Im Mai 2021 verabschiedete das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) einen neuen Massnahmenplan für die Waldpolitik. Dieser wurde vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) in einer aktualisierten Fassung als "Waldpolitik: Ziele und Massnahmen 2021-2024" veröffentlicht. Die bewährte Waldpolitik wird dabei durch neue Massnahmen ergänzt. Schwerpunkte der Aktualisierung sind die Verarbeitung und Verwendung der Ressource Holz, der Umgang mit dem Klimawandel und die Leistungsfähigkeit der Waldwirtschaft.
Die Zukunft des Waldes – eine Mammutaufgabe
Der Wald steht im Brennpunkt der wohl grössten ökologischen Herausforderungen unserer Zeit: Er hat einerseits das Potenzial, mit Holz als CO2-neutralem Rohstoff einen Beitrag im Kampf gegen die Klimaerwärmung zu leisten. Gleichzeitig müssen Wälder sich an ein Klima anpassen, das sich weiter verändern wird. An der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow bekannten sich mehr als 100 Staats- und Regierungschef:innen zu einem Stopp der Entwaldung bis 2030.
Der Schweizer Wald ist in seiner Ausdehnung geschützt, und seine Fläche ist in den letzten 150 Jahren von weniger als einem Fünftel der Landesfläche auf heute über 30% gestiegen. Vor dem Hintergrund der im 19. Jahrhundert beklagten. Grossen Waldschäden und den daraus entstandenen Naturgefahren ist diese Erholung ein grosser waldpolitischer Erfolg. Heute stehen wir in der Waldpolitik vor neuen Herausforderungen, und auch die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Ungebrochen wichtig ist dagegen eine breite Abstützung bei allen massgebenden Akteuren.
Neue Massnahmen ergänzen Bewährtes
Mit der Waldpolitik stimmt der Bund die ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald aufeinander ab. Gleichzeitig koordiniert es seine Massnahmen mit jenen der Kantone und weiterer Akteure. Die Waldpolitik 2020 wurde vor rund zehn Jahren nach einem umfassenden partizipativen Prozess vom Bundesrat verabschiedet. Die damals erarbeiteten Visionen, Ziele und strategischen Stossrichtungen bleiben gültig.
Zur Waldpolitik 2020 gehörte aber auch ein vom UVEK erarbeiteter Massnahmenteil. Die darin enthaltenen Massnahmen haben inzwischen teilweise das Ende ihrer Laufzeit erreicht oder müssen an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst werden. Nachdem das UVEK im Mai 2021 einen neuen Massnahmenplan verabschiedet hatte, veröffentlichte das BAFU im darauffolgenden Dezember diesen in einer aktualisierten Fassung als "Waldpolitik: Ziele und Massnahmen 2021-2024". Es handelt sich insgesamt um 104 Massnahmen mit konkreten Aktivitäten für den Bund, die Kantone und weitere Akteure der Branche Wald und Holz. Die vorgenommenen Anpassungen und Ergänzungen stützen sich auf eine Zwischenevaluation auf die vom Parlament 2016 beschlossene Anpassung des Waldgesetzes, auf Konsultationen sowie auf verschiedene Studien (z. B. zu den Waldstakeholdern der den WaldeigentümerInnen (Näheres dazu siehe Originalpublikation).
Änderung des Waldgesetzes und Zwischenevaluation
Die 2016 vom Parlament beschlossenen und 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Waldgesetzes sind grösstenteils aus der Waldpolitik 2020 hervorgegangen. Sie hatten zum Ziel, den Wald umfassender vor Schadorganismen zu schützen, ihn besser für die Herausforderungen des Klimawandels zu wappnen und sowohl die Holznutzung und -verwendung als auch die Arbeitssicherheit bei der Holzernte zu stärken.
Die durchgeführte Zwischenevaluation (Näheres dazu siehe Originalpublikation) untersuchte alle elf Ziele der Waldpolitik 2020 und identifizierte Nachholbedarf bei drei Zielen:
- beim Ausschöpfen des Holznutzungspotenzials,
- bei der Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Waldwirtschaft und
- bei der schonenden Freizeit- und Erholungsnutzung.
Die Zwischenevaluation bekräftigte das UVEK gleichzeitig aber auch in seinem Entschied, die bestehenden Ziele und strategischen Stossrichtungen inhaltlich unverändert weiterzuführen.
Partizipative Weiterentwicklung
Waldpolitik ist eine Aufgabe, die Bund und Kantone gemäss Eidg. Waldgesetz gemeinsam erfüllen – man spricht auch von einer "Verbundaufgabe". Beim Umsetzen vieler Massnahmen übernehmen ausserdem WaldeigentümerInnen, Bildungs- und Forschungsinstitutionen sowie Vereine, Verbände, Dachorganisationen und Interessensgruppen eine wichtige Rolle. Die direkt betroffenen Bundesämter, die Kantone und die weiteren Waldakteure waren deshalb eingeladen, im Rahmen einer schriftlichen Konsultation zum Entwurf des neuen Massnahmenplans Stellung zu nehmen. Anschliessend fand in Morschach (SZ) ein ganztägiger Workshop statt, an dem Vertreter:innen der Kantone und der wichtigsten waldpolitischen Akteure die Massnahmen weiter konkretisierten. Am 26. Mai 2021 verabschiedete das UVEK dann den aktualisierten Massnahmenplan. Inhaltlich konzentrieren sich besonders viele Anpassungen und Neuerungen auf die drei Themen Holznutzung und-verwendung, Klimawandel sowie Leistungsfähigkeit der Waldwirtschaft.
1. Optimieren der Nutzung, Verarbeitung und Verwendung von Holz
Das Nutzen der Ressource Holz generiert lokale Wertschöpfung und schafft Arbeitsplätze. Holz kann zudem als klimaneutraler Rohstoff Materialien wie Stahl und Beton ersetzen, deren Herstellung viel CO2 freigesetzt. Die Waldpolitik verfolgt denn auch – in Einklang mit der Ressourceneffizienz steigt. Dieses Potenzial wird jedoch noch ungenügend ausgeschöpft. Hauptgrund sind die wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen die Forstbetriebe und -unternehmen sowie die gesamte Wertschöpfungskette Wald und Holz sich täglich konfrontiert sehen. Ein 2017 vom Bundesrat gutgeheissener Bericht zeigt, wo eine Optimierung möglich ist. Ansatzpunkte sind einerseits Massnahmen zur Kostensenkung für die Waldpflege und Holzernte – beispielsweise durch effizientere Abläufe – oder eine optimierte Erschliessung und andererseits eine Steigerung der Nachfrage nach Holz, beispielsweise mit einer Sensibilisierung der KonsumentInnen für die Vorteile nachhaltigen Holzes.
2. Klimawandel als Herausforderung und Chance
Im Sommer 2021 fehlte es in der Schweiz nicht an Niederschlägen. Die für den Wald günstigen Wachstumsbedingungen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Wald in mehreren Regionen während der vergangenen drei Jahre stark unter ausgedehnter Trockenheit litt. Vor diesem Hintergrund und angesichts der im Landesforstinventar (LFI4) ausgewiesenen Defizite in der Waldpflege hat das Parlament daher beschlossen, die jährlichen finanziellen Beiträge für die Waldpflege und die Anpassungen des Waldes an den Klimawandel um 25 Millionen Franken aufzustocken.
Der Wandel im Angebot bestimmter Holzarten und -qualitäten ist für die nachgelagerte Wertschöpfungskette eine Herausforderung. So wird die Fichte in der Schweiz mit zunehmender Klimaerwärmung weiter zurückgehen, während sich Laubhölzer weiter ausbreiten – ein Wandel, der vor allem durch den Ersatz naturferner Fichtenforste mit standortangepassten Laubwäldern bereits vor einigen Jahrzehnten angelaufen ist. Doch das Holzangebot erfährt mit dem klimabedingt gehäuften Auftreten von Trockenheit, Hitze und Schädlingsbefall auch kurzfristigere Schwankungen. Der Massnahmenplan der Waldpolitik möchte deshalb dazu beitragen, die Anpassungsfähigkeit (Agilität) und Flexibilität der Branche entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stärken. Die sogenannte Bioökonomie könnte in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen und hat zum Ziel, die Wirtschaft möglichst vollständig von nicht erneuerbaren Energien und Rohstoffen unabhängig zu machen. Ein grosses Potenzial haben dabei in Entwicklung befindliche Verfahren, mit denen aus Holz biologische Folien, Fasern, Filme oder Kunststoffe hergestellt werden können. Gerade für Laubholz eröffnen sich dadurch zahlreiche neue stoffliche Anwendungen.
3. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verbessern
Abb. 5 - Wälder offerieren der Bevölkerung stark nachgefragte und hoch geschätzte Erholungsmöglichkeiten. Foto: Doris Hölling (WSL)
Wälder offerieren der Bevölkerung stark nachgefragte und hoch geschätzte Erholungsmöglichkeiten, sie filtern Niederschlagswasser und tragen so zur Trinkwasserversorgung bei, und sie speichern CO2 aus der Atmosphäre. Diese und andere sogenannte Ökosystemleistungen erbringen die Wälder in der Regel unentgeltlich. Damit die Forstbetriebe und die Waldeigentümer:innen jedoch die dazu notwendigen Pflegemassnahmen durchführen, müssen sie diese auch finanzieren können.
Einem Teil der Forstbetriebe gelingt dies mit den Erträgen aus den Produkten, dank Effizienzgewinnen und Kostenreduktionen sowie Beiträgen der öffentlichen Hand. Ein weiterer Weg ist die Inwertsetzung von Waldleistungen. Der Bund engagiert sich mit der aktualisierten Waldpolitik für eine bessere monetäre Bewertung dieser Leistungen und schlägt gestützt auf Pilotprojekte Möglichkeiten vor, wie die Waldeigentümer:innen für diese Leistungen besser entschädigt werden können.
Der Bund intensiviert in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Waldeigentümer:innen aber auch die Information, Sensibilisierung und Beratung. Er stärkt dadurch das ökonomische Handeln im Wald. Praxisrelevante Daten liefert dabei da von WaldSchweiz im Auftrag des Bundes betriebene forstliche Testbetriebsnetz (TBN).
Ausrichtung ab 2025
Bei der Aktualisierung des Massnahmenplans 2021–2024 zeigte sich, dass Kantone und Waldeigentümer:innen sowie weitere zentrale Akteure aktiver an der zukünftigen Weiterentwicklung der Ziele und der Stossrichtungen mitarbeiten möchten. Der Bund wil diesem Wunsch nachkommen und wird die zentralen Akteure miteinbeziehen, wenn es um das Erarbeiten von Grundlagen sowie das Formulieren der zukünftigen Strategie für den Bereich Wald und Holz geht. Wir sind uns bewusst, dass grosse Schritte in der Wald- und Ressourcenpolitik nicht nur die angemessene Weitsicht, sondern auch eine alle Akteure umfassende breite Abstützung erfordern.