreitung über begeißelte Zoosporen ermöglichte. Daher kam es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer weitreichenden Zerstörung der Feinwurzelsysteme anfälliger Baumarten auf zahlreichen Standorten.

Zudem wurde bei den nässeempfindlichen Buchen durch die langanhaltende Bodennässe in diesem Sommer die Abwehrfähigkeit herabgesetzt, so dass Phytophthora vielfach bis in die empfindliche Rinde des Stammfußes vordringen und sich teilweise bis 14 m Stammhöhe ausbreiten konnte. Für diese These spricht, dass die meisten der untersuchten Rindennekrosen auf das Jahr 2002 datiert werden konnten.

Im Jahr 2003 wirkte sich die extrem trockene Witterung des Frühjahres und insbesondere des Sommers auf die vorgeschädigten Buchen in zweierlei Weise tragisch aus: Einerseits konnten die Bäume den Feinwurzelschaden des nassen Vorjahres nicht regenerieren, andererseits litten sie aufgrund des durch Phytophthora stark zerstörten Feinwurzelsystems unter besonders starkem Trockenstress. Dies führte bei vielen Buchen bereits ab der zweiten Julihälfte 2003 zum Vertrocknen und zum Abwerfen des Laubes. Die nun stark geschwächten Bäume werden zum Teil ein Opfer sekundärer Schädlinge wie z.B. dem Hallimasch, dem Brandkrustenpilz oder rindenbrütender Käfer.

Es besteht weiterer Forschungsbedarf

Um die Arbeitshypothese abzusichern, besteht weiter dringlicher Forschungsbedarf. Dazu gehören Feinwurzeluntersuchungen auf einem weiten Standortsspektrum und Erhebungen zur Verbreitung in Forstbaumschulen.

Literatur

Braiser, C. M.; Jung, T. (2003): Progress in understanding Phytophthora diseases of trees in Europe. In: 'Phytophthora in Forests and Natural Ecosystems'. (McComb, JA, Hardy, G and Tommerup, I, Hrsg.), S. 4-18. Murdoch University Print, Perth

Day, W. R. (1938): Root-rot of sweet chestnut and beech caused by species of Phytophthora. I. Cause and symptoms of disease: Its relation to soil conditions. Forestry 12: 101-116

Jung, T.; Blaschke, M. (1996): Phytophthora root rot in declining forest trees. Phyton (Austria) 36: 95-102

Jung, T.; Blaschke, M. (2003): Ausmaß und Verbreitung der Phytophthora – Erkrankung der Erlen in Bayern, Ausbreitungswege und mögliche Gegenmaßnahmen. Forst und Holz 58: 246-251

Jung, T.; Nechwatal, J.; Cooke, D.E.L.; Hartmann, G.; Blaschke, M.; Oßwald, W.F.; Duncan, J. M.; Delatour, C.(2003): Phytophthora pseudosyringae sp. nov., a new species causing root and collar rot of deciduous tree species in Europe. Mycological Research 107: 772-789