Ziel ist es, krankheitstolerante Eschen zu finden, zu vermehren und langfristig zu züchten. Mittlerweile stehen zahlreiche krankheitstolerante Klone zur Verfügung, und am Ende der zweiten Projektphase wird die Esche wieder in die Wälder zurückgebracht!
Das Eschentriebsterben wird durch einen invasiven Pilz aus Ostasien, Hymenoscyphus fraxineus, verursacht. Dieser Pilz befällt Blätter, Triebe und Kronenteile der Esche und führt zu Stammfuß- und Wurzelhalsnekrosen. Dies schwächt die Bäume erheblich, sodass Holzfäuleerreger, insbesondere Hallimasch-Arten, leicht eindringen und die Stabilität der Bäume gefährden können. Diese Krankheit hat schwerwiegende ökologische und ökonomische Folgen, weshalb die Esche mittlerweile als gefährdete Baumart gilt.
Trotz dieser Situation gibt es in stark befallenen Beständen immer wieder Eschen, die nur wenige oder gar keine Symptome aufweisen. Solche Bäume werden als krankheitstolerant bezeichnet, da der Pilz seinen Lebenszyklus zwar auch an diesen Bäumen abschließen kann, sie jedoch widerstandsfähiger sind. Diese Toleranz wird von den Elternbäumen in hohem Maß an ihre Nachkommen weitervererbt, was die Züchtung gegen das Eschentriebsterben ermöglicht. Eine natürliche Anpassung der Eschenpopulationen an den Pilz würde mehrere Baumgenerationen dauern, doch durch gezielte Auslese und Züchtung kann dieser Prozess beschleunigt werden. So wird es möglich, mittelfristig krankheitstolerantes Vermehrungsgut für Aufforstungen und Renaturierungsprojekte bereitzustellen.
Das Projekt „Esche in Not“ wurde 2015 am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) gestartet. Ziel ist es, krankheitstolerante Eschen unter Wahrung der genetischen Vielfalt in ganz Österreich auszulesen und Samenplantagen zu etablieren. 2015 und 2017 wurde mit Unterstützung der Forstpraxis Saatgut von 697 Mutterbäumen gesammelt, woraus mehr als 35.000 Jungpflanzen hervorgingen. Diese wurden auf vier Versuchsflächen des BFW gepflanzt und natürlichen Infektionen ausgesetzt (Abb. 2; Tab. 1).
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Abb. 3: Relativer Anteil an Nachkommen in den einzelnen Klassen der Triebsterbensintensität (% Schädigung durch das Eschentriebsterben) in den Resistenztests R1 bis R4 im BFW-Versuchsgarten. Auf jeder Teilversuchsfläche wurden die Schadansprachen in drei aufeinanderfolgenden Jahren, beginnend ein Jahr nach der Anlage, durchgeführt (z. B: Teilfläche R1: Anlage: 2017; Schadansprachen 2018, 2019 und 2020).
Nach drei Jahren Beobachtung zeigte sich, dass rund 20 % der Pflanzen keine Schäden aufwiesen (Abb. 3). 1.015 ungeschädigte Nachkommen mit guten Wuchs- und Formeigenschaften wurden vermehrt und in einem Klonarchiv gesichert (Abb. 4). Parallel dazu wurden Stecklinge für Versuchsflächen im Wald gewonnen, um die Krankheitstoleranz der ausgewählten Klone unter realen Bedingungen zu testen.
Molekulargenetische Untersuchungen brachten neue Erkenntnisse zur Populationsdifferenzierung der Esche in Österreich. Herkünfte aus Vorarlberg und Nordtirol wiesen deutliche Unterschiede zu anderen Regionen auf. Daher wurden drei Klonkollektive gebildet: für Vorarlberg, für höhere Lagen (über 600 m) und für Tieflagen (unter 600 m). Im Frühjahr 2024 wurde mit der Anlage der entsprechenden Samenplantagen begonnen.
Zum Abschluss der zweiten Projektphase im Herbst 2024 wird eine Hochlagen-Plantage in Tirol angelegt. Erste Saatguternten werden in etwa zehn Jahren erwartet. Versuchsflächen zur Überprüfung der Klonwahl wurden bereits eingerichtet, um die Widerstandskraft der Klone gegenüber dem Eschentriebsterben und anderen Pathogenen wie dem Hallimasch zu testen.
Nach Phase II ist das Projekt noch lange nicht abgeschlossen. Die Plantagen und Versuchsflächen werden weiterhin auf Schäden und Geschlechtsverteilungen überwacht, um die Klonauswahl kontinuierlich zu verbessern. Die Stecklingsvermehrung wird fortgesetzt, um Vermehrungsgut kurzfristig für die forstliche Praxis bereitzustellen. Insgesamt war das Projekt „Esche in Not“ bisher sehr erfolgreich, und es besteht die Hoffnung, dass die Esche als bedeutende Waldbaumart wieder ihren früheren Stellenwert erreicht. Ergänzend zur Züchtungsinitiative wird dazu aufgerufen, gering geschädigte Eschen in betroffenen Beständen zu erhalten und deren natürliche Verjüngung zu fördern, um die langfristige Erhaltung dieser wichtigen Baumart zu unterstützen.
Das Projekt „Esche in Not“ (Phase I: 2015–2019, Phase II: 2019–2024) wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, der Landwirtschaftskammer Österreich und weiteren Institutionen unterstützt.