Will man wissen, wie sich zwischen den Aufnahmeperioden der Öster­reichischen Waldinventur die Zuwachs­leistung von Jahr zu Jahr verändert, müssen die periodischen Zuwächse auf einzelne Jahre aufgeteilt werden. Dazu kann das Jahrringmuster des nächst gelegenen gebohrten Baumes ver­wendet werden. Dabei sollte aber bedacht werden, dass das Jahrringmuster eines Baums von Faktoren mit­bestimmt wird, die für andere, nahe gelegene Bäume nicht gegeben sind.

Dass Bäume Jahrringe ausbilden, und dass diese Jahrringe von Jahr zu Jahr unterschiedlich breit sind, ist allgemein bekannt. Arthur Freiherr von Seckendorff-Gudent hat als einer der ersten erkannt, dass die Muster der Jahrringbreiten bei verschiedenen Bäumen ähnlich aussehen. Der Grund für diese ähnlichen Jahrringmuster ist die Abhängigkeit der Jahrringbreite ­– neben der Konkurrenzsituation, der Baumgröße und Kalamitäten – von den Standortsverhältnissen. Dabei sind Temperatur und Niederschlag die von Jahr zu Jahr sich am stärksten verändernden Standorts­parameter.

Untersucht man den klimatischen Einfluss auf das Baumwachstum, liegt es nahe, Jahrringbreiten mit Temperatur- und Niederschlagsverhältnissen eines Jahres in Beziehung zu bringen. Dazu müssen zunächst Wetterbeobachtungen von nahegelegenen Klimastationen auf einen konkreten Waldstandort übertragen werden. Diese Wetterinterpolation ist insbesondere bei der Niederschlagsmenge mit Unsicherheiten verbunden.

Waldinventur: Veränderungen zwischen zwei Zeiträumen

Der größte für Österreich repräsentative Walddatensatz wird von der Öster­reichischen Waldinventur bereitgestellt. Bei dieser liegen mehrere Jahre zwischen zwei Messungen ein und desselben Baumes. Damit ist es an und für sich nur möglich, Veränderungen während des gesamten Zeitraumes, zwischen diesen beiden Messungen, zu erfassen. Neben der periodischen Messung werden jedoch von einzelnen Bäumen Bohrkerne geworben. Auf einem Bohrkern sind die Jahrringbreiten des Baumes zu erkennen. Damit kann der Zusammenhang zwischen Jahrringbreitenveränderung und Klima untersucht werden.

Da die Gewinnung eines Bohrkernes ein kleines Loch im Stamm zurücklässt, werden die zu bohrenden Bäume außerhalb der permanenten Probefläche ausgewählt. Eine Beziehung zu einer Aufnahmefläche oder einer repräsentierten Stammzahl kann mit dieser Auswahlmethode nicht hergestellt werden. Mit den periodisch gemessenen Bäumen auf der permanenten Probefläche ist dies hin­gegen möglich und Auswertungen mit Flächenbezug ohne weiteres machbar. Es sind also beispielsweise Angaben von Zuwachsleistungen in Vorratsfestmetern je Hektar und Jahr möglich.

Jährliche Zuwächse?

Will man nun wissen, wie sich diese Zuwachsleistung nicht nur zwischen den Aufnahmeperioden der Österreichischen Waldinventur, sondern von Jahr zu Jahr verändert, müssen die periodischen Zuwächse auf einzelne Jahre aufgeteilt werden. Dazu kann das Jahrringmuster des nächst gelegenen gebohrten Baumes verwendet werden. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass das Jahrringmuster eines Baums von Faktoren mitbestimmt wird, die für andere, nahe gelegene Bäume nicht gegeben sind.

Es empfiehlt sich daher, ein mittleres Jahrringmuster aus mehreren Bohrkernen abzuleiten. Wie schon erwähnt, beeinflusst das Wetter die Jahrringbreite. Jahrringbreitenschwankungen sollten sich daher mit Wetterdaten gut beschreiben lassen. Solange die mit Wetterdaten geschätzten Jahrringbreiten dafür ver­wendet werden, um Zuwachsschwankungen für einzelne Jahre darzustellen, spricht nichts gegen diese Vorgehensweise.

Sobald jedoch versucht wird, mit diesen Jahrringbreiten ein klimasensitives Waldwachstumsmodell zu erstellen, kann diese Methode zu falschen Ergebnissen führen, da im ersten Schritt bereits das Klima zur Jahrringbreitenschätzung verwendet wird und im zweiten Schritt eine Korrelation zwischen Jahrringbreiten und Klima zur Modellbildung verwendet würde. Dies würde dazu führen dass der Einfluss des Klimas auf die Jahrringbreite im Modell viel größer wäre, als es der Wirklichkeit entspricht.

Unter­suchungen der Jahrringmuster haben gezeigt, dass die geographische Lage und die Seehöhe bereits einen Großteil der Jahrringbreitenveränderung beschreiben. Diese Methode kann beispielsweise mittels Regression, welche die jährliche Jahrringbreitenveränderung mittels Seehöhe, Längen- und Breitengrad baumartenspezifisch beschreibt, oder auch mit einer lokalen Interpolationsmethode, die einen Seehöhengradienten aus n-nächsten Bohrkernen bestimmt, umgesetzt werden.

Eine Steigerung der Rekonstruk­tions­­genauigkeit kann durch Hinzunehmen weiterer Parameter erwartet werden. So wird etwa ein Baum, dessen Standort grundwasserbeeinflusst ist, in trockenen, warmen Jahren weniger unter dieser Situation leiden als ein Baum, der keinen Grundwasseranschluss hat. Eine Hinzunahme von Standortsparametern hat jedoch zur Folge, dass die Methode nur mehr für solche Flächen, wo diese Zusatzinformationen erhoben oder angenommen wurden, anwendbar ist.

Unterschiedliche Überein­stimmung zwischen geschätzten und gemessenen Jahrringbreiten

In Abbildung 1 (a - c) sind die Jahrringbreiten einzelner Bäume aufgetragen. Die schwarze Linie zeigt die an den Bohrkernen gemessenen Jahrringbreiten, die blaue Linie das Fünfjahresmittel der Inventur­perioden und die grüne Linie die daraus geschätzte Jahrringbreite. Jahrringfolgen, welche als Ausreißer eingestuft wurden, sind mit einem Kreis gekennzeichnet.

Abbildung 1a zeigt eine geringe Übereinstimmung der geschätzten mit der gemessenen Jahrringbreite. Im Jahre 1964-1965 ging die Jahrringbreite von 1,5 mm auf weniger als 0,5 mm zurück. Dieser starke Rückgang wurde als Ausreißer eingestuft. Die Jahrringbreite weicht im Mittel um 0,12 mm ab und die Korrelation der jährlichen Jahrringbreitenänderung lag bei lediglich r=-0,092.

Abbildung 1b weist eine mittelmäßige Überein­stimmung auf. Sehr gute Übereinstimmungen sind in den Jahren 1948 und 1983 zu erkennen. Die Jahrringbreite weicht im Mittel um 0,07 mm ab und die Korrelation der jährlichen Jahrring­breiten­änderung lag bei r=0,54.

Abbildung 1c zeigt eine recht gute Überein­stimmung der Jahrringbreiten. Die Jahrringbreite weicht im Mittel um 0,07 mm ab und die Korre­lation der jährlichen Jahrringbreitenänderung ist mit r=0,79 sehr hoch.

Die Periodenlänge zwischen zwei Aufnahmen durch die Waldinventur hat erwartungsgemäß einen Einfluss darauf, wie gut Jahrringbreiten einzelner Jahre rekonstruiert werden können. In Ab­bildung 2 sind die Abweichungen der gemessenen Jahrringbreiten von den mit der vorhin beschriebenen Methode bestimmten Jahrringbreiten dargestellt. Dabei wurde ein Aufnahmeintervall von fünf und zehn Jahren angenommen (Modell 5 und Modell 10). Zusätzlich wurde dargestellt, wie groß die Abweichung wäre, wenn angenommen wird, dass alle Jahrringe die gleiche Breite während der fünf und zehn Jahre hätten (Periode 5 und Periode 10).

Zunächst fällt auf, dass die Ab­weichungen der Modelle immer unter jenen des Periodenmittels sind. Be­sonders auffällig ist das z.B. für die Jahre 1948 oder 1976, in denen das Modell wesentlich besser abschneidet als das Periodenmittel. Dies liegt daran, dass sich normalerweise die Jahrringbreiten von Jahr zu Jahr wenig ändern. In „extremen“ Jahren, sogenannten Weiserjahren, zeigt hingegen die überwiegende Mehrzahl der Bäume eine einseitige, meist größere Jahrringbreitenver­änderung und bei solchen ist die Modell­prognose dem Mittelwert besonders überlegen.

Wenn Jahrringmuster inhomogen, dann kürzeres Aufnahmeintervall

Weiters ist zu sehen, dass in der Perioden­mitte die Abweichung am geringsten ist. Dies ist damit zu erklären, dass bei längerfristigen Zuwachstrends die Jahrringbreite in der Mitte einer Periode am ehesten mit dem Periodenmittel übereinstimmen. Wenn also beispielsweise ein Baum am Anfang der Periode eine Jahrringbreite von 1,5 mm hatte und am Ende eine von 1,0 mm und dieser Jahrringbreitenrückgang an­nähernd linear vor sich ging, dann ist die Jahrringbreite in der Mitte der Periode in etwa 1,25 mm, was mit dem Periodenmittel übereinstimmt. Eine Ausdehnung der Periodenlänge von fünf auf zehn Jahre erhöhte die mittlere Jahrringbreitenabweichung von 10,0% auf 12,3%.

Großen Einfluss auf die Modellab­weichung hat die Variabilität der Jahrringbreiten innerhalb einer Periode. Daher wäre im Falle eines inhomogenen Jahrringbreitenmusters - das a priori leider nicht bekannt ist - ein kürzeres Aufnahmeintervall für eine genauere Schätzung der jährlichen Zuwächse besser.

Generell hat sich gezeigt, dass die Modellierung des jährlichen Zuwachses aus den periodischen Messungen der ÖWI für die Prognose von klima­sensitivem Wachstum gut geeignet ist. Damit wurde auch eine wesentliche Grundlage für die Abschätzung der zukünftigen Baumarteneignung unter verschiedenen Klimaszenarien ge­schaffen.