Das Hauptziel dieses Projektes war es, ein möglichst komplettes Inventar aller Riesenkastanien des Kantons Tessins und des Misox, die einen Umfang von mehr als 7 m auf Brusthöhendurchmesser aufweisen, zu machen. Es wurden bis heute mehr als 310 Exemplare rezensiert.

Weitere Ziele des Projektes waren das Erheben von Daten und Photos zur Detailbeschreibung aller Individuen, eine Analyse deren Verteilungsmuster, eine dendrochronologische Studie über Alter und Geschichte der Individuen und der damit verbundenen Regionalgeschichte und die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit und der Behörden über Wert und Ästethik dieser Baumriesen.

Wie alt sind sie?

Wer vor einem Riesenbaum steht, fragt sich unweigerlich, wie alt er sein könnte. Nur die genaue Betrachtung des Baumes ermöglicht eine adäquate Schätzung. In vielen Fällen aber hat sich die Struktur des Baumes derart verändert, dass die Entwicklung des Baumes fast nicht mehr rekonstruiert werden kann. Das Alter ist in diesem Fall kaum bestimmbar. In der Regel gibt der Umfang des Stammes nur eine sehr vage Auskunft über das Alter des Baumes. Eine Kastanie mit einem Umfang von 8 Metern beispielsweise kann zwischen 300 und 700 Jahren alt sein.

Wo befinden sie sich?

Die Verteilung der Kastanien, die einen Umfang von mehr als 7 Metern aufweisen, ist keineswegs zufällig. Die auf der Alpensüdseite durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass 90 Prozent dieser kolossalen Bäume in der Nähe von landwirtschaftlichen Gebäuden stehen. Dabei handelt es sich zumeist um Maiensässen, die sich auf einer Höhe von 700 bis 970 Metern befinden.

 

Weshalb sollen sie aufgewertet werden?

Der Wert einer alten Kastanie kann sich auf die sichtbare Schönheit beziehen, in den meisten Fällen aber basiert der Wert vielmehr auf Eigenschaften, welche bei einer eiligen Betrachtung verborgen bleiben. Man sollte mit offenem Geist an die Monumentalität der Bäume herangehen, die Erwartungen kritisch überdenken und die verschiedenen Aspekte berücksichtigen. Die ältesten Kastanien sind oft niedrig, krank und leidend.

Ihre Schönheit zeigt sich mehr in der Breite als in der Höhe, mehr in den gewundenen Formen als in ihrer Erscheinung auf den ersten Blick, mehr in ihrer stummen und zähen Widerstandskraft als im Beweis von unmittelbarer Stärke. Um diese Bäume zu verstehen, müssen wir unseren Sinn für die Ästhetik umschulen und uns vom zeitgenössischen Paradigma befreien, dass etwas Totes nicht schön sein kann. Eine ästhetische Haltung, die sich darauf versteift, alle Zeichen von Endlichkeit als unschön zu bezeichnen und sich lediglich auf perfekte Kraft und vollendete Formen bezieht, ist bei der Betrachtung von Riesenkastanien fehl am Platz.

Detaillierte Vergleichsuntersuchung nach 20 Jahren

Im Jahr 2021 wurden 101 Riesenkastanien wieder aufgesucht, um festzuhalten, wie sich ihr Gesundheitszustand seit der Inventarisierung verändert hat und wovon diese Veränderungen abhängen könnten. Dank diesem Vergleich gibt es zum ersten Mal einen Datensatz, der die Entwicklung alternder Kastanienbäume dokumentiert.

(TR)