Die Winterlinde (Tilia cordata) ist der Baum des Jahres 2016. Daneben sind die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) und die Holländische Linde (Tilia x europaea) – eine Kreuzung aus Winter- und Sommerlinde – einheimische Linden. Letztere ist als reiner Straßen- und Parkbaum kultiviert, daher spielt sie als Nutzholzlieferant keine Rolle.

Winter- und Sommerlindenholz stimmt in seinen makro- und mikroskopischen Eigenschaften weitestgehend überein, so dass sich das Holz der beiden Lindenarten nicht sicher voneinander unterscheiden lässt. Ebenso bestehen keine nennenswerten Unterschiede in den technologisch-mechanischen und verarbeitungstechnischen Eigenschaften. Deshalb wird bei der Verwendung kein Unterschied zwischen diesen beiden Baumarten gemacht, auch wenn der Winterlinde vielfach das etwas schwerere, dichtere und härtere Holz zugesprochen wird.

Unabhängig davon ist die Winterlinde als Nutzholzlieferant von ungleich größerer Bedeutung, da sie als Wirtschaftsbaum forstlich angebaut wird, während die Sommerlinde ihre Bedeutung vielmehr außerhalb des Waldes als beliebte "Dorflinde" hat. Die im Freistand gewachsenen Bäume sind kurzschaftig und grobastig, wodurch ihr Holz zumeist für bessere Verwendungszwecke nicht verwertbar ist.

Holzbeschreibung

Splint- und Kernholz der Linden sind farblich nicht zu unterscheiden (Abb. 1). Das Lindenholz ist weißlich bis gelblich gefärbt (Abb. 2) oft mit leicht rötlicher oder auch hellbräunlicher Tönung. Zuweilen zeigt es sich auch schwach grünlich gestreift oder gefleckt.

Die wasserleitenden Gefäße sind recht fein (tangentiale Durchmesser 70-90 µm) und auf dem Querschnitt erst unter der Lupe besser zu erkennen (Abb. 3). Sie sind gleichmäßig über den Jahrring verteilt (zerstreutporig), ausgesprochen zahlreich und oftmals in kurzen radialen Gruppen oder kleinen Nestern angelegt. Die ersten Gefäße eines Jahrrings bilden – als für Linden charakteristisches Merkmal – einen mehr oder weniger geschlossenen Porenkreis (Abb. 3).

Unverwechselbares, jedoch erst unter dem Mikroskop erkennbares Merkmal des Lindenholzes, sind die auffälligen, dichtgestellten, spiraligen Verdickungen auf den Innenwänden der Gefäße. Sie ermöglichen eine zuverlässige Artbestimmung selbst an kleinsten Holzsplittern. Auch die schmalen, ziemlich weit gestellten Holzstrahlen sind mit dem Auge im Querschnitt kaum zu sehen (Abb. 3). Während die Gefäße auch auf den Längsflächen selten als Porenrillen ("Nadelrisse") erscheinen, bilden die Holzstrahlen auf den Radialflächen gut sichtbare, glänzende und bis zu zwei Millimeter hohe Spiegel.

Die Jahrringe sind nur schwach voneinander abgesetzt. Einem schmalen dunkelfarbigen Spätholzband folgt im Frühholz des anschließenden Jahres ein schmaler hellfarbiger Porenkreis (Abb. 3). Den sehr homogen aufgebauten Jahrringen entsprechend sind die Längsflächen nur leicht gefladert (Tangentialschnitt) bzw. gestreift (Radialschnitt). Unsere Linden liefern somit ein recht schlichtes Holz, das einen matten Glanz besitzt. Frisch hat es einen arttypischen, eigentümlichen, oft als seifenartig beschriebenen Geruch.

Gesamtcharakter
Hellfarbiges, schlichtes, zerstreutporiges Laubholz mit schar markierten Jahrringgrenzen, feinen Gefäßen und als Spiegel deutlichen Holzstrahlen.

Eigenschaften

Die Linden liefern ein weiches Holz von gleichmäßig dichter und feiner Struktur. Mit einer mittleren Rohdichte von 0,53 g/cm3 (Holzfeuchte 12-15 %) gehört es zu den mittelschweren einheimischen Laubhölzern (Tab. 1). Es ist zäh, wenig elastisch, von nur geringer Festigkeit bzw. Tragfähigkeit (Tab. 2) und zählt zu den stärker schwindenden Hölzern (Tab. 3). Nach der Trocknung zeichnet es sich durch ein gutes Stehvermögen aus, "arbeitet" also nach der Austrocknung bei Feuchteschwankungen nur wenig. Grund dafür ist der relativ geringe Unterschied zwischen Radial- und Tangentialschwindung (Tab. 3).

Lindenholz lässt sich mit allen Werkzeugen ausgesprochen leicht und sauber bearbeiten. Es ist mühelos zu sägen und zu hobeln, vor allem aber in jede Richtung hervorragend zu schnitzen und zu drechseln. Auch ist es gut zu schälen und zu messern. Es kann leicht gespalten werden, allerdings nicht in glatte Flächen. Nagel- und Schraubverbindungen halten gut. Die Klebefestigkeit dagegen ist teilweise unbefriedigend.

Die Oberflächen lassen sich problemlos polieren, ausgezeichnet färben und beizen sowie ohne Schwierigkeit lackieren. Bei Kontakt mit Eisen ergeben sich bei Feuchtigkeit grauschwarze Verfärbungen; umgekehrt korrodiert das Eisen. Ansonsten ist Lindenholz trotz seines relativ hohen Extraktgehaltes von bis zu zehn Prozent chemisch inaktiv.

Der Witterung ausgesetzt besitzt Lindenholz eine nur geringe Dauerhaftigkeit gegen holzzerstörende Pilze (Dauerhafitgkeitsklasse 5). Ebenso ist es sehr anfällig gegen holzzerstörende Käfer, insbesondere gegen den Gewöhnlichen Nagekäfer (Anobium punctatum).

Verwendungsbereiche

Zu den Hauptverwendungsbereichen des Lindenholzes gehört seit jeher die Bildhauerei, Schnitzerei und Drechslerei. Viele berühmte Meisterwerke in der Spätgotik, vor allem durch Tilman Riemenschneider (z.B. Marienaltar Hergottskirche Creglingen, Alter St. Maria Magdalena Kirche Münnerstadt) und Veit Stoß (Hochaltar Marienkirche Krakau), sind aus Linde gefertigt. Wegen seiner regelmäßigen Verwendung in der Sakralkunst wurde Lindenholz auch als "Lignum sacrum" (heiliges Holz) bezeichnet.

Auch im heutigen Schnitzereigewerbe ist Lindenholz hoch geschätzt. Neben Madonnen, Krippenfiguren oder Kreuzen werden Fastnacht-Masken, Marionettenpuppen und die Köpfe von Handpuppen daraus gefertigt (Abb. 4 und 5). Ebenso wird Linde für flächige Schnitzarbeiten, wie beispielsweise die Frontpartien der Kuckucksuhren (Abb. 6), eingesetzt oder von Reliefschnitzern. Nach Schätzungen beträgt der jährliche Verbrauch von Lindenholz in Bildhauerei und Schnitzerei bis zu 5.000 m3, der Bedarf liegt allerdings deutlich höher. So wird vielfach das Holz der leichter beschaffbaren Weymouthskiefer und Zirbelkiefer als Schnitzholz eigesetzt.

In der Stilmöbelanfertigung wird Lindenholz gerne als Nussbaum- und Kirschimitat oder lackiert für geschnitzte Teile (z.B. Blattschnitzereien oder Zierleisten) verarbeitet. Zuweilen werden auch ganze Möbelteile daraus geschnitzt (Abb. 7). Als Blindholz für den Bau von Wendeltreppen ist die Linde nach wie vor gesucht. Aus Linde sind auch die Umrahmungen von Glasfüllungen wie geschnitzte Spiegelrahmen.

Speziell aus Linde werden hergestellt:

  • Innenrähmchen von Bienenkästen
  • Mittelstege von Spannsägen
  • Stiele von Flachpinseln
  • Hutmodelle und "Holzköpfe" für Hutmacher und Perückenknüpfer (Abb. 8)
  • Reiß- und Zeichenbretter

Gerne wird Lindenholz auch für Architekturmodelle eingesetzt; zuweilen wird es auch für Gießereimodelle, Spielwaren, Haushaltsgeräte, Bilderrahmen und Holzschuhe verwendet. Außerdem liefert das Holz eine ausgezeichnete Zeichen- und Filterkohle.

Lindenholz bietet sich überall dort an, wo ein leichtes, weiches, sauber zu bearbeitendes oder gut zu färbendes Holz verlangt wird.