Durchforstungsreserven stiegen um 20 Millionen Volumsfestmeter an

Die österreichische Waldinventur (ÖWI) ist das umfangreichste Waldinformationssystem des Landes, das auf Stichprobenbasis Daten periodisch bundesweit sammelt und zu Ergebnissen für verschiedene geografische und fachlich thematische Einheiten aufbe­reitet. Unter anderem erhebt die ÖWI periodisch den Pflegezustand des österreichischen Waldes.

Betrachtet man diese Entwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten anhand der drei vorherigen Erhebungsperioden der ÖWI, so erhebt sich die Frage: Wurden weitere Reserven angelegt oder haben sich die Rückstände vermehrt?

Durchforstungsflächen

Auf den Probeflächen wird die Durch­forstungsnotwendigkeit beurteilt. Die gesamte Durchforstungsfläche beträgt 591.000 ha nach der letzten ÖWI 2007/09, das sind rund 18 % der gesamten bewirtschafteten Waldfläche. In den letzten drei Erhebungsperioden (1992/96, 2000/02, 2007/09) zeigte dieser Anteil insgesamt nur leichte Schwankungen. Der Entwicklungsverlauf im Kleinwald und den Betrieben ist tendenziell leicht abnehmend, während er bei der Öster­reichischen Bundesforste AG (ÖBf AG) gegenläufig ist (Abbildung 1).

Potenzieller Holzanfall

Auf diesen Durchforstungsflächen wurden vom Erhebungspersonal auch jene Bäume ausgewählt, die innerhalb der nächsten zehn Jahre bei einem Pflegeeingriff zu entnehmen wären. Der daraus zu erwartende Holzanfall beträgt rund 80 Millionen Vorratsfestmeter Schaftholz mit Rinde (VfmS). Dieses Potenzial hat trotz gleichbleibender Fläche seit den neunziger Jahren ständig zugenommen und sich von 47 Millionen auf 66 Millionen VfmS beim Nadelholz und von 10 Millionen auf 14 Millionen VfmS beim Laubholz erhöht (Abbildung 2).

Den größten Anteil am Durch­forstungsvorrat hat aufgrund seiner Waldfläche die Steiermark mit 28 %, gefolgt von Kärnten und Oberösterreich mit je 17 % und Niederösterreich mit 15 %. Seit den neunziger Jahren ist der ausgezeigte Vorrat in allen Bundes­ländern angestiegen.

Vergleicht man die Vorräte je Hektar, so liegt Oberösterreich mit 31 VfmS vor dem Burgenland und Kärnten, dann folgt die Steiermark mit 26 VfmS. Im Burgenland ist der Anteil am Gesamtvorrat mit über 10 % am größten, gefolgt von Oberösterreich mit über 8 %, Kärnten mit knapp unter 8 % und der Steiermark mit rund 7 %. Auffallend ist der deutliche Anstieg der Hektarwerte seit der Jahrtausendwende um 4 bis 8 VfmS in allen Bundesländern (Tabelle 1).

Tabelle: Durchforstungsvorräte in Hektar (Vorratsfestmeter Schaftholz mit Rinde, VfmS) je Bundesland und in Prozent am Gesamtvorrat
Bundesland1992/96: Vorrat/ha in VfmS
1992/96: Prozent
2000/02: Vorrat/ha in VfmS2000/02: Prozent2007/09: Vorrat/ha in VfmS2007/09: Prozent
Burgenland
15
6,2
24
8,7
29
10,4
Kärnten
19
6,4
21
6,4
28
7,8
Niederösterreich
17
6,1
16
5,3
18
5,7
Oberösterreich
19
5,9
23
6,5
31
8,5
Salzburg
17
5,4
18
5,4
23
6,7
Steiermark
20
6,4
22
6,4
26
7,3
Tirol
12
4,2
15
4,8
20
6,1
Vorarlberg
12
3,3
11
2,8
17
4,2
Wien
31
8,5
16
4,1
26
6,0
Österreich
18
5,9
20
5,9
24
7,1

Der ausgezeigte Vorrat je Hektar nach Eigentumsarten ist im Kleinwald er­wartungsgemäß mit 27 VfmS am größten, dort besteht seit längerem der meiste Pflegebedarf. Die Situation ist in diesem Jahrtausend auch bei den Betrieben (21 VfmS) und der ÖBf AG (19 VfmS) ähnlich wie im Kleinwald. Der Holzanfall je Hektar ist um den gleichen Betrag angestiegen, der sich im Wege einer Durchforstung ergibt.

Vermutlich wurden im intensiver bewirtschafteten Wald der Großbetriebe die Pflegeingriffe nur zurückstellt, da dieses Potenzial vorher ziemlich konstant war.

Verhältnis Vornutzung zu Endnutzung

Die Gesamtnutzung ist seit den neunziger Jahren von 19,5 Millionen VfmS auf 25,9 Millionen VfmS pro Jahr ange­stiegen. Der Anteil der durchgeführten Durchforstungen ist dagegen von 15 % auf 11 % zurückgegangen. Kalamitätsnutzungen und teilweise einhergehende Endnutzungen standen offensichtlich im Vordergrund, sodass der Holzanfall aus Pflegenutzungen verhältnismäßig gering ausfiel (Abbildung 3).

Nutzbares Potenzial

Die Wirtschaftlichkeit der Vornutzung hängt vom erzielbaren positiven Deckungs­beitrag ab, der sich einerseits aus dem Erlös der vermarktbaren Dimensionen und deren kostengünstiger Bringbarkeit ergibt. Der Anteil der schwächeren Durchmesser bis 15 cm der insgesamt ausgezeigten Bäume ist von 34 % auf 20 % zurückgegangen und erhöht damit die Rentabilität dieses Nutzungspotenzials.

Weit mehr als die Hälfte des Durchforstungsvorrates stockt außerdem in Lagen mit weniger als 40 % Geländeneigung, dort wäre prinzipiell eine vollmechanisierte Holzernte möglich. Nur ein geringer Teil der gesamten Durch­forstungs­fläche sind flachgründige, sensible Böden und daher nicht befahrbar. Eine Bringung wäre dort nur mit Seil möglich und damit vermutlich oft nicht rentabel.

Höhere Durchforstungsreserven

Die Ergebnisse zeigen, dass seit den neunziger Jahren die Durchforstungs­reserven um über 20 Millionen VfmS aufgestockt worden sind. Die Gesamt­nutzung im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends ist sehr stark angestiegen, wobei Sturmereignisse sicher eine nicht unbeträchtliche Rolle gespielt haben. Dennoch bleibt die Frage offen, ob deswegen Durchforstungen zurückgestellt oder generell unterlassen wurden. Eine Er­hellung der Situation werden vermutlich die nächsten Ergebnisse der Wald­inventur liefern können.